…ein Messsucher ist keine Hexerei
Die Leica M11-P stand im letzten Jahr oft im Schatten der Leica Q3 (und jetzt, seit Erscheinen der Q3 43 erst recht). Darum wird es höchste Zeit, mal auf das (oft unterschätzte) Spektrum der Möglichkeiten einer Messsucherkamera hinzuweisen. Das ist nämlich weit größer, als die meisten annehmen, die eine M noch nie benutzt haben. Im Vergleich zu anderen Kameras muss man mehr dafür tun. Das wiederum erweckt bei Aussenstehenden den Eindruck, als wären wir Messsucher-Enthusiasten die Amish People der Foto-Community.
Q vs M, oder Q+M?
Kaum ein Vergleich ist so beliebt wie der von Äpfeln mit Birnen. Sieht man jetzt auch beim aktuellen „Renner der Saison“ der Leica Q3 43. Häufig wird argumentiert, dass diese Kamera eine M (welche auch immer) mit einem 50er Apo-Summicron ersetzt, vom Preis-Leistungs-Verhältnis ganz abgesehen. Aber was heisst „ersetzen“? Sicher, die „Schnittmenge“ der Einsatzmöglichkeiten beider Kameras (und das schliesst die normale Q3 mit ein) ist sehr groß. Das heisst, ich kann eine Vielzahl von Aufnahmesituationen mit beiden Kameras (M oder Q) gleich gut bewältigen. Darüber hinaus glänzen die Q’s mit (relativ) schnellem Autofokus, Bildstabilisierung, Blitzsynchronisierung bis 1/2000s, Klappdisplay, kein Sensor-Staubproblem etc. Ich selbst benutze seit dem Erscheinen der ersten (Klassik-) Q diese Kamera intensiv und gerne. Ganze Urlaube oder Familienfeiern wurden damit abgelichtet, in denen die digitale M zuhause Staub ansetzte.
Im Slider Leica M11-P + 35er Apo-Summicron Bilder einer morgendlichen Radtour im Sommer in chronologischer Reihenfolge. Mit der Q3 hätte man das alles ebenso machen können, aber es gibt eben auch Situationen, bei denen man mit nur einer weiten Brennweite nicht klar kommt.
Die Kombination beider Q3-Modelle kann theoretisch alles abdecken, was ein Normalsterblicher für Reise-, Reportage- oder Event-Fotografie braucht. Beide Brennweiten erfassen den Bereich zwischen 28 und (sagen wir moderat) 100mm, da die Sensor-Auflösung hergibt „to crop the crap out of the images“, wie High Brownstone sagt. Aber, „let’s face it“: Das volle Freistellungspotential bei Offenblende gibt es nur bei den nominellen Brennweiten, der Effekt von „echten“ lichtstarken 50, 75, oder 90er-Objektiven kann nicht erreicht werden. Und routinemässig zwei Kameras während einer Reise (oder Reportage) herumschleppen statt einem Body mit zwei Objektiven (was sicher weniger mühsam ist)? Da würde ich bei einer Reise entweder trotzdem wie bisher bei Q3 mit 28mm Summilux bleiben (one Camera!) oder gleich die Leica M11-P mit zwei oder gar drei Objektiven nehmen . Die Q3 43mm als „Solo-Kamera“ wäre mir in den meisten Fällen für den Zweck zu „eng“. Ich weiss aber, dass viele die 43er Brennweite sehr attraktiv finden bzw. das jetzt sogar der Dealbreaker pro Q3 ist, weil denen die 28mm vorher viel zu weit waren. De gustibus…
Aber könnte man z.B. eine Hochzeit mit der Q3-Kombi abdecken und exzellenten Output produzieren? Ganz bestimmt. Aber noch besser ist die Kombination Q3 (28mm) mit der Leica M11-P plus 50mm Summilux. So habe ich diesen Sommer die Hochzeit einer guten Freundin fotografiert: Die Q3 für mehr „Kontext“ oder wenn’s ganz schnell gehen muss, die Leica M11-P mit Summilux weit offen für die „Momente“. Ich wechselte auch mal zum 35er Apo-Summicron, aber eigentlich reichten 28 + 50mm für den Zweck aus, da ich mit den Beinen zoomte. Die DNG’s (in Adobe Standard) aus der M11-P sind in LR tendenziell zu „kalt“ (speziell, wenn’s eigentlich sonnig ist) und neigen nach Cyan, während die Q3-DNG’s (Adobe Standard v.2, auch zu kalt) nach grün tendieren. Gleicht man das auf einen gesunden Mittelwert aus, passen die Fotos aus den beiden Kameras im Farbeindruck wunderbar zueinander. Von diesem privaten Event möchte ich keine Bilder zeigen, aber es gibt einen Beitrag über eine Hochzeit fotografiert mit Leica M10 und „Klassik“ Q und der Output ist gleichartig.
Wo eine M mehr kann
Aber normalerweise würde ich keine zwei Kameras mitschleppen, wo ich mich schon schwer tue, mal ein zweites Objektiv einzupacken. Und: So gut die Q3 auch für Reportage, Reise oder im familiären Umfeld geeignet ist, manchmal bevorzuge ich einfach die Haptik eines Messsuchers, trotz identischer Einsatzzwecke. Darüber hinaus gibt es dann die Gelegenheiten, wo ich vorher weiss, dass die Q3 dafür bestenfalls so suboptimal geeignet ist wie ein schwindsüchtiger Asthmatiker für die Rolle des Heldentenors bei einer Wagner-Oper. An das Bildergebnis einer M10-M mit 50er Summilux bei dem Stück der Canaillen-Bagage im Juni kommt eine Q3 nicht annähernd. In Frühjahr waren es die Nachtansichten in Bielefeld, in den Alpilles und im Sommer in Italien war die M11-P immer mit dabei, weil ich keine Lust hatte, ausschliesslich die Q3 zu benutzen. Beim spätsommerlichen Vereinsturnier (Springen) war die M11-P und M10-M gefragt, challenge accepted. Eine Woche Sylt Ende September kulminierte in einem stürmischen Ende der Woche und dem Beginn des Windsurf-World-Cup. Die Q3 hatte ich komplett zuhause gelassen und mit dem fotografieren der Windsurfer vor dem Hauptstrand von Westerland war ich schon fast ausserhalb der normalen Messsucher-Möglichkeiten unterwegs. Da schlug naturgemäss die Stunde der langen Brennweiten, und mit meinen 90mm zwischen den 600er-Boliden kam ich mir vor wie bei dem Sesamstrassen-Spiel „Eins von den Dingen ist wieder einmal falsch hier“. Ich bereute, nicht doch mal ein 135er angeschafft zu haben, trotzdem kam was dabei heraus. Um noch mal das Kinderprogramm (die Maus) zu zitieren: „Klingt komisch, is‘ aber so…“
Ein Jahr Leica M11-P
Eine Leica M11-P gegen eine „normale“ M11 zu tauschen, wie ich es vor einem Jahr tat, ist rational gesehen Blödsinn. Begründungen sind daher jenseits der Großhirnrinde zu suchen. Die „P“-Modelle sind einfach Design-Klassiker, selbst nach 5 Jahren M10 war ich noch bei einer M10-P gelandet. Die Leica M11-P hat als Hardware-Upgrade den größeren internen Speicher (256GB statt 64 GB bei der M11), Saphirglas über dem Display und war die erste Kamera mit der Möglichkeit, Bilder mit „Content Credentials“ zu erstellen. Da ich kein Fotojournalist bin, ist letzteres weniger wichtig, aber mit dem Upgrade bei dem internen Speicherplatz habe ich aufgehört, überhaupt eine SD-Karte in die Kamera einzulegen. Bei RAW-Dateigrößen von durchschnittlich 55-75 MB (bei voller Auflösung) passen da deutlich über 4000 Bilder hinein, für mich mehr als genug für jedes Event und jeden Urlaub.
