Im dritten und letzten Teil der Messsucherwelt-Miniserie über Belichtungsmesser geht’s um das Thema Belichtungsmesser-App für iOS: Photometer, Lghtmtr, Luxi, Lightmate und MyLightmeterPro treten an. Sie eignen sich für diejenigen, die sporadisch mit einer alten (Analog-) Kamera fotografieren wollen oder die keine Lust haben, sich einen separaten Belichtungsmesser zu kaufen. Als Bonus gibt’s die Übersicht mit allen 15 Lösungen, die in der Serie besprochen wurden.
Wir alle haben ein Teil in der Tasche, das eine erstaunliche Vielfalt von Dingen inklusive Fotos aufnehmen beherrscht (manche Leute behaupten sogar, dass man es für so verrückte Dinge wie ein Telefongespräch verwenden kann). Für dieses Wunderding namens Smartphone gibt zahlreiche Apps zur Messung der Lichtintensität für fotografische Zwecke. Weiter unten gibt’s dazu die Details. Und wer sich mit dem Gedanken an eine Belichtungsmesser-App gar nicht anfreunden kann, kann gleich noch weiter springen zur großen Vergleichstabelle, die zugleich die Belichtungsmesser-Serie zusammenfasst.
Ein echter Belichtungsmesser oder doch lieber eine Belichtungsmesser-App?
Mit dem Aufkommen der Smartphones kamen findige Entwickler schnell auf die Idee, die Kamera des Telefons für Messzwecke zu nutzen. Zu Recht, denn ein Sensor, der ein Foto aufnehmen kann, ist grundsätzlich auch geeignet, die Energie des Lichts zu berechnen, das seine Pixel erreicht. Allerdings eignen sich die meisten Smartphone-Apps nur zur Messung von Objekten und nicht des Lichts selbst. Für diese sogenannte Auflichtmessung gibt es allerdings Aufsätze fürs Handy. Virtuell simulieren kann man diese Diffusoren meines Wissens nach dagegen noch nicht. Was, wenn man Lichtmessung braucht oder wichtig findet, dann doch wieder die Frage aufwirft: Wenn man schon ein Zubehörteil einstecken muss, warum dann nicht gleich einen richtigen Belichtungsmesser?
Das Smartphone hat andererseits den unschlagbaren Vorteil, dass man hat es wohl fast immer dabei hat. Allein aus diesem Grund kann eine Belichtungsmesser-App sinnvoll sein. Sie kann einen sogar regelrecht retten, wenn man den eigentlichen Belichtungsmesser vergessen hat oder dessen Batterie mal wieder zur Unzeit leer ist. Und gerade für Wieder-Einsteiger in die analoge Fotografie stellen die kostenlosen oder sehr günstigen Apps eine tolle, risikolose Option dar.
Denn ein gescheiter Handbelichtungsmesser (wie wir hier gesehen haben) oder ein Aufsteckbelichtungmesser (wie hier nachzulesen ist) ist nie billig. Und, ganz ehrlich, hinreichend genau scheinen mir die Apps eigentlich auch, wenn man vorab ein bisschen testet und überdies mit eher gutmütigem Material wie etwa Kodak Portra arbeitet.
In der Folge stelle ich fünf verschiedene Apps für iOS vor. MyLightmeterPro bietet eine große Anzahl von Funktionen, während Photometer einfach ist und Lightmate noch spartanischer. Luxi ermöglicht die Auflichtmessung mit einem kleinen und preiswerten Zusatzteil. Und bei Lghtmtr schauen wir mal, was abgesehen von den Vokalen sonst noch alles fehlt. Alle fünf Belichtungsmesser-Apps haben ihre Vor- und Nachteile. Auf jeden Fall sind alle von ihnen unter normalen Umständen ziemlich brauchbare Lösungen, wenn man wissen will, welche Blende und Belichtungszeit man an Kamera und Objektiv wählen muss.
