Im vorangehenden Blogbeitrag hatte Mike über die Neuauflage des 28mm Summaron geschrieben. Ein faszinierendes kleines Ding. Der „Vintage-Look“ würde gut zu meinen analogen Messsucherkameras passen. Allerdings: Ich kaufe Objektive nicht aus modischen Erwägungen, ebensowenig, wie meine Leica M240 nicht „brassy“ ist, weil ich das so toll finde, sondern weil ich bei unzähligen Wanderungen und Touren bei den widrigsten Bedingungen nicht vermeiden konnte, dass das Messing an den Ecken durchkommt.
Wenn ich mein 28er Elmarit auf f/5.6 abblende, erfüllt es den gleichen Zweck wie das Summaron (man ist im „hyperfokalen Himmel“, wie Mike es so schön formulierte) und ist auch noch sehr zierlich. Ausserdem habe ich gern die Option auf mehr Lichtstärke. Sicher, durch die Übernahme der alten Linsenberechnung soll das Summaron einen gewissen „analogen“ Look der Fotos erzeugen. Das ist eine sehr vage Aussage und schon gar keine messbare Größe. In Wirklichkeit ist der Unterschied zwischen digitalen Fotos und analogem Film riesig, wer glaubt, nur durch ein bestimmtes Objektiv bei einem digitalen Sensor etwas filmähnliches erzeugen zu können, hat ganz klar entweder noch nie, oder schon lange nicht mehr ein „echtes“ Foto näher betrachtet. Dieser Unterschied ist auch zum Teil Gegenstand dieses Blogs.
Man möge mich nicht falsch verstehen: Ich finde es gut, das man bei Leica solche Objektive neu auflegt. Aber ich hoffe, dass ich mich inzwischen jenseits der Phase befinde, alle Behauptungen der Marketing-Abteilung brav nachzuplappern. Inzwischen verdichten sich die Gerüchte, dass möglicherweise bald eine Nachfolgerin der „M“ angekündigt wird (obwohl es mir scheint, dass es nur eine Quelle dafür gibt, von der alle kopieren). Man darf gespannt sein, was uns da an „Fluff“ erwartet. Aber auch, wenn ich mich hier so kritisch gebe, heisst das nicht, dass ich nicht hohe Erwartungen an das neue Modell habe und mehr als interessiert bin, nachdem mich z.B. die Leica SL ziemlich kaltgelassen hat. Für mich hat das kleine, kompakte beim M-System einen riesigen Stellenwert, und wenn es wahr ist, dass die „neue“ M geringere Dimensionen aufweist, wäre das Kaufanreiz genug. Dabei ist klar, dass Sensor und vielleicht auch Messsucher irgendwie ebenfalls ein Upgrade erhalten werden.
Inzwischen habe ich bei meinem eigenen Equipment eine Renaissance anderer Art erlebt: Ich hatte meine Leica M2 (Bj. 1958) zum Kundendienst geschickt, weil sie einen „CLA“-Job (=clean, lubricate, adjust) brauchte, denn ab und zu hing der Verschluss, den Zeiten traute ich auch nicht mehr so recht. Darum hatte ich auch für meine analogen Foto-Aktivitäten dieses Jahr bisher immer die M3 (oder die M6) genommen. Die M2 hat aber gegenüber der M3 den Vorteil, dass man auch 35mm-Objektive durch den Sucher (ohne spezielle Vorsatzlinsen am Objektiv) nutzen kann. Selbst mit 28mm, obwohl nicht vorgesehen, kommt man durchaus klar.
Die Kamera war sowieso äusserlich in gutem Zustand, wenn die Belederung an den Rändern auch etwas bröckelig war. Der Kostenvoranschlag belief sich inklusive der Erneuerung des Vulkanits auf 827 Euro und ich gab den Auftrag frei. Hier eine Aufzählung der Arbeiten, die durchgeführt wurden:
Eingangsprüfung, Verschlussmechanik instandsetzen, Aufzugsmechanik instandsetzen, Verschluss überholen, Hemmwerk reinigen, Verschlussbremse erneuern, Verschlusszeiten regulieren, Rückspulung instandsetzen, Aufzugwiderstand /Friktion justieren, Autokollimation justieren, Sucheroptik reinigen, E-Messer justieren, E-Messer reinigen, Sucheroptik wird soweit wie möglich gereinigt, Gesamtabstimmung, Reparaturleder anbringen.
