Von Jörg Bergs

Luxusproblem

Analog zu fotografieren hat seinen Preis. Wobei auffällt, dass das Wehklagen über zu hohe Preise teilweise aus Kreisen derer kommt, die im Store gerne 20k € auf den Tisch für eine M11 Edition Frozen samt etwas Zubehör legen. Die Krisen und Rohstoffverknappungen der Menschheit in den letzten Jahren trugen zwar zum sittlichen Verfall einiger Ansichten bei, aber ja, es ist antiquiert, auf 36 Bilder limitiert zu sein und dabei noch pro Bild zahlen zu müssen.

Ohne Sarkasmus stelle ich dieser Tage und in Bezug zu diesem Thema gerne die Frage was Film ist und warum der Markt solch hohe Preise für Film aufruft. Diese Frage lässt sich allerdings nur mit Hintergrundinformationen sachlich beantworten. Um Erkenntnis zu gewinnen und vertiefen, auf welch hohem qualitativem Niveau Filme herstellt werden, reicht ein Blick auf die Firma Kodak, die seit 2010 sehr turbulente Zeiten durchlebte. Fuji ist leider nicht so offen, sodass ich kaum Quellmaterial zu deren Produktionsstätten vorliegen habe. Diese dürften allerdings auf gleichem Stand der Technik sein.

Filmproduktion

FilmIn einer Rolle Film befinden sich 200 verschiedene Rohchemikalien. Ein TriX, mit der beliebteste Schwarzweißfilm seit Jahrzehnten, ist 19 μm dick im trockenen Zustand, beinhaltet 15,96 mg/m² Gelatine und 8,208 mg/m² Silber. Farbfilme sind etwas dicker, werden mit bis zu 20 Schichten gegossen und beinhalten etwas weniger Silber. Film gehört damit zu einem der komplexesten chemischen Produkte überhaupt. Die Herstellung von Farbfilmen ist so komplex, das nur noch sehr wenige Hersteller über das Wissen und die dafür notwendigen Maschinen verfügen. Das ist im Moment Kodak und Fuji, sofern Letztere überhaupt noch Film gießen. Trotz guter Kontakte zum Management lassen sich gegenwärtig Mitte 2024 keine genauen Informationen anfragen. Die aus ehemaligen Agfa Mitarbeitern bestehende Firma Inoviscoat könnte ebenfalls, wenn Wille vorhanden und die Insolvenz nicht gegeben wäre, Farbfilme gießen. Ein neues Konglomerat aus DDR-Namensrechten und zweifelhaften Produkten mit „vintage Look“ ist allerdings nicht Ziel dieser Betrachtung hier. Leica Benutzer möchten ihr Equipment mit Markenfilmen nutzen, die ein entsprechend hochqualitatives Ergebnis erzielen, sofern gut entwickelt und weiterverarbeitet.

Mit die größte Produktionsstätte bei Kodak war das aus 1969 stammende 14Room Gebäude. 14Room wurde immer wieder mit neuer Technologie ausgestattet und erweitert. Unterschiedliche Filme und Rezepturen erforderten eine sehr aufwändige Produktionsstrategie. Im November 1986 wurde ein Antrag auf Bau einer komplett neuen Produktionsstätte gestellt, dem B38 Gebäude. Der Antrag wurde am 19.02.1987 bewilligt und das erste kommerzielle Produkt wurde am 17.07.1991 im B38 gefertigt. Alle heutigen Kodakfilme, Kino- als auch Fotofilme, werden im B38 gegossen. B38 ist komplett computergesteuert; Roboter überwachen die Emulsionierung. Die Anlagen unterliegen einer Ultrafiltration für äußerste Sauberkeit. Onlinescanner überwachen die Qualität der Prozesse und die beiden Gießeinheiten bieten eine 20-layer-Direktbeschichtung. Ein weiterer Vorteil der Produktion im B38-Gebäude liegt beim schnellen Wechsel zwischen div. Produkten. Mit Spülung kann ein Produktionswechsel in weit unter einer Stunde stattfinden. Die Anlage ist dazu noch skalierbar. 60 Arbeiter benötigt man zur Filmproduktion. Aus einer Masterrolle Film können 49.000 24er Filmrollen hergestellt werden.