Im Detail: Fünf Belichtungsmesser-Apps
Alle Apps in diesem Artikel sind iOS-Versionen. Das liegt einfach daran, dass ich eben ein iPhone habe – Modell 6S übrigens, viele Jahre alt, aber immer noch okay. Es war meine hauptsächliche Versuchs-Plattform. Ich konnte die Belichtungsmesser-Apps aber parallel auf einem sehr viel neueren iPhone 11 ausprobieren. Auf beiden war iOS 15.3.1 installiert, und die Apps schienen auf beiden Handys gleich gut zu laufen; auf dem neueren iPhone jedenfalls nicht erkennbar schneller oder genauer. Wahrscheinlich die Anforderungen solcher Apps an Kamera und Rechenleistung einfach nicht so hoch.
Im Wesentlichen habe ich die Apps draußen bei der praktischen Arbeit ausprobiert. Ergänzend dazu habe mir eine kleine Versuchsanordnung unter kontrollierten Bedingungen gebaut. So oder so – was jetzt folgt, erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch. Ich habe aber doch einigermaßen systematisch auf die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse geachtet, und ein paar Versuche auf richtigem Film sind auch noch dazugekommen. Wobei da die anderen Einflussfaktoren (Alter und Lagerung des Materials, Prozessschwankungen im Labor, ungenauer Verschlussablauf in der Kamera) vermutlich mehr Einfluss haben als echte Abweichungen des Belichtungsmessers bzw. der verwendeten Belichtungsmesser-App.
Belichtungsmesser-App Nr. 1: Lghtmtr für iOS
Wenn sie schon an den Vokalen gegeizt haben… was mag dann noch fehlen in der App namens Lghtmtr? Erstaunlich wenig, und darüber hinaus ist sie kostenlos! Allerdings arbeitet Lghtmtr anders als die vier anderen Apps, die noch folgen. Bei Lghtmtr sieht man nach dem Start das, was die Handykamera aufnimmt. Dann macht man gewissermaßen ein Foto (mit einer vertraut wirkenden Auslösefläche), das dann in der Folge auf seine Belichtungswerte hin ausgewertet wird.
Das Ergebnis sieht man dann auf einem neuen Schirm – in drei Säulen, links Belichtungszeit, in der Mitte Blendenwert und rechts ISO-Empfindlichkeit. Wenn man eine der Säulen durch Schieben verstellt, passt sich eine der anderen automatisch an. Mit einer Schloss-Funktion kann man aussuchen, welche Skala fixiert bleibt. Das ist echt super und eine sehr sinnfällige Möglichkeit, die Zusammenhänge im Belichtungsdreieck zu verstehen.
Wir sind uns hier sicher einig: Das Belichtungsdreieck ist etwas, das jeder und jede verstanden haben sollte, wenn er oder sie sich ernsthaft mit der Fotografie beschäftigen will. Früher war dieses Wissen unverzichtbar und niemand hat seine Bedeutung in Frage gestellt, aber heutzutage lehrt uns die Digitalkamera diese Lektion nicht mehr automatisch. Die App Lghtmtr füllt diese Lücke auf eine sehr intelligente und intuitive Weise.
Und es gibt noch eine weitere tolle Funktion in dieser App. Wenn man auf dem Bildschirm ein Detail für eine Spotmessung auswählt, erscheint seitlich neben dem Messkreis ein kleiner Schieberegler, mit dem gezielt eine Über- oder Unterbelichtung auswählen kann. Das (ungefähre) Ergebnis wird dann auf dem Bildschirm angezeigt. Schade ist nur, dass die App diesen Korrekturwert nicht in halben oder dritten Blendenstufen anzeigt.
Die Lghtmtr-App ist sehr einfach zu bedienen. Der Wechsel zur Frontkamera (wer’s braucht) ist simpel, und zu den unterstützten Sprachen gehört auch Deutsch (Englisch können alle fünf vorgestellten Apps). Wer beim Fotografieren genug Muse für die Belichtungsmessung in zwei Schritten (Motiv suchen, ggfs. Spot setzen, dann speichern – Belichtungswerte auslesen, wird mit dieser kostenlosen, genauen, benutzerfreundlichen und schön gestalteten App nichts falsch machen.
Hier gibt es Informationen vom Anbieter und hier geht es direkt in den App Store.