Ich musste mich einige Wochen gedulden (das war kein Problem), aber als ich die Kamera wieder in Händen hielt, kam es mir vor, als hätte ich sie soeben im Jahr 1958 vom Händler bekommen. Möglicherweise wird ein Sammler der Meinung sein, man hätte die Kamera so lassen sollen, wie sie war, aber das unterscheidet mich eben davon: Ich wollte, dass sie wieder funktioniert wie früher und ich mich auf sie als Werkzeug verlassen kann wie auf die M3 oder M6. Jetzt war sie als Schmuckstück zurückgekommen, aber dass sie bei mir keinen Staub in der Vitrine ansetzt, ist klar. Ich wartete nur noch auf die passende Gelegenheit, sie zu testen. Falls das nicht schon klar ist: Die Fotos von der M2 in diesem Beitrag sind natürlich von meiner, ich habe sie mit der M240 und dem 90mm Macro-Elmar gemacht.
Spätestens jedesmal, wenn ich mühsam Negativ für Negativ einscanne, frage ich mich, warum ich mir das gebe. Aber wenn etwas dabei herauskommt, ist mir jedes gelungene analoge Bild gefühlsmässig mehr wert als das digitale Gegenstück. Dazu hat die Bedienung der alten Kameras ihren eigenen Reiz (so wie es auch jemand empfinden mag, der einen Oldtimer fährt) und es gibt als Draufgabe die „Wiederentdeckung der Langsamkeit“, mal davon abgesehen, dass ich (vielleicht ist das noch von früher so programmiert) bei Film weniger leichtfertig auslöse als vielleicht sonst, jedes Bild zählt. Die analogen Bilder, schwarzweiss oder farbig, sind mir auch beispielgebend, wenn es um stilistische Entscheidungen beim Postprocessing digitaler Dateien geht. Überhaupt kommt man mal auf den Boden zurück, es wird klar, wie verwöhnt wir mittlerweile durch den digitalen Workflow sind.
Dass analoge Fotos immer noch konkurrieren können, das beweist z.B. Kai Steffen mit seiner Webseite „Weites Land„. Über Jahre hinweg hat er mit seiner M7 Bilder in ganz Schleswig-Holstein gemacht, meist mit Kodak Portra, und damit diese informative Webpräsenz aufgebaut. Unabhängig von der Methode muss man aber auch die Leistung des Fotografen würdigen. Jemand wie ich, der nur ab und zu mal in die analoge Domäne vorstösst, weiss zu würdigen, was für eine Leistung dahintersteckt, Fotos in dieser Qualität erstens zu machen und dann auch noch so gut zu digitalisieren.
Herbstferien in Bergen
Als die Herbstferien da waren, machten meine Frau, meine jüngere Tochter und ich uns auf nach Bergen in Nordholland. Es war eine Augenblicksentscheidung. Wir waren dort schon mal vor zwei Jahren für eine Woche gewesen und das hatte uns gut gefallen. Hier ist darüber nie etwas erschienen, ich war zuvor in London gewesen und hatte noch eine Unzahl Bilder zu verarbeiten. Aber ein paar Fotos von damals werde ich noch zur Vervollständigung des Eindrucks einfügen. In Bergen stellten wir fest, dass ausser uns eine Menge anderer Menschen auf die glorreiche Idee gekommen waren, dort ihren Herbsturlaub zu verbringen, die Stadt summte wie ein Bienenschwarm. Mit etwas Glück fanden wir ein schönes Ferienhaus in Schoorl, das eigentlich für acht Leute vorgesehen war. Wir nahmen uns dann vor, einfach jedes mal die Schlafzimmer zu wechseln, wenn wir mal nachts aufwachten, um den Wohnraum zu nutzen…
Wer noch nie dort war, muss wissen, dass Bergen und Schoorl an der Nordsee liegen und die Orte von einem in seiner Art einzigartigen Dünengürtel von der See getrennt werden. Er ist sehr breit, die Dünen besonders bei Schoorl sehr hoch, zum Teil bewaldet (was Menschenwerk ist, weil noch vor 100 Jahren die Orte von den Sandmassen bedeckt wurden), zum Teil mit Heide und anderer Vegetation bewachsen. Fahrrad-, Reit- und Wanderwege durchziehen sie kreuz und quer, es gibt sogar einen Mountainbiketrail. Das Ganze bedeckt ein beträchtliches Terrain, wenn ich mit meinem Rennrad ein bisschen „schnörkelig“ fuhr, kam ich zwischen Egmont im Süden und Camperduin im Norden schnell auf 40km Distanz und mehr auf einer abwechslungsreichen Strecke. Aber auch ohne sportliche Ambitionen kann man sehr schöne Radtouren mit der ganzen Familie machen, zu wärmerer Jahreszeit mit Zwischstopp am Strand zum Baden.
