Von Jörg-Peter Rau
Das unterschätzte Innovationspaket: Minolta CLE mit 40/2, 28/2.8 und 90/4
Die Bessas, die Zeiss Ikon, die Konica Hexar RF, die Rollei 35 RF, dann auch noch die Leica CL… die ganze nicht-Leica-M-Messsucherwelt ist damit abgedeckt. Die ganze Messsucherwelt? Nein. Eine kleine Kamera hört nicht auf, sich in Erinnerung zu rufen (bzw. ihre Fans tun das). Es ist die Minolta CLE. Ich hatte sie zunächst als eine Variante der Leica CL verbucht, aber als ich das das „M-Files“-Projekt öffentlich vorgestellt hatte, regte sich Widerspruch. Und das zurecht: Die Minolta CLE ist eine sehr eigenständige Kamera, die hier in den „M-Files“ einen eigenen Platz verdient hat. Das letzte Kamera-Portrait wird zeigen, warum. Zu dieser Besprechung kommt es dank eines wirklich berührenden Erlebnisses. Eine der engagierten Fürsprecher der Minolta CLE ist David, ein Leser der englischsprachigen Internetseite www.macfilos.com. Dort teile ich mein „M-Files“-Wissen mit der internationalen Leserschaft. David also las über mein Projekt und reklamierte, dass die Minolta CLE fehle. Ich nähme sie sofort auf, hätte ich denn ein zuverlässig funktionierendes Exemplar zur Hand, entgegnete ich. David zögerte nicht und lieh mit seine eigene CLE aus. Ist das nicht phantastisch? Leitz, Minolta, die Leica CL und ein jäh beendetes Projekt Erst mal ein bisschen Geschichte. Leitz und Minolta hatten eine Kooperation, aus der in der ersten Hälfte der 70er Jahre die Leica CL hervorging (Teil 7 der „M-Files). Dieses Projekt endete 1976, angeblich wegen Erfolglosigkeit. Kann gut sein, dass Leitz nicht genug daran verdient hat und die Gewinnspanne auf die CL gegenüber der M-Serie zu gering wirkte. Technisch war die CL alles andere als eine primitive Kamera, brachte sie doch TTL-Belichtungsmessung und eine Anzeige der eingestellten Belichtungszeit im Sucher mit. Das hat nicht einmal die mehr als zehn Jahre später eingeführte, heute hoch verehrte M6. Bei Minolta wollte man die CL nicht einfach beerdigen Bei der damaligen Firma Minolta müssen ein paar Leute sehr genau gesehen haben, was für eine gute Konstruktion die CL war, und die Leica-Gene darin werden das Ihre dazu beigetragen haben. Kleines Baumaß, top Qualität, fairer Preis: Das ist doch ziemlich nah an Oskar Barnacks Idealen, oder) Jedenfalls führte Minolta die Entwicklung für sich weiter, auch nachdem Leitz ausgestiegen war. 1980 wurde die Minolta CLE eingeführt, und sie muss in Japan ein besonderer Erfolg gewesen sein. Zumindest wenn man heute schaut, wo die Angebote auf eBay so herkommen, kann man schon vermuten, dass die CLE dort eine besondere Fanbase hatte oder immer noch hat. Ein schönes Päckchen an Innovationen Die Minolta CLE hielt am M-Bajonett fest und auch an der Idee von sehr kleinen und sehr guten Objektiven. Ansonsten bekam sie eine Reihe von Verbesserungen verpasst, die die CLE ein bisschen mehr auf Augenhöhe mit den zeitgenössischen Spiegelreflexkameras brachte und sie zugleich zur fortschrittlichsten Messsucherkamera ihrer Zeit (und auf Jahrzehnte hinaus!) machte. Mehrere Quellen nennen übereinstimmend eine Zahl von etwa 35.000 CLEs, die hergestellt worden seien. Vielleicht schreiben sie aber auch alle nur von Stephan Gandys exzellenter Website