Belichtungsmesser-App Nr. 2: Photometer für iOS
Photometer ist anders. Ich bin ja ohnehin ganz fasziniert, wie viel Vielfalt es gibt bei den Apps, die doch alle das gleiche leisten sollen (nämlich: Die Menge von Licht mit der ins Handy eingebauten Kamera zu ermitteln). Zu dieser Vielfalt trägt Photometer auf jeden Fall bei. Man kann zwischen einer klassischen und einer modernen Darstellung wählen, und beide haben ihre Vorteile.
Der „Klassisch“-Modus erinnert stark an einen Handbelichtungsmesser. Er bietet eine virtuelle Scheibe, mittels derer man die Messnadel und den mit der Scheibe verbundenen Einstellring in Deckung bringt. Das Ablesen ist dann intuitiv: Wenn 1/125 und Blende 5.6 gegenüberliegen, dann funktionieren 1/60 und Blende 8 oder 1/250 und Blende 4 genauso. Das sieht man sofort. Wenn es schnell gehen muss, kann man doppelt auf das Feld genau in der Mitte der Scheibe tippen, dann springt der Einstellring genau über die Messnadel. Einmal tippen ändert die ISO-Einstellung. Und wer es vergessen hat: Einfach den „i“-Knopf drücken, da gibt’s Infos zur App- Benutzung.
Im „Modern“-Modus kommt die App anders daher. Man sieht das Bild, das die Kamera gerade aufnimmt, und rechts sowie unten werden einige Zahlen und Skalen über dieses Bild geblendet. Sie zeigen die Verschlusszeit, die Blende und die ISO-Werte des gesamten Bildes und zusätzlich die RGB-Werte auf einer Skala von 1 bis 255 (braucht man so was?). Mit einem Fingertipp auf den Bildschirm kann man die Anzeige einfrieren, das ist wirklich clever. Die drei Bandskalen im unteren Teil des Bildschirms können durch Streichen bedient werden. Wenn man zum Beispiel den ISO-Wert ändert, werden Blende oder Zeit angepasst (je nachdem, welchen Wert man oben platziert hat).
Darüber hinaus unterstützt Photometer den Lumu-Aufsatz für Auflichtmessung. Dieser wird an die Lightning-Buchse angeschlossen und schaltet zusätzliche Funktionen frei (Details auf der Lumu-Website). Der Lumu kostet allerdings 249 und 499 US-Dollar. Dafür gibt’s je nach Ausbaustufe aber auch eine exakte Messung der Farbtemperatur und mehr. Ich habe es nicht getestet, denn ich würde für dann doch lieber in einen guten und modernen Belichtungsmesser investieren, aber das ist natürlich nur meine ganz persönliche Vorliebe.
Alles in allem ist Photometer eine schöne iOS-App, vor allem wenn man den „Klassisch“-Modus mag. Dieser ist wirklich intuitiv und schnell zu bedienen. Im „Modern“-Modus gibt sowohl Dauer- als auch Speichermessung, was ebenfalls sehr schön ist. Photometer ist für die Objektmessung empfehlenswert, während ich nichts über die Fähigkeiten dieser Belichtungsmesser-App bei der Auflichtmessung sagen kann. Photometer unterstützt Deutsch, ist sehr erschwinglich (0,99 Euro) und recht präzise (ich habe eine Tendenz zur Überbelichtung von bis zu knapp einer Stufe festgestellt). Die App hat leider keine Kalibrierungsfunktion, abgesehen von der bewussten Einstellung eines höheren oder niedrigeren ISO-Werts. Der größte Nachteil von Photometer ist, dass es keine selektive oder Spotmessung bietet.
HIer kann man Photometer direkt im App Store runterladen.
