Eigentlich wollte ich dieses Jahr gar nicht hin. Aber dann bekam ich eine Einladung zur Generalprobe vor der offiziellen Eröffnung vom Geschäftsführer von „Light Art“. Die Versuchung, die Show exklusiv mit wenigen anderen (fast alles Vertreter der Presse) zu erleben, war doch zu groß.
Also klemmte ich mir meinen Freund Jürgen unter den Arm und fuhr gestern Abend hin. Das Wetter war kühl und der Himmel klar, und letzteres war gar nicht so günstig. Für eine Laser-Show ist es besser, wenn die Luft Partikel-geladen ist, die Wolken tief hängen. Naja, das wird in den nächsten Tagen wohl kommen.
Ich war nach dem Tag in der Praxis ein bisschen k.o., dennoch machte ich mir die Mühe, die Leica Q, die M10 und als Joker… die M6 TTL mitzubringen! Ja, ich hatte wirklich die Stirn, zu diesem Hexensabbat der Digitalfuzzies (die Dichte der Nikon/Canon/Sonstwas-Vollformat-Boliden um mich herum war erstickend) eine analoge Kamera, geladen mit schnödem Kodak-Portra 160 (ich hatte keine Zeit, mir 400er oder 800er zu besorgen) mitzubringen! Zum Glück bemerkte im dunkeln keiner, dass ich eine Filmkamera bediente, zudem ist der Verschluss der M6 TTL unglaublich leise (erstaunlicherweise leiser als der meiner M3!), sonst hätten sie mich möglicherweise als ausgestorben geglaubtes Relikt vergangener Zeiten für den Zoo eingefangen. So, als würde einem plötzlich ein Dodo über den Weg laufen.
Die analogen Bilder kann ich aus offensichtlichen Gründen erst frühestens nächste Woche zeigen. Und wer weiss, ob die was werden.
Letztes Jahr war ich völlig ohne Stativ losgezogen, und das war auch kein Problem, weil man für eine Laser-Show tendenziell kurze Belichtungszeiten braucht. Aber dieses Jahr war das schon wegen der M6 nötig. An sich nervt es mich immer, dieses Ding mitzuschleppen. Trotz der drei Kameras genoss ich die Vorteile des Systems: Die beiden M-Leicas plus Objektiv (35er Summilux und Summicron) passen in die kleine Hadley Digital-Tasche, sogar noch ein 50er Summilux daneben, für alle Fälle. Mit der Q einfach umgehängt, setzte ich mich immer noch angenehm gegen diverse andere mit riesigen Rucksäcken voller recycelter Glasbausteine ab.
Jürgen war natürlich mit seiner Fuji XT2 eher noch leichter unterwegs. Ich erinnere mich noch an 2016, als ich mich getraut hatte, zu dieser Show wirklich nur die Q mitzubringen. Und wenn ich nicht diesen Spieltrieb hätte, würde die auch immer noch völlig ausreichen. Alle Bilder aus der Hand, der Bildstabilisierung sei Dank. Auch dieses mal. Die Q braucht kein Stativ, wenn man nicht vorhat, länger als 1/8 Sekunde zu belichten (oder unbedingt bei ganz niedriger ISO bleiben will). 2016 war übrigens das Jahr, in dem mir die Aufstellung der Laser am besten gefallen hat.
Um nicht Jahr für Jahr dasselbe zu machen, nahm ich diesmal tendenziell etwas längere Belichtungszeiten. Es ging, aber trotzdem halte ich meine Empfehlung aufrecht, bei Events dieser Art zu lichtstarkem Glas, rauscharmen Sensoren und kurzen Belichtungszeiten (etwa 1/60 – 1/250sec) zu greifen. Die M stellte ich extra auf ISO 320, weil ich dann die Belichtungszeiten für die M6 nur verdoppeln musste (wenn ich mit dem Belichtungsmesser einverstanden war). Zuhause hatte ich bereits die Fotos der Vorjahre analysiert und erstaunliches herausbekommen: Im Grunde gab es nur einen Belichtungswert, der immer passte: Auf Kodak Portra 160 bezogen war das 1/4 Sekunde bei f/1.4. Diesen Wert kann man entlang des Zweierlogarithmus auf beliebige Blenden oder ISO-Werte übertragen. Entspricht z.B. 1/125sec bei ISO 5000 bei gleicher Blende. Dabei ist es empfehlenswert, real mit ISO 2500 zu arbeiten (natürlich nur bei digital!), und die Belichtung später in LR 1EV hochzuziehen, das schont die Highlights.
Nachdem ich nun schon eine Menge Langzeitbelichtungen mit der M10 gemacht habe, kommt hier ein Beschwerdepunkt, den ich schon längst anbringen wollte, aber immer wieder vergessen habe: Um möglichst Verwackelungsfrei auszulösen, ist die Verwendung des Selbstauslösers mit 2 Sekunden Vorlauf ein beliebter Workaround. Bei den anderen M’s war der Selbstauslöser mit dem An/Aus-Schalter integriert, die gewünschte Zeit konnte im Menü festgelegt werden. Also: Schalter auf „Selbstauslöser“ und – hey Presto – schon eingestellt und lief, solange man den Schalter in der Stellung ließ. Selbst bei einer anlogen M ist der Selbstauslöser einfach ein Hebel vorne neben der Bajonett-entriegelung.
