Just try to make it sound like you wrote it that way on purpose.
literarischer Ratschlag von Arthur Howitzer jr. in „The French Dispatch“ von Wes Anderson
Die M10-M nach drei Jahren im Gebrauch
Gewöhnlich verfasse ich solche „nach soundsoviel Jahren-Artikel“ vor Erscheinen eines neuen Modells der Serie. Aber Leica hat den Produktzyklus diesmal deutlich verkürzt und so kam die M11-M früher als erwartet. Jono hat in seinem Artikel zur M11-M in seiner gewohnt objektiven Art zugestanden, dass es für Besitzer einer Leica M10-M möglicherweise kaum Sinn ergibt, aus Gründen der Bildqualität upzugraden und das sehe ich genauso. Ähnlich, wie viele (zu recht) zögern, von der M10-R zur M11 zu wechseln. Für mich war der Schritt vom „normalen“ 24MP-Sensor der M10 zu dem der M11 allerdings gewaltig und ich würde nicht zurück wollen, obwohl mich nach wie vor nervt, dass der Verschluss doppelt abläuft. Im Gegensatz dazu sind alle anderen Hardware-Änderungen ein Fortschritt. Aber dazu ist genug gesagt. Oder nicht? Ich komme im Verlauf darauf zurück.
Damals, 2012
Ich erinnere mich noch gut an den Aufschrei, der durch die Kamerawelt ging, als Leica 2012 die M9-Monochrom vorstellte. „Jetzt ticken sie völlig durch“ fasst zusammen, was Leica-Skeptiker nicht nur dachten, sondern auch mit weniger gewählten Worten von sich gaben. Die Trolle krochen aus allen Löchern und hatten ein Bacchanal, das man sich mit „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ als Musik unterlegt vorstellen kann.
Jedoch, diese Hieronymus-Bosch-Szenerie liess sich nicht lang aufrecht erhalten. Die Trolle krochen zurück in die Löcher oder fuhren zur Hölle, andere, öffentlichere Personen (selbst im Leica-Lager) erlitten einen plötzlichen Gedächtnisverlust ihres eingangs vernichtenden Urteils in bester „was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“-Manier, was sie eigentlich direkt für den Bundestag qualifizierte.
Denn die Zeit bewies, dass a) der monochrome Sensor jedem (zeitgenössischem) mit Bayer-Filter in Punkto Auflösung, Darstellung von Graustufen und Rauschverhalten überlegen war (und ist) und b) es dafür tatsächlich eine Zielgruppe gibt (die nicht nur aus verrückten Leica-Fetischisten besteht).
Ich selbst war 2012 mit meiner M9 mehr als zufrieden, aber schon fasziniert von der Tatsache, dass die MM mit ISO 10 000 brauchbare Bilder produzierte. Von der Auflösung ganz abgesehen, die der Nikon 800E mit 36MP überlegen war. Während die M9 schon ab ISO 2800 nur was für Freunde von Schneegestöber hergab (wir lernten dann, bei ISO 640 „in camera“ Schluss zu machen und danach gnadenlos unterzubelichten. In LR konnte man die DNG’s dann ungestraft bis ISO 5000 anheben). Die M9 triggerte bei mir die Renaissance der analogen Fotografie, der ich bis dato huldige und die im Augenblick einen neuen Höhepunkt mit der der „neuen“ M6 und den Scan-Möglichkeiten bei Silbersalz erreicht hat. Über diese Kombi wird später im Jahr sicher ein Bericht folgen.
Die Leica M10-M
Fast forward, Januar 2020: Die Leica M10-M wird vorgestellt. Im Gegensatz zu den früheren Modellen, die immer den modifizierten Sensor der „Farb-Version“ bekamen, haute Leica einen neuen 40MP-Sensor raus, dessen Eigenschaften „jaw-dropping“ waren (die M10-R kam erst im Juli des Jahres). Von Dynamik und Rauschverhalten abgesehen, übertrifft die Auflösung selbst die moderne M11 mit 60MP. Natürlich toppt das jetzt die M11-M, aber… wie viel mehr braucht man davon?