Kodak erzielte mit diesem Gebäude noch höhere Produktionsmengen in den 1990er Jahren, die 2002 in einem Peak endeten. 2002 wurden 960 Millionen Filme verkauft. Im Zuge der rasant schnellen Digitalisierung (deren Pionier ironischerweise Kodak in den 1970ern war) brach der Markt binnen weniger Jahre auf unter 20 Millionen Filmrollen pro Jahr ein. Kodak endete 2012 somit in der Insolvenz. Trotz der Insolvenz und zahlreichen Patent- und Werksverkäufen fand dennoch weiterhin Forschungsarbeit im Filmbereich statt.

Optimierung auch in schwierigen Zeiten: Der Portra Film

Der Portra-Film wurde beispielsweise 1998 eingeführt. Zunächst in zwei Varianten als 160 und 400ASA Film. Diese Filme gab es in der Version Nice-Color und Vivid-Color (eine Ultra-Color Version gab es leider nur kurzfristig). In den 1990ern wurde oft noch halb-automatisch und teilanalog vergrößert, sodass die beiden Filmsorten Sinn ergaben. Ab 2002 gesellte sich der Portra 100 Tungsten, der Portra 800 und der Portra 400BW zum Sortiment. Alle Portras boten und bieten die gleiche Spektralempfindlichkeit und Dyes. Im Jahr 2006 wurden die T-Kristalle (die u.a. in den T-Max-Schwarzweißfilmen seit den 1980er für feinstes Korn und höchste Schärfe eingesetzt werden) optimiert und weisen ein noch feineres Korn auf. Auch wurde die Scanbarkeit der Filme weiter verbessert. 2006 wurden neue Magentakuppler und eine allgemein noch bessere Farbreproduktion entwickelt. 2011 fand nochmals ein Upgrade der Filme statt: Dank moderner Scanner gab es keinen Grund mehr für zwei Varianten der 160er und 400er Portras. Ab dann wurde nur noch ein Portra 160 und 400 angeboten. Der Portra wurde nochmals verbessert und bietet ein noch feineres Korn und eine noch genauere Farbreproduktion. Übernommen wurde diese Technik stets von den Kinofilmen. Die Vision Technologie ist die Basis von Film- und Fotofilm. Diese Gattungen sind sich somit recht ähnlich.

Geiz ist geil

Kommen wir auf das Thema Preisfindung zurück. Analoge Fotografie war immer schon teuer. Dem deutschen Geizhals eingebrannt sind leider die Nullerjahre. Schlecker bot zu dieser Zeit Filme für einen Euro und den 9×13 Abzug für einen Cent an. Es begann das schnelle Sterben der kleinen Fotohändler, die nicht mehr rentabel arbeiten konnten. Auf Herstellerseite war zu dieser Zeit kein Massenmarkt mehr vorhanden (960 Mio. Filme zu weit unter 20 Mio. Filme pro Jahr). An eine produktive Rentabilität war nicht mehr zu denken. Kodak-Großlabore entwickelten E6 Filme für 1€ und für 2€ per übernacht Express. Die extrem miese Qualität seinerzeit schien hierzulande keinen zu stören. Die schnelle ruinöse Preisgestaltung forderte Opfer: Kodak-Großlabore sind schon lange Geschichte und Agfa wurde in die Insolvenz getrieben.

Film

FilmIlford stand, wie Leica auch, Mitte der Nullerjahre kurz vor der Pleite. Der Ilford Schweiz wurden im digitalen Markt goldene Zeiten vorausgesagt, der Ilford-Silberschmiede in UK nicht. Es kam anders. Nach der Kodak Insolvenz und Auferstehung, wenn auch unter sehr schwierigen Vorzeichen, begann eine neue analoge Ära. Ilford UK, firmiert nach einem Management-Buy-out unter Harman, besteht nach wie vor, während die bejubelten Schweizer den Geschäftsbetrieb aufgeben mussten. Die Nische hielt sich wacker über Wasser und meldet seit 2015 stetiges Wachstum. Ab 2021, je nach Produkt, sogar ein starkes Wachstum. Kodak, Ilford und Fuji besorgen sich Rohchemikalien auf dem freien Mark. Die Globalisierung, neoliberalisch einst gefeiert, entwickelte sich für viele Hersteller zur Falle: Während Trump den Handelskrieg mit China einheizte, setzten gestörte Lieferketten während der Pandemie die Hersteller unter Druck. Die meisten Rohchemikalien für fotografische (und medizinische) Produkte stammen aus China. Steigende Preise für Beförderung, Lieferung und Veredelung wirken sich mit nur kleiner Latenz auf Verkaufspreise aus. Oftmals wird bei der Begründung hoher Preise der Silberpreis erwähnt, der aber nur eine kleine Rolle im Gesamtgefüge der Filmherstellung spielt.

