Mein Freund Jürgen hat mal wieder was beizutragen – unser Weltbild betreffend. Oder besser gesagt: Das Seitenverhältnis unseres Weltbilds. Trotzdem bleibt er in vernünftigen Grenzen, denn total verzerrte Weltbilder sind ja zur Zeit en vogue. Dabei könnte Trump gerade dieses Format so gut gebrauchen. Ich will es ihm mal in seinen eigenen Worten erklären, wie die europäischen Late-Night-Shows (hoffentlich liest ihm das hier jemand vor):
Hey Donald, the 2,39 : 1 -Format is absolutely great! You can use it to show National Mall on Inauguration-day, lots of people in it, it leaves the empty parts totally out! You’re gonna love it! No fake news anymore, it’s fantastic! Or walls! If you’re into walls, it’s an amazing format, right? Shows great sections of the wall without anything behind it, especially Mexico! Check it out! It totally rocks! It’s terrific! Or was it terrifying, I wonder? Anyway, it’s all the same to you, I guess.
(Und ich hoffe, er und sein Stab von angry, old, white men merkt nicht so schnell, dass wir alle mit arabischen Zahlen rechnen!)
Jürgen hat nach langem Zögern jetzt eine neue (öffentliche) Webseite mit Inhalten gefüllt, es lohnt sich, da mal ein wenig zu stöbern. Seine bevorzugte Kamera ist die Fuji X-E2, darum Fuji Freunde, aufgemerkt! Den aktuellen Artikel von dort habe ich hier übernommen:
Eine Sache von Format
Unsere Bilder haben ein Verhältnis – und darüber sollten wir mal reden!
Bilder haben natürlich ein anderes Verhältnis als Menschen untereinander. Das reicht von 1:1 über 3:4, 2:3 oder jeder erdenklichen Konstellation bis – ja meistens bis 16:9. Hier ist in der Regel Schluss!
Die Ursache liegt lang zurück, denn früher war alles anders, aber nicht unbedingt besser. Gerade bei der Ausbelichtung von Papierbildern setzten die Labore meist ein paar Standardgrenzen. Und wenn man ein überlanges Format haben wollte, so musste man oft nach Fertigstellung mit tränenden Augen wertvolles Material an den Längsseiten wegschneiden und hielt nur noch einen kleinen schmalen Lappen in den Händen. Viel zu schade!
Bilder werden aber heute gern anders betrachtet – auf Smartphones, Tablets und größeren Flachbildschirmen. Dazu kommt, dass sie häufig in umliegende Informationen oder Text eingebettet werden – wie in diesem Blog. Das hat aber Folgen und in diesem Fall auch neue Freiheiten! Man kann die Verhältnisse neu ordnen. Ein Format sticht dabei ganz groß heraus: 2,39 : 1 (richtig gelesen! Zwei-komma-drei-neun zu eins). Bekannt ist es auch unter CinemaScope – einer geschütze Marke der 20th Century Fox.
Dieses Format ist Teil unserer Kultur.
Wir sind bereits daran gewöhnt, so zu sehen. Bei Kinofilmen haben wir uns schon längst daran gewöhnt, dass oben und unten – je nach Bildschirm – schwarze Streifen auftauchen. Dieser Seitenformat-Faktor wurde aber von der Kinowelt auf die Bilderwelt bisher selten übertragen. Programme wie Lightroom gehen als Standard nicht über 16:9 hinaus. Da sollten wir das 2.39 : 1 schnellsten als eigene Vorlage hinzufügen!
Wie kam das Kino auf dieses Format?
Es war das Zusammenspiel von 35mm-Film und des „anamorphotischen Verfahrens“. Noch nie gehört? Ich kannte es auch nicht. Hierbei wird mit einer speziellen Linse das Bild bei Aufnahme um den Faktor 2 in der Breite gestaucht, um ihn auf dem Film unterzubringen. Beim Abspielen sorgt dann eine Linse mit gleichem Faktor, das Aufgenommene wieder zu expandieren. Ich will hier nicht in alle Einzelheiten gehen, sonst kommt uns noch die Tonspur in den Weg. Wer sich dafür näher interessiert, dem empfehle ich entsprechende Wikipedia-Artikel.
Um sich eine bessere Vorstellung zu machen, habe ich ein paar Bilder unterschiedlichster Art zusammengestellt:
[image_gallery include=“id=5446,id=5447,id=5450,id=5448,id=5451,id=5452,id=5454,id=5455,id=5456,id=5457,id=5458,id=5460″]Ein Tipp: Experimentiert einfach mal mit Kopien Euer Lieblingsbilder – oder noch besser mit Bildern, die Euch in der Bildaufteilung zu schwach wirkten und deshalb bereits aussortiert wurden. Besonders bei Landschaftsbildern an Tagen, die im Himmel keine brauchbaren Strukturen aufweisen, kann das eine Alternative sein. Da gibt es manchmal noch Schätze zu entdecken!
Mein Lieblingsformat ist immer noch 24x36mm, S/W, Color, Dia, in allen Empfindlichkeiten und Variationen…warum?
Weil ein Tiefkühlfach noch voll damit ist! (die ältesten Filme sind von 1998).
Im Ernst, ich habe 1968 mein erstes Foto gemacht (damals mit einer Bilora Boy meines Vaters auf 127er Film), und bin immer noch ein grosser Anhänger (oder nennt man das heute Nerd?) der „photographie argentique“!
Digital knipse ich hauptsächlich fürs Familien-„Album“, analog fotografiere ich, am liebsten schwarz-weiss mit Filtern (Lieblingsfilter Orange, bei blauem Himmel mit schönen weissen Wolken auch in Kombination mit Zirkularpolfilter).
Mein Kommentar hat jetzt nicht direkt etwas mit der Formatfrage in diesem Beitrag zu tun, es hat mich aber jetzt in den Fingern gejuckt dies zu schreiben und mitzuteilen…
Liebe analoge Grüsse,
Argentix
Da wir hier schon auf einer Leica-inspirierten Seite sind, soll eine wunderbare Kleinbildfilm-Messsucher-Kamera nicht unerwähnt bleiben, die Hasselblad XPAN mit einem Format von 65 x 24 mm, also 2,7 : 1.
Oh, ja, die Panorama-Formate. Sie sind immer wieder faszinierend. Mein Traum wäre allerdings die analoge Linhoff Panora 617 für das Format 6x17cm. Übrigens, auch eine der verliebenen Made in Germany.
Aber, es gibt wohl kein Format, welches nicht spannend ist, Bei Panorama bewegt sich merklich der Kopf beim Hingucken und: man guckt auch hin. Fotografie, wer sie ernsthaft betreibt, entdeckt immer wieder neue Sichtweisen und damit immer wieder ein ganz eigenes Format.
Eigentlich bei jedem Motiv sucht man sein Format, wenn man denn sucht und nicht die Umgebung abscannt. Die seite von Jürgen macht jedenfalls Lust, zu entdecken. Und neu zu sehen.
Liebe Grüße und herzlichen Glückwunsch.
Kai
Die Perspektive orientiert sich immer am verwendeten Aufnahmeformat. Ob im Format 1:1, 4:3, 3:2, 16:9 oder 17:6 fotografiert wird, entscheidet sich zum Aufnahmezeitpunkt. Deshalb ist auch ein exakter Sucherausschnitt für eine gute Bildgestaltung von Vorteil.