Bekannt ist die Gegend im übrigen wegen des Ortes Alkmaar, nur wenige Kilometer entfernt. Musikliebhaber kennen die Stadt wegen der Orgel in der „Grote Sint Laurenskerk“, von der es eine Menge Einspielungen berühmter Orgelwerke gibt.
In der „Grote Sint Laurenskerk“
Andere definieren die Stadt mehr über den wöchentlich stattfindenden „Käsemarkt“, bei dem etliche tausend Kilogramm Käse umgeschlagen werden und der ein grosses Touristenspektakel darstellt. Im Nachfolgenden „Slider“ bekommt man einen Eindruck, wie es dann dort zugeht.
Ich besuchte die Stadt erneut, als meine Frau und Tochter einen Ausritt in die Dünen und zum Strand machten. Der weibliche Teil der Familie sucht ja das „Glück auf dem Rücken der Pferde“. Kaum angekommen, hatten sie Kontakt zum örtlichen Reitstall aufgenommen und das Notwendige organisiert. Der Ausritt war, nebenbei bemerkt, ein Abenteuer für sich (nicht meins), aber dennoch sehr schön. Nur musste man wohl zwischendurch den einen oder anderen Gaul wieder einfangen, der seinen Reiter am Strand oder gleich in die Nordsee abgesetzt hatte…
Nach Alkmaar nahm ich zwei Kameras mit: Natürlich endlich der ersehnte Einsatz für die M2, dazu die Leica Q. Vor die M2 kam das 35er Summilux ASPH., ich legte einen Kodak Tri-X Film ein. Eigentlich ist das nicht die ideale Wahl für Städte oder Landschaft, feinkörniger ist besser (z.B. der Kodak TMax 400), aber ich hatte nichts anderes da und wollte gern monochrom unterwegs sein. 400 ASA ist bei Sonne schon ganz schön empfindlich für eine Kamera, die höchstens 1/1000 sec Belichtungszeit hat (wobei das damals rasend schnell war), daher wählte ich statt des üblichen Gelbfilters das Orangefilter (ja, es heisst „das“ Filter! Vergesse ich auch dauernd…). Auch wenn ich mich evtl. wiederhole, Exkurs:
Bei analoger Schwarzweissfotografie (und bei monochromen Sensoren!!) ist die Tonwertrennung wichtig, daher verwendet man spezifische Farbfilter für jeden Zweck. Das Problem ist nämlich, dass viele Farben, in Grauwerte umgesetzt, gleich aussehen. Mit Hilfe der Filter kommt es zu deutlichen Abstufungen und somit zu mehr Struktur in den Fotos. Jedesmal an dieser Stelle verlinke ich auf die hilfreiche Seite von Detlef Stier, der unter anderem mit Filtern handelt und die Zusammenhänge gut erklärt.
Das Orangefilter wählte ich aus zwei Gründen: Erstens hat er den Filterfaktor 4, das bedeutet er begrenzt die Lichtmenge um zwei Blendenstufen. Das macht aus meinem 400 ASA-Film schon mal 100 ASA, längere Belichtungszeiten bei Sonne möglich. Zweitens wird der blaue Himmel mehr abgedunkelt und Wolkenstrukturen kommen heraus, daneben wird Grün (und Hauttöne) heller. Für Landschaft bei Sonne absolut empfehlenswert. Die Belichtungsmessung machte ich ausschliesslich mit dem Leicameter MR, das tadellos funktionierte. Ein gelegentlicher Vergleich mit den Werten aus der Q ergab identische Ergebnisse.
Bereits in früheren Beiträgen habe ich Vergleiche zwischen analogen und digitalen Fotos angestellt. Hier kommt mal wieder eine Serie, diesmal aber Schwarzweiss. Ein Foto also immer M2 mit Kodak Tri-X und Orangefilter. Die Negative wurden (wie immer) mit meinem Nikon Coolscan V ED bei niedrigem Kontrast eingescannt und dann in LR richtig eingestellt. Leider betont der Scanprozess die Körnung über Gebühr, bei Abzügen aus der Dunkelkammer fällt das weniger ins Gewicht. Das andere Foto ist aus der Leica Q (auf ca. 35mm gecroppt), dabei die Tonwerte in LR eingestellt und mit Kodak Tri-X Filmemulation in Silver Efex überlagert.