Belichtungsmesser-App Nr. 3: Lightmate für iOS
Lightmate ist nochmal ganz anders. Diese App für das iPhone kommt puristisch bis spartanisch daher und besteht eigentlich nur aus ein paar Zahlen auf dem Kamera-Bildschirm. Man kann ein Detail für eine Spot-Messung antippen oder das ganze Bild auswerten lassen. So oder so erscheinen dann drei Zahlen für Blendenwert, Belichtungszeit und ISO. Eine Schiebe-Bewegung auf der jeweiligen Zahl verstellt sie, indem ein Band aus Werten sichtbar wird
Aber aufgepasst, der Messbereich von Lightmate ist etwas eingeschränkt, und man bekommt keinen Hinweis, wenn dieser über- oder unterschritten wird. Das wird in 99 Prozent der Nutzungen keine Rolle spielen. Aber bei sehr hellem oder sehr schwachem Licht könnte einen Lightmate trotz des in Summe für die Analogfotografie sehr vernünftigen Spektrums (f/1.2 bis f/32; 30 sec bis 1/8000 sec, ISO 25 bis 6400) in die Irre führen.
Lightmate unterstützt die Rück- und Frontkamera (einfach auf die Schaltflächen am unten auf dem Bildschirms tippen) und bietet eine Reihe von Einstellungen wie ½ oder ⅓-Stufen für Blende, Verschlusszeit und ISO sowie haptisches Feedback. Die iOS-App spricht Englisch und Portugiesisch, und sie ist kostenlos. Ihr größter Vorteil ist in meinen Augen der puristische Look, und ich habe eine gute Genauigkeit festgestellt. Leider hat sie, wie viele andere Belichtungsmesser-Apps auch, keine Kalibrierungsfunktion.
Lightmate ist einfach zu bedienen und bietet eine intuitive Spotmessung. Das macht sie zu einer klaren Empfehlung für alle Anfänger oder gelegentlichen Nutzer. Der Umgang mit der Lightmate-App für iOS lässt sich in wenigen Minuten (wieder) erlernen. Und das ist ganz sicher nicht das Schlechteste, was man über eine App sagen kann.
Hier gibt’s weitere Details vom Hersteller und hier ist der Download im App Store möglich.
Belichtungsmesser-App Nr. 4: myLightmeterPro für iOS
MyLightmeterPro ist eine der bekanntesten und am meisten rezensierten Belichtungsmesser-Apps für iOS. Und das zu Recht. Diese Anwendung fürs Smartphone bietet eine breite Palette von Funktionen rund um die Fotografie. Die Belichtungsmessung ist das Herzstück, aber diese App hat noch einige weitere Optionen.
Alle wichtigen Funktionen der myLightmeterPro-App werden im „Pro“-Modus angezeigt. In der Mitte zeigt ein kleines Fenster das, was man gerade anmisst. Dabei wird der volle (und weite) Blickwinkel der Kamera verwendet. Mit einem Fingertipp lässt sich das Fenster vergrößern und dann auch ein Bereich für die Spot-Messung auswählen. Die Nutzer können einen globalen Korrekturfaktor zwischen -2 und +2 EV wählen, und drei Walzen, die entfernt an einen einarmigen Banditen erinnern, zeigen Blende, Verschlusszeit und ISO an.
Aber diese App hat noch mehr zu bieten. Sie kann bis zu fünf Objektivprofile speichern. Abhängig von der voreingestellten Brennweite und der Sensorgröße wird dann die hyperfokale Entfernung bei Fokussierung auf Unendlich angezeigt, je nach Blendenwert. Ich habe das noch nie benutzt, zumal bei der Zonenfokussierung in der Regel ja ausdrücklich nicht mit unendlich gearbeitet wird. Darüber hinaus bietet myLightmeterPro eine Option zur Durchschnittsmessung, was zu einer Art Multi-Spot-Messung führte. Und es gibt eine Funktion zum Speichern eines Bildes mitsamt seinen Belichtungsdaten, das klingt praktisch. Wer will, kann übrigens auch ein beliebiges (Handy-) Foto aus der Bibliothek öffnen und sich von myLightmeterPro die Belichtungswerte anzeigen lassen.
Der „klassische“ Modus ist deutlich einfacher gehalten. Er imitiert einen analogen Handbelichtungsmesser, und das kleine runde Fenster in der Mitte zeigt das Kamerabild. Eine „Einstellscheibe“ friert den letzten Messwert ein, und das Umschaltsymbol oben recht schaltet von Rück- auf Frontkamera und von Objekt- auf Lichtmessung (geht nur mit einer separaten Messkalotte bzw. einem Diffusor, mehr dazu im nächsten Kapitel).