Betrachten wir die Preise der Preislisten aus den hier gezeigten Bildern und rechnen diese Preise auf eine aktuelle Kaufkraft, ist Film mitnichten so teuer, wie oft behauptet wird. Ein 1984 gelisteter Kodak VR 400 Film, der mit einem heutigen UltraMax 400 gleichgesetzt werden kann, kostete damals 8,80DM. Nach heutiger Kaufkraft würde der Film ca. 13€ kosten. Der UltraMax 400 kostet heute (Stand 14. Mai 2024) im hiesigen DM Drogeriemarkt 9,95€. Das Beispiel kann mit anderen Filmen, insbesondere Profifilmen munter fortgesetzt werden. Die Kaufkraft(um)rechnung ist zwar recht hypothetisch, liefert aber einen Wert, der zeigt, dass Film eben nicht teuer ist. Vergessen darf man nicht, das analoge Fotografie in den 1980er und 90er ein Massenmarkt war. Rohstoffe waren günstiger und in viel größeren Mengen beschaffbar. Heute ist die Filmproduktion ein Nischenmarkt, der sehr strengen Umweltschutzauflagen unterliegt. Geringe Mengen, Rohstoffgewinnungsprobleme, Handelskriege, geopolitische Auseinandersetzungen, Inflation und ein kleiner Markt spielen ebenfalls eine sehr große Rolle bei der Preisfindung.

Kein analog vs. digital

Die Auflösung von niedrig empfindlichem klassischen 35mm Kleinbildfilm liegt bei rund 30 Megapixeln. Darüber hinaus sind zwar mittels Trommelscan scharfe (und größere Scans) möglich, jedoch befindet man sich auf Kornebene und vergrößert dieses mit. Eine wirklich effektiv höhere Auflösung mit deutlichem Mehrwert ergibt sich kaum. Seit rund 10 Jahren liegt die nominelle Auflösung einer jeden Digitalkamera mit über 20 Megapixel über der Abbildungsleistung eines Films. Dokumentenfilme, die speziell für fotografische Eigenschaften weich entwickelt werden müssen, bieten eine höhere Auflösung, sind aber für die einfache Fotografie nicht unbedingt zu empfehlen. Mittel- und Großformatfilme sind ebenfalls nicht Gegenstand der Betrachtung. Hier geht es um die nerdige Auseinandersetzung von Leica, 35mm Film und der ökonomischen Preisgestaltung. Unterm Strich ist ein gutes Bild ohnehin losgelöst von Pixeln und Auflösung. Ich selbst verehre viele ältere Fotografen vergangener Jahrzehnte (und deren Abzüge!). In dieser Zeit war die Qualität von Film sichtlich schlechter im Vergleich zu aktuellen Emulsionen.

Analoges Fazit

Film ist ein Kulturgut, das es zu schützen gilt. Ich bin froh, dass es nach wie vor extrem gute Filme, Chemikalien und Fotopapiere zu kaufen gibt. Einen Barytabzug aus der Dunkelkammer ziehe ich jedem Epsondruck vor. Die klassischen Fotopapieremulsionen sind widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse, können einfacher gereinigt werden und erzielen beim Verkauf meist deutlich höhere Preise. Selbst die Haptik ist, nach wie vor, eine andere Welt. Zumal der Silberprint nachweislich, bei sachgerechter Verarbeitung, 200 Jahre locker überlebt. Zwar ebbt der analoge Trend seit einem Jahr langsam ab; Liebhaber sind und bleiben dem Film nach meiner Erfahrung treu. Die meisten (Hobby-) Fotografen sind in beiden Welten zuhause und nutzen beide Techniken je nach Gusto und Einsatzzweck. Nachhaltigkeit ist bei analogen Leica Fotografen ein weiteres Thema: Man braucht nicht alle zwei Jahre eine neue M 🙂 Und die analogen Modelle frieren nicht so schnell ein.

