Falls sich jetzt jemand fragt, ob ich im Publikationswahn bin, sei gleich gesagt, dass ich vorhabe, mich über Ostern entspannt zurückzulehnen und die Zeit zu geniessen. Ausser einer Sache, und das ist „just for fun“. Ich möchte nämlich noch einen Artikel über die Fuji X-Pro2 von Macfilos übersetzen und hier einstellen, denn ich glaube, dass diese Kamera von allgemeinen Interesse ist.
Obwohl ich noch vor kurzem behauptet und selbst geglaubt habe, ich müsste dieses Jahr nicht zur Lasershow von „Der Hermann leuchtet“ fahren, fand ich mich gestern Abend überraschend am Steuer meines Autos wieder, auf der Landstrasse nach Detmold. Irgendwie muss eine meiner multiplen Persönlichkeiten noch gestern Nachmittag meinen guten Freund Volker angerufen haben, der auch gerne fotografiert, und mit ihm vereinbart haben, dorthin zu fahren. Jedenfalls behauptete er das (mein Freund, nicht die multiple Persönlichkeit).
Dieses „Alter Ego“ also, nennen wir es mal… Quentin, hatte dafür gesorgt, dass ich nur die Leica Q dabei hatte. Irgendwie hatte er es geschafft, Merlin kaltzustellen. Wer Merlin ist? Nun, sein Name fängt mit M an, also… ich sagte ja, multiple Persönlichkeiten.
Ich beschloss, später herauszufinden, was mit Merlin war und mir die Laune nicht durch die Intrigen meines Unterbewusstseins verderben zu lassen. Ich bin ja nicht verrückt.
Volker und ich waren so in ein „nerdiges“ Gespräch über Kameras vertieft , dass ich erst nach sechs Kilometern merkte, das ich längst am Denkmal vorbei gefahren war… Gottseidank waren unsere Frauen nicht dabei, oder sie hätten uns mit Spott überhäuft wie der Chor einer griechischen Tragödie.
Übrigens, das Denkmal… Hermann, oder „Arminius“ – ein Relikt aus einer Zeit, als man verzweifelt nach Volkshelden suchte und alles verklärte, was die so angestellt haben. Entgegen der damaligen Auffassung, er sei der „Befreier Germaniens“, weil er in der „Varusschlacht“ drei Legionen abgemurkst hat, sieht es heute eher so aus, als hätte er hauptsächlich eigene Interessen verfolgt. Schliesslich war er selbst bei den Römern aufgewachsen und hatte für sie als Offizier gedient, bis er zu seinem Stamm, den Cheruskern, zurückkehrte und Thusnelda, die Tochter des Oberbonzen Segestes, zur Frau nahm. Sie war seine Tussi. Jedenfalls, bevor die Geschichte zu lang wird: Es ist sehr zweifelhaft, dass er mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen für den Erhalt von Bratwurst und Brezeln kämpfte.
Ich frage mich sogar, ob man ihn noch posthum verklagen kann, dass er die Römer vertrieb. Der Schaden für die Tourismusindustrie ist immens! Man denke nur, wie viel lukrative Ruinen die hier hinterlassen hätten!
Naja, jedenfalls residiert dieser Bronze-Pseudo-Siegfried da im Teutoburger Wald und dient wenigstens als beliebtes Ausflugsziel…
Nach einem eleganten Wendemanöver stiessen wir an der Abzweigung der Strasse zum Denkmal auf einen unnachgiebigen Wächter, der sich todesmutig vor unser Auto warf und uns am weiterfahren hinderte. War der Heldenmut durch die unmittelbare Nähe zum Hermann inspiriert oder war er einfach nur stoned? Er beharrte darauf, dass der Parkplatz oben auf dem Berg voll war und wir die Park + Ride – Möglichkeit nutzen sollten, die vom Heimatmuseum abging. Dabei deutete er auf einen Gelenkbus, der gerade vorbeifuhr und in dem sich eine derartige Menge Menschen quetschte, dass die Verkehrsbetriebe von Tokyo noch eine Menge hätten lernen können, was effektive Personenbeförderung betrifft. Der Anblick liess uns spontan beschliessen, noch eine kleine Wanderung zum Denkmal zu machen. Die etwas über drei Kilometer bergauf waren kein Problem, aber es war schon ziemlich dunkel und ab und zu kam einer dieser Busse vorbei, vollbeladen mit verdammten Seelen… aber nein, hinter dem Steuer sass wider Erwarten kein Knochenmann, sondern ein von lippischer Hausmannskost wohlgenährter Busfahrer mit rosigen Wangen.