MyLightmeterPro bietet eine Reihe von Kalibrierungsoptionen und auch persönliche Einstellungen. All dies wird in der App selbst vorgenommen. Gefällt mir besser, als wenn man sich jedes Mal über das globale Einstellungen-Menü dorthin navigieren muss. Ein besonderes Lob geht raus für die PDF-Anleitung, die man direkt in der App herunterladen kann. Gut gemacht, David Quiles, das ist ein nützliches Feature, das zeigt, wie viele Gedanken Sie sich über die Benutzerfreundlichkeit gemacht haben (letztere wird zurecht in vielen Rezensionen immer wieder betont).
Wer also eine umfassend ausgestattete und dazu noch sehr genaue Belichtungsmesser-App sucht, liegt bei myLightmeterPro richtig. Die App lässt nicht viel zu wünschen übrig, wenn man sich mit dem – sagen wir: etwas barocken – Look abfinden kann. Ich persönlich mag’s lieber puristisch, aber die tollen Funktionen in dieser App lassen mich über den Design-Kitsch hinwegsehen.
Wenn man also kein überzeugter Verfechter des guten alten Handbelichtungsmessers ist und auf Blitzmessung sowie Auflichtmessung verzichten kann… dann wage ich zu behaupten, dass die App myLightmeterPro das einzige Werkzeug sein könnte, das die geneigte Analog-Fotografin oder der -Fotograf jemals braucht, um die Belichtung richtig hinzubekommen. Diese App ist jeden Cent ihres bescheidenen Preises von 3,99 Euro wert.
Hier ist myLightmeterPro im App Store zu finden.
Belichtungsmesser-App Nr. 5: Luxi für iOS
Und damit landen wir nun bei Luxi. Dies ist wahrscheinlich die App, die dem am nächsten kommt, was ein Handbelichtungsmesser zu bieten hat – zumindest, wenn man die Luxi-App mit einem aufsteckbaren Diffusor ergänzt. Mit dieser Kombination kann man tatsächlich und mit Erfolg versuchen, sich dem heiligen Gral namens Auflichtmessung zu nähern: Genau hier hat die Luxi-App ihre größte Stärke. Die App kann auch für die Auflichtmessung verwendet werden und arbeitet dann mit der Rückkamera, was praktisch ist.
Die Luxi-App zeigt die Ergebnisse auf einem gut gestalteten, übersichtlichen Bildschirm an. Neben Blende, Zeit und ISO wirft sie auch noch den EV-Wert auf Basis von ISO 100, den EV-Wert auf Basis der gewählten ISO-Einstellung und die Helligkeit in Lux aus. Das ist schon ziemlich beeindruckend. Die App misst kontinuierlich, bis man auf den markanten HOLD-Bereich tippt. Die Messwerte werden dann rot und HOLD ändert sich in HELD. Das ist intuitiv.
Leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, einen der Werte nach dem Einfrieren der Messung zu ändern. Beispiel: Die Luxi-App zeigt 1/60 bei f/4 an. Es wäre praktisch, von f/4 auf f/2 zu wechseln und sofort 1/250 zu erhalten. Für Standardwerte können wir das alle im Schlaf berechnen, oder? Aber wie gut ist unser interner Algorithmus, wenn die App f/2,4 und 1/13 Sek. angibt? Auf der Haben-Seite steht dagegen die Option, Verschlusszeit und Blende manuell einzustellen und die App den entsprechenden ISO-Wert angeben zu lassen.
In den Einstellungen kann man (was mir von der Logik her das Pferd von hinten aufgezäumt zu sein scheint) die „No Luxi“-Option abstellen. Luxi ist der Name der separat erhältlichen, auf die Frontkamera austeckbaren Messkalotte. „No Luxi“ heißt also, dass man die App im (aus meiner Sicht eher normalen) Reflexions-Messmodus verwendet. Ohne dass „ohne Luxi“ gewählt ist, verändert sich der Bildschirm und zeigt die Belichtungswerte plus zwei Regler zum Kalibieren.
