Im Lauf des Jahres hatten wir mehrfach über die mögliche Neuauflage des 28mm Summaron aus den 50er Jahren gesprochen. Sowohl William Fagan als auch ich besitzen das Objektiv im Original, und William schrieb darüber ausführlich hier, mit einigen exzellenten Beispielbildern, von denen eines unten zu sehen ist. Jetzt ist die Rückkehr des Objektivs Realität und die Einzelheiten über das neue/alte Objektiv wurden von Leica bekanntgegeben. Es wird mit Vorbestellung für 2200 Euro erhältlich sein.
Landschaftsaufnahme von William Fagan mit der M240 und seinem „alten“ 28mm Sumaron
Es wird viele überraschen, dass das neue Objektiv dem alten Schraubgewinde-Objektiv fast wie ein Ei dem anderen ähnelt. 6228 Stück wurden zwischen 1955 und 1963 hergestellt. Leica konstatiert, dass die Neuauflage optisch identische Eigenschaften hat, um eine klassische Zeichnung und Charakteristik zu erzielen, die Linsen jedoch durch moderne Vergütung verbessert sind.
Es behält sogar die Tendenz zu einer deutliche Vignette wie sein Vorgänger. Das wird jetzt als Vorteil angepriesen: „Die Kombination von hoher Schärfentiefe, natürlichen Kontrasten, exzellenter Detailauflösung und sichtbarer Vignettierung erzielt dabei eine einzigartige Bildwirkung und verleiht den Aufnahmen einen besonderen Look, der an analoge Fotografien erinnert.“
Aber warum sollten wir wegen einer Optik, die selbst an den Standards von vor einem halben Jahrhundert gemessen lichtschwach ist, in Aufregung geraten? Sogar die gute alte X-Vario wurde angefeindet, weil sie nur eine Öffnung von f/3.5 hatte, obwohl das ja schon deutlich lichtstärker ist. Doch hier geht es schlichtweg um die Größe – dies ist nun das kleinste M-Objektiv – mit dabei ist extreme Tiefenschärfe und daher sorgloses Fokussieren. Egal, welche Stammtischparolen über die Kamera in Umlauf sind, die Besitzer einer X-Vario können bestätigen, das man sich mit f/5.6 am „sweet spot“ eines Objektivs befindet, dort, wo die optischen Eigenschaften am besten sind. In der Tat, f/5.6-f/8 ist für viele Zwecke ideal, sei es Landschafts- oder Street-Fotografie. Es kann wohl kaum jemals ein „Bokeh-King“ sein, aber wenn man mehr Freistellung braucht, hat man dafür vermutlich andere Optiken in der Fototasche.
Die Mehrzahl der Street-Fotografen benutzt in den meisten Fällen f/5.6-f/8 und erfreut sich an der enormen Tiefenschärfe, die Zonenfokus ultraleicht macht, besonders bei Weitwinkel-Objektiven. Für die Freunde der 28mm-Brennweite, eingeschlossen Besitzer der Ricoh GR, Fuji X70 und der Leica Q, ist das Summaron die perfekte kleine Ergänzung zur M-Kamera.
Als Besitzer eines 1958er Summaron bin ich gespannt, wie es sich im Vergleich zum neuen Modell macht. Wenn wirklich nur ein geringer Unterschied in der Zeichnung zu erwarten ist, kann ich mir die gut 2200 Euro für eine Linse sparen, die denselben Job macht wie das Original. Obwohl das alte Summaron relativ selten ist, kann man es schon für Preise zwischen 500 und 800 Euro bekommen. Red Dot Cameras hat ein nettes Exemplar für, ich glaube £599 auf Lager. Wahrscheinlich nicht mehr lange.
Ein offensichtlicher Unterschied zum alten Objektiv ist, dass die Seriennummer vorn ist. Beim Alten findet man sie auf der Rückseite eingraviert, braucht aber ein Vergrösserungsglas dazu.
Unglücklicherweise wird dieser Preisunterschied nicht bleiben, da die Ankunft des neuen Summaron den Preis des Alten in die Höhe treiben wird. Noch etwas: Wer ein altes Summaron besitzt, hat vermutlich nicht die passende Gegenlichtblende dazu, die sind nämlich so selten wie Schaukelpferd-Mist, wie ich selbst feststellen musste. Die Dinger können fast so teuer sein wie das Objektiv selbst. Das Neue kommt jedenfalls gleich mit Gegenlichtblende, das versüßt einem die bittere Pille des Preises etwas.
Ich war immer ein großer Freund des 28mm f/2.8 Elmarit (bis dato Leicas kleinste Linse), schon bevor ich in dem Jahr mit der Leica Q zu der Brennweite konvertieren musste (Anm. des Übersetzers: Schließe mich an!). Das Summaron, sei es alt oder neu, wird für Street Fotografen eine noch bessere Wahl sein, wenn sie ohne Sorge über Fokusprobleme losknipsen wollen. Ist der Fokus erst mal in der richtigen Entfernung eingestellt, etwa 2m (oder 6ft an meinem Schätzchen, das nur die alte Einteilung hat), ist das der hyperfokale Himmel. Näher als 1m geht nicht, weil dies (wie bereits oft genug erwähnt) ein klassisches Objektiv ist. Nichts von diesem verweichlichten 70cm-Kram für das Summaron.