Wie nahe man die Bildwirkung einer digitalen Datei an ein analoges Foto bringen kann (oder auch nicht), davon mag sich jeder selbst ein Bild machen. Bei Betrachtung im Ganzen ist der Unterschied gleich da (vor allem wegen der digitalen Schärfe). Aber ganz evident wird er, wenn man vergrößerte Teile vergleicht. Während das analoge Bild dann irgendwo in der Körnung „zerfällt“, behält das digitale seine Details bei. Trotzdem hat der Negativscan etwas „Besonderes“, es braucht für seine Wirkung gar keine digitale Detailtreue. Okay, man kann sich alles schönreden. Jedenfalls muss man sich bei Analogfotografie von digitalen Auflösungs-Gewohnheiten verabschieden. Die Bilder funktionieren eben anders.
Amsterdam
Die letzten beiden Tage der Ferien zogen wir nach Amsterdam um, das nur 50km südlich liegt. Von einem Hotel bei Sloterdijk kamen wir bequem mit den Rädern in die Stadt, die ebenfalls vor Leben barst. Amsterdam mit dem Fahrrad zu erkunden ist praktisch, aber auch abenteuerlich. Dort herrscht nämlich wie in vielen grossen Städten verkehrstechnisch das „Gesetz des Dschungels“, Darwin nannte das „survival of the fittest“. Wir erwiesen uns als adaptionsfähig… nur in einer Hinsicht gingen wir keine Kompromisse ein: Als es dunkel war, stellten wir fest, das ein Großteil der Räder unbeleuchtet weiterhin mit planetarer Fluchtgeschwindigkeit die Strassen unsicher machte. Da möchte ich nicht Autofahrer sein, wenn diese Gestalten der Finsternis aus den Nebenstrassen hervorschiessen. Wir schalteten jedenfalls brav unsere Beleuchtung an. Der folgende Slider zeigt einige „Postkartenfotos“, die alle aus der Leica Q stammen:
[image_slider include=“id=4886,id=4887,id=4889,id=4890,id=4891,id=4892,id=4893,id=4894,id=4896,id=4897,id=4898,id=4899,id=4900,id=4901,id=4902,id=4903″]In der Stadt hatte ich wieder das Duo M2 mit 35mm/Leica Q dabei. Mal zückte ich die eine, mal die andere Kamera aus der Hadley-Digital-Tasche. Ich möchte noch betonen, dass ich mich nicht als Street-Fotograf sehe. Die Bilder aus Amsterdam verstehe ich mehr als Reportage, um ein Gefühl zu vermitteln, wie die Stadt „tickt“. Amsterdam ist weltoffen und liberal, viele Touristen aber auch junge Leute prägen das Strassenbild. Irgendwo liegt immer ein leichter Grasgeruch in der Luft.
Die Inschrift ist eine Einsicht, so alt wie die Menschheit selbst. Obwohl ich der Lateiner der Familie bin, hatte meine Frau die Übersetzung früher parat, weil ich noch zweifelte, ob das, was ich daraus las, wirklich gemeint war…
Die folgende Galerie zeigt ein paar von den Fotos, die ich mit der M2 gemacht habe. Auch in Amsterdam hatte ich die ganze Zeit das Orange-Filter vor dem Objektiv. Das Laub der Bäume an den Grachten kommt besser zur Geltung. Leider war es die meiste Zeit sehr bedeckt, im Himmel ist also nicht viel los.
[image_gallery include=“id=4834,id=4836,id=4837,id=4839,id=4841,id=4842,id=4843,id=4844,id=4846,id=4848,id=4849,id=4851,id=4852,id=4854,id=4857,id=4861,id=4863,id=4865,id=4866,id=4862″]Besonders eindrucksvoll neben dem schieren Leben der Stadt an sich waren der Besuch des Anne-Frank-Hauses und des Van Gogh-Museums. Wir hatten uns mit unserer Tochter zuvor den recht aktuellen Anne Frank-Film angesehen und waren gut vorbereitet. Meine 14-jährige Tochter war sehr berührt von dem kurzen Leben des gleichaltrigen Mädchens und beschäftigte sich in dem Zusammenhang stark mit dieser dunklen Ära der deutschen Geschichte.
Die Schlange vor dem Anne Frank-Haus. Die Online-Karten ind meist schon Monate vorher ausgebucht, aber man kann sich ab 15.00 Uhr einreihen, um dann Karten an der Kasse zu bekommen.