Und die M10? Man muss ins Menü gehen und in „Bildfolge“ die Option „Selbstauslöser 2s“ wählen. So weit so gut. Man macht die Aufnahme. Und dann stellt sich die Kamera von selbst auf Einzelaufnahme zurück! Oder man stellt die Kamera aus. Auch futsch! Sowas saublödes kann’s doch wirklich nicht geben! Man muss jedes Mal zurück ins Menü und neu einstellen! Hallo? Wer hat sich diese „Vereinfachung“ denn ausgedacht? Da ist es wohl hundert mal besser, lieber dem Ein/Aus-Schalter die bisherigen Funktionen zu lassen!
Klarer Einsatz für das Einstein Zitat: „Everything should be as simple as possible, but not simpler!“
Okay, ich nehm‘ den Drahtauslöser! Geht auch. Aber hat man den immer dabei?
Selbst die Q „vergisst“ nach der Aufnahme (oder Ausschalten) den Selbstauslöser, aber da kann man wenigstens den FN-Button damit belegen, ein Knopfdruck genügt und die Sache läuft. Nicht ideal, aber weniger umständlich. Ich bin mir sicher, dass es wesentlich besser wäre, wenn die Kamera solche Einstellungen auch nach dem Ausschalten behält.
Die Generalprobe war genau ein Durchlauf der Show, inklusive eines „Videomapping“, bei dem allerhand auf das Denkmal projiziert wird. Der Hermann steigt zum Beispiel herunter und ähnliche Faxen. Um allen drei Kameras gerecht zu werden, hatte ich alle Hände voll zu tun, aber ich hatte mir das Schicksal ja selbst ausgesucht. Jürgen, der nur eine Kamera pflegen musste, konnte es ruhiger angehen. Er machte sowieso mehr Reportage-mässige Bilder, weil er (wie er selbst sagt) immer irgendwie auf Menschen fixiert ist.
Nach der Show schlichen wir noch ein bisschen über das hübsch illuminierte Gelände. Ich hatte noch ein paar Aufnahmen vom Film übrig und wollte das Denkmal von vorne ablichten (denn aus Platzgründen findet die Show immer hinter dem Denkmal statt. Trotzdem ist nichts „für den Arsch“). Als ich die Treppen zum Vorplatz herabsteigen wollte, baten mich zwei Fotokollegen, kurz zu warten, bis sie ihre Langzeitbelichtungen beendet hätten. Das verstand sich von selbst. Beide hatten Vollformat-Kameras am Start. Jürgen kam dazu. Wir waren wie zwei Crew-Mitglieder von Raumschiff Enterprise, die der Käpt’n zum Kundschaften auf den Planeten einer fremden Spezies gebeamt hat. Jürgen hätte, glaube ich, gerne noch ein bisschen Smalltalk gehalten, aber ich war nach dem Tag in der Praxis einfach zu kaputt. Im Festzelt gab’s noch Glühbier, und das war zum aufwärmen willkommen.
Es war zwar ganz ehrenvoll, zu den auserwählten Gästen dieser Generalprobe zu zählen, aber eigentlich finde ich es sogar besser, wenn mehr Publikum da ist, wie an den „normalen“ Abenden. Ausserdem gibt’s dann immer mehrere Durchläufe, man hat mehr Zeit zum experimentieren. Nachdem ich Eingangs beinahe undankbar erwähnt hatte, dass ich fast gar nicht hingefahren wäre, bin ich jetzt doch ganz zufrieden mit der Ausbeute. Ich zeige hier nur wenige von vielen Bildern, weil ich das Thema in den Vorjahren eigentlich erschöpft habe. Tja, und das Analoge – da sag‘ ich mal lieber nichts…
Nachtrag:
…Und dann war ich ein paar Tage später (Samstagabend) noch mal da, weil ich mir vorgenommen hatte, noch mehr analoge Fotos mit Mittelformat zu machen. Hochgradig experimentell, kann ich nur sagen. Zudem war es so arktisch kalt, dass ich schon nach kurzer Zeit trotz Handschuhen kein Gefühl mehr in den Fingern hatte für irgendwas, geschweige denn eine analoge Kamera zu bedienen. Ich fand nicht mal mehr den Auslöser der Q! Bei -7° Celsius und Windböen von über 60 km/h war es nicht lang auszuhalten. Die Kameras haben tadellos funktioniert. Mehr darüber hier.
Trotzdem habe ich auch einige Fotos mit Q und M10 gemacht, diesmal habe ich meine eigenen Belichtungs-Ratschläge beachtet… die hellen Partikel sind übrigens Schnee, der von den Bäumen weht.
Hallo lieber Leica Freund,
mit Interesse habe ich den Artikel gelesen und beim Thema „Verwendung des Selbstauslösers mit 2 Sekunden“ kam ich auf die Idee, das mit einem Benutzerprofil zu überprüfen. Wenn das einmal abgespeichert ist, bleibt das auch für Folgeaufnahmen auf 2 Sekunden. Erst ein Ausschalten der M10 und erneutes Einschalten setzt die Einstellungen auf das Standardprofil zurück. – Aber das Benutzerprofil ist immer noch für den nächsten Einsatz vorhanden. Nicht 100% aber wenigstens die Richtung stimmt.
Gruß Gerald
Danke für den Hinweis! Werde ich ausprobieren. Immerhin ein „Workaround“.
Trotzdem irgendwie blöd, dass das nur in den Profilen bleibt. Wo ist da die Logik? (Seufz)
Viele Grüße,
Claus
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