Auch für die Leica M10-Monochrom gab es im letzten Jahr wieder mehrere Einsatzmöglichkeiten. Der Charakter der S/W DNG’s ist so nah an analogem Silberhalogenid-Film (wenn man in LR nicht zu „Slider-Happy“ wird), dass meine Motivation, mal wieder einen TMax oder ähnliches einzulegen, arg gedämpft ist. Aber sollte es mich packen… das Eisfach ist gut gefüllt.
Ist ein Messsucher „zeitgemäß“?
Immer wieder die Gretchenfrage. Anlass ist: In einem Kommentar zu einem der letzten Reiseberichte stellte ein Leser fest, dass alle Bilder von vorne bis hinten scharf seien (was ihm missfiel, aber auch nicht zutraf), ausserdem sei das erste vollkommen unscharf. Woraus er schloss, dass all das an der „nicht mehr zeitgemäßen“ Scharfeinstelleinrichtung liege. Davon abgesehen, dass der Vorwurf unscharfer Fotos für jeden Fotografen ein Grund ist, ein Treffen bei Morgengrauen in den Weserwiesen mit Sekundanten zu organisieren, war das vermeintlich „unscharfe“ Foto zudem aus der Q3 (vermutlich bei der geringen Web-Auflösung zu stark aufgebläht). Also, natürlich kann man den Sinn manuellen fokussierens kontrovers sehen, aber speziell ein Messsucher hat Vorteile, die gegenüber den technisch bedingten Grenzen dieses Mechanismus (für mich) deutlich überwiegen. Und im übrigen gibt es eine große Zahl von Menschen, die sich an nicht mehr zeitgemäßen Dingen ergötzen. Sie legen Schallplatten auf, fahren „Classic Cars“, fotografieren analog, haben ein Wählscheiben-Telefon oder Röhren-Radios… im schlimmsten Fall sogar Kuckucksuhren.
Fotografen, die noch nie mit Messsucher gearbeitet haben, neigen oft dazu anzunehmen, dass damit nur ziemlich statische Motive aufgenommen werden können und das ist ein verbreitetes Vorurteil. Wie ich schon mehrfach schrieb: Viele können sich auch nicht vorstellen, wie man eine Bach-Sonate auf einer Querflöte spielt, und trotzdem geht es… Die „Skills“ des Nutzers eines Messsuchers sind gefragt. Mit etwas Übung und geeigneten Methoden kann ziemlich viel „Action“ eingefangen werden. Vielleicht braucht ein M-Shooter ja auch diese „Challenge“. Es ist sicher ein Teil der Anziehungskraft, dass die Kamera nicht für einen denkt. Mal von Funktionen wie z.B. „helle Bereiche betont“ abgesehen, aber das ist noch harmlos im Gegensatz zu Geräten, die zunehmend KI-belastet sind. Die Arbeitsweise mit einer digitalen M hat noch rudimentär analogen Charakter. Für Handy-Fotografie gehen die Hersteller offenbar davon aus, dass der der Nutzer zur Bedienung lediglich den IQ eines Toasters aufweisen muss. Mir liegt so an, dass z.B. bei irgendwelchen Smartphones die Porträtfunktion in der automatischen Bearbeitung so „over the Top“ war, dass die Porträtierten sich kaum noch von einer Anime-Figur unterschieden.
EVF mit Autofokus vs Messsucher
Ich würde schätzen, dass in mehr als 90% der Fälle die meisten eine Q wie eine „Point and Shoot“ benutzen (mich eingeschlossen, wenn ich auch die Blende immer vorwähle). Das ist durchaus ein Reiz der Kamera, man muss sich nur noch mit der Bildkomposition beschäftigen. Vielleicht wird statt durch den Sucher sogar auf das Display geschaut. Die Arbeitsweise mit einem Messsucher unterscheidet sich davon fundamental, was Sean Reid immer „seeing the subject“ nennt. Der Bildeindruck vom Motiv ist direkter, aber ich habe keine Vorschau der zu erwartenden Tiefenschärfe und keine Informationen, ob das Motiv dynamisch fordernd ist. Wegen Blende und ggf. Belichtungskorrektur muss man sich deswegen schon vorher Gedanken machen. Die Rahmenlinien des jeweiligen Objektivs sind unbedingt zu beachten, ausserhalb kommt (anders als bei der Q, falls man Rahmenlinien gewählt hat) nichts auf dem Sensor an. Ferner muss man sich natürlich mit dem Messfeld des E-Messers beschäftigen, Hand-Eye Koordination zum erfolgreichen fokussieren muss geübt sein. Wenigstens ein funktionierendes Auge muss man haben, sonst kann man Messsucherfotografie leider vergessen. Die Q’s haben einen Dioptrienausgleich am Sucher, traurig genug, dass der bei den M-Kameras fehlt, stattdessen müssen teure Vorsatzlinsen angeschafft werden.
9 Fotos von demselben Ritt in rascher Abfolge fokussiert. Leica M10-M mit 90mm Macro-Elmar bei f/4, Orange-Filter
Dafür hat man bei jeder Brennweite volle Auflösung (also mit Crop-Möglichkeiten über das Potential jeder Q3 hinaus), das uneingeschränkte Freistellungsvermögen bei den lichtstarken Objektiven und überhaupt eine riesige Auswahl in der Hinsicht. Leica gewinnt jeden Wettbewerb um Rückwärts-Kompatibilität „Hands down“. Manuelles Fokussieren schliesst fehlerhaften Autofokus aus, die notwendigen „skills“ vorausgesetzt und dass der E-Messer richtig justiert ist. Stichwort Justage: Bei den vielen M-Kameras (digital und analog) die ich schon hatte oder noch besitze, ist mir noch nie untergekommen, dass der Messsucher sich (selbst bei „heavy duty“-Gebrauch der Kamera) verstellt hätte. Denn die Behauptung habe ich schon mehrfach (im Netz) gesehen: Der Messsucher sei ein superempfindliches Instrument und müsse ungefähr jedes Jahr im Werk eingestellt werden. Das der sich verstellt, mag zwar vorkommen, aber ist in dem Ausmaß totaler Quatsch. Was im Lauf der Jahre bei mir in der Hinsicht war, kann ich schnell aufzählen: Einmal passte das (im Jahr 2011) neu erworbene 75er Apo-Summicron nicht zum Messsucher der M9, aber das lag am Objektiv. Wurde damals (noch in Solms) neu eingestellt, jetzt seit 13 Jahren auf jeder M ok. Dann hatte ich mal einen „Höhenfehler“ bei der M6 TTL. Nervig, aber im Notfall kann man noch fokussieren. Und dann pikanterweise… als ich die Leica M11-P vor einem Jahr bekam, stellte ich sofort fest, dass die einen „Backfokus“ hatte. Irgendwas war bei der Endkontrolle gräßlich schief gelaufen… Der Leica Store meine Vertrauens tauschte die Kamera subito gegen meine jetzige M11-P, end of story.