Diese philosophische Frage lasse ich mal im Raum stehen. Die Leica M10-M wurde wohlwollend empfangen. Im Lauf der Jahre hatte man sich an das Konzept gewöhnt und die Leica-Kritiker kicherten nicht mehr hämisch, weil sie wussten, dass sie sich damit nur selbst lächerlich machten.
Und die M10-M verkörpert ja auch alles, was Messsucherfreunde sich jemals wünschten: Den Body mit (fast) den Maßen der analogen M’s, das ikonische Design diskret im Stil der M-P’s (ohne rotem Punkt), der „state of the art“-Messsucher der M10 (der auch in der M11 nicht verändert ist), ein „silent-shutter“ (den wir mit den M11 Modellen verloren haben! Und kommt mir nicht mit dem elektronischem Verschluss), ein Monitor mit Touchscreen, der auch zum Fokussieren oder Beurteilen der Bilder taugt, nebst weniger offensichtlichen Veränderungen mikroelektronischer Art (Bildprozessor, Pufferspeicher, etc.), um dem Sensor gerecht zu werden.
Wer hätte sich im Januar 2020 träumen lassen, was da real auf uns zukam und nicht Szenario eines dystopischen Films war? Im August hatte sich meine Lebenserfahrung auf ungeahnte Weise erweitert, aber ich war auch endlich soweit, den Sprung zu einer Monochrom zu wagen, nachdem ich in den Jahren vorher vollends mit dem zufrieden war, was ich analog auf Silberhalogenid bannen konnte.
Doch die M10-M erweitert den Kanon der (Schwarzweiss-) Möglichkeiten erheblich und die Arbeitsweise (mit Filtern) und der Output muten sehr analog an. Vieles davon lernte ich erst im Gebrauch zu schätzen, wusste das also vorher gar nicht so genau, trotzdem wurde ich schwach, als mir der Händler meines Vertrauens (in einer kleinen Seitenstrasse vom Ku’Damm) eine Leica M10-M „Leitz-Wetzlar“-Edition anbot, die eine limitierte Auflage von 650 Stück umfasste und (verblüffenderweise entgegen Leica-Gepflogenheiten) genauso teuer war wie das normale Modell, natürlich teuer genug. Ob es bei den 650 geblieben ist… keine Ahnung. Aber sie ist ein schönes Stück, und der geschwungene Schriftzug auf der Oberseite lässt sie noch mehr „retro“ wirken, als das jede M sowieso tut.
Einsatz von Filtern
Zuallererst: Schon bei der M9-M war ganz schnell klar, dass ein entscheidender Nachteil fehlender Farbkanäle der Bilddatei eine deutlich schlechtere Rückgewinnung der Highlights ist. Je nach Lichtbedingungen ist eine Belichtungskorrektur nach unten immer ein guter Tipp. Bei mir ist das meisten -2/3 EV. Wenn man das beachtet, hat man ob der krassen Möglichkeiten, die Schatten rauscharm bis Ultimo zu holen eine extreme dynamische Breite. Damit zeigt sich die Eigenschaft der „Invarianz“ dieses Sensors. Wer da Bildbeispiele sehen möchte, kann sich mal das Review-Video von Chris Niccolls und Jordan Drake vom Februar 2020 ansehen, ca. bei t=4min50sec.
Die Abwesenheit von Farbkanälen verhindert die Tonwerttrennung im Postprocessing, und das wird oft als Nachteil dargestellt. Von mir aus, aber abgesehen davon, dass diese Möglichkeit bei Farb-Dateien mache dazu verleitet, geschmacklich mehr als grenzwertige Bilder zu erzeugen (abgesehen von Artefakten, wenn man es mit den Slidern übertreibt), ist die Notwendigkeit, sich vor dem Shooting (wenn überhaupt) für eine bestimmte Tonwerttrennung mittels physischer Filter zu entscheiden, d’accord mit Limitationen, mit denen sich Leica Anhänger gern geisseln.