Am nächsten Morgen war es sehr trüb und regnerisch, aber da wir sowieso ins Van Gogh-Museum wollten, war das nicht so schlimm. Wir fuhren diesmal mit der Strassenbahn, das funktionierte sehr gut, es gibt eine Linie von Sloterdijk direkt bis zum Museum. Dort war mal wieder die übliche Schlange, aber das ist man ja in Städten wie Berlin, London oder Paris inzwischen gewohnt. Nach einer halben Stunde kamen wir hinein und dort war alles ganz entspannt. Der Andrang war zwar gross, aber man konnte sich alle Zeit der Welt nehmen, die Ausstellung zu geniessen. Ein paar Leica Q-Bilder vermitteln einen Eindruck aus dem Museum:
Nach dem Museumsbesuch war das Wetter besser. Wir hielten uns noch einige Zeit in der Innenstadt auf, fuhren noch kreuz und quer mit der Strassenbahn und machten uns dann auf den Heimweg. Die Herbstferien waren um. In der Woche darauf hatte ich sehr viel Probenarbeit, denn mein Flötenquartett („Argillus“) hatte zusammen mit der Pianistin Christiane Pesendorfer ein abendfüllendes Konzert mit Werken von Gluck, Mozart und Karl Philipp Emmanuel Bach vorbereitet, das letzten Sonntag stattfand. Darin steckte viel Arbeit, aber der Besuch war sehr gut und für uns Musiker lief alles „ganz geschmeidig“. Die Zuhörer waren mehr als zufrieden und dann weiss man, dass der ganze Aufwand sich gelohnt hat. Jedenfalls hatte ich erst danach den Kopf frei, diesen Blog zu schreiben.
Lieber Claus,
vielen Dank für deinen schönen Bericht.
Bei mir ist es nun gut ein Jahr her, dass ich zum letzten Mal einen Film lud. Leider ernüchterten mich sowohl der Prozess als auch das Ergebnis: Den belichteten Film (ein Tri-X, wenn ich mich recht erinnere) schickte ich zu einem Labor nach Berlin, rund zwei Wochen musste ich auf die Negativstreifen warten. Diese brachte ich dann, ohne sie auch nur einmal zwischendurch aus ihren Hüllen genommen zu haben, zu einem kleinen Digitalisierungsbetrieb in meiner Nachbarschaft. Die fertigen Scans fand ich durchaus okay, bloß gab es auf jedem Bild Staubflecken. Nun weiß ich nicht, ob der Digitalisierungsbetrieb schludrig mit meinen Negativen umging oder ob der Staub einfach unvermeidlich ist in einer „nicht-idealen“ Welt – jedenfalls musste ich ganz schön viel Zeit in die Staubretusche investieren. Was mich jedoch deutlich mehr betrübte: Dass bei diesem Prozess meine Kreativität dann endete, wenn ich den Auslöser gedrückt hatte. Früher war das (SW-) Negativ für mich immer ein Rohling, ein Stück Ton, aus dem es eine Vase zu formen galt. In der Dunkelkammer bildwichtige Teile gezielt hervorzuheben und Unnützes im Dunkeln verschwinden zu lassen – erst danach erschien mir ein Abzug tatsächlich fertig. Bei den Scans vermisse ich die Möglichkeiten, solche Akzente zu setzen. Die Dunkelkammerarbeit empfand ich damals als anstrengend, langwierig und teils unnötig umständlich – und doch brachte sie jede Menge Spaß mit sich. Es beglückte mich, dass einen die Dunkelkammerarbeit so nahe an jede einzelne Aufnahme brachte. Interessanterweise erhalte ich diesen Spaß zurück, wenn ich aus einem digitalen RAW ein Bild herausarbeite. Auch im Digitalen lässt sich wunderbar nachbelichten und abwedeln. Mit dem Vorteil, dass man jeden Bearbeitungsschritt quasi live verfolgen kann, ohne auf die große Überraschung im Fixierbad warten zu müssen (und dann festzustellen, dass man vielleicht noch einen weiteren Versuch wagen sollte…).
Mein Fazit zu den „Ausflügen ins Analoge“: Wenn sich doch nur die Dunkelkammer so leicht wieder aufbauen ließe wie der Kamera-Veteran aus der Schublade geholt ist.