Ein analoges Interface
Die digitalen M-Kameras sind mit Elektronik vollgestopfte Computer. Freilich, bei der M9 hatte man das Gefühl, das noch die eine oder andere Kathodenröhre verbaut war (und doch war diese Kamera ein sprichwörtlicher Meilenstein). Bis zur Apple-kompatiblen Leica M11-P war es ein weiter Weg. Auch die M’s sind mit immer komplexerer Elektronik und Software versehen worden, was zuletzt zu Problemen mit „Freezes“ bei der M11-Familie führte, die bei einzelnen Geräten derart apokalyptische Ausmaße annahm, dass deren Besitzer Leica die Freundschaft kündigten. Zwischenzeitlich vermutete ich, dass die Firmware evtl. von Käpt’n Iglu entwickelt wurde, aber „Einfrieren“ durchzieht eigentlich die Geschichte aller digitalen M’s. Natürlich ärgerlich, aber es genügte immer, einmal die Kamera stromlos zu machen (den Akku zu entnehmen), und alles war normal. Bei meiner M11 und M11-P kam das in der Form vor (mit der relativ simplen beschriebenen Lösung) und zwar recht sporadisch. Vermutlich (und weil ich das halt kannte) habe ich mich kaum darüber echauffiert. Noch im letzten Juni im Urlaub habe ich einzelne Freezes erlebt, seither gab es mindestens zwei FW-Updates, und das Problem scheint behoben. Ich habe jedenfalls seither einige Hundert Fotos gemacht ohne irgendeinen Zwischenfall in der Hinsicht.
Zu all der Elektronik und dem bildgebenden Sensor ist der Messsucher die Schnittstelle, um die Optik mit dem Rest der Kamera auf sinnvolle Weise zu verbinden. Selbst bei der neuesten digitalen Leica M11-P ist der E-Messer ein rein optisch-mechanisches Instrument, physisch mit der Schnecke des Objektivs gekoppelt. Da pfuscht keine Elektronik rein und darum können uralte Vintage Objektive (selbst von Schraub-Leicas) damit fokussiert werden. Ebenso wie die alten Schätzchen haben auch die neuesten Optiken für Leica M die Chance, noch in vielen Jahren auf einer geeigneten Plattform ihre optische Exzellenz zu beweisen. Weil sie manuell abgeblendet und fokussiert werden, gibt es keine Stellmotoren dafür, die „digital rot“ unterliegen und zudem vor allem lichtstarke Objektive ordentlich aufblähen. Der Größenunterschied zwischen 35er Apo-Summicron SL-System im Vergleich zum entsprechendem M-Objektiv sagt schon alles. Tut mir leid, wenn ich jemandem zu nahe trete, aber das SL-System war mir schon immer zu klotzig, optische Exzellenz hin und her.
Fokussieren manueller Objektive: Messsucher vs EVF
Es gab ja schon Gerüchte, dass eine fiktive M12 in zwei Versionen kommen könnte: Mit traditionellem Messsucher oder mit EVF an dessen Stelle. Die Nachfrage für eine EVF-Kamera scheint da zu sein, weil es Enthusiasten gibt, die eine M-Kamera bevorzugen, aber aus bestimmten Gründen (z.B. Augenprobleme) den optischen Messsucher nicht bedienen können. Jetzt gibt es zwar den Visoflex, aber der macht die Kamera natürlich deutlich sperriger.
Ich würde nicht zu denen gehören, die entrüstet aufschreien, wenn ein solches Modell auf den Markt kommt. Der Vorteil eines EVF ist sicher die genaue Darstellung dessen, was je nach Brennweite auf dem Sensor landet, vor allem bei den Superweiten oder im Gegenteil den sehr langen Brennweiten über 135mm. Manche hoffen, eine solche Kamera könnte günstiger sein, aber machen wir uns nichts vor: Wenn das neue Modell an die 10.000 Euro kostet, spielen ein paar hundert Euro Ersparnis kaum eine Rolle. Sollte es aber in der Kamera kein anderes Fokussiersystem geben als jetzt beim Visoflex, sprich Fokuspeaking, dann wäre dies Gerät wirklich verkrüppelt und die Kritiker hätten recht, dass man damit nur statische Szenen aufnehmen kann
Ich rekapituliere den korrekten Ablauf beim fokussieren mit EVF: Blende öffnen für minimale Tiefenschärfe, Motiv ggf. mit Fokuspeaking erfassen, oft pendelt man den schärfsten Punkt mit dem Distanzring durch mehrmaliges hin- und herdrehen ein. Vor allem bei kritischem Fokus zoomt man nochmal ins Bild. Dann auf Arbeitsblende abblenden, die gewünschte Bildkomposition wählen und auslösen. Das alles dauert, Fokuspeaking kann bei kontrastarmen Motiven schwer zu erkennen sein und niemand kann mir erzählen, dass man damit reproduzierbar bewegte Motive scharf erfassen kann. Eher zufällig. Oder es sich nicht schneller bewegt als eine Wanderdüne. Das ablichten der Grabsteine auf dem städtischen Friedhof wäre ungefähr das Ausmass der „Action“, die man damit erfolgreich einfangen kann. Vorausgesetzt, es gibt kein Erdbeben.
Im Slider noch einige Eindrücke vom Windsurf World-Cup auf Sylt.
Der optische Messsucher ist schon mal komplett unabhängig von der eingestellten Blende, das spielt also keine Rolle. Ich blicke aufs Messfeld, ein Dreh am Distanzring (die Richtung „weiter“ oder „näher“ ist muscle-memory) und das Motiv ist fokussiert, auslösen in Sekundenbruchteilen. Nicht zu schnell bewegte Motive kann man tatsächlich zuverlässig nachverfolgen oder auch in den Fokus „hineinlaufen“ lassen und rechtzeitig auslösen. In der Zeit für ein einziges Bild mittels EVF und Fokuspeaking sind mit Messsucher schon ein Dutzend im Kasten.
Ein fiktiver EVF
Wenn Leica wirklich eine M mit EVF bringen will, sollte sie eine Fokussier-Methode haben, die schnell ist. Warum nicht eine Phasen-Detektion, bei der im Sucher immer dort ein grünes Kreuz oder ähnliches aufleuchtet, wo das Bild scharf ist? Das Kreuz sollte an einer festen Stelle im Sucher sein, die man frei wählen kann (ich würde es vermutlich standardmässig wie das Messfeld in die Mitte setzen). Man zielt auf die gewünschte schärfste Stelle, statt eines Stellmotors dreht man halt manuell am Distanzring, bis das Kreuz aufleuchtet. Alternativ könnte es eine Einstellung geben, bei der das Kreuz (ohne fixiert zu sein) immer an der Stelle aufleuchtet, die gerade im Fokus ist.
Das wäre schon ein Fortschritt, aber trotzdem würde ich persönlich vermutlich beim optischen Sucher bleiben. Wenn schon Elektronik, dann hätte ich nichts dagegen, wenn man z.B. noch ein Histogramm einspiegeln könnte. Das wäre hilfreich. Für die weiten oder langen Brennweiten würde ich weiterhin lieber auf einen Visoflex zurückgreifen.
Zum Schluss hat noch KI das Wort
In einer sachlichen Diskussion zum Artikel einer Fotozeitschrift über eine Leica-Kamera kam wieder mal die Frage auf, warum diese Marke eigentlich so polarisiert. Einer der Teilnehmer hatte aus Jux ChatGPT gefragt und was dabei herauskam, fand ich so gut auf den Punkt gebracht, dass ich das hier wiedergeben möchte:
1. Leica steht oft für eine Art von Luxus und Exklusivität. Für manche Menschen ist das positiv, aber es gibt auch viele, die diese Exklusivität als überheblich empfinden. Das Gefühl, dass Leica eine Marke für “reiche Hobbyisten” ist, führt oft zu Ablehnung.
2. Leica-Kameras haben spezifische technische Eigenheiten, die nicht jedem gefallen. Manche Fotografen, die modernere Kameras gewohnt sind, verstehen nicht, warum man sich für eine Leica entscheidet, die vielleicht auf bestimmte moderne Features wie Autofokus oder Bildstabilisierung verzichtet.
3. Viele Leica-Besitzer schätzen die Tradition, das Handwerk und das klassische Design. Diese Art der Fotografie wird von manchen als romantisch verklärt angesehen, während andere sie als unnötig kompliziert oder veraltet wahrnehmen. Das führt oft zu Missverständnissen zwischen den Anhängern traditioneller und moderner Fototechnik.