Da Schwarzweiss-Filter für mich seit Jahren in Gebrauch waren, gab es da nichts Neues zu lernen, ich konnte meine Erfahrungen bei Silberhalogenid-Film 1:1 auf die Leica M10-M übertragen. Wobei anzumerken ist, dass der Sensor (wie alle heutigen S/W-Filme) absolut panchromatisch ist, also unterschiedliche Farben (über das Spektrum von ca. 400-700nm) in abgesetzten Graustufen wiedergibt.
Man kann also durchaus ohne Filter leben, aber andererseits sind sie ein wertvolles Stilmittel, auf das ich persönlich nicht verzichten möchte. Bei Tage habe ich z.B. gewöhnlich ein Orange-Filter vor der Linse. Es dunkelt den blauen Himmel etwas ab und erhöht den Wolkenkontrast, zugleich dämpft es die Helligkeit (des Himmels), weshalb man weniger Belichtungskorrektur braucht. Bei Porträts werden Gesichter (Hauttöne insgesamt) aufgehellt. Gelb-, Rot-, Blau- oder Grünfilter haben ihre Einsatzbereiche (wenn auch manche nur selten) und es macht Spass, damit zu experimentieren (und ist natürlich viel einfacher, als das mit Film zu tun). Ein Tutorial über Filter (-Farben) findet sich in den Tutorials dieser Webseite. Man muss nicht die sündhaft teuren Leica-Filter erwerben, B+W sind qualitativ gleichwertig und günstiger.
Unter Low-Light-Bedingungen ist der Einsatz von Filtern mehr oder weniger redundant, ich lasse das dann gewöhnlich weg.
Infrarot
Sehr speziell ist der Einsatz eines Infrarot-Durchlassfilters. Die Kamera bietet dafür unfassbar gute Voraussetzungen. Seit 2019 schon hatte ich mich mit Infrarot-Fotografie mit analogem Schwarzweissfilm befasst und dafür Mittelformat-Kameras (die wunderbare Plaubel Makina sowie die Hasselblad 501c) oder die Nikon F3 benutzt (ebenso wunderbare Kamera, zumal die Nikkore Markierungen für Infrarot aufweisen). Dirk hat letztens eine epische Abhandlung über IR-Fotografie mit Farbsensoren veröffentlicht und das erfordert eine Menge Postprocessing. Während das bei digital-monochrom denkbar einfach ist: Das DNG ist meist schon „out of camera“ brauchbar, nur passt man meist die Tonwerte an, da man weiterhin die Belichtung nach unten korrigiert.
Das war sicher ein weiterer Grund, warum ich den Schritt zur Leica M10-M wagte. Die Infrarot-Eigenschaften der Monochromen M’s waren bekannt. Sie übertreffen die Möglichkeiten mit Film bei weitem, weil man mit Filterfaktoren von um die 32 analog fast immer auf ein Stativ angewiesen ist. Mit der Leica M10-M hingegen (und einer lichtstarken Leica-Linse) geht das handgehalten. Man kann eiskalt auch mal ISO 6400 einstellen (mehr ist auch bei IR nie nötig). Da man IR-Fotografie sinnvollerweise bei prallem Sonnenschein betreibt, bleiben die Werte normal um ISO 800 bis 3200 bei Blenden von f/2 bis f/4. Dazu benutze ich ein RG715nm Filter, bei schwächeren ist der Wood-Effekt nicht so ausgeprägt und bei stärkeren kommt man doch wieder in Richtung Stativ. Auch darüber findet sich ein Bericht.
Da Infrarot-Licht von optischen Linsen anders gebrochen wird, funktioniert der Messsucher nicht (ausser, man wäre so fanatisch, den Messsucher auf IR zu kalibrieren). Daher ist man auf den Monitor angewiesen, was akzeptabel geht. Noch besser ist der Einsatz des Visoflex 2, den ich mit der M11 erworben habe. Bei Sonnenschein leichter, und wenn ich fokussiere, genügt ein Druck auf den Vergrößerungsknopf auf der Vorderseite der Kamera um exakt und (relativ) schnell scharf zu stellen. Auf Fokus-Peaking verzichte ich ganz, es irritiert mich nur.