Ich danke Robert Shanebrook von Kodak, Jan Böttcher und Wolfgang Schmitz für die Scans der alten Fotokataloge und Preislisten.

Das Labor von Jörg Bergs: Meinfilmlab

9 Kommentare

  1. Interessant, dass „The Afghan Girl“ von McCurry im Leica Museum hängt. Ist natürlich ein extrem ikonisches Bild, wurde aber mit einer FM2 von Nikon aufgenommen…was am Ende ja aber auch völlig egal ist! 🙂

  2. Hallo Herr Bergs,
    interessanter und toller Beitrag für die „Analogen“… Ich habe jetzt mit Mitte 60 wieder vor drei Jahren durch eine M6 auch zurück zur analogen Fotografie gefunden – ich nutze das als eine entschleunigende und schöne Ergänzung zum Digitalen. Einiges ist in der Zwischenzeit mit Silbersalz-Film entstanden, derzeit habe ich s/w mit CineStill Double-X eingespannt.. Bei einem Besuch in Wetzlar ist mir im dortigen Leica-Museum ein toller riesiger Print / Druck an der Wand von dem Bild „Afghanisches Mädchen“ von Steve Mc Curry „ins Auge gestochen“… Meines Wissens Mitte der achtziger Jahre analog gemacht. Mir ist es nicht klar, wie man eine analoge Kleinbildaufnahme dermaßen vergrößern und dabei qualitativ so hochwertig erscheinen lassen kann…. Wird da massiv mit Interpolation / KI nachgeholfen??
    Interessant ist für mich vor allem Ihre Bemerkung über die Auflösung von KB-Film. Ich kann bei den von Silbersalz angebotenen High-Resolution-Scans und TIFF nicht wirklich eine tolle qualitative Verbesserung gegenüber den „normalen“ Scans feststellen und werde wohl in Zukunft auf dem normalen bzw. „niedrigeren Scan-Niveau“ bleiben.

    Viele Grüße aus dem Süden

    • Hallo Herr Mühlhausen,
      man(n) ist heute durch den Wahn der Megapixel versaut. Ich selbst ziehe im Labor einen TriX auf 50x60cm ab und habe einen HP4 (!) aus den 1960er Jahren für einen Kunden auf 1,40Mtr. Breite vergrößert. Das allerdings Hybrid mit „nur“ einem 20Mpixel XL Scan. XXL konnte ich zu dieser Zeit nicht. Das ist alles kein Problem und sieht grandios aus. Es sind weder Kornwüsten noch Pixelartefakte zu sehen. KI hat in meinem Labor nichts zu suchen; ich lege Wert auf gute Handarbeit.
      MC Currys Bild kenne ich von meinem Besuch in Wetzlar. Er belichtete dieses Bild auf Kodachrome. Sein Archiv digitalisierte er nach der Jahrtausendwende. Man darf halt nicht Pixel zählen. Mir persönlich ist das fertige Bild wichtig. Grashalme zähle ich nicht. Möglich sind Großabzüge mit Film, die ihren eigenen Charakter haben. Schön, das wir die Wahl haben.

  3. Jörg-Peter

    Lieber Jörg,

    vielen Dank für diese sehr umfassenden Informationen. Da spricht wirklich tiefe Branchen- und Sachkenntnis draus.