Viele Grüße
Christian
„Was mich jedoch deutlich mehr betrübte: Dass bei diesem Prozess meine Kreativität dann endete, wenn ich den Auslöser gedrückt hatte. Früher war das (SW-) Negativ für mich immer ein Rohling, ein Stück Ton, aus dem es eine Vase zu formen galt. In der Dunkelkammer bildwichtige Teile gezielt hervorzuheben und Unnützes im Dunkeln verschwinden zu lassen – erst danach erschien mir ein Abzug tatsächlich fertig.“
Zitat: In vieler Hinsicht ist die Fotografie laufend einfacher und leichter geworden. (Andreas Feininger, 1969)
Und die heutige Digitalfotografie erschließt dem Fotoamateur weitere schöpferische Möglichkeiten, während beispielsweise die Gestaltung eines SW- oder Farb- Filmdias unwiderruflich mit dem Betätigen des Auslösers abschließt. Um die weitere Verarbeitung braucht sich der Fotograf nicht mehr zu kümmern, den die Wahl von Filtern etc. erfolgte immer vor der Belichtung.
Wer seine Aufnahmen im RAW Format speichert, kann jederzeit die Lichttemperatur, die Helligkeit, den Kontrast u.v.a.m. am Rechner nachjustieren oder sogar gezielt manipulieren. Dadurch werden die Fotos zwar nicht besser, aber der Fotograf wird zur Aufnahmezeit entlastet, wenn er es wünscht. Natürlich kann er sich auch vor Ort für einen Picture Style entscheiden und die Belichtung sowie den Weißabgleich seiner automatischen DigiCam überlassen …
Lieber Christian,
ich kann deine „Ernüchterung“ in Bezug auf die Analog-Fotografie sehr gut nachempfinden. Und das ist ja auch der Grund, warum wir auf RAW-Dateien inzwischen nicht mehr verzichten wollen. Auch für mich ist das die Haupt-Arbeitsgrundlage.
Dennoch sind meine Ausflüge in die analoge Filmwelt nicht nur Ausdruck eines Hangs zur Nostalgie. Ich finde die Arbeit mit einer vollmechanischen Messsucherkamera faszinierend, und die Tatsache, dass man alles vor dem Auslösen richtig gemacht haben muss, eine Herausforderung, die mich reizt. Sorgfältiges Ausbelichten und Kompsition, sozusagen „drillmässig“. Diese dort erlernte Disziplin kann einem auch bei Arbeit mit der Digitalkamera nützlich sein.
Davon abgesehen, ist der Arbeitsaufwand gemessen am Ergebnis meist unverhältnismässig. Darum habe ich mir z.B. zweimal überlegt, ob ich zum letzten „Tanz der Vampire“ wieder eine M2 oder M3 mitnehmen soll und mich dagegen entschieden. Ich hatte mich in Amsterdam erst mal ausgetobt. Aber irgendwann kribbelt es halt wieder.
Übrigens hat man mehr Einfluss, wenn man die Negative selbst einscannt, denn dieser Prozess wirkt sich noch mal stark auf das Ergebnis aus. Das ist wirklich ein Arbeitsschritt, der so ein bisschen der Dunkelkammer entspricht. Es gibt da einiges zu tricksen und zu beachten, aber das Ergebnis hängt eben stark von dem benutzten Scanner under Scan-Software ab. So gesehen habe ich Glück, einen guten Scanner zu besitzen, denn die Dinger sind sowohl teuer als auch rar.
Aber nach tagelangem Einscannen von Negativen weiß ich auf jeden Fall wieder zu schätzen, was uns die digitale Fotografie bietet. Umso mehr bewundere ich Leute wie Kai (Steffen), der sich noch voll auf die Analog-Fotografie einlässt und eindrucksvolle Ergebnisse vorweisen kann. Falls du sie nicht schon kennst, schau dir mal seine Webseite „Weites Land“ an.
Viele Grüße,
Claus
Hallo, Claus,
ein paar Gedanken sind mir doch noch gekommen. Zum einen denke ich, dass es Fotografen gibt, die einen emotionalen Bezug auch zu einer bestimmten Kamera haben und genau deswegen erfolgreich sind. Sie haben ihren eigenen Stil gefunden und werden genau deswegen gebucht. Einer dieser Fotografen ist für mich Jim Rakete. Wie sagte er in einem Interview: „Ich weiss nicht, wie viele Leicas ich habe, aber würde auch nur eine fehlen, ich würde es sofort merken“.
Vieles in der Fotografie ist heute Einheitsbrei, es ist so selten, einmal außergewöhnliche und wirklich individuelle Bilder zu entdecken. Stock-Fotos sind da ein gutes Beispiel. Irgendwie sehen sie alle gleich aus und werden ja auch gekauft, aber ans Herz gehen mir persönlich Bilder, die unfertig, unvollkommen sind, bei denen in meinem Geist sich das Bild zu Ende und darüber hinaus aber auch noch weiter entwickeln, verändern kann.