Manchmal springt die Anzeige aber hin und her. Es muss etwas mit der Lage des Handys zu tun haben und auch damit, ob die Kalotte genau an der richtigen Position ist. Ich vermute, dies dient der Kontrolle, habe dazu aber keine ganz genauen Angaben gefunden. Die Kalibrierung selbst ist einfach, am besten nimmt man eine Graukarte sowie eine zuverlässige Kamera als Referenz.
Der Diffusor selbst ist ein Kunststoffteil, das aus der opaken Halbkuppel selbst und einem einfachen Klammer-Mechanismus besteht, mit dem er an jedem Smartphone befestigt werden kann. Er wird von einer Federklemme fixiert (eventuell muss das Handy aus seiner Schutzhülle). Das alles ist nicht wirklich aufregend, aber es funktioniert. Ich denke, andere Messkalotten erfüllen den Zweck auch, zumal die App ja eine weitreichende Kalibrierung erlaubt. Ich habe noch eine ganz simple Bastel-Lösung versucht, die eine alte, matt durchscheinende Kodak-Filmdose (Kodak) nutzt. Es schien ordentlich zu funktionieren!
Der originale Diffusor ist im Moment schwer zu bekommen, wie es scheint. Er war einst das Ergebnis einer Kickstarter-Crowdfunding-Kampagne (laut dieser Quelle im Jahr 2013), und die damaligen Hersteller haben derzeit keine Diffusoren im Angebot. Das Projekt Luxiforall.com nennt sich nicht-profitorientiert, und es ist etwas unklar, ob es überhaupt noch betrieben wird. Zumal die Anleitung auf der Webseite noch von iPhone4 oder 5 spricht. Wie dem auch sei, ich habe die Messkalotte bei Enjoyyourcamera für 23 Euro bekommen, und es scheinen noch welche da zu sein.
Alles in allem ist die Luxi-App eine interessante Sache, vor allem mit der zusätzlichen Diffusorkappe. Die App liefert überraschend genaue Messwerte (tatsächlich ist die Halbkuppel ja auch nicht kleiner als die der meisten Handbelichtungsmesser). Ich habe die App mit einem iPhone 6S und einem iPhone 11 getestet und es hat mit beiden gut funktioniert. Allerdings sollte man etwas Zeit in die Kalibrierung dieser etwas besonderen Belichtungsmesser-App investieren. Denn die iPhone-Kameras sind zwar in ihrer Leistung durchaus beeindruckend, aber sie sind eben immer noch nicht für diese sehr spezielle Art der Lichtmessung gemacht.
HIer gibt es Infos über das Luxi-Projekt, und hier geht es zum Download im App Store.
Exkurs: Sind Belichtungsmesser eigentlich genau?
Manche Fotografinnen und Fotografen haben keine besonders guten Erfahrungen mit Belichtungsmessern gemacht – das mag einer der Gründe sein, warum immer wieder Zweifel daran laut werden, wie genau diese Geräte eigentlich arbeiten. Kurz gesagt ist es in meinen Augen so: Mit einem gut kalibrierten Belichtungsmesser und – Achtung: jetzt kommt’s – bei korrekter Anwendung erhält man mit so gut wie allen Belichtungsmessern Ergebnisse, die es mit den Mess-Algorithmen einer Kamera aufnehmen können. Und sie haben den Vorteil, dass es in der Benutzung stets transparent, nachvollziehbar und reproduzierbar ist, wie es zu einem Messwert kommt. Das ist bei einer 255-Punkt-Mehrfeld-Matrix-3D-Belichtungsautomatik nun mal nicht der Fall.
Der häufigste Grund für Fehler im Zusammenhang mit Belichtungsmessern sind klar Benutzungsprobleme. Ich habe selbst ja auch festgestellt – wer nicht ganz regelmäßig mit so einem Teil arbeitet, muss sich im Zweifelsfall erst wieder reinfuchsen. Gerade bei Objektmessung geht es beim Hand- oder Aufsteckbelichtungsmesser nie so genau wie durchs Objektiv (da haben die Apps dann wirklich eine Stärke mit ihrem what you see is what you get). Für ganz knifflige Fälle ist also der Spot-Belichtungsmesser mit seinem optischen Sucher auf jeden Fall sinnvoll.
