Leica Q3 43 – Heavy Duty auf der Skipiste
Die Leica Q3 43 habe ich jetzt seit kurz vor Weihnachten, aber den bisher „härtesten“ Einsatz musste sie letzte Woche beim Skifahren absolvieren. Seit es die Q gibt, war sie eigentlich mein Standard-Begleiter im Skiurlaub, davor war es die Fuji X100, die den Job ebenfalls exzellent machte. Ein Intermezzo gab auch die Leica D-Lux 7, durchaus gut geeignet, vor allem handlicher als die Q (wie auch z.B. eine Ricoh GRIII), aber ich habe mir irgendwann vorgenommen, die Anzahl digitaler Kameras, die ich in Gebrauch habe, möglichst klein zu halten und da fiel die D-Lux raus. Und – wie könnte es auch anders sein – habe ich auch schon ganze Ski-Urlaube nur mit Leica M fotografiert und das geht durchaus.
Ich hatte auch schon diverse analoge Kameras mit auf der Piste, die Leica M2, M4, M6 TTL oder IIIf. Auch manuell kann man viel erreichen (ich geniesse die „Challenge“), aber ultimativ und aus Gründen der Bequemlichkeit ist ein schneller Autofokus bei solch sportlichen Einsätzen ein Segen. Z. B. gäbe es die Bilder von unserer Touring-Ski Wanderung bei Mondlicht am Staller Sattel nicht ohne die Leica Q.
In den letzten Jahren hatte ich mich gut an die 28mm Brennweite gewöhnt und kam bestens klar, auch auf der Ski-Piste. Man stellt sich halt ein auf das, was man hat. Nachdem ich jetzt jedoch die Leica Q3 43 in diesem speziellen Einsatz hatte, muss ich konstatieren, dass die längere Brennweite für den Zweck noch besser geeignet ist. Ich fotografiere die Familie häufig auch während der Fahrt, und so muss ich denen nicht ganz so dicht auf die Pelle rücken. Für Gebirgs-Panoramen war der Bildausschnitt ebenfalls optimal.

Voreinstellungen

Wenn viel Bewegung im Spiel ist, sollte man auf den elektronischen Verschluss verzichten, denn die Q3-Kameras (wie auch die M11-Familie) ist anfällig für „rolling shutter“. Gewöhnlich habe ich den Verschluss auf „hybrid“ eingestellt, aber das änderte ich vorher auf „mechanisch“. Man hat dann als kürzeste Belichtungszeit 1/2000s. Üblicherweise ist „Blendenpriorität“ meine Belichtungsstrategie, aber da bei Sonne und Schnee extrem helle Verhältnisse zu erwarten sind, gehe ich auf Nummer sicher und stelle Blende und Zeit auf Automatik (was mir sonst eher uncool erscheint), so bleibt die Kamera immer innerhalb der Parameter des mechanischen Zentralverschlusses. Andere Möglichkeit wäre, die Zeit (bei Sonne) fest auf 1/2000 (oder etwas darunter) zu stellen und die Blende auf Automatik.


Die besagten Lichtverhältnisse können auch einen Weltklasse-Sensor wie den der Leica Q3 43 überfordern, daher ist es angesagt, eine Belichtungskorrektur nach unten zu machen. Es reichte -2/3 EV, denn bei den JPG Einstellungen hatte ich iDR auf „hoch“ gestellt (das funktioniert, obwohl ich gar keine JPG’s mache, was ich nach wie vor merkwürdig finde), so dass sich die Kamerasoftware auch bemühte, die Highlights in den Griff zu bekommen. Entweder iDR oder in den Belichtungseinstellungen „helle Bereiche betont“ wählen, nicht beides. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass zwei Automatiken, die gleichzeitig arbeiten und dasselbe bewirken sollen, Blödsinn sind.