Für den nächsten Monat ist das alte Summaron jetzt vor meiner M-D. Mal sehen, wie es sich macht. Wenn ich jetzt noch die bezaubernde Jenny Hodge von Leica UK dazu bringe, mir ein Exemplar der neuen Version zur Verfügung zu stellen, kommt vielleicht ein brauchbarer Vergleich dabei heraus.
Offizielle Leica-Pressemitteilung:
Neuauflage eines Objektivklassikers
Ultrakompaktes Weitwinkelobjektiv LEICA SUMMARON-M 1:5,6/28 mm für die unauffällige Reportagefotografie
(Wetzlar, 19.10.2016) Mit dem Leica Summaron-M 1:5,6/28 mm erweitert sich das Objektivprogramm im Messsuchersystem um die Neuauflage eines Leica Klassikers. Als Schraubgewinde-Objektiv 1955 vorgestellt, zählt das Vorgängermodell bis heute zu den kompaktesten Weitwinkelobjektiven im M-System und zeichnet sich durch seine charakteristische Abbildungsleistung aus. Das neue Summaron-M 1:5,6/28 mm greift die klassisch-kompakte Bauweise und die Leistungsmerkmale seines Vorbilds auf und transportiert eine einzigartige, analog anmutende Bildwirkung in die Digitalfotografie.
In seinem optischen Aufbau und der mechanischen Konstruktion entspricht das Summaron-M 1:5,6/28 mm seinem Vorgänger, der bis 1963 in den Leitz-Werken Wetzlar hergestellt wurde. Dass es sich bei der Neuauflage um mehr als einen simplen Nachbau handelt, zeigt das neue Summaron-M 1:5,6/28 mm durch das gelungene Zusammenspiel aus Optik-Entwicklung, Verarbeitungsqualität und Objektiv-Design. In wenigen Details der heutigen Designsprache angepasst, ist das Summaron-M 1:5,6/28 mm in der Ausführung auf das Wesentliche reduziert, ohne dabei den Charakter des legendären Vorbilds zu verlieren. Mit einer kompakten Länge von weniger als zwei Zentimetern ist es besonders unauffällig und stellt die ideale Ergänzung für die diskrete Leica M-Ausrüstung bei der Street Photography dar. Die übersichtliche Schärfentiefenskala in Kombination mit den großen Verstell-Winkeln erlaubt dabei eine präzise Vor-Fokussierung.
Das alte Summaron in der Hand keines geringeren als Stefan Daniel, die neue Version steht vorn auf dem Tisch.
Wie sein Vorgängermodell besitzt das Leica Summaron-M 1:5,6/28 mm einen symmetrischen, um die Blende angeordneten optischen Aufbau mit sechs Linsenelementen in vier Gliedern. Die historische optische Rechnung des Original-Objektivs wurde dabei unverändert übernommen. So zeichnet sich das Summaron-M 1:5,6/28 mm bei voller Öffnung durch eine kontrastreiche Wiedergabe in weiten Bereichen des Bildfeldes aus. Die Kombination von hoher Schärfentiefe, natürlichen Kontrasten, exzellenter Detailauflösung und sichtbarer Vignettierung erzielt dabei eine einzigartige Bildwirkung und verleiht den Aufnahmen einen besonderen Look, der an analoge Fotografien erinnert.
Das Objektivdesign des neuen Leica Summaron-M 1:5,6/28 mm wurde in Details der heutigen Designsprache aktueller Leica M-Objektive angepasst. Dazu gehört neben dem M-Bajonett inklusive 6-Bit-Codierung beispielsweise die Form des Fokus-Entriegelungsknopfes, der Durchmesser des Blendenrings und die Rändelungen. Die Ausführung der Gegenlichtblende orientiert sich am ursprünglichen Objektiv und erinnert an die Anfänge der Messsucherfotografie. Sie wird aus massivem Messing gefräst und in einem aufwändigen Fertigungsverfahren hergestellt.
Das Summaron ist ein Mini-Objektiv. Sieht auf der M240 fast lächerlich klein aus.
Wie alle Leica Objektive wurde auch das Leica Summaron-M 1:5,6/28 mm von den Optik- Spezialisten in Wetzlar entwickelt. Als besonders zuverlässiges und wertbeständiges Produkt „Made in Germany“ wird es aus hochwertigen Materialien gefertigt und in Handarbeit montiert. Die Verbindung von modernster Technik mit sorgfältiger Manufaktur sorgt hierbei für eine konstante Qualität und große Wertbeständigkeit.
Das Summaron-M 1:5.6/28mm ist ausschließlich auf Vorbestellung erhältlich. Die Belieferung erfolgt in Reihenfolge des Bestelleingangs. Auf Grund von starker Nachfrage, vor allem in den ersten Monaten, ist mit längeren Lieferzeiten zu rechnen. Die unverbindliche Preisempfehlung beträgt 2200 Euro.
Original-Artikel erschienen auf Macfilos, Übersetzung von Claus Sassenberg mit Genehmigung des Autors Mike Evans.