4. In der Fotografie gibt es starke Loyalität zu bestimmten Marken. Leica-Anhänger sind oft sehr stolz auf ihre Kameras und teilen ihre Begeisterung, was manchmal als arrogant wahrgenommen wird. Diese Rivalität zwischen den “Lagern” führt zu Spannungen.
Fazit und Disclaimer
Es geht in dem Artikel darum zu zeigen, dass die Grenzen des Messsucher-Systems nicht so scharf definiert sind, wie häufig angenommen. Aber bevor jetzt sicher einige zu recht anmerken, dass viele der gezeigten Situationen vermutlich mit anderen Kameras einfacher zu bewältigen sein würden:
Wer sich entschieden hat, einen Messsucher zu benutzen, tut das, weil er die handwerkliche Arbeitsweise damit schätzt, das kompakte System und die schier unendliche Auswahl an großartigen Linsen (die häufig auf anderen Plattformen nicht das volle Potential entfalten können). Sicher nicht, weil er es besonders einfach haben will. Die Unbequemlichkeiten werden, ebenso wie die unbestreitbar vorhandenen Grenzen des Möglichen für die Vorteile in Kauf genommen. Viele Messsucherfotografen kommen entweder von anderen Systemen oder nutzen sie je nach fotografischen Erfordernissen parallel.
Während z.B. die Bilder vom Springturnier, Motivation des Fotografen vorausgesetzt, durchaus innerhalb der Fähigkeiten des M-Systems liegen, franzt das bei den Wellenfotos vom Windsurf Cup sehr aus. Sollte mir jemand den Auftrag geben, solche Sportarten zu dokumentieren, würde ich selbstverständlich ein Gerät mit schnellem Autofokus und langer Brennweite dafür wählen. Schliesslich steht das „M“ bei dem System nicht für „Masochist“.
Bitte hier unterschreiben…
Eigentlich sollte der Beitrag „Messsucher-Momente“ heissen, aber als der in Arbeit war, kam mir Leica-Marketing zuvor und klaute mir diese Alliteration für den letzten Newsletter (what’s your M Moment?“). Die Alternativen wie „M-Meditation, M-Medley, M-Multiverse, M-Möglichkeiten, M-Motivation“ waren mir nicht eingängig genug. Whatever.
Jedenfalls, um mit einem Messsucher klar zu kommen, muss man keinen Pakt mit dem Teufel schliessen. Ich habe das zwar getan, aber den höllische Unterhändler (er hiess „Messphisto“) dabei über den Tisch gezogen. Er kommt an meine Seele gar nicht ran, denn die müssen wir Zahnärzte bei der KZV hinterlegen, und die rücken die niemals heraus.
Hallo Claus,
danke wieder mal für einen anregenden Blogartikel. Einen Unterschied einer M gegenüber einer Q (wenn man für einen Augenblick nur zwischen diesen beiden Kameras unterscheiden wollte) hast du mit dem Bild vom Roten Kliff gezeigt: 21mm d.h. die Option des Objektivwechsels, die nur die M hat. Diese Option erkauft man sich natürlich durch den fehlenden Autofokus der M, der z.B. bei vielen Situationen für mich aber nicht so wichtig wäre, jedoch auch nicht schaden würde. Manchmal kommt man mit dem Autofokus weiter, je nachdem was und wie man fotografiert. Und manchmal braucht man eben ein differenziertes Brennweitenspektrum und Freistellungspotenzial. Charmant an der M finde ich auch, mit je einem digitalen und einem analogen Body zu reisen und dennoch dieselben Objektive bei wenig Packmaß nutzen zu können.
Die Schnittmenge der Fotomotive für Q und M ist dennoch groß und ich gebe zu, dass ich mir die Kameraauswahl innerhalb dieser Schnittmenge einfach nach dem Lustprinzip erlaube. Keine der beiden Kameras möchte ich missen und ich finde es schön, dass beide Kameras einerseits die Fotografie unterschiedlich prägen / eingrenzen aber damit gleichzeitig die Kreativität fördern.
Viele Grüße,
Thomas Berlin
Hallo Thomas,
mir geht es bei der Wahl zwischen Q und M wie dir: Ich greife zu der, nach der mir gerade ist. Gestern z.B. habe ich mit der Familie einen Weihnachtsmarkt besucht und die Q war dabei. Praktisch für Schnappschüsse und ausserdem kann man sie mal jemanden für ein Gruppenfoto in die Hand drücken.
Aber es gibt heutzutage (anders als vor 15 Jahren, als ich die M9 „entdeckte“) neben der M eine Anzahl Optionen für handliche Systemkameras mit hervorragender Bildqualität (und Autofokus, bloss die Objektive sind technisch bedingt weniger grazil und deren Langlebigkeit schränkt das ein). Für mich zählt aber eben doch auch das haptische Erlebnis beim manuellen Fokussieren (und die Kompaktheit von Kamera und Objektiv), darum hänge ich an der M. Aber nicht so sehr, dass ich blind gegenüber Vorzügen anderer Systeme wäre.
Und was du über den Vorteil schreibst, einen analogen und einen digitalen Body mit identischen Objektiven zu nutzen, kann ich nur bestätigen. Habe ich (wie du wahrscheinlich auch) in den letzten Jahren öfter praktiziert, im Extremfall mit zwei Bodys und nur einem Objektiv, was ein sehr handliches Packmass ergibt.
Viele Grüße, Claus
Pingback:Leica Q3 43mm oder Sony A7c mit Samyang 45mm F1.8 oder die einzigartige Alternativlosigkeit – lenstrip.de retro & smart
Lieber Claus.
An dieser Stelle einmal ein Kompliment für die Klarheit Deiner Bilder. Du stellst das Bokeh wohltuend hintenan, das Motiv ist bildbestimmend. Und erkennbar, wenn das Bild auch durchgehend (fast) scharf abgebildet ist.
Ich möchte aber mal einen anderen Aspekt für den analogen Messsucher anmerken. In Afrika stehen Kider für seltene Erden stundenlang in giftigen Schlamm. In der Ukraine werden im Donezk seltene Erden auf einen Wert bis 7 Billionen EUR geschätzt. China nutzt das Ausbeuten von seltenen Erden strategisch. in Land, welches nicht gerade zimperlich mit Menschen umgehen, die selbst für Halloween ins Gefängnis kommen können.(auch, wenn ich diese Partiy überflüssig finde).
Wir alle wollen aber immer mehr elektronische Helfer, die sogar noch intelligent sein sollen. Dabei geht Intelligenz ohne Emotion nicht. Wir müssen alle wieder bescheidener werden, was den Umgang mit Reccourcen angeht. Und uns ehrloich fragen, ob uns dieser ganze Fortschritt wirklich weiterbringt. So verspottet vielleicht das M-System ist, so halte ich es für das nachhaltigste Kamerasystem überhaupt. Abgesehen davon, dass in der Masse ein elektronischer Sucher durch Automaten und billige Arbeitskräfte in Fernost die Kalkulation der Hersteller verbessern dürfte.
Gerade im M-System hat man zum Glück die Möglichkeit, hyperfokal zu fokussieren, welches System bietet das noch? Und dann relativiert sich auch mal schlechteres Augenlicht. Wenn wir an die Zukunft denken, auch die anderer und unserer eigenen Kinder, dann ist der Messsucher das modernste, was aktuell am Markt ist. Und der braucht noch nicht einmal Strom. Von den mit der ganzen Elektonik verbundenen Emmision sprechen wir noch gar nicht.
Lieber Gruß
Kai
Lieber Kai,
Leica sollte wirklich sofort die Produktion der SL-, Q-, D-Lux-Serie, die Objektive für Mobiltelefone, den Visoflex für die M-Serie und des Cine-Bereichs zugunsten einer Verringerung des Verbrauchs von seltenen Erden einstellen…und dann vermutlich innerhalb von 6 Monaten Insolvenz anmelden. Da stand Leica schon einmal und dies wäre für die vielen M-Fotografen wohl auch nicht wünschenswert.