Zu den frühen M-Monochrom Kameras gab’s immer Silver Efex dazu, aber das ist echt überflüssig. Die Dateien sind schon aus der Kamera so gut, dass sie nur wenig Bearbeitung erfordern und das erledigt man in LR oder PS in nullkommanix. Die DNG’s unter Tageslichtbedingungen weisen eine derartige Menge Graustufen auf, dass die Dateien gelegentlich leicht flach wirken. Das kann man nach Geschmack ändern, mehr „Punch“ ist kein Problem und wenn der kommt, muss man sich bei entsprechenden Farbdateien sehr anstrengen, um den gleichen Look hinzukriegen.
Arbeitsweise
Erst einige Zeit nach Erscheinen der Leica M10-M stellte sich heraus, dass der Base-ISO Wert nicht 160 ist (der kleinste einstellbare Wert), sondern eher gegen ISO 400 liegt, bei dem der Sensor seine volle dynamische Breite erreicht. Es ist immer wieder irritierend, dass man offenbar eine hochnotpeinliche Befragung durch die spanische Inquisition („nobody expects the spanish Inquisition!„) einleiten müsste, um Leica dazu zu bewegen, solche Dinge preiszugeben. Nun kann man zwar den höchsten Auto-ISO Wert im Menü festlegen (meiner liegt bei 25.000, konnte ich bisher nicht erreichen), aber nicht den kleinsten. Also stelle ich bei ausreichend Helligkeit fest auf ISO 400 und lasse die Zeitautomatik walten, bei schwindendem Licht wähle ich dann Auto-ISO. Die Zeitautomatik arbeitet bei mir mit 1/2f, wird mir die Belichtungszeit zu lang, hat sich (bei der hohen Auflösung) 1/125s bewährt, um Kamerashake zu vermeiden. Da spielt natürlich die eingesetzte Brennweite eine Rolle.
Ich arbeite fast ausschliesslich (ausser bei IR, s.o.) mit dem optischen Sucher und fokussiere mit dem E-Messer. Das würde ich vielleicht anders machen, wenn ich eines der Noctiluxe oder ein 90er Summilux im Einsatz hätte, aber die besitze ich nicht. Das 50er Summilux oder 75er Apo-Summicron sind in der Hinsicht sicher auch „challenging“, aber sie lassen sich reproduzierbar sicher mit Messfeld fokussieren. Diese Methode ist vielfach schneller als über den EVF mit Fokuspeaking und für mich ausserdem intuitiver. Im übrigen: Wer eine Messsucher-Kamera kauft, sollte den auch benutzen, sonst ist er mit einer SL vielleicht besser bedient.
Die Akkulaufzeit ist M10-Typisch und wenn man wie ich meist ohne Live-View unterwegs ist, brauche ich selten bis gar nicht den 2. Akku, den ich natürlich habe.
Die Lichtmessung erfolgt Mittenbetont, logischerweise über die im Gehäuse befindliche Messzelle und den reflektierenden Verschlusslamellen. Ich komme damit ausgezeichnet klar, denn ich weiss ganz genau, welchen Bereich im Motiv ich für das erwünschte Belichtungs-Ergebnis anmessen muss. Ich messe, halte die Belichtungswerte mit halbem Druck auf den Auslöser, verschwenke die Kamera für den gewünschten Bildausschnitt und drücke ab (wie vermutlich 99% der Leser). Das ist schon bei jeder M „muscle-memory“ und keine Raketentechnik, aber Mitdenken kommt ausser Mode. Man erwartet von einer Art Kamera-KI, dass sie das für einen erledigt. Wie langweilig.