Exkurs: Diese Belichtungsstrategie gilt explizit für digitale Sensoren. Bei einer analogen Kamera mit eingebautem Belichtungsmesser würde ich bei Schnee und Sonne mindestens +1EV Belichtungskorrektur nach oben machen, denn bei der starken Reflexion würde sonst zu viel Licht gemessen und das Foto in Folge unterbelichtet. Das gilt auch für externe Belichtungsmessung, aber nicht, wenn man auf Messung einfach verzichtet und „Sunny Sixteen“ anwendet. Zum Beispiel: Ein 250 ASA-Film (der für sich sowieso schon mal mit +1EV belichtet, also wie ein 125 ASA gerechnet wird) kann bei f/5.6 mit 1/1000s belichtet werden und alles ist ok. Im Zweifel eher mehr als weniger, 1/500s tut’s da auch. (Einige analoge Bilder vom Skifahren sind in diesem Artikel)
Auch bei meinem bevorzugten Autofokus-Modus bin ich von der Norm abgewichen. Meist fotografiere ich mir „Spot“ oder „Feld“, visiere das Motiv an, verschwenke ggf. (eigentlich wie bei einer manuellen Leica) und löse aus. Jetzt wählte ich „Personenerkennung“, denn auch Skifahrer werden ohne Probleme erkannt und so enthebt mich das der Notwendigkeit, während der Fahrt zu „zielen“. Nicht völlig unfehlbar, denn auch runde Schilder am Rand der Piste werden als Personen angesehen…


Was ich sonst so gut wie gar nicht brauche, ist die Serienbild-Funktion. Die war jetzt durchaus gefragt. Bewegungsabläufe vorbeiflitzender Familienmitglieder lassen sich so problemlos einfrieren. Einstellung der Wahl waren 4 Bilder/Sekunde, weil da der Autofokus noch arbeitet. Es ist meist nicht mal nötig, auf AFc (kontinuierlichen Autofokus) umzustellen. Zumal mich das nervt, wenn dabei das Sucherbild nie ganz scharf wird, weil die Kamera wie ein durchgeknalltes Metronom mehrmals pro Sekunde fokussiert. Wie gesagt, meist klappt das bei 4 Bilder/Sekunde noch mit „normalem“ Autofokus. Ausser bei meiner Tochter, die derartig schnell ist, dass zwischendurch immer mal ein Bild nicht ganz im Fokus ist, weil die Kamera nicht nachkommt. Ob das bei AFc anders wäre, bezweifle ich allerdings. Bis zu 24 L-DNG’s in Folge habe ich so gemacht (und das schien nicht das Limit zu sein, ich nahm nur dann den Finger vom Auslöser), der Pufferspeicher der Kamera ist also echt leistungsfähig. Als Karte habe ich eine 128GB Sandisk Extreme Plus mit 190MB/s, die schluckt problemlos das, was der Puffer rausgibt.

Belastungstest

Die Kamera war ausserdem rein physisch hohem Stress ausgesetzt. Zum einen musste sie mit niedrigen Temperaturen klar kommen: Auf dem Berg waren zum Teil -9° Celsius, dazu kommt der Windchill, denn ich hatte sie beim Fahren meist einfach am Gurt umgehängt. Ein Tag lang war auch dichter Schneefall, aber die Wetterfestigkeit hatte auch die Q3 schon letztes Jahr in Obertauern bewiesen und da war die Leica Q3 43 natürlich gleichauf. Die Kamera landete auch mal (mit mir) im Schnee, das nahm sie klaglos hin, abgewischt und weiter ging’s. Nur auf eines muss man achten: Zwischen B+W-Filter und Frontlinse kann nach solchen Zwischenfällen Feuchtigkeit eindringen (also nicht in die Kamera) und der Filter beschlägt von innen, was eine unfreiwillige Weichzeichnungs-Funktion aktiviert.


Ein Arm durch die Schlaufe, den Gurt nicht zu lang eingestellt, kommt sie seitlich am Körper gut zu liegen und stört nicht. Bei Nichtgebrauch kommt sie in die PacSafe Tasche, die ich quer über den Rücken trage und bei Bedarf schnell nach vorne ziehen kann. Eigentlich ist die Kamera, wenn man sie am Körper trägt, ganz gut gegen Stöße und Erschütterung abgefedert, aber trotzdem ist eine Sache passiert, als ich die Kamera am Gurt um hatte: Am letzten Tag, herrlicher Schnee, ich war gut drauf und entsprechend flott unterwegs. Tiefschnee zwischen den Pisten und einige Rampen für Sprünge, die ich inzwischen alle auf dem Schirm hatte und reichlich nutzte. Oben am Lift wollte ich fotografieren und stellte fest, dass die Kamera sich nicht einschalten liess. Ich befürchtete das Schlimmste („jetzt habe ich die Elektronik zersemmelt!“), aber nein… ein Blick auf die Unterseite der Kamera enthüllte ein gähnendes Loch. Der Akku war weg, da konnte man der Kamera den Streik nicht verübeln.