Wie haben Sie diesen Beitrag in diesen Blog gebracht? Mit einer Schreibmaschine? Bei allem Respekt, aber ich empfinde Ihre Argumentation als absurd.
Auch wenn ich kein Nutzer einer Leica M Kamera bin, sehe ich ausreichend Argumente für dieses System (Wertbeständig, geringer Energieverbrauch, analoge & digitale Optionen bei Kameras & Objektiven, kompakte Größe) und am Ende des Tages ist die Wahl eines Kamerasystems individuell und nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob ein Fotograf zufrieden ist oder nicht. Und wenn die Bilder eines solchen Systems dann auch noch Dritten gefallen, wird es perfekt.
Ich plädiere für ein technologisches, vielfältiges Miteinander für die Gemeinsamkeit aller Fotografen, nämlich die Leidenschaft für ein gutes Foto.
Herr Reichardt,
vielen Dank für die gute Kommentierung.
Jedes System hat Vor- und Nachteile, so vielfältig wie die Nutzer dieser Systeme. Das System aber mit dem Abbau von seltenen Erden und der Energiebilanz der Digitalisierung über Digitalkameras ist in der Tat speziell und vor dem Hintergrund der „Digitalisierung (Live View, Visoflex, interner Speicher) der M Kameras“ argumentativ sehr dünn.
Ich unterstütze Ihr Plädoyer für Gelassenheit im Umgang mit den unterschiedlichen Kamerasystemen.
Immerhin nutzt der Autor des Beitrags auch Kameras aus beiden Welten.
Lieber Herr Spiegi,
Kompliment, Ihre Zeilen regen den Kopf an. Darf ich Ihrem Fazit widersprechen? Dass es beim Handeln, hier Fotografieren, auf das Ergebnis ankommt? Es mag Betrachter und Käufer von Ergebnissen das Wie ihres Zustandekommens nicht interessieren, da gebe ich Ihnen recht. Doch ihren Herstellern, den Produzierenden ist das Wie nicht einerlei. Gilt in jeder Branche. Persönlich, der mit einer M 11 arbeitet sowie mit einem spiegellosen Gefährt, erlebe ich den Unterschied in der Technik nicht als den von „gestern“ und „morgen“, sondern als schön anders. Der Messsucher reizt mein Auge und Motivsehen stärker als das AF-Fotografieren. Gefällt mir. Wenn’s Foto danach den Betrachtern gefällt, kommt doppelte Freude auf. Die einfache Freude, die des Bildmachens, geht der zweiten voraus und bleibt. Arbeitsspaß und Ergebnisgefallen können einander nicht ersetzen. Allzeit gut Licht, Gerhard
Hallo Claus,
zunächst muss ich mich mal für Deinen großartigen Blog bedanken. Für die viele Arbeit, die da drin steckt, für das Herzblut und die vielen großartigen Fotos. Immer, wenn ich hier lese, krieg ich Lust, mir ne Leica zu kaufen. 😉
Wo wir hier gerade beim Thema Fokussieren sind habe ich eine Frage, mit der ich vielleicht auch mal einen Artikel anregen kann. Es gehts ums Thema fokussieren. Bei Deinen nächtlichen Stadt- und Landschaftsfotos ist mir schon öfter aufgefallen, dass sie eine große Tiefenschärfe aufweisen, obwohl sie mit hochoffener Blende aufgenommen wurden. Ich war gestern mit 35/1.8 bei Dunkelheit unterwegs, habe ähnliche Motive aufgenommen und konnte das nicht so gut umsetzen. Irgendwo hat dann immer die Schärfe gefehlt. Magst Du mal etwas schreiben, wie und wo Du in solchen Situationen fokussierst: Stur auf unendlich? Hyperfokal? Oder ganz anders?
Viele Grüße von Deinem mittlerweile langjährigen Mitleser Peter
Diesem Anliegen würde ich mich gerne anschließen, da mir das auch oft aufgefallen ist: Landschaftsaufnahmen mit Offenblende oder eben Nachtaufnahmen in Südfrankreich und ich mich auch manchmal gefragt habe, wo der Fokus gesetzt wurde.
Im übrigen stellt ein solches schönes und gelungenes Motiv wie das mit Buhne betitelte Beitragsfoto mich jedesmal vor eine Herausforderung. Klingt komisch, ist aber so…
Hallo Peter, hallo Ulli, zunächst vielen Dank für euer Lob!
Dann die Frage… Puh… da gibt’s keine einfache Regel. Das hängt von der Brennweite und den Bildinhalten ab. Landschaft… Weite… das kann natürlich häufig einfach auf unendlich fokussiert werden, meist blende ich dann auch ab, um dem Sweet-Spot der Optik näher zu kommen.
Aber wenn da was (bei der Landschaft) im Vordergrund oder auf mittlerer Entfernung das Auge des Betrachters auf sich zieht, wird darauf fokussiert. „Hyperfokal“ bei Offenblende ist ungenau und „Unendlich“ unter Umständen fehl am Platz (es irritiert unheimlich, zumindest mich, wenn im näheren bis mittleren Bereich irgendwas prominentes im Bild unscharf ist. Wenn dagegen das weit entfernte leicht unscharf ist, stört das nicht, im Gegenteil, trägt zur Tiefenwirkung bei).
Wenn man den „richtigen“ Teil des Bildes im Fokus hat, haben die Leica-, Voigtländer-, oder auch Leica-Q-Objektive den Vorteil, auch bei Offenblende bereits eine hohe Abbildungs-(Auflösungs-) Leistung zu erzielen, meist bis in die Ecken.
Bei dem Buhnen-Bild von Sylt habe ich auf die Mitte der Buhne (ca. wo die Stufe ist) fokussiert. Auf die Weise ist bei Offenblende der Bereich scharf, wo was passiert (wo man automatisch hinschaut), aber weiter auf dem Meer bis zum Horizont zunehmend unscharf (aber bei dem Summicron nicht zu sehr), was fast einem natürlichen Seh-Eindruck entspricht. Übertreibt man es mit dem Bokeh, kann das zwar reizvoll sein, hat aber nichts mehr mit dem zu tun, was ein menschliches Auge wahrnehmen kann. Darum wirkt das Bild von der Siegerehrung (im Beitrag) „surreal“. Wir können so nicht „in Echt“ sehen. Kann aber als Stilmittel trotzdem interessant sein.
Bei dem Bild von Les Baux ist auf den zweiten Baum von links fokussiert. Leica Q3 bei f/2 1/30s ISO 1000
Das könnte immer so weitergehen, aber mit so viel Worten ist das wenig hilfreich. Ich kann nur sagen, dass es oft je nach Motiv eine Augenblicksentscheidung ist, wo der schärfste Punkt liegen soll. Aber selbst bei Landschaft ist das eben nicht unbedingt immer im Unendlichen.
Vielen Dank für die umfangreiche Antwort! Fokus dort hin, wo der Blick fällt, klingt sinnvoll. Ich werde mal weiter üben und mich darauf konzentrieren.
Moin zusammen.
Witzig, ausgerechnet hier Fotos vom Windsurfen zu sehen. Mit Fotos von diesem Sport habe lange Jahre Geld verdient. Erst analog, dann digital. – Habt etwas Geduld, ich spanne im Text den (persönlichen) Bogen zur Leica M und dem Messsucher.
Natürlich wird im Profibereich die Technik gewählt, die in der entsprechenden Nische das beste Werkzeug darstellt. Das ist meistens eine dieser modernen Bildermachmaschinen mit entsprechender Optik mit der super effizient Geld verdient werden kann. Ich fühle mich damit aber auch irgendwie wie ein Bildhauer, der eine CNC-Fräse für ’seine‘ Werke nutzt.