www.cameraquest.com ab. Die CLE wurde nach einigen Jahren wieder vom Markt genommen. Die Nische war wohl zu klein und überdies von Leica besetzt. Die Minolta CLE ist eine ziemlich kleine Kamera. Höhe und Dicke entsprechen in etwa der zeitgenössischen Leica M4, aber in der Breite misst die CLE fast zwei Zentimeter weniger. Das ist mehr, als es sich anhört (man erinnere sich nur an den Hype um ein paar eingesparte Millimeter in der Dicke, als die M10 die M240 ablöste). Den größten Unterschied macht aber das Gewicht. Die CLE wiegt 380 Gramm, die M4 dagegen 550 Gramm. Im Ergebnis hält man eine Kamera in Händen, die sich viel kompakter anfühlt als eine M-Leica. Eine Belichtungsautomatik vom Feinsten In der Bedienung unterscheidet sich die Minolta CLE von ihrer Vorgängerin erheblich. Die M-Minolta hat eine Belichtungsautomatik und misst dazu direkt auf dem Film. Das gab es erstmals ein paar Jahre zuvor bei der Olympus OM-2, einer bahnbrechenden Kamera, die mich bis heute begeistert. Was dort „Auto-dynamische Messsteuerung“ hieß, fußte auf einem Patent von Minolta, und so ist es nicht überraschend, dass Minolta die Technik dann auch in eigene Kameras einbaute. Die ermittelte Belichtungszeit wird am linken Rand des Suchers mit LEDs angezeigt, die neben den Werten zwischen ½ und 1/1000 Sekunde aufleuchten. Hinzu kommen Pfeile für Über- und Unterbelichtung. Es gibt also, anders als bei der OM-2, keine beweglichen Teile. Ein schöner Sucher – fürs 28er vielleicht sogar der schönste überhaupt Der Sucher der Minolta CLE zeigt Rahmenlinien für 28, 40 und 90 Millimeter. Zusammen mit der effektiven Messbasis von beachtlichen 28.9 Millimetern ist das eine überaus sinnvolle Ausstattung. Zumal der CLE-Sucher im Vergleich zu einigen anderen Kameras sehr aufgeräumt wirkt. Der 28er-Ausschnitt ist immer zu sehen, 40 und 90 nur in Bedarfsfall. Die Belichtungsanzeige ist links außerhalb des Bildausschnitts. Und: Der Sucher ist hell und recht unanfällig gegen Streulicht. Bei der Belichtungsautomatik gibt es neben Licht auch Schatten. Die CLE hat neben dem Auto- auch einen manuellen Modus. Die Zeit wird sehr bequem am großen Rad um den Auslöser herum eingestellt. Es dient auch dazu, im A-Modus eine Belichtungskorrektur (+/- zwei Blenden) einzustellen. Im M-Modus ist leider der Belichtungsmesser ausgeschaltet, ein wirklich unverständlicher Konstruktionsfehler. Also misst man in Auto, merkt sich das Ergebnis und überträgt das dann in den M-Modus. Schade, zumal auch ein jegliche Belichtungs-Speicherfunktion entfällt, die bekanntlich mit etwas Übung den M-Modus und die Korrektureinstellungen ziemlich überflüssig macht. Ach ja – und ohne Batterien geht an der CLE gar nichts. Immerhin sind es LR44-Zellen, die man überall bekommen kann. Ihrer Zeit voraus? Na ja. Der Leica voraus? Aber sicher. Immer wieder heißt es, die Minolta CLE sei in puncto Technologie und Ergonomie ihrer Zeit weit voraus geworden. Stimmt, sie hat die am weitesten entwickelte Belichtungssteuerung, man kann mit ihr TTL-blitzen, das Filmeinlegen ist dank aufklappbarer Rückwand tatsächlich recht einfach. Aber: All das war 1980 an Spiegelreflexkameras Stand der Technik. Der behauptete Vorsprung der CLE hat also nur in Bezug auf andere Messsucherkameras (also: Leicas) Bestand. Oder anders herum: Die CLE belegt, wie wenig M-Innovationen aus dem vom M5-Desaster schockierten Wetzlar zwischen Beginn der 70er und Mitte der 80er Jahre kamen. Eine Kamera nach Barnacks Idealen: Klein und leicht zu benutzen Im Praxistest habe ich die CLE viel und sehr gerne dabeigehabt. Sie ist eine sehr nette Begleiterin auf Wanderungen und Spaziergängen und ist doch deutlich kompakter als eine M-Leica. Mit allen drei Objektiven und ein paar Ersatzfilmen kommt sie gerade auf ein Kilogramm, und man könnte sie in die Manteltasche stecken, wenn es dort drinnen nicht immer so staubig wäre und es sich überdies nicht um eine Leihgabe handelte. Ich hatte oft meine M10 noch zusätzlich eingepackt, um mit den M-Rokkoren unter vergleichbaren Bedingungen auch noch Digitalbilder zu machen. Das passt alles sehr bequem in meine Billingham Hadley Small. Das 40er Rokkor und sein Leitz-Vorgänger Das M-Rokkor 40/2 ist sicherlich die am häufigsten an der Minolta CLE verwendete Optik. In seiner ganzen Zierlichkeit passt es optisch und ergonomisch ausgezeichnet zu dieser Kamera, und auch die Benutzung ist sehr einfach. Es heißt, das M-Rokkor habe den gleichen optischen Aufbau wie das Summicron-C, das Leitz damals mit der Leica CL auslieferte. Was ich sicher sagen kann: Die beiden Objektive sind fast gleich klein, und die Bedientelemente (Schärfe, Blende) sind gleich angeordnet. Freilich – mit großen Händen oder Handschuhen ist die Bedienung nicht ganz einfach, so winzig ist dieses 125 Gramm (ohne Deckel) leichte Objektivlein. Filtergröße 40.5 und noch ein Vorteil gegenüber Leitz-C-Objektiven Im Gegensatz zu den Leitz-Vorgängern haben die M-Rokkore ein normales 40,5er Filtergewinde. Dafür gibt es zum Beispiel von B+W eine gute Auswahl von Schutzfiltern, Graufiltern und Farbfiltern für die Schwarzweißfotografie. Als Bezugsquelle habe ich hier gerne neben dem örtlichen Fachhandel gerade für ungewöhnliche Filtergrößen auch Detlef Stier und seine Frau empfohlen, die bis Frühjahr 2024 den ziemlich einmaligen Onlineshop www.fotologisch.com betrieben und einen phänomenalen Service geboten hatten. Leider ist das inzwischen Geschichte. Die Objektive zur Leica CL haben ja das exotische 39×0.75-Gewinde, und Filter kann man an ihnen eigentlich nur benutzen, wenn man a) die originale Gegenlichtblende besetzt und dann auch noch b) Serienfilter der Größe 5.5 auftreiben kann. Und noch einen Vorteil bieten die M-Rokkore: Sie haben die normale Entfernungsmesserkupplung wie alle M-Objektive auch. Die CL-Objektive unterschieden sich da geringfügig, was zu Kompatibilitätsproblemen führen kann (heißt es, ich kann es selbst nicht bestätigen). Am Ende ist es eben doch Stand der 1970er Jahre Die optische Leitung des M-Rokkor 40 ist sehr gut. Etwas abgeblendet, ist es toll scharf und zeichnet bis in die Ecken schön durch. Verzerrung und Farbfehler konnte ich nicht feststellen. Nicht ganz sicher bin ich mir auch in Sachen Vergütung. Es heißt, die von Minolta hergestellten Objektive hätten eine modernere Mehrschichtvergütung erhalten, während das Summicron-C nur einfachvergütet sein. Die beiden Exemplare, die ich verglichen habe, zeigten keine großen Unterschiede zwischen Minolta und Leitz. Das M-Rokkor hatte jedenfalls auch ein paar Probleme im Gegenlicht. 