Zunächst nahm ich es fatalistisch als Wink des Schicksals, dass ich wohl in diesem Urlaub genug fotografiert hätte. Aber dann grübelte ich, bei welcher Gelegenheit der Akku flöten gegangen sein konnte. Im Tiefschnee? Da könnte ich lange suchen. Aber es gab eine sehr heftige Rampe, über die ich zuvor gesprungen war. Die suchte ich mir nochmal, stoppte am Punkt des „Touchdown“ und sah mich um. Ein paar Meter weiter guckte was Schwarzes aus dem Schnee. Der Akku! Offenbar hatte ich beim Springen so hohe G-Kräfte aufgerufen, dass der Akku rausgefedert war, denn der ganze Befestigungs-Mechanismus war völlig intakt. Trocken gewischt, wieder eingesetzt und alles lief. Jetzt könnte man sagen: Mit einem klassischen Leica-M Bodendeckel wäre das nicht passiert… aber vermutlich produzieren nur Verrückte wie ich derartige Fliehkräfte und deswegen finde ich das neuere Bodendesign von Q und M nach wie vor praktischer.

Location

Wir waren mal wieder in St. Jakob im Deferreggen-Tal, wo es ein kleines, aber gut gepflegtes Skigebiet gibt, dass für jeden Anspruch etwas bietet. Die Gegend ist trotz Klimawandel noch sehr schneesicher (wir hatten uns auf dem Hinweg an Going/Elmau/St.Johann/Kitzbühel vorbei ganz schön gegruselt). Wir wohnen dort immer sehr bodenständig in einer kleinen, netten Pension, die auch noch den entscheidenden Vorteil hat, dass man nur über die Strasse gehen muss, um einen Ankerlift zu erreichen, der zum Skigebiet gehört.

Wie gesagt, die Schneelage war schon Anfangs recht gut und man hätte zufrieden sein können. Es war trotz viel Sonne kein Tauwetter. Am Mittwoch kam sogar Neuschnee und das war damit erkauft, dass an dem Tag schlechte Sicht war. Danach war es wieder sonnig und kalt. Dann gab es eher überraschend für alle über Nacht noch mal 30cm Neuschnee (Pulver!) und das war glorios. Die Pisten Donnerstag/Freitag/Samstag Morgens waren ein Traum, bessere Verhältnisse konnte man sich nicht wünschen. Skifahrer-Himmel.

Ausser Alpin-Skifahren bietet sich dort Touring-Ski oder natürlich Langlauf an. Im Tal verläuft eine schöne Loipe und am Staller Sattel ebenfalls (am Ende des Tals, wo die Grenze zu Südtirol ist). Dort machten wir an einem Nachmittag eine kleine Wanderung, besuchten die Hütte (das „Alpengasthaus Obersee“), liehen uns Schlitten und rodelten runter nach Antholz.
Im Übrigen: Das Deferreggen-Tal ist auch im Sommer oder Herbst ein wunderschönes Ziel für Wanderungen oder zum Mountainbiken.
Fazit
Viele werden sicher zu Recht fragen, warum ich nicht einfach ein Handy mit auf die Piste nehme (wie alle anderen), wenn man bedenkt, wie gut mittlerweile die eingebauten Kameras sind. Aber es macht mir einfach mehr Spass, mit einer „richtigen“ Kamera zu fotografieren, es muss nicht mal die Q sein (solange sie einen Sucher hat). Die Kamera belastet mich nicht und schränkt mich beim Fahren nicht ein, sie übersteht auch mal, wenn ich mich lang lege und ich bilde mir ein, dass die erzeugte Bildqualität immer noch längst nicht von den Mini-Sensoren in Telefonen erreicht wird.

Die Leica Q3 43 war wie alle Q’s bisher ausgezeichnet für den Zweck geeignet. Robust, Wetterbeständig, leicht zu bedienen oder bei Bedarf schnell Einstellungen zu verändern sind ein Plus und im Fall der Q3 43 mit dem Vorteil einer Brennweite, die dem Bedarf optimal entsprach.
Meine eigene Family rollt manchmal mit den Augen, wenn ich zum X-ten Mal ähnliche Motive fotografiere, aber fragt man einen Sportangler, warum er weiter Fische fängt, wenn er doch schon mal einen an der Angel hatte? Na also.