Ich habe die hier vorgestellten Belichtungsmesser und Belichtungsmesser-Apps mit einer kleinen, selbst gebauten Versuchsanordnung getestet, die keineswegs den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt. Als Referenz diente mir eine Testaufnahme mit der Leica M10, die ich so lange wiederholte, bis ich ein Ergebnis hatte, das ich für perfekt hielt. Anschließend stellte ich fest, dass die Messergebnisse zwischen den einzelnen Belichtungsmesser-Modellen durchaus etwas differierten, aber innerhalb eines Gerätes sehr konstant waren – bei wechselnden Lichtverhältnissen änderten sich die Messergebnisse entsprechend und gleichmäßig.
Fazit: Belichtungsmesser sind in der Regel sehr genau, aber jedes Gerät ist ein wenig anders. Allein das ist ein guter Grund, nicht mit vielen Geräten parallel zu arbeiten, sondern sich auf ein Modell festzulegen und zu üben, bis man ein sicheres Gefühl dafür entwickelt hat (so wie man es ja auch mit der Belichtungsmessung und -steuerung in der Kamera macht, Gruß an alle M-Freunde).
Welcher Belichtungsmesser ist für mich also richtig?
Dieser Überblick (auf Englisch, aber das sollten trotzdem alle verstehen) soll dabei helfen, den Belichtungsmesser zu finden, der am besten zu den individuellen Bedürfnissen passt. Abgesehen von der Frage, wie viel man investieren kann oder will, sollten die Anwendungsfälle im Vordergrund der Entscheidung stehen. Wer sich für einen separaten Belichtungsmesser entscheidet, sollte sich meiner Meinung nach schon die Möglichkeit offen halten, auch Lichtmessung einzusetzen – auch wenn das aktuell vielleicht noch nicht wichtig erscheint. Insofern könnte ein Handbelichtungsmesser gegenüber einem Modell zum Aufstecken tatsächlich einen Vorteil haben.
Ein guter Belichtungsmesser kann Jahrzehnte dienen, auf alle Fälle länger als wohl fast jede Digitalkamera. Das macht die Investition sinnvoll. Sowohl ein ausgeklügelter Handbelichtungsmesser als auch die einfachste Belichtungsmesser-App helfen, das Belichtungsdreieck mit Verschlusszeit, Blende und ISO-Wert noch besser zu verstehen – wie ich festgestellt habe, selbst wenn man sich für einen analog geschulten und erfahrenen Fotografen hält.
Ich persönlich habe mir jedenfalls fest vorgenommen, wieder öfter den Belichtungsmesser rauszuholen. Gerade ein Vintage-Teil mit schöner Nadelanzeige erhöht den Spaß an der Arbeit mit einer alten oder sogar sehr alten Kamera. Selbst im digitalen Workflow können diese kleinen Helferlein nützlicher sein, als man denkt, vor allem in Studiosituationen. Aber auch die eine oder andere Belichtungsmesser-App werde ich sicher häufiger nutzen.
Das war’s mit unserer Serie. Ich wünsche viel Erfolg, und, weil es hier mal so schön passt, Gut Licht!
Gut belichtet: Die Mini-Serie über Belichtungsmessung und -messer
Teil 3: Wie man das Handy als Belichtungsmesser nutzen kann, den man fast nie mitzunehmen vergisst, mit einem Blick auf die iOS-Apps MyLightmeterPro, Lightmate, Lghtmtr, Luxi und Photometer). Dazu die große Übersicht über alle 15 Wege, die Belichtung zu messen (dieser Artikel hier).
Auf Englisch erscheint die Serie auf www.macfilos.com:
Decent exposure: The Macfilos mini-series about light measuring solutions
Part 3: How you can work with a light meter app for your smartphone and which chances and risks you have to know (with reviews of MyLightmeterPro, Lightmate, Lghtmtr, Luxi and Photometer). Plus: The complete overview of all 15 tested solutions (this article in English).