Sorry, ich kann’s nicht lassen, wieder darauf herum zu hacken: Neulich bei Michael Birnbacher war Stephan Daniel und da ging’s wieder um das Thema der fehlenden Messzelle und dem doppelt ablaufenden Verschluss der M11. Da konnte man erfahren, dass die Entscheidung offenbar damit zusammenhing, dass der Zulieferer dieses speziellen Halbleiters dessen Produktion einstellte. Aber… woher kommen dann die Messzellen für die „neue“ M6 (die schliesslich noch länger produziert wird) oder Ersatzteile für die zahlreichen M-Modelle? Irgendwas passt da nicht zusammen. Hilflose Apologetik?
Einsatzbereiche
Also, wenn ich das jetzt kurz machen wollte, würde ich halt sagen: Man nimmt ’ne Monochrom, entsorgt alle anderen Kameras und vermeidet nur, sie unter’s Kopfkissen zu legen, weil Schädel-Hirn-Traumata vorprogrammiert sind. Im Prinzip kann man sein gesamtes fotografisches Schaffen auf Schwarzweiss ausrichten. Trotzdem befremdet es doch die meisten Mitmenschen, wenn Bilder von z.B. Familienfeiern nur in S/W existieren, gesellschaftlich toleriert wird monochrome Fotografie eher in einem Bereich, der (irgendwie) künstlerisch sein soll.
Bei mir gibt’s ja immer die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Kameras (ein wahres Luxusproblem) und oft entscheide ich nach Gefühl und Wellenschlag. Wenn es um Porträts geht, greife ich sicher zur Monochrom, des weiteren ist die Bühnenfotografie mit Leica M10-M ganz fest gebucht. Ähnlich ist das beim Ablichten von Musikgruppen bei Volksfesten (z.B. Leinewebermarkt in Bielefeld) und dem Geschehen dort überhaupt.
Ferner greife ich bei Städtereisen gern zur Monochrom, was schon in Richtung Street-Fotografie geht, sicher eine Domäne der Monochrom, aber für mich mit zu viel Friktion mit der DSGVO verbunden, um praktikabel zu sein. Dessen ungeachtet mache ich das manchmal „für mich“ in dem Wissen, das kaum jemals zeigen zu können.
Wenn in unserer Stadtkirche (St. Stephan) größere Konzerte aufgeführt werden, bin ich bei den Proben dabei und dokumentiere das Geschehen. Die Musiker freuen sich über die Aufnahmen in S/W.
Bei der Rauscharmut des Sensors macht es auch Spass, bewusst Low-Light-Situationen aufzusuchen, z.B. in Städten oder auf Weihnachtsmärkten.
Landschaftsfotografie ist selbstverständlich dabei, und für mich insbesondere in Infrarot. Auch wenn das manche vielleicht befremdlich finden, Hauptsache, mir gefällt’s. Bei Architektur ist IR übrigens auch nicht verkehrt und selbstverständlich ist monochrom da angesagt. Worauf ich immer verzichte, ist die „Perspektivkorrektur“, die mir in der Kamera viel zu stark ist. Wenn nötig, korrigiere ich lieber in LR.
Schlussgedanken
Bisher liessen alle Leica-Modelle (und ebenso die einiger anderer Hersteller) sehr gute Schwarz-Weiß-Konversionen zu. Hilfreich ist die Abwesenheit eines Moiré-Filters, der die ohnehin durch einen (notwendigen) Bayer-Filter behinderte Auflösung weiter abschwächt. Zum Glück hat Leica diese Teile nie verbaut.
Und dennoch – wenn man einmal mit DNG’s aus einer M10-M (oder einer anderen Monochrom) gearbeitet hat, versteht man das Besondere dieser Dateien. Mit einem Minimum an Postprocessing gelangt man zu Bildern, die den analogen Look von Silberhalogenid haben (können). Die Arbeit mit der Kamera lehrt einen, in Schwarzweiss zu „sehen“ (andere stellen halt ihre Monitore oder EVF’s auf S/W, geht auch). Und selbst, wenn das natürlich mit der Bildwirkung nichts zu tun haben muss: Auf Pixelebene findet sich ein deutlicher Unterschied zu Farb-DNG’s. Von der Auflösung ganz zu schweigen.