40 Millimeter sind eine tolle Brennweite, aber… Die 40 Millimeter als Standardbrennweite sind uns in den „M-Files“ ja schon mehrfach begegnet – bei der Rollei 35 RF und bei der Leica CL. Leider wollen diese schönen Objektive mit einem ziemlich perfekten Kompromiss zwischen 35 und 50 Millimetern an andere Messsucherkameras nicht so recht passen. Das M-Rokkor 40 bringt an allen M-Leicas die 50er Rahmenlinien zum Vorschein, was die Bildgestaltung nicht einfach macht, wenn man präzise formatfüllend arbeiten will (zum Beispiel auf Diafilm). Mit einem elektronischen Sucher ist das alles natürlich kein Problem. Bilder auf Film mit dem 40/2: Bilder digital mit dem 40/2: Das 28-Millimeter-M-Rokkor: Klein, aber fein Das 28er M-Rokkor war für mich eine der großen Überraschungen während meiner Recherchen für die „M-Files“. Ich bin sehr dankbar, dass ein aufmerksamer Leser vom macfilos.com, wo die Artikel aus dem „M-Files“ auf englisch erscheinen, dieses kleine Schmuckstück überhaupt erst in mein Blickfeld gerückt und es mir dann auch noch großzügig ausgeliehen hat. Auch das 28er ist ein für seine Brennweite sehr kleines und in der Handhabung unkompliziertes Objektiv. Hübsches Detail ist die Gegenlichtblende, die mit einem eigenen Bajonett anmontiert wird (wie bei den Zeiss-ZM- und vielen Voigtländer-Objektiven). Und das alles kommt in einer schönen Fertigungsqualität daher. Die Sache mit den Sucherrahmen In vielen Punkten ist das 28er ähnlich wie das 40er. Es hat ebenfalls das 40.5-Filtergewinde, einen kleinen Fokussierhebel und einen Blendenring mit halben Stufen. Der Entfernungsmesseranschluss ist ebenfalls gleich gelöst wie beim 40er M-Rokkor. Nur eine echte Schwäche sehe ich: Das 28er lässt an M-Kameras die 35er Rahmenlinien aufscheinen. An der Cle spielt das keine Rolle, weil dort ein 35 nicht vorgesehen ist und die 28er Rahmenlinien immer sichtbar sind. Man kann sich behelfen, wenn man ein Gehäuse mit Bildfeldwählhebel hat; mit etwas Übung kann man ihn mit der Fokussier-Hand auf 28/90 stellen. Oder man nimmt beim normalen 0.72-Leica-Messsucher einfach das ganze überschaubare Bildfeld, das entspricht etwa dem 28er. Mit elektronischem Sucher ist es natürlich gar kein Problem. Ein kleines, gutes 28er – das kann man immer brauchen Die optische Leistung des 28er hat mich sehr zufriedengestellt. Leicht abgeblendet, ist es sehr scharf, es kommt mit Gegenlicht auch aus fiesen Einstrahlwinkeln gut klar (für ein Weitwinkel immer besonders wichtig) und verzeichnet nicht nennenswert. Der Kontrast ist gut, aber ist spitze – da ist das Leica 28/2.8 ASPH. in einer anderen Liga unterwegs. Dennoch besteht das über40 Jahre alte M-Rokkor auch in diesem Vergleich ganz gut, zumal hier ja kein Korrekturprofil in der Kamera eingreift – für mich ist das schon auch immer eine Art Stunde der Wahrheit. Bei offener Blende und naher Distanz ist auch etwas Hintergrundunschärfe drin. Ich finde sie ganz gut, aber je länger ich darüber nachdenke, desto deutlicher wird mir, wie sehr Bokeh auch Geschmackssache ist. Weiße Flecken innen auf der Linse: Augen auf beim Gebraucht-Kauf! Wer jetzt gleich auf M-Rokkor-Jagd gehen will, sei gewarnt. Viele 28er haben ein