Moin.
Ich habe selbst auch immer mal einen Gossen digital dabei. Sehr zuverlässig. Aber man muss solche Teile auch wie beschrieben anzuwenden wissen. Aber es setzt auch ein gewisses Gefühl für Licht und Schatten voraus. Mit jeder neuen Automatik werden wir zusehends immer mehr von denkenden zu anwendenden Menschen. Dabei sieht man es den Bildern an, ob sich jemand mit der Belichtung auseinander gesetzt hat.
Ich muss aber gestehen, dass das Smartphone bei uns im Schrank verstaubt und wir nur zwei Telefone mit Tasten haben. Und ich vielleicht einfach zu dumm für Informationen mit einem Wisch bin. Stattdessen werde ich mir irgendwann mal eine M ohne Batterien gönnen. Denn abgesehen von den Diafilmen haben analoge Filme oft einen gigantischen Spielraum auch ohne Pull und Push.
Hallo Kai,
genau das ist es: Ein super duper Belichungsmesser hilft nichts, wenn man nicht damit umgehen kann. So wie eine Leica M3 auch noch nicht garantiert, dass man fotografiert wie die großen Meister. – Ein Handbelichtungsmesser hat sicher mehr Seele als eine App, aber ich finde Handys unfassbar praktisch, und sie zu benutzen steht auch nicht im Widerspruch zum Fotografieren mit einer M ohne Batterien. Finde ich jedenfalls. Und ansonsten? Du kennst es natürlich, da es aus Deiner Feder stammt. Allen anderen kann ich nur empfehlen, diesen Artikel von Kai zu lesen: https://weites.land/blende-acht-die-sonne-lacht-fotografieren-ohne-belichtungsmesser/
Herzlich, Jörg-Peter
Hallo Joerg-Peter,
mit großem Interesse habe ich Deine 3 Beiträge zum Thema Belichtungsmessung/ Belichtungsmesser gelesen. Herzlichen Dank dafür. Es hat dazu geführt, dass ich mich mit meinen Belichtungsmessern wieder intensiver beschäftigt habe. Auch ich habe den Gossen Polysix mit der guten Stromversorgung. Zusätzlich hat er die Visiereinrichtung 30,20 oder 10 Grad. Der Polysix ist bis heute mein Referenzgerät. Ich habe mir überlegt mir den kleinen Sekonic Twinmate zuzulegen. Dann habe ich mich mit meinem Digisix beschäftigt und wieder festgestellt, dass dieser das bessere Gerät ist. Diese Woche habe ich den Digisix im Außeneinsatz mit meiner „neuen“ Voigtländer Vito 1 benutzt. Er hat prima funktioniert. Dein Artikel hat dazu geführt, dass ich mir einen weiteren Beli gekauft habe. Ich habe mir günstig einen gebrauchten gepflegten Gossen Sixtomat Digital gekauft. Ein tolles Gerät mit einer einfachen Bedienungslogik und ergonomischen Bedienungselemeten und der guten Stromversorgung 1x AA (Mignonzelle). Ich bin halt von meinem 13. Lebensjahr an auf Gossen geprägt und so wird es wohl auch bleiben.
Viele Grüße
Holger
Hallo Holger, vielen Dank dank für die nette Rückmeldung! Der Polysix ist in der Tat ein schönes Teil. Mir ist jüngst einer, sagen wir mal, zugelaufen, allerdings war da die Serie schon zu weit fortgeschritten. Ich würde allerding schon sagen, dass die neueren Belichtungsmesser mit SBC-Technik insofern noch besser sind, als sie schneller einen Messwert ausgeben. Der Polysix ist, so mein Eindruck, nicht unbedingt was für Eilige. Auch die anderen Gossen-Belichtungsmesser der verschiedenen Generationen sind tolle Teile. Ich hoffe, Du hast weiterhin viel Freude an diesen präzisen und super gefertigten Werkzeugen. Beste Grüße, Jörg-Peter