Liebe Grüße
Kai
Moin Kai,
erfolgreiche Photographen wie beispielsweise August Sander, Marc Riboud oder Steve McCurry verwendeten stets modernstes Equipment ihrer Zeit.
Auch Erich Hartmann (Magnum-Fotograf) besaß Brennweiten von 18 bis 500 mm und vier baugleiche SLR-Bodies. Aber wenn er über die Entfernung zum Motiv entscheiden konnte, waren seine bevorzugten Objektive die mit 35, 50 und 85 mm Brennweite. Für private Aufnahmen vertraute er jedoch auf eine vollmechanische, leichte Meßsucherkamera mit einem Standardobjektiv bestückt …
Gut Licht,
Jolomy
Ja, die Ästhetik eines Fotos wird wesentlich durch die Optik bestimmt!
Meine meist benutzten Brennweiten im KB-Format sind von Beginn an 35/50/85/90 mm Objektive von verschiedenen Markenherstellern und Fotos in den Alben, die ich mit meiner favorisierten Brennweite von 35 mm knipste, fallen deutlich erkennbar unterschiedlich aus.
Einzig mein Summicron-M 2/35 ist frei von Verzeichnungen (Distorsionen) sowie Verzerrungen, was der Retrofokus Konstruktion von D/SLR Optiken geschuldet ist. Die Verzeichnungen lassen sich manchesmal nahezu wegrechnen, aber mögliche „Eierköpfe“ oder windschiefe Architektur im Randbereich leider nicht!
Weiterhin prägen die asphärischen Linsen moderner Objektive die Übergänge von scharf zu unscharf, aber das ist natürlich Geschmackssache …
Ein schöner Artikel, und speziell die Nachtbilder aus Amsterdam machen so richtig Lust, dieser Stadt mal einen längeren Besuch abzustatten. Und wenn ich das nächste mal in Alkmaar bin, werde ich mir die Grote Sint Laurenskerk (im Holländischen übrigens mit „e“) mal ansehen – und vielleicht kann ich dann die Orgel hören, was mich tatsächlich mehr interessieren würde als die Kirche an sich. Und dann wird keine M2, sondern endlich meine MP dabei sein (meine M2 musste kürzlich zusammen mit der M3 und der M6 einem Modell mit 0.85er-Sucher weichen – Emotionen sind schön, aber bei Leica muss man sie sich auch leisten können ;-)) …
Danke für das Lob zum Artikel. Ich wäre Abends noch gern länger in der Stadt geblieben, aber (wer kennt das nicht?) die Familie hatte kein Verständnis für Nachtfotografie und wollte ins Hotel zurück.
Der Fehler mit der „Kirk“ kommt übrigens aus Google Maps. Ich hatte mit den Stadtplan von Alkmaar noch einmal angesehen, dort war die Schreibweise so. Ich wunderte mich auch und ärgere mich ein bisschen, dass ich das ohne zu Hinterfragen übernahm. Ich habe das jetzt berichtigt.
Übrigens, Vorsicht: Die Kirche ist nur im Sommer immer geöffnet! Ich war konsterniert, sie jetzt in den Herbstferien geschlossen zu finden (das Foto stammt vom Sommer). Seltsam, ein so wichtiges Bauwerk überhaupt zu schliessen. Da kann man gleich den Kölner Dom zumachen!
Viele Grüße,
Claus
Ein sehr schöner Beitrag und sehr vielfältig. Und vielen Dank für den Hinweis zu meinem Blog. Ich werde bei solchen Worten fast verlegen, aber ich freu mich darüber sehr. Übrigens sind die Bilder innerhalb eines Jahres entstanden, soeben habe ich einmal den Versuch gewagt, Ektar und Porta nebeneinander zu setzen. Ich habe gerade begonnen, auch Bilder von Skandinavien einzusetzen. Nun aber zu Deinem Artikel und dabei entdecke ich ( und das freut mich ebenso sehr) durchaus Paralellen, wenn es um Entdecken geht. Eine eigene Meinung, Leidenschaft, Begeisterung und Respekt. Das Einbinden von Fotos der Sache wegen und nicht des Fotos wegen.
Denn Bilder sollen doch etwas zeigen, etwas erzählen und nicht in digitalen Müllhalden mit abermillarden Bildern landen, die heute eingestellt, morgen niemanden mehr interessieren.