Problem mit weißen Punkten oder Flecken innen im vorderen Linsenelement. Stephen Gandy erklärt das auf www.cameraquest.com sehr präzise, es ist ein Fertigungsproblem. Es gibt unterschiedliche Aussagen darüber, wie sehr es die Abbildungsqualität beeinträchtigt, aber ein schwer betroffenes Objektiv kann nach meiner Überzeugung nicht die volle Leistung bringen. Das 28er, das ich zunächst als Leihgabe hatte, war makellos. Und das, das mir dann selbst beim „man-kann-ja-einfach-mal schauen“ über den Weg lief, war ebenfalls in sehr schönem Zustand. M-Rokkor 28/2.8, Bilder auf Film: Digital Bilder mit M-Rokkor 28/2.8: Aus dem Leitz-Erbe: Das M-Rokkor 90/4 Es gab zur Minolta CLE noch ein drittes Objektiv, das ich ebenfalls ausprobieren konnte: das M-Rokkor 90/4. Es entspricht sehr weitgehend dem Leitz Elmar-C 90/4, das für die und mit der CL auf den Markt kam. Auch hier ist bisweilen von einer besseren Vergütung des späteren Minolta-Objektivs die Rede, und im Vergleich könnte da etwas dran sein. In der praktischen Anwendung freilich ist es schwer, einen Unterschied zu erkennen. Von Schärfe bis Vignettierung zeichnen die beiden kompakten 90er sehr ähnlioch. Wenn man nur selten mal ein 90er braucht… Alles in allem ist das M-Rokkor 90 ein rundum nettes Objektiv, das meist auch noch deutlich günstiger angeboten wird als sein Leitz-Gegenstück. Wenn man also nur selten ein 90er braucht, dieses auch nicht im Schummerlicht einsetzen will und kein Leica-Fetischist ist, kann man das M-Rokkor unbedingt in Betracht ziehen. Gegenüber dem C-Elmar hat es noch den Vorteil, dass Filter und Ersatz-Gegenlichtblenden und Filter mit Standardgewinde 40.5 auf jeden Fall einfacher zu finden sind. M-Rokkor 90/4, Bilder auf Film: M-Rokkor 90/4, Bilder digital: Die CLE kann noch mehr – Superweitwinkel zum Beispiel In erster Linie ist die Minolta CLE natürlich für Objektive der Brennweiten 28, 40 und 90 Millimeter gedacht, so ist ja auch der Sucher aufgebaut. Trotzdem ist diese Kamera auch eine ausgezeichnete Basis für sehr viel kürzere Brennweiten, weil die Belichtungsautomatik so gut abgestimmt ist. Eine stark mittenbetonte Messung kann da einige Pannen verursachen, da ist die CLE-Technik weniger anfällig. Außerdem gibt’s eine Korrekturfunktion (und, ich wiederhole mich, leider keinen Messwertspeicher). Ich hatte die Gelegenheit, kursorisch drei 21er aus vier Jahrzehnten an der CLE zu verwenden – Leicas Super Angulon 21/3.4 von 1963, Leicas Elmarit ASPH von 1997 und von Zeiss das Biogon 21/2.8 von 2004. Ein paar Erlebnisse mit den 21ern Aus dem Trio ist das Leica Elmarit ASPH eindeutig das beste Objektiv an einer Digitalkamera – sicher auch dank 6-bot-Codierung und entsprechende Korrekturalgorithmen. Dies Zeiss macht auch eine sehr gute Figur – auf Film noch besser als an der Digitalkamera, wo es bei Verwendung an der M262 seitliche Farbfehler gab, an der M10 dagegen kaum. Das Super Angulon: ein Klassiker für die analoge Fotografie Das Super Angulon ist als Longseller im Leica-Programm ein echter Klassiker, und zwar ein attraktiver. Das Objektiv ist sehr klein und zeichnet sehr schön. Allerdings: Es ragt sehr tief ins Kameragehäuse hinein. Also: wirklich sehr, sehr tief, so tief, dass an der CL (siehe „M-Files“, Teil 