    Ich habe in den 1990er Jahren ernsthaft mit dem Fotografieren begonnen und habe damit die wohl billigsten Zeiten der Analogfotografie miterlebt. Ich weiß noch, dass ich mal einen Zehnerpack Fuji Sensia 100 Diafilm für 70 DM inkl. Entwicklung gekauft habe. Das ist fast das, was ein einziger Ektachrome heute ohne Entwicklung kostet. Und klar, ich verstehe, dass viel Wettbewerb und viele Skaleneffekte weggefallen sind. Und ich verstehe auch, dass die Kritik an den hohen Preisen oft aus einer Ecke kommt, wo man sich schon mal wundern muss. Trotzdem kann ich sie verstehen. Und hoffe weiter, dass auch bei jungen Fotografen die Lust auf Analog weiterleben kann bzw. erschwinglich bleibt. Sonst stirbt ein Stück technologische, mediale und künstlerische Errungenschaft spätestens mit meiner Generation einfach weg. Das fände ich persönlich sehr schade.

    Insofern ein Dank an Dich nicht nur für den Artikel, sondern auch dafür, dass Du mit Deinem Team etwas für die – um es mal etwas pathetisch zu sagen – fotografische Kultur tust. Ich weiß, Ihr macht das nicht um Gotteslohn, und das ist auch gut, weil nur ein funktionierendes Geschäftsmodell für so etwas tragfähig ist. Trotzdem bin ich froh über Eure Kompetenz und Leidenschaft.

    Und ansonsten kann ich allen nur empfehlen, es mal zu wagen und einen sw-Film selbst zu entwickeln. Die Kosten für eine Dose und ein bisschen Labormaterial halten sich echt in Grenzen, und mit modernen Kameras und einer entsprechenden Vorrichtung kann man anständige Scans erzielen. Nicht immer geht es auf Anhieb gut, aber die Lernkurve ist steil!

    Viele Grüße, Jörg-Peter

    Grüße, Jörg-Peter

    • Den Sensia habe ich ebenfalls sehr gemocht und ihn in den Nullerjahren gerne im Kodak Labor über Nacht entwickeln lassen, bis 2004 die Qualität dermaßen nachließ, das ich mich mit Selbstentwicklung beschäftigte. Zu dieser Zeit projizierte ich meine Dias. Das ist seit 2007 nicht mehr der Fall und ich wechselte komplett auf C41 und SW. Ich (und die Familie) sehen uns zwar gerne Bilder auf dem iPad an, bevorzugen jedoch richtige Abzüge, am liebsten in der Größe um A4.

      Film als tradiertes Medium ist zu unterstützen und lebt in sinnvoller Symbiose mit der Digitalfotografie. Ich selbst startete, nach langer Zeit, wieder Workshops im Lab, um das Wissen um die Einfachheit von Film zu vermitteln. Gerade im Zusammenhang mit einer Leica M ist die Belichtung für ein richtig gutes Ergebnis sehr einfach, wenn ein paar grundlegende Dinge beachtet werden. Film ist sehr organisch (um die Worte von Ralph Gibson aufzugreifen) und es wäre schade, wenn dieses tolle Medium sterben würde.

      Soweit das Geschäft in sich tragfähig ist, sind wir dabei. Im Moment gibt es zunehmend Konkurrenz im Dumpingpreis Sektor, dem wir uns nicht stellen werden und mit gegebener Arbeit nicht stellen können. Das erinnert zunehmend an die Situation um 2005, als Schlecker mit seinen absurd tiefen Preisen viele Fotolabore zur Aufgabe zwangen. Schlecker selbst musste den Betrieb (mit rechtlichen Konsequenzen) einstellen und riss damals ein gewaltiges Loch in die deutsche Fotolandschaft. Überhaupt ist der deutsche Fotomarkt sehr schwierig, weil die Fotografie hierzulande kaum Stellenwert hat. In Frankreich und vor allen in den USA sieht die Sache völlig anders aus. Der Deutsche klotzt, wie in der Autolobbybranche, mit angeschaffter Hardware. Alles andere darf nichts kosten und muss billig sein. Das ist schon fast als deutsche Tugend anzusehen.