Und genau da sind wir beim Punkt.
Wer nicht als Profi gezwungen ist, für seine Kundschaft jede unwiederbringliche Situation zuverlässig zu erwischen, kann auf sein Gefühl hören, kann machen, was Spaß macht, kann ‚unvernünftig‘ sein, kann spielen und kann frei sein von wirtschaftlichen Zwängen.
Dabei ist es egal, ob ich Freude daran habe, mit einer alten Minolta X300 manuell zu fotografieren oder ob ich einen Messsucher nutze und die faszinierende Haptik einer Leica M genieße. Oder ob ich doch eine Kamera mit Autofokus nutze.
Ich fotografiere privat fast nur noch mit einer Leica M4-2 Das Ding macht unglaublich viel Spaß. Der Messsucher ist großartig. Ich kann damit besser scharfstellen als manuell (!) mit jeder Spiegelreflex oder Systemkamera. Ernsthaft, die alte, analoge Leica hat mir, als ich sie in der Coronazeit gekauft habe, den Spaß am Fotografieren zurück gegeben. Und das liegt auch am Messsucher. Ich freue mich wie ein Kind über jedes Bild, das besser ist, als ich es mir vorgestellt hatte, wenn der Film aus der Entwicklung kommt.
Und da sind wir bei der Frage, was zeitgemäß ist.
Auf welche Bilder bin ich nach all den Jahren stolz? Auf die, die in den Wellen schwimmend entstanden sind. Alles manuell eingestellt, weil die Automatik in dieser Nische nicht mitkam. Ich bin auf Bilder stolz, die ich mir erkämpft habe und für die ich mein ganzes Können einsetzen musste.
Ist eine Leica M mit Messsucher (und viele andere Kameras, die uns fordern), in einer Zeit, in der man per Sprachbefehl in Sekunden per KI ein fotorealistisches Bild generieren kann, zeitgemäß?
Ich finde ja, denn sie erfordert Wissen und Können und belohnt als haptisch (und akustisch) angenehmes Präzisionsinstrument. Der Sucher erzieht mich zu guten Bilden, weil ich viel mehr über ein Bild nachdenken muss. Und dann mache ich das eine Bild. Das ist schon fast meditativ.
Gerade in einer Zeit, in der nun auch im professionellen künstlerischen und journalistischen Bereich in Wort und Bild der Mensch bedingt durch das Streben nach Effizienz immer mehr durch die Maschine ersetzt wird, ist es vollkommen zeitgemäß, ein ‚altes‘ Werkzeug (zum Beispiel eine Leica M) zu nutzen, wenn es dem jeweiligen Menschen eine Erfüllung gibt und gut tut.
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Noch eine Bemerkung zum Preis, der immer wieder bei Leica angeführt wird: Eine gebrauchte, analoge M um die 2000 Euro ist nicht teuer, wenn man bedenkt, dass man damit sein Leben lang fotografieren kann und die Erben die Kamera entweder weiternutzen oder verkaufen können. Meine alte Leica ist emotional einer der wertvollsten Gegenstände, die ich besitze. Nachhaltig und reparierbar. Wenn ich alle Kameras bis auf eine verkaufen müsste, ich würde die Leica behalten, auch wegen des Messsuchers.
Hallo Christian,
Sie haben es meiner Ansicht nach auf den Punkt getroffen, in jedem einzelnen Absatz. Vielen Dank.
Liebe Grüße
Uli Sieboldt
Vielen Dank für das Plädoyer, das genau wiedergibt, was ich mit einer Messsucherkamera verbinde. In meinem Beruf muss ich modernste Techniken nutzen und immer am Ball bleiben, das ist ok und erforderlich. Aber bei meinem Hobby brauche ich das nicht, denn ich muss ja nicht „abliefern“. Insofern ist die Frage, was „zeitgemäß“ ist, lediglich provokant, aber eigentlich total müßig. Ich würde eher sagen, es gibt Dinge, die „zeitlos“ sind.
Hallo Christian
hallo Herr Dr. Sassenberg,
ich denke wir kommen der Sache näher.
Sie beide, und sicherlich viele andere hier auch, erfreuen sich an «gestriger» Technik. Sie bereitet ihnen Freude. Das ist legitim.
Andere hingegen möchten in erster Linie Fotos machen welche begeistern, die Betrachter ansprechen usw. Die Technik dahinter ist unwichtig; ein notwendiges Übel das beherrscht sein möchte, ein Mittel zum Ziel.
Vergleichen wir die Fotografie mit der Musik. Wer z.B. seinen Spaß darin findet aus uralten Instrumenten Töne zu bekommen entfernt sich m.E. vom eigentlichen Ziel der Musik. Hier geht es um Technik bzw. Handwerk; vielleicht sogar um Musikgeschichte (sehen wir einmal von Aufführungen von alten Kompositionen auf alten Instrumenten gespielt ab). In einem Konzert interessiert sich kein «normaler» Besucher mit welcher Tröte/Klampfe die Töne erzeugt werden. Auch nicht ob das für den Musiker einfach oder schwierig ist. Hauptsache das Klangerlebnis überzeugt den Konzertbesucher. In der Fotografie ist das nicht anders. Ob es für den einzelnen Fotografen eine Befriedigung darstellt die alte Technik zu beherrschen ist dem fertigen Foto einerlei. Dem Foto an der Wand, in der Galerie, der Ausstellung oder im Buch ist es «wurscht» wie es entstanden ist, ob die Person hinter der Kamera Steinzeittechnik oder den neuesten Schrei verwendet hat, ob Jahre oder nur Sekunden an Lebenszeit für das fertige Foto investiert wurden, ob ein Berufsfotograf oder ein unbedarfter Laie der Urheber ist. Das einzige Kriterium ist ob es gefällt oder nicht. Bei einem Spitzenbild werden u.U. sogar handwerkliche oder technische Unzulänglichkeiten verziehen. Ein technisch perfekt ausgearbeitetes Schrottfoto bleibt aber ein Schrottfoto; auch wenn es noch so scharf, richtig belichtet ist und die wundervollsten Tonwerte etc. zeigt.
Fazit: es kommt auf die Zielrichtung an. Fotografie orientiert sich in meinen Augen am Ergebnis. Nicht am Weg dorthin. Alles andere ist legitim, hat aber im eigentlichen Sinne nichts mit Fotografie zu tun.
Hallo Herr Sassenberg! Ich habe ihren Beitrag mit großer Freude gelesen. Ihr Schreibstil liegt mir sehr. Und man kann klar erkennen, dass sie die Dinge mit einem Augenzwinkern, Humor und einer ordentlichen Portion Selbstironie betrachten. Was mich überrascht hat ist die Tatsache, wie viele Menschen sich über einen Beitrag, der in einem Blog der sehr deutlich den Namen „MESSSUCHERWELT“ trägt, darüber aufregen, das sie begeistert von Messsucherkameras berichten. Was soll das? Mich ärgert das, weil der Arbeit die Sie und ihre Mitautoren in dieses Projekt stecken nicht der verdiente Respekt entgegengebracht wird. Die M ist soviel mehr. Speziell? Ganz sicher. Nicht für alles und jeden? Ganz sicher. Am meisten liebe ich den klaren Blick durchs Glas. Und mit genügend Übung ist man wirklich schnell mit dem Scharfstellen.
Herr Dr Sassenberg, zur Klarstellung: Ich unterstelle Ihnen überhaupt nichts, ich habe aufgrund meiner Wahrnehmung einfach nur kommentiert.