7) und der M5 sogar der Schwenkarm mit der Belichtungsmesszelle anstoßen kann. Dadurch fallen je weiter zum Rand hin die Lichtstrahlen in sehr spitzem Winkel auf das Aufzeichnungsmedium. Bei Film ist das kaum ein Problem, bei Sensoren dagegen sehr wohl. An der CLE kam auch die Belichtungsmessung ins Straucheln. Also ein tolles historisches Objektiv, wenn man den Umgang damit geübt ist. Die CLE: eine Kamera, die man einfach mögen muss Aber zurück zur Minolta CLE. Sie ist einfach eine gute, schöne, kleine Kamera, mit der man hervorragend fotografieren kann. Ein liebenswertes Stück Fototechnik-Geschichte, das einem schnell ans Herz wächst und das gleichzeitig herrlich unproblematisch in der Benutzung ist. Also ein Stück zum Mitnehmen und nicht für die Vitrine. 1980 bot die kleine Minolta CLE schon Funktionen, auf die Leica-Kunden noch Jahrzehnte warten mussten. Die Minolta-Ingenieure haben mit der Weiterentwicklung der Leica CL ein Meisterstück abgeliefert, weil sie viele der Stärken dieser Kamera erkannt und beibehalten haben und manche Schwäche beheben konnten. In ihrer Zeit wurde die Minolta CLE vermutlich unterschätzt, heute findet sie zusammen mit den drei schönen Objektiven die verdiente Anerkennung. Ein kleiner Meilenstein und zugleich ein Lehrstück Zusammenfassend kann ich voller Überzeugung schrieben, dass die Minolta CLE sich als eine der interessantesten Kameras im „M-Files“-Projekt erwiesen hat. Auch wenn man sonst vielleicht von der schieren Haptik der historischen und aktuellen Leica-Kameras verwöhnt ist, wird man die CLE ebenfalls gerne in die Hand nehmen. Vor allem aber ist es eine Kamera zum Mitnehmen und Benutzen, gerade weil sie nicht diesen Nimbus hat. Wer abseits ausgetretener Pfade unterwegs sein will, findet in der CLE mit ihren drei Objektiven ein kleines, aber hochwertiges und leistungsstarkes System für zahlreiche Anwendungen. Was bleibt, ist eine leicht bitter-ironische Note: Minolta, lange Zeit der drittgrößte Kamerahersteller der Welt, ist untergegangen (okay, aufgegangen in Konica und dann in Sony). Leica, wo man sich an ein so innovatives Produkt wie die CLE nicht herangetraut hat, hat überlebt. Diesen Gedanken habe ich oft, wenn ich eine Minolta CLE in die Hand nehme, und es ist nicht nur ein Gedanke, sondern auch ein Gefühl. Es hat etwas mit Nostalgie zu tun, mit einem Anflug von „tempi passati“. Wenn es einer Kamera, zu der ich sonst keinerlei biografischen Bezug habe, gelingt, solche Emotionen auszulösen, dann muss sie wohl etwas Besonderes sein.* * *
Die M-Files: M-Mount-Objektive, -Kameras und passendes Zubehör jenseits von Leica M
Die M-Files sind ein Langzeit-Projekt, das sich auf Foto-Ausrüstungsteile mit oder für Leica M-Bajonett konzentriert, die von anderen Firmen als Leica hergestellt wurden oder die nicht zum M-System von Leica gehören. Es verfolgt einen mehr oder weniger enzyklopädischen Ansatz, ohne wissenschaftlich zu sein. Der Schwerpunkt liegt immer auf der praktischen Nutzung von Kameras, Objektiven und anderen Produkten. Zu den in den M-Files besprochenen Produkten gehören Kameras, Objektive, Sucher, Belichtungsmesser und mehr. Einige der Marken auf der wachsenden Liste sind Contax, Konica, Minolta, Rollei, Voigtländer und Zeiss.