Lieber Herr Sassenberg oder Claus, ganz, wie es sein soll,
das Deferreggental samt Staller Sattel in Osttirol sind mir in bester Erinnerung. Meine Frau und ich haben einmal im Sommer eine tolle Woche im Hotel Jesacherhof verbracht. Bei einem Fliegenfischertreffen hatte ich in der Tombola ein langes Wochenende im Jesacherhof gewonnen, das wir dann auf die Woche verlängert haben. Dort haben wir uns sehr wohl gefühlt. Das Fischen mit der Fliege war damals sehr schwierig, da es an jedem Abend ein Wärmegewitter gab und der kleine Fluss, die Schwarzach, Hochwasser führte. Ich habe dann oben auf dem Stallersattel im See und in einem kleinen Gebirgsbach erfolgreich gefischt. Die Gegend ist traumhaft schön, Zirbenwälder, schöne Wanderwege usw. . Eigentlich hätten wir noch mal dorthin fahren sollen, aber das Alter und die damit verbundenen Probleme versagen mir das Fischen und das Wandern. Es war schön, heute bei Ihnen/Dir etwas aus dem Winter und dann noch von einer Q von dort zu lesen! Vielen Dank!
Mit den besten Grüßen Volker (Krause)
Hallo Volker,
der Jesacherhof ist ja direkt an der Talstation, dazu gehört der „Kuhstall“, wo „Apres Ski“ stattfindet (mehr was für meine Tochter). Das sommerliche Deferreggental ist in der Tat wunderschön. Ich könnte mir vorstellen, dass man dort auch eine gute Zeit verbringen kann, wenn man altersbedingt nicht mehr so die „Gipfel stürmt“, aber das kann ich natürlich schlecht für dich beurteilen.
Vielen Dank für deine Rückmeldung, viele Grüße,
Claus
Hallo Claus,
Ein Bodendeckel schützt leider auch nicht vor Verlust der Stromversorgung. Ich hatte vor einigen Jahren eine M6 und irgendwann wunderte es mich, warum plötzlich im Sucher keine Pfeile mehr für die Belichtung angezeigt wurden. Als ich dann auf die Kamera schaute, stellte ich fest, dass Batteriedeckel und Batterie abhanden gekommen waren. Da es dunkel war und die Teile so klein sind, habe ich nicht mal versucht, sie zu finden und beschloss die Belichtungszeiten selbst zu schätzen. Die Lichtverhältnisse waren alles andere als einfach (Kirmes bei Dunkelheit) aber es ging gut. Nur ein Bild war unterbelichtet (ein T-Max P3200 war in der Kamera).
Lieber Claus,
ich duze jetzt einfach, da wir etwa das gleiche Alter zu haben scheinen und bei Begegnung auf dem MTB oder Rennrad das ehe
täten.
Ich kann zwar nicht nachvollziehen, daß es Menschen gibt, die sich bei Kälte auf glatten, abschüssigen Untergrund ohne Bremsen begeben, aber die Bilder sind wie immer eindrucksvoll :). Besonders gefallen hat mir das Argument mit dem Angler, das ich von nun an bei jeglicher Kritik meiner Familie an meiner Motivauswahl anbringen werde.
Viele Grüße aus dem Münsterland nach Ostwestfalen
Kay Schwieren
Lieber Kay,
das „du“ ist völlig in Ordnung, und das kann eigentlich jeder hier gern benutzen (und richtig: wenn wir beide MTB und Rennrad mögen, versteht sich das eh von selbst).
Ja, wir müssen uns von der Familie schon viel Sarkasmus anhören, wenn wir irgendwo minutenlang verharren, um auf das richtige Motiv oder Licht zu warten und (ich sag jetzt extra) „scheinbar“ identische Fotos machen, aber in der Hinsicht haben unsere Augen ja keine Tränen mehr…
Frei nach Karl Valentin: Es ist zwar schon alles fotografiert, aber noch nicht mit jeder Kamera 😉
Viele Grüße,
Claus