Die extreme Low-Light-Fähigkeit und breite Dynamik (solange man die Highlights schont) lassen einen auch dort noch mit S/W arbeiten, wo man zuvor mit Film entweder sehr lange Belichtungszeiten oder starke Körnung in Kauf nehmen musste. Und gerade da werden dann die Vorteile gegenüber High-End-Kameras mit Farbsensoren immer evidenter.
Ich habe vor, meine M10-M noch lange zu behalten. Wie Eingangs erwähnt, sehe ich keinen Sprung in den Möglichkeiten oder der Bildqualität zur M11-M, das mag bei einem Upgrade von einem früheren Monochrom-Modell anders sein. Aber ich bin eigentlich froh, noch einen Vertreter der M10-Familie zu besitzen, der den leisen Verschluss hat und die Messzelle im Gehäuse.
In Meersburg und Konstanz
Vorletzte Woche hatte ich mit eine Auszeit in der Praxis genommen und reiste zum Bodensee, genauer gesagt nach Meersburg, wo ich ein wenig ausserhalb bei einem Winzer eine kleine Ferienwohnung nahm. Einerseits war die ganze Gegend ein weisser Fleck auf meiner Landkarte, andererseits war das die Gelegenheit, mal meinen Gastautor Jörg-Peter Rau zu besuchen, der so viele wertvolle Beiträge für die Messsucherwelt verfasst. Die Fähre Meersburg-Konstanz fährt alle paar Minuten.
Fotografisch war ich eher analog unterwegs, aber die M10-M hatte ich auch mal dabei. Ich machte Rennrad- oder E-Bike-Touren ins Hinterland und am See entlang, besuchte die umliegenden Städte, Sehenswürdigkeiten und Museen (Zeppelin- und Dornier-Museum in Friedrichshafen – sehr zu empfehlen) und traf mich mehrmals mit Jörg-Peter in Konstanz, der mich großzügig zu seiner Familie und sich einlud. Mitte der Woche kam meine Frau nach, wir schleppten sie gleich in ein Konzert der Südwestdeutschen Philharmonie im altehrwürdigen Konzilgebäude.
Jörg-Peter gab uns eine – man kann es nicht anders sagen – professionelle Stadtführung, dank seines profunden kunstgeschichtlichen Wissens. Ständig trafen wir Leute, die ihn kannten. Er kann sich offenbar genauso wenig „undercover“ in Konstanz bewegen wie ich in Vlotho. Versteht sich von selbst, dass ein Besuch im Leica Store nicht fehlen durfte und das coole ist dort, dass die Geschäftsräume direkt in ein Café „Blende 8“ übergehen, wo wir bei Kaffee und Kuchen nerdige Gespräche führen konnten.
Auf dem Rückweg hielten wir in Ravensburg, es war Samstag und der Markt in der Altstadt ist einen Besuch wert. Dann noch Station bei Freunden in Iphofen, auch eine wunderschöne Gegend. Jetzt hat einen der Alltag schon wieder und die letzte Woche war sehr anstrengend, aber ich wollte gerne diesen Artikel „raushauen“, weil ich vermutlich aus persönlichen Gründen in den nächsten Wochen nicht zu so etwas komme. Ich bin meinen Co-Autoren dankbar, dass sie die Stellung halten!
Danke für diesen Beitrag
ich ringe seit 3 Monaten damit, mir die M10 monochrom zu kaufen. In 2 Tagen habe nun einen Termin bei einem Kleinanzeigenverkauf. Ich habe richtig Lust darauf, auch wenn ich nur Canon kennen und noch nie einen Messucher ausprobiert habe. Der Beitrag hat mich entgültig überzeugt es zu wagen.