Hallo Herr Rau,
Dass die CLE eine tolle Kamera ist, habe ich vor mehr als 10 Jahren schon festgestellt. Ich hatte mir damals die Zeiss Ikon ZM mit 3 Objektiven neu gekauft, und einen Monat später bin ich zu einer 2-wöchigen Islandreise aufgebrochen. Da ich die ZM kaum kannte und ein zweites Gehäuse mit M-Bajonett suchte, für den Fall wo die ZI ausfallen würde, ergab sich bei den Reisevorbereitungen die Gelegenheit eine fast neue CLE zu erstehen, und habe zugegriffen. Auf der Reise schälte sich heraus, dass ich die CLE lieber in den Häden hielt als die ZI, und seither hat mich die CLE fast überall hin begleitet, wir sind soeben aus dem Südtirol-Urlaub zurück und warte gespannt auf die Fotos…Ich mag die CLE einfach in den Händen halten und damit fotografieren, und die 40mm – Brennweite ist mittlerweile meine Lieblingsbrennweite geworden: Das Nokton 1,4/40 und seit Kurzem das neue Heliar 2,8/40mm asph. sind am meisten auf der CLE. Ausserdem nutze ich das ZM 2,8/28mm und das Summarit-M 2,5/90 mm an dieser Kamera, ausserdem das 4/21mm Skopar Pancake mit Aufstecksucher. So bin ich für viele und die meisten meiner Motive gut gerüstet.
Ihre Internetseite und die M-Files haben mir sehr gut gefallen, viele interessante und für mich wichtige Informationen sind hier enthalten.
bitte machen Sie weiter so, ich freue mich schon auf neue Blogs hier.
Mit freundlichen Grüssen,
Jean-Claude Hardt.
Lieber Herr Hardt, vielen Dank für die nette Rückmeldung. Ich lese mit Freuden, dass Sie Ihre analogen Schätze nicht nur hegen und pflegen, sondern auch regelmäßig benutzen. Ich ich genieße jedes Mal den Moment, wenn die Bilder auf dem Film erstmals zu sehen sind, ob beim Selbstentwickeln oder nach der Rückkehr aus dem kommerziellen Labor. Und ich freue mich, wenn Sie regelmäßig hier in der Messsucherwelt vorbeischauen. Es ist eine nette Gemeinschaft von Gleichgesinnten, und wir haben allen Grund, unserem Gastgeber Claus Sassenberg dankbar zu sein für sein Engagement zugunsten dieser Seite. In diesem Sinne: Bis bald, JP Rau
Hallo Herr Rau,
Danke für die nette Rückantwort.
Die CLE ist für mich ein „Handschmeichler“, und wenn es das gibt dass eine Kamera „sexy“ sein kann, dann ist die CLE das ganz bestimmt für mich!
Ich gehe langsam auf die 60 zu, und bin mit analogen Kameras aufgewachsen. Das ganze Ritual, angefangen beim Film aus der Packung nehmen, in die Kamera legen und Filmanfang in die Aufwickelspule einfädeln hat heute für mich immer noch etwas Haptisches das ich nicht missen möchte, genausowenig wie das Zurückspulen, Film entnehmen und auf die Entwicklung warten, dann endlich die Fotos in den Händen halten oder die Dias sichten, einrahmen und projizieren, alles das möchte ich nicht missen! Die Digitalfotografie ist in der Hinsicht zu „volatil“ und zu informatikorientiert als dass sie mir die gleiche Freude bereiten würde als die analoge Fotografie…ein Freund sagte mal zu mir: „Du bist ein ewiggestriger Nostalgiker“. Sei’s drum… ich habe meine Freude daran,und es ist doch das was zählt…
Mit freundlichen analogen Grüssen aus Luxemburg,
JCHardt.
Als Neuling in der Sache Fotografie, besuche ich ihre Webseite ziemlich gern und nehme mir einige Wertvolle Tipps mit. Danke dafür.
Lg Alisa
Gerne geschehen!
Pingback:Die Minolta CLE. Die kleinste und schönste Leica M? - Florian Renz
Danke für diesen wunderbar zu lesenden Artikel.
Ihr macht sicher vielen echt richtig Lust, wieder alte Kameras auszuprobieren. Bei mir ist deshalb eine Nikon FM2n mit einem Nikkor 50mm f/1.4 AI eingezogen. Das ist zwar keine Meßsucherkamera, aber bis auf die eingebaute Belichtungsmessung auch komplett analog und dazu noch eine der Kameras, die 18 ! Jahre gebaut wurde.