Mein Beitrag beginnt positiv, bleibt sachlich und endet mit einem Plädoyer. Kritik kann ich im Ansatz erkennen, dass ich Vergleiche der Leica Systeme für nicht sinnvoll erachte (der inhaltliche Vergleich kommt ja von Ihnen und wird durch die Überschrift noch unterstrichen), aber diese Kritik ist ganz bestimmt nicht persönlich, eher ein inhaltlicher Diskurs unter engagierten Fotografen.
Sollten meine Worte Sie angegriffen haben, tut es mir leid.
Machen Sie gerne weiter mit Ihrem Blog, Reibung erzeugt Wärme und dies ist auch gut so.
Hallo Herr Reichardt,
„no hard feelings“! Ich hatte einfach nicht die Intention zu implizieren, die Leica Q sei irgendwie insuffizient. Kam vermutlich falsch ‚rüber.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Sehr geehrter Herr Dr. Sassenberg,
gleich vorweg…die Lektüre Ihres Beitrags hat mir große Freude bereitet, ich wünschte mir, dass einschlägige Fotomagazine Inhalte auf diesem rhetorischen Niveau hervorbringen würden, Respekt und Kompliment.
Allerdings frage ich mich, warum Sie ein solches Plädoyer für den Messsucher im Vergleich zur Q-Serie halten.
„Die Leica M11-P stand im letzten Jahr oft im Schatten der Leica Q3 (und jetzt, seit Erscheinen der Q3 43 erst recht). Darum wird es höchste Zeit, mal auf das (oft unterschätzte) Spektrum der Möglichkeiten einer Messsucherkamera hinzuweisen.“ – Man könnte hier den Eindruck haben, dass es Sie stört, dass die Q-Serie so populär ist. Hier muss ich Herrn Spiegi zustimmen, entscheidend ist die Botschaft zwischen den Zeilen, und ich nehme Ihre Worte so wahr, dass Sie mit der Produkteinführung der Leica Q3 43 noch einmal auf die Vorzüge des Messuchersystems hinweisen müssen.
Warum eigentlich ? Leica bietet Ihnen aktuell 4 (digitale) Modelle zur Auswahl, was für ein Nischensystem geradezu „üppig“ ist und ich habe auch nicht den Eindruck, dass Leica diese Kameraserie einstellen möchte. Und beide Serien haben außer der Form und dem Hersteller wenig bis gar keine Gemeinsamkeiten.
Wenn schon ein Vergleich, dann doch nur bei den nüchternen Fakten: Sie sprechen in Ihrem Beitrag von der Wahl zwischen zwei (Q3-) Kameras und einer M-11 mit zwei bis drei Objektiven. Die beiden Q3’s bringen zusammen 1.515 g Gewicht und haben Abmessungen von 130×80,3×97,6 bzw. 130×80,3×92,6 in Ihrer Fototasche. Eine M-11 P wiegt 542g und hat eine Abmessung von 139×38,5×80. Dazu kämen ein SUMMILUX-M 1:1,4 28 ASPH und ein APO-SUMMICRON-M 1:2 50 ASPH mit zusammen 740g. Der Vergleich mit zwei Objektiven geht also an die M-11, zumal man der Fairness halber auch die Anzahl der Akku’s mit berücksichtigen muss, da die Q3’s einen höheren Energieverbrauch haben. Nehmen Sie aber ein drittes Objektiv mit, dann wären Sie schon gleichauf.
Seit 10 Tagen habe ich eine Q3 43 und habe beide Kameras (mit Handgriff, -Schlaufe und Daumenablage) in einer Tasche (Oberwerth M-Bag) ohne das Empfinden einer „schweren Ausrüstung“. (Mit der neuen Erfahrung einer Q3 mit einer zweiten Brennweite, hoffe ich nun auf eine Q3 70 oder Q3 90 und würde mir dann sogar noch eine dritte dieser wunderbaren Kameras in eine Tasche stecken… )
Auf einen technischen Vergleich verzichte ich, da (siehe oben) ich diese Kameras als unterschiedliche, unabhängige Systeme ansehe.
Ich bin erst seit etwas über zwei Jahren im „Leica Kosmos“ angekommen und gehöre zu den „digitalen Autofokus Kunden“. Nicht weil ich die M-Serie ablehne, sondern weil Q und SL für meine Fotografie die besseren Werkzeuge sind und ich etablierte, technische Standards meiner vorherigen Systeme (Canon, Fuji) nicht mehr missen möchte. (Bei allem Respekt vor Ihren Bildern der Surfer vor Sylt und des handwerklichen Geschicks diese mit einem Messucher scharf einzufangen, aber so eine fotografische Aufgabe geht mit einem Tele (-Zoom) und einem Autofokus einfacher, besser und mit weniger Ausschuss.) Was ich aber in Foren und in persönlichen Gesprächen bemerke, ist, dass „M-Fotografen“ (ohne Not) die Notwendigkeit sehen, „ihr System“ zu rechtfertigen oder zu erklären. Einige, wenige „M-Hardcore Fotografen“ haben sogar eine gewisse Abneigung gegenüber den Q- und SL-Serien.
Mich erinnert dies ein wenig an die Firma Porsche, deren meistverkauftes Modell mittlerweile der SUV Cayenne ist, aber die „911er Fahrer“ halten sich für die wahren Porschefahrer. Ich habe keine Informationen darüber, ob Leica mehr Q3/SL- oder M-Kameras verkauft, aber die Unternehmensgeschichte zeigt, dass ohne diese „neuen Serien“ das Unternehmen kurz vor der Insolvenz stand.
Ich plädiere für mehr Gelassenheit und weniger Dogmatismus, die neue Leica M-11 D kann ohne die Steuerung mit einer App auf dem I-Phone gar nicht konfiguriert werden, obwohl sie kameratechnisch auf dem Niveau eines Nokia Telefons ist, welches Sie vermutlich auch nicht mehr benutzen und mit dem auch die Anbindung an die Kamera nicht mehr funktioniert). Das Schöne an der Firma Leica ist doch, dass Sie handwerklich hochwertige Werkzeuge für ganz unterschiedliche Präferenzen anbietet. Und dies auch noch bei einem im Verhältnis geringen Wertverlust. Aber Systemvergleiche innerhalb der Leica Serien halte ich für sinnfrei.
Hallo Herr Reichardt,
ich war mir nicht bewusst, dass ich mit meinem Bekenntnis zum M-System so vielen Leuten auf den Schlips trete, und fühle mich, wie ich schon Herrn Spiegi schrieb, total missverstanden und „überinterpretiert“. Tatsache ist doch, dass ich ein überzeugter Leica Q-Nutzer seit der ersten Stunde dieser Kamera bin. Ich hatte im letzten Jahr so viel Gewicht auf die Vorzüge der Q gelegt, dass ich es an der Zeit fand, mal wieder etwas über Messsucher zu schreiben (wie heisst noch mal die Webseite?). Es war einfach mal wieder dran. Und das hat nichts mit der Q3 43 zu tun. Ich habe unglaublich viel positives über die Q geschrieben, und jetzt unterstellen Sie mir das Gegenteil?
Sie möchten die technischen Möglichkeiten einer modernen Kamera nicht missen und das ist doch voll ok! Aber warum stört es Sie, wenn ich mich dazu bekenne, auch mal gern mit antiquierter Technik zu fotografieren? Sogar analog? Davon abgesehen, dass das Konzept der Leica M11-D für mich überhaupt nicht in Frage kommt. „No go“. Aber wer’s mag? Kann mir doch egal sein.
Ich betreibe diese Webseite mit viel Herzblut (ohne Werbung oder finanzielle Vorteile, im Gegenteil) wie auch die anderen Gast-Autoren. Es werden Themen behandelt, die für manche interessant sind und für andere nicht. Es gibt auch keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit.
Aber manchmal frage ich mich, warum ich mir das antue.