  4. Stefano Strampelli

    Hallo Herr Bergs,
    besten Dank für den Beitrag. Die Hintergrundinformationen sind in der Tat sehr interessant und ich habe Einiges gelernt

    Ich möchte dennoch das Bild vervollständigen. Ich hatte es zwar in einem vergangenen Artikel kommentiert, damit der Leser das vollständige Bild hat, wollte ich darauf hinweisen, dass die Preiserhöhungen keineswegs nur preisgetrieben sind. Ich habe mir vor ein paar Monaten die Mühe gegeben, den letzten Geschäftsbericht von Kodak gegeben und an einigen Stellen ist davon die Rede, dass die Preiserhöhungen den Kostenanstieg überkompensieren. Interessant ist auch die Aussage, dass es zum Teil nach hinten losgegangen ist. Kodak Alaris schreibt im Geschäftsbericht (Seite 41): “ This included the impacts of lower than budgeted film supply“. Die Nachfrage hat sich also schlechter entwickelt als von Kodak angenommen. Bei 120er Filmen hat es schon zu Preissenkungen geführt.

    Nur mit der Erhöhung der Marge lassen sich übrigens Entwicklungen erklären, die sonst kaum nachvollziehbar sind. Preiserhöhungen betreffen jeden. Der Preisanstieg bei Ilford ist deutlich moderater. Früher war ein Ilford HP5+ marginal billiger als ein Kodak Tri-X; aktuell ist der Unterschied ordentlich. Ein Tri-X war lange Zeit billiger als der technisch deutlich anspruchsvollere T-Max 400. Mittlerweile ist der Preisunterschied fast verschwunden.

    • Alles richtig. Der Peak ist vorbei. Den TriX hat Kodak im Januar um 30% im Preis reduziert. Ob weitere Filme im Preis gesenkt werden, wird sich zeigen. Viele TriX Nutzer sind zum HP5 gewechselt. Im Netz wird in Bezug auf zu hohe Preise oft auf die Konstellation von Alaris geschimpft. Ohne Alaris als Vertrieb würde Film, meiner Meinung nach, nicht viel günstiger. Kodak hätte sonst einen eigenen Filmvertrieb, unternehmerisch wäre das nur eine Verschiebung der Prozesse.

      • Stefano Strampelli

        Danke für die Ergänzung mit dem Tri-X. Ich hatte sie vergessen, weil sie für mich als Käufer kaum wahrnehmbar ist. Die meisten Händler (in Deutschland, in den anderen Ländern weiß ich nicht) haben diese Preissenkung an die Kunden nicht weitergegeben. Mein Film Lab ist in diesem Zusammenhang eine Ausnahme, die ich lobend erwähnen möchte.

  5. Hallo Jörg.
    Ich hatte kürzlich mit einem recht jungen Geschäftsführer eines Festivals ein Gespräch. Es ging um atmosphärische Bilder. Er bestätigte mir, dass das Charisma von digitalen Aufnahmen nicht ansatzweise an die analogen Bilder der 1960er / 70er heranreicht. Bilder, die nicht bis zum Anschlag geschärft sind, deren Korn zum Teil deutlich sichtbar ist, deren Kontrastkurve recht flach verläuft, transportieren eine ganz andere Emotion.
    Tatsächlich bin ich auf der Suche nach solchen Filmen, komme dabei aber immer wieder auf Kodak zurück.
    Ebenso spannend, wer einmal an Dänemarks Ringkøbing Fjord den Leuchtturm Lynvig Fyr besucht, wird in dessen Café analoge Farb-Aufnahmen in Wandgröße finden. Brutaler kann man kein Korn zeigen. Und emotionaler nicht die Umgebung.

    Unsere große Norwegentour haben wir komplett analog mit Kodak Ektar fotografiert. Abgesehen davon, dass wir Fotoalben lieben bekamen wir Bilder, die nicht mehr nachbearbeitet werden mussten. Und wir haben Bilder, die nicht in der Masse digitaler Dateien ersaufen.
    Wer zu geizig für Film ist, der ist es sich selbst nicht wert. Aber vielleicht ist es mehr die Bequemlichkeit und der Zwang, nicht alles sofort haben zu können. Oder die Unfähigkeit, sich ein fertiges Bild vorstellen zu können. Der zwanghafte Schrei nach elektronischen Sucher lässt grüßen.
    Vielleicht würde der Wert eines Bildes wieder steigen, wenn die digitalen Bilder im Netz was kosten würden. Ich merke jedenfalls bei mir, dass ich auch digital eine weitgehend analoge Arbeitsweise habe.
    Vielleicht sollte wir wieder mehr Augenmerk auf das Bild an sich haben als auf die Technik.

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