Ja, das neue 28er mit Blende 5.6 ist wohl kein Muss, aber es ist eben Geschäft. Ich möchte auch nicht auf die Lichtstärke verzichten, aber Menschen, die es sich kaufen werden, kann ich gut verstehen.
Es geht nicht um besser oder schlechter oder nötig oder unnötig. Es geht um Emotionen. Fotografie ist für Dich nachweislich nicht weniger als für mich mit sehr viel Emotion behaftet. Warum sollte man sonst eine M2 in die Hand nehmen? Nein, man tut es, weil man damit etwas fühlt. So möchte ich auch irgendwann eine M4 haben, weil sie die Kamera war, die es in meiner Kindheit gab. Und ich werde gerne mit ihr fotografieren.
Fotogeräte werden heute über Gebühr technisch bewertet, dann schaue ich mir eine Ausstellung oder den Bildband von Andreas Feininger an, 100 Jahre alt, mit Fuseln und Kratzern auf den Abbildungen, mit sichtbarem Korn und bei allem bin ich vom Bild berührt. Daneben die alten und so simplen Kameras und ich bin: berührt. So unvollkommen aus heutiger Sicht, so gehen sie ans Herz.
Gerade Bilder mit sichtbarem Korn können sehr wohl ihren Reiz haben, was ich auch gerne einmal thematisieren würde: Ein Weitwinkel, ein Orangefilder und ein Delta 3200…… damit Leuchtreklamen, alte Industrie, Nachtleben fotografieren und die Bilder werden emotional vielen gleichartigen superscharfen Digitalbildern die Show stehlen.
Dass Du eine Stadt in schwarz-weiss portraitierst, ist besonders berührend in einer Zeit, in der wir mit Farbe überschüttet und ersäuft werden. Den gleichen Gedanken habe ich beispielsweise mit Lübeck. Diese Stadt werde ich ausschließlich schwarz weiss fotografieren. Dabei werde ich meinen Lieblingsfilm, den Fuji Neopan 1600 oder den Kodak BW 400 CN schmerzlich vermissen. Und auch das hat etwas mit Gefühl zu tun. Mit Emotion, mit Liebe zum Bild.
Gut und wichtig finde ich auch Deinen Hinweis zur Notwendigkeit der Filter. Übrigens gilt das auch fürs Licht und ggf auch mal für einen Blitz. Ich merke, dass heute viele Bilder entstehen mit dem Gedanken, die Elektronik macht das schon. Ein digitaler Filter, ein digitaler Aufheller und alles ist gut. Wie schön, wenn jemand wir Du darauf hinweist, dass auch heute noch ein gutes Bild auch handwerklich sauber sein muss. Die digitalen Filtereinstellungen bieten bei weitem nicht das, was ein optischer Filter vermag. Und auch hier geht es wieder um Fühlen. Man kann eine gute Aufnahmen schon während des Auslösens fühlen, ansonsten lässt man sie besser.
MIt diesen Gedanken herzliche Grüße
Kai
P.S.
Ich habe mir irgendwann einmal meine eigene Definition für mein Fotografieren gesucht und es so formuliert: Der lauten Töne sind genug. Es sind die leisen, die Klänge der Bilder, die unsere Seele öffnen.
Hallo Kai,
das ist es wohl, was du auch beschreibst. Fotografieren hat mit Emotion zu tun, sonst wird sie „seelenlos“. Es ist eben eine „Leidenschaft“, und das Wort impliziert Gefühl und auch ringen um das ersehnte Ergebnis. Ebenso gehört dazu, dass man einen emotionalen Bezug zur Kamera hat. Bei einem Gerät wie der M2 spüre ich die Hingabe der Entwickler zum Design eines (für sie) perfekten Werkzeugs, die Handwerkskunst, die Verlässlichkeit. Genauso funktioniert das für mich auch mit der M9, M240 oder Q, weil im Prinzip der gleiche Geist dahintersteht, wenn diese digitalen Geräte auch nie diese Langlebigkeit haben können.
Jemand, der beruflich fotografiert, hat vermutlich normalerweise nicht den Luxus, einen derart sentimentalen Standpunkt einzunehmen. Seine Apparate müssen effizient sein, seinem Zweck entsprechen. Aber das ist eben das Gute, dass es für mich ein Hobby ist. Was ich womit fotografieren möchte, kann ich selbst bestimmen und an dem Ergebnis kann kein „Kunde“ herummeckern.
Viele Grüße und schönes Wochenende,
Claus