Was ich aber eigentlich schreiben wollte, ist, daß auch Nikon mit der SP eine Meßsucherkamera gebaut hat. Leider besitze ich keine, sonst müßtest Du auch darüber noch schreiben. Aber vielleicht kannst Du doch eine auftreiben.
Viele Grüße, Dirk
Lieber Dirk,
vielen Dank für die Rückmeldung. Ja, es gibt viele ganz wunderbare Kamera-Klassiker, und die FM2n ist eine großartige Vertreterin ihrer Epoche und Marke. Ich nehme heute noch meine Olympus OM-1 von 1973 gerne in die Hand und ans Auge, ich habe sie mir 1989 als Schüler gebraucht gekauft. Im OM-System gab es eine ganze Reihe ausgezeichneter Optiken. Ich glaube nicht, dass es heute noch so ein Qualitätsbewusstsein gibt. Oder mit welcher Kamera aus dem Jahr 2021 außer der Leica M-A oder MP wird man in 48 Jahren – also 2069! – noch fotografieren können?
Zur Nikon S: Kenne ich, sie tauchen immer wieder im Handel auf (gelegentlich aus der Nachbau-Serie von 2000) und sind SEHR verführerisch. Ich habe mich bei den „M-Files“ aber aus gutem Grund auf Kameras und Objektive mit M-Bajonett beschränkt. Das war nicht immer leicht bei so viel Interessantem links und rechts des Weges, aber für diesmal bin ich standhaft geblieben und war froh darüber. Aber wer weiß, was das nächste Projekt mir (und vielleicht auch Euch Messsucherwelt-Leserinnen und -Lesern) bringt.
Viele Grüße, Jörg-Peter
Hallo Thomas,
vielen Dank für die Rückmeldung! Ich wollte technisch nicht zu tief einsteigen und habe deshalb das ganze Thema Messsucher-Kupplung und Steuerkurven nur oberflächlich gestreift. Das betrifft nämlich auch die Konica Heaxar RF und deren Objektive, die in einer früheren Folge dran waren. Die Info über die Streuweite in der Minolta-Produktion hatte ich nicht und war bisher von Toleranzen innerhalb eines einzelnen Objektivs ausgegangen (mal sitzt die Schärfe, mal nicht). Klingt aber sehr plausibel, auch wenn der Leica-Mann pro domo gesprochen haben wird.
Beim 28 und auch beim 40er kommt der Effekt weniger zum Tragen, da mehr gnädige Schärfentiefe vorhanden ist. Auch deshalb reizt das 90/4 die Modelle mit kurzer Messbasis schon ziemlich aus. Wer abblendet oder aufs Tele verzichtet, erlebt gewiss weniger Enttäuschungen. Digital löst Live View das Problem, für mich aber nur in einem Sucher. Die Kamera so vor sich hinhalten… brrrr.
Und zu der anderen Frage: Im Aufbau sehe ich beim 90er keinen Unterschied zwischen Leitz und Minolta. Das 40er von Minolta hat eine etwas größere Fassung als das von Leitz, macht optisch aber den gleichen Eindruck. Zerlegt habe ich die Teile freilich nicht. Das 28er M-Rokkor ist ganz und gar eigenständig. Ob es was mit dem Prototypen eines kleinen 28ers zu tun hat, das Leica für den Prototypen der M6electronic (dazu gibt es bei Peter Lausch einiges zu lesen) entwickelte? Die beiden Firmen waren ja auch nach dem CL-Projekt über die R-Serie eng verbunden.
Jörg-Peter
Hallo,
danke für den schönen Bericht.
Zu den C_ Elmar 4.0 90mm, welches ich hatte:
Der Unterschied liegt in der Abtastung des Messsuchers. Bei meinen passte der Focus zum Schnittbild leider nur sehr selten. Da die Abtastkurve nicht genau gefertigt wurden. Das hat mir ein Leica Verkäufer erklärt- von 10 sind 8 nicht genau. Diese läuft nicht Parallel wie bei einen M- Objektiv.
Wie sind die Minolta Gläser gefertigt? Ich vermute- habe ich gelesen – das diese wie die M aufgebaut sind.
LG Thomas