Liebe Grüße
Olaf
Hallo Olaf,
manchmal muss man den Sprung ins kalte Wasser wagen. Die größte Umstellung ist vielleicht das manuelle Fokussieren und da muss man sich selbst Zeit geben. Wie viele meiner Fotos beweisen, kann man mit etwas Erfahrung, Übung und Geschick (und Letzteres gehört leider dazu, man muss es schon mitbringen) auch bei bewegten Motiven ohne Probleme klar kommen. Freilich gibt es irgendwo Grenzen dafür, aber die freiwillige Limitation geht mit der Messsucher-Fotografie einher. Man nimmt es in Kauf, um innerhalb der Möglichkeiten Exzeptionelles zu erzielen.
Und was die monochrome Fotografie betrifft: Für die, die sich mit der sehr traditionellen Arbeitsweise mit einer M nicht wohlfühlen, gibt es ja jetzt auch noch die Pentax K-3 Monochrome. Aber egal, welche Monochrom, an dieser Stelle die Erinnerung: Schwarzweissfilter benutzen! (Tutorial auf dieser Webseite)
Doch die M10-M ist ein minimalistisches Werkzeug mit Kultstatus. Mit einer entsprechenden Optik ausgerüstet (und da gibt es auch kostengünstige, aber ausgezeichnete Optionen speziell von Voigtländer) kann man viel erreichen.
Viele Grüße und viel Erfolg,
Claus
Hallo Claus. Seit langer Zeit muss ich mich mal wieder zu Wort melden. Angefangen hat alles in 2017 mit der Q1. 2020 kam eine M10P dazu, als M-Gläser mittlerweile 21, 35, 50 und 75mm. Eigentlich dachte ich bis vor kurzen: jetzt bin ich fertig ausgestattet – doch da ich deinen tollen Blog immer weiter verfolgt habe, blieb da immer noch die Phantasie nach einer monochromen Kamera. Jetzt ist sie seit 2 Wochen in meinem Besitz: eine gebrauchte M10M (übrigens ebenfalls Leitz-Edition) gerade mal 5000 Auslösungen und absolut null sichtbaren Gebrauchsspuren. Die ersten phantastischen Aufnahme sind bereits entstanden. Besten Dank für die vielen Inspirationen. Ich hoffe jetzt ist die Lust auf mehr wieder für einige Zeit gestillt. Beste kollegiale Grüße aus Thüringen. Thomas
Hallo Thomas,
die M10-M ist wirklich das Tüpfelchen auf dem i der Schwarzweissfotografie. Viel Freude mit der Monochrom!
Viele Grüße, Claus
Hallo Claus,
wegen Dir und Deinem Bericht habe ich wohl die letzte M10mono bestellt 🙂
Hallo Murat,
ich werde wohl demnächst einen Disclaimer auf die erste Seite setzen, dass das Lesen der Blogs auf eigene Gefahr geschieht 😉
Liebe Grüße nach Istanbul,
Claus
Lieber Claus,
im flieger nach wien habe ich den beitrag von dem leica enthusiasten mir angesehen. Du bist wirklich ein toller Kerl! Uuuuuud ich habe jetzt meine m10m bekommen- yupppieee
LG Murat
Hallo Claus,
dank deiner tollen Berichte habe ich mir jetzt für meine 246 einen Hoja R72 ( vermutlich den preiswertesten) gekauft.
Die ersten (Test) Bilder sind soweit Ok, ich habe aber Fehler gemacht: mit Blende 8 (wegen den Focus) ergibt ISO bis 10T.
Die Bilder weisen etwas „banding“ + rauschen auf.
d. H ich nehme zukünftig ein größere Blende und noch mehr Tageslicht.( wie du es beschrieben hast)
Einen gelb/grün Filter habe ich zum Vergleich mitbestellt, da ich dachte die Effekte des Farbfilters könnte ich im LR ersetzen.
Jörg-Peter Rau hatte mir aber diesbezüglich (Farbfilter) nochmals deine Erkenntnisse (sehr) nahe gelegt. Deinen englischen Beitrag dazu hatte ich erst danach gefunden.
Fazit: Ich bereue den Kauf nicht und die Lernkurve motiviert mich.