Oben angekommen, konnte von Verdammnis keine Rede sein. Zu unserem Erstaunen waren die Fahrgäste ohne Knochenbrüche, innere Blutungen oder verlagerte Organe aus dem Bus gekommen. Man tummelte sich feuchtfröhlich an den zahlreich vorhandenen Theken oder flanierte über das Gelände. Der Wald war bunt illuminiert und der Hermann von einer Batterie giftgrüner Laser umgeben, die seinen Standort vermutlich selbst auf dem Jupiter preisgaben.
Alles hübsch bunt, klarer Fall von Augenkrebs…
Mein Freund und ich erforschten die Location, ich machte auch mal ein Bild der Statue von vorne, denn aufgrund der Beschaffenheit des Geländes ist für ausreichen Zuschauer nur dahinter Platz, also wendet uns der Möchtegern-Germane bei der Show unhöflich sein Hinterteil zu. Ich beschloss, die Bildstabilisierung einzuschalten, die ich bisher mit Skepsis betrachtet hatte, stellte auf eine 1/10sec und machte Bilder aus der Hand. Das war kein Problem, ich muss bei Gelegenheit mal die Grenzen austesten, irgendwo habe ich gelesen, dass Bilder aus der Hand bei einer 1/2 Sekunde möglich sind (natürlich funktioniert das alles nur, wenn sich das Motiv nicht bewegt. Der Hermann stand vorbildlich stocksteif da, obwohl man schon vom Hinsehen einen lahmen Arm bekommt…).
Hermann mal von vorne, schon vom Hinsehen wird der Arm lahm
Bevor die Show begann, suchten wir uns einen geeigneten Standort, der bei 28mm Brennweite einen passenden Bildausschnitt bot. Um uns herum waren eine Menge anderer Foto-Enthusiasten mit Kameras aller Kategorien und Stativen. So ein Ding hatte ich aus alter Gewohnheit auch mitgebracht, aber mir wurde jetzt klar, dass das völlig überflüssig war. Sicher, für ein paar „Standfotos“ bei niedriger ISO war es o.k., aber bei den meisten Fotos heute Abend ging es um rapide ablaufende Laser, die entsprechend kurze Belichtungszeiten erforderten., sonst würde man auf den Fotos nur Schlieren sehen. Wozu also hatte ich mich überhaupt mit dem sperrigen Teil belastet? Es nervte mich schon geraume Zeit. Quentin lächelte überheblich aus den Tiefen meines Bewusstseins. Er hätte es gleich sagen können. Ich ignorierte ihn und stopfte das überflüssige Stativ in ein Versteck unter einer der Hütten, um die Hände frei zu haben.
Das unvermeidbare Selfie
Ich bin eigentlich ein Typ, der sein Motiv durch den Sucher betrachtet, vorzugsweise durch einen optischen. Es widerstrebt mir, die Kamera wie ein Kind mit einer stinkenden Windel mit ausgestreckten Armen zu halten. Aber man muss auch mal flexibel sein. Bei den vielen Menschen um uns herum war es eindeutig von Vorteil, die Kamera über den Kopf zu heben und mit Live-View zu arbeiten. Die Blende hatte ich natürlich ganz offen, ISO auf Automatik (auf max. 6400 begrenzt) und die Belichtung manuell auf 1/60, dann auf 1/125 gestellt. Die Bildstabilisierung hatte ich angelassen. Ach ja, als Belichtungsmessmethode wähle ich immer „Mittenbetont“, irgendwie komme ich damit am besten zurecht und hier war das sogar sehr sinnvoll, weil das meiste Licht in der Bildmitte entstehen würde. Mehrfeldmessung würde die eher dunklen Bildränder mit einbeziehen und tendenziell eine zu lange Belichtung einstellen (oder höhere ISO), Spot-Messung nur die helle Bildmitte in Betracht ziehen und zu stark unterbelichten.
Man wartet gespannt auf die Show
Die Lasershow begann, um mich herum ratterten die Verschlüsse. Ich hatte zunächst überlegt, die Entfernung manuell einzustellen, aber wollte dem Autofokus einen Chance geben. Und der hatte auch tatsächlich nicht die geringsten Schwierigkeiten, Bild auf Bild den Fokus auf den Punkt festzunageln. Ich hatte auf „S“ (Single-Mode) gestellt, weil es normalerweise nicht meine Art ist, beim Fotografieren nach dem Motto „Spray and Pray“ vorzugehen. Da ich aber jetzt fast unaufhörlich den Auslöser betätigte, kann das der Sache schon ziemlich nahe. Der Pufferspeicher der Kamera schluckte alles klaglos, die rote Leuchtdiode, die den Schreibvorgang auf die Karte anzeigt, blinkte unaufhörlich, aber ich musst nicht einmal eine Zwangspause einlegen. Das fotografieren ging so idiotisch einfach, dass ich viel zu viele Bilder machte. HCB hätte mich vierteilen lassen, vom „Instant décisif“ konnte keine Rede sein. Am Ende hatte ich fast 450 Bilder (DNG+JPG). Aber obwohl die Kamera pausenlos im Live-View-Betrieb lief und diese Menge Bilder gemacht hatte, war der Akku noch zu 2/3 voll.
Gegenüber letztem Jahr hatten die Veranstalter mächtig aufgerüstet, es war deutlich mehr Spektakel und Effekt. Ich war doch froh, dass Quentin mich hierhergelockt hatte. Volker kam übrigens mit seiner Fuji X-E2 auch bestens zurecht (ebenfalls ohne Stativ). Ich wage zu behaupten, dass die Qualität seiner Bilder ebenfalls sehr gut ist und (mal wieder) den Preisunterschied der beiden Kameras von locker 3000 Euro in keiner Weise widerspiegelt.
Hatte ich schon erwähnt, dass es kalt war? Antarktisch. Zwischendurch mussten wir unsere steifen Finger an einem Becher (alkoholfreien) Punsch aufwärmen, sonst hätte jedenfalls ich nicht mal mehr den Auslöser drücken können. An vernünftige Handschuhe hatte ich nicht gedacht, denn die Q (wie auch die M) kann man damit ganz gut bedienen, das hatte sie im Skiurlaub bewiesen (nur den Touchscreen muss man vergessen). Nach etwa zwei Stunden beschlossen wir, dass es sich nicht lohnte, für weitere Fotos erfrorenen Gliedmaße in Kauf zu nehmen. Wir gingen verächtlich an dem schon wieder vollgestopften Shuttlebus vorbei und machten noch mal die kleine Nachtwanderung, dabei wurde uns wenigstens wieder warm. Vor allem, wenn wir uns mit einem Satz in den Graben vor dem Bus in Sicherheit bringen mussten.
Zuhause hatte ich die Qual der Wahl beim aussortieren der Fotos. Die ISO lag meist zwischen 1000 und 3200, manchmal bei 6400. Ich hielt mich mit der Rauschunterdrückung in LR stark zurück. Wenn man in den dunklen Bildbereichen etwas Luminanzrauschen sieht, ist mir das lieber, als alles platt zu bügeln.Quentin bemerkte selbstgefällig, dass ich kaum Ausschuss hatte, Merlin war neidisch und stocksauer, dass er ausgetrickst worden war. Ich blendete das Gezeter der beiden aus und ging todmüde ins Bett. Vielleicht sollte ich meinen Kopf doch mal untersuchen lassen.
Claus, wieder ein super Bericht mit in meinen Augen absolut super Bildern.
Da ich, wenn die Q dann da ist, endlich umdenken darf / muss, nehme ich sehr viel von deinen Spielereien mit den Einstellungen mit zu ausführlichen Test in Bern bei Tag und bei Nacht.
Es wird dann sicher auch das erste Mal sein (das erste Mal ist doch immer schön 🙂 ), dass ich mich am Nationalfeiertag an das Feuerwerk wage.
Danke!
Wenn ich auch annehme, dass du über „Feuerwerksfotografie“ Bescheid weiss, trotzdem der Ratschlag zur Einstellung: Blende nicht zu weit offen (eher etwas zwischen f/5.6 und f/11), Belichtungszeiten je nach Geschmack zwischen 5 und, sagen wir höchstens 30 Sekunden (sonst ist zuviel vom Feuerwerk übereinander im Bild) bei ISO 100. Stativ natürlich obligatorisch. Irgendwo im alten Blog habe ich noch ein „Tutorial“ zu Feuerwerk (ist aber so ähnlich wie Gewitter im neuen Blog).
Viel Erfolg!
Hmm – es wurde ja aber eben erwähnt, dass sich dieses Lichtspektakel schnell veränderte, die Lichtspuren schnell wechselten – und der Fotograf wollte eben nicht zu viele Effekte auf einem einzigen Bild; daher entschloss er sich, kürzere Verschlusszeiten zu wählen – und ich finde, dies tut diesen Bildern recht gut 🙂 …
DANKE für den erfrischenden Bericht! –