Danke Thomas
M10M – Eine wahre Pracht. Und das sage ich als Analoger. Wer Analog kann, benötigt bei der Monochrom keinerlei Umstellung. Die Arbeit mittels Filter passt und die Dateien sind eine Wucht. M10M und M10R sind ein Dreamteam. Leise, diskret und in Kombination mit einer M7 ebenso passend. Die M11 Reihe überzeugt mit noch mehr Pixeln, größerem Akku und bequemeres Handling ohne Bodenplatte. Aber ich mag den neuen Verschluss nicht. Somit bleibts bei den 40MPixel Son… äh, Leica Sensörchen. Die neue Preispolitik gibt auch zu denken und disqualifiziert mich als Kunden.
Die M10R und M10M haben allerdings auch ein paar Bugs: Schnelle Speicherkarten mögen die Gehäuse nicht und danken es, gerade in Verbindung mit dem EVF, mit einfrieren. Tipp: kleinere UHS-I von Sandisc kaufen, dann gibt es auch keine Probleme. Diesbezüglich hinkt Leica immer noch der Konkurrenz hinterher. Das sollte viel mehr öffentlich diskutiert werden. Dann gibt es noch den „bifurcation“ Bug, der beim Auslesen des Sensor in homogenen Flächen entsteht. Die M11M ist hierbei weniger anfällig. Am schlimmsten ist nach wie vor die Wartezeit beim „Customer Care“. Hat man ein Problem, ist die Kamera viele Wochen weg. Ein no-go für Profis. Leica kann es sich erlauben.
Dir Claus alles Gute!!
Lieber Claus,
was für eine umfassende Darstellung, großartig.
Die IR-Möglichkeiten klingen faszinierend, zumal mit weniger Nacharbeit verbunden und offensichtlich gibt es kein IR-Hotspot Problem bei den verwendeten Objektiven. Du erwähnst es zumindest nicht und so denke ich, daß es dir nicht über den Weg gelaufen ist.
Die Hauttonwiedergabe ist bei IR sensationell. Schminke? braucht Frau nicht.
Ich fand es wunderbar, daß du mit Jörg-Peter unterwegs warst. Fotografieren verbindet einfach und jeder hat etwas zu erzählen.
Viele Grüße nach Vlotho
Dirk
Lieber Herr Sassenberg,
einmal mehr ein so kurzweiliger wie informativer Artikel. Diese Plattform lebt von Ihrem unnachahmlichen Humor. Den weiteren Autoren sei ebenso sehr gedankt. So pulsiert die „Messsucherwelt“, zur großen Freude der faszinierten Hobbyfotografen. Ihnen alles Gute und auf ein zeitnahes Wiederlesen!
Gerhard Meck, Berlin
Hallo Claus,
Dieser Bericht kommt für mich zum schlechtesten Zeitpunkt. Ich hatte letzte Woche die Möglichkeit die M11M bei Leica für ein paar Stunden zu testen und seitdem wackle ich (ich habe keine M10M). Dieser Bericht sorgt jetzt dafür, dass ich noch stärker wackle. Ich sehe die erhöhte Gefahr, dass ich mich geschlagen geben muss.
Spaß beiseite: danke für den interessanten Bericht.
VG Stefano
Oje, oje, ojemine!
Nachdem ich vor ein paar Jahren schon mit der M10-R geliebäugelt hatte, stattdessen aber kopflastig die exzellente aber wenig emotionale GFX 50R kaufte, ist er nun wieder da: der Digital-M-Jieper. Und die M11-M steht da aktuell als Favorit.
Zum Glück (oder so ähnlich) wird die Ansparphase noch recht lange währen. Ferner sollte idealerweise zunächst eine der vorhandenen Digitalkameras den Geist aufgeben. Fast lieber die GFX als die liebgewonnene X-Pro2, deren X-Trans-Sensor selbst bei hoher ISO-Einstellung ein in meinen Augen ein wirklich hübsches Rauschen erzeugt.
Auch hier reine Luxusprobleme.