Lieber Dr. Sassenberg,
Bitte tuen Sie sich das – ich meine diese Website – auch weiterhin an! Seit einigen Jahren lese ich Ihren Blog und freue mich jedesmal über die fundierten Beiträge, die mit großem Sachverstand, gescheiter Wortwahl, spassigen Wortkreationen und ganz viel Herzblut geschrieben sind.
Lassen Sie sich bitte nicht beirren: Jedes der verschiedenen Fotosysteme hat seine Berechtigung, sonst würde es diese ja doch gar nicht geben. Ist die Diskussionen über Messsucher versus anderer Systeme nicht schon fast legendäre Fotogeschichte. … und welches System erlaubt es selbst 90 Jahre alte Objektive (mittels 1mm dünnem M-Adapter) auch heute noch uneingeschränkt nutzen zu können?
Mit besten Grüßen aus dem hohen Norden
Vielen Dank für die aufmunternden Worte!
Viele Grüße,
Claus
Lieber Herr Sassenberg,
es ist gut, daß Sie solche Artikel schreiben, weil es mittlerweile so wenige Menschen gibt, die sich überhaupt noch mit diesen Fragen auseinandersetzen. Machen Sie bitte weiter so. Heute kann man fotografieren wie man will, auch mit oder ohne Messsucher. Und das ist doch sehr schön. Sie stehen für die Leicawelt mit ihrem Blog und sind dafür in der kleinen Gemeinde der fotoaffinen Webnutzer auch bekannt. Ich habe zwar mein M Erlebnis schon lange gegen die Fuji X100/XPro eingetauscht aber lese trotzdem gerne bei Ihnen, weil mir das alle nicht fremd ist. Und gerade spiele ich mit einer Nikon Z5, die mir ausserordentlich gut gefällt obwohl sie nichts davon hat. Was will ich damit sagen? Es gibt eine Freiheit, sich mit Fotografie und Fotoapparaten zu beschäftigen, die viel Spaß macht und den Homo Ludens in uns aktiviert, wenn man nicht von der Fotografie leben muß. Und diese Freiheit ist wunderbar und ihr Blog ermöglicht diesen Genuss beim Lesen und/oder beim Praktizieren. In diesem Sinne
Hallo Herr Mahlke,
vielen Dank für das „Thumbs up“, ich sehe das genau so. Wir sind keine Profis und jeder kann sich die Mittel zum Zweck aussuchen, die ihm Spass machen. Und sei es Daguerreotypie.
Viele Freude weiterhin mit ihren Fujis (die ich ebenfalls in früheren Versionen besass und für exzelente Kameras halte),
viele Grüße,
Claus Sassenberg
Der Messsucher polarisiert. Das ist nichts Neues und auch nicht schlimm. Ich verstehe den Blogbeitrag von Claus so, dass auch die Grenzen des Machbaren aufgezeigt werden sollten. Jeder kann für sich entscheiden, wie weit er gehen will. Es kann reizvoll sein, mit einer in einem bestimmten Fall unterlegenen Ausrüstung hochwertige Bilder zu erzeugen. Das sagt dann auch etwas über die Fähigkeiten des Fotografierenden aus. Beim Einsatz von Objektiven ohne AF an Systemkameras lässt
sich das Fokussieren etwas beschleunigen, wenn man mit der gewünschten Blende fokussiert und die Intensität des Peakings auf niedrig einstellt. Für mich funktioniert das gut, wenn ich genau hinsehe. Ich bin mit einem gutem Messucher sicherlich nicht der Schnellste, aber mit Fokuspeaking definitiv langsamer. Nikon bot bei seinen besseren SLR mit Autofokus eine Fokussierhilfe an, die das Messfeld auch bei manueller Fokussierung nutzte. Meiner Erfahrung nach funktioniert die Scharfstellung dann schneller als mit Mattscheibe, Mikroprismen und Schnittbildindikator. Mit Blick auf die M6 und ihre ebenfalls analogen Vorgänger kann der Messsucher auf andere Weise vorteilhaft sein. Der fehlende Spiegelschlag erlaubt längere Verschlusszeiten bei schlechten Lichtverhältnissen, was beim Fotografieren auf Film stets willkommen ist. Letztlich hat jeder und jede ihre Vorlieben und das ist entscheidend. Mir geht es z. B. so, dass ich bei einer M11-D mit einem Preis von 9.350 € für das nackte Gehäuse nur den Kopf schütteln kann. Das liegt aber nicht am Messsucher.
Gruß
Volker
Hallo Volker,
Danke für deine realistische Einschätzung der Sachlage. Übrigens: Das Konzept der M11-D hinterlässt bei mir auch nur Fragezeichen und der Preis ist jenseits von gut und böse.
Viele Grüße,
Claus
Hallo Herr Sassenberg,
seit einigen Jahren Q- und M-affin nutze ich die Kameras wahlweise: Für schnelles und unkompliziertes Fotografieren eher die Q2, wenn es etwas anspruchsvoller wird, dann lieber meine (neue) M11-P. Und so sehr ich manchmal den Autofokus für schnelle Motivwahl ohne viel Nachdenken schätze, so sehr möchte ich hier – wie Sie – eine Lanze für den Messsucher brechen: Der Messsucher ist einfach handwerklicher, erfordert mehr Entscheidung, mehr Übung, mehr Fähigkeiten, mehr Hingabe ans Sujet. Und u.a. das ist es, was mich an der Fotografie interessiert. Jede mit der M gelungene Aufnahme freut mich irgendwie einen Tick mehr als das perfekte Autofokus-File aus der Q.
Vor vielen Jahren hatte ich komplett aufgehört zu fotografieren, weil mich die ‚Bevormundung‘ der hochgerüsteten Kameras anfing zu langweilen. Jede/r konnte ein technisch gutes Foto machen, ohne eigentlich verstanden zu haben, was da vor und hinrer der Linse so passiert. Zwei Jahrzehnte später habe ich dann Leica für mich entdeckt und wieder angefangen mit der Fotografie – mit Messsucher. Und da bin ich bis heute gerne geblieben. Macht einfach Freude.
Grüße aus München
Christian Hertneck
Hallo Herr Hertneck,
ihre Geschichte ist genau wie meine (als ich vor Jahren die M9 „entdeckte“) und die vieler anderer. Man freut sich wieder über gewisse „handwerkliche“ Aspekte und hat mehr Spass am Fotografieren. Ob das praktisch ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Weiterhin viel Freude mit der M11-P,
Claus Sassenberg
Hallo Claus,
ich fand es interessant, dass Du keine SD-Karte mehr verwendest. Mir ist es zu nervig. Zum einen dauert es spürbar länger als mit dem Slot für die SD-Karte in meinem Rechner. Zum anderen gibt es auch das Problem, dass der Rechner (ein Mac) die Kamera nicht selten gar nicht erkennt. Da hilft es nur „Kabel rausziehen und wieder einstecken“ oder, in den schlimmsten Fällen „Rechner neu starten“. Wenn ich den internen Speicher verwende (weil ich z.B. die Karte vergessen habe), habe ich die Erfahrung gemacht, dass es schneller ist, die Bilder auf eine SD-Karte zu kopieren und dann die SD-Karte in den Rechner einzustecken.
Viele Grüße
Stefano
PS: entweder mache ich was falsch oder ich habe mehr Pech als Du. Ich bin seit sechs Jahren Leica M-Fotograf und es kam viel öfter vor, als es mir Recht wäre, dass ich entweder den Messucher oder ein Objektiv justieren lassen musste. Bestimmt 7-8-mal.
PS II: Mit der M11-M hatte ich das gleiche Problem wie Du mit der M11-P. Die neue Kamera hatte einen Frontfokus. Beim Leica-Store wurde sie aber am nächsten Arbeitstag problemlos ausgetauscht.
Hallo Stefano,
stimmt, wie gesagt, die Übertragung dauert länger und du hast recht: Wenn man erst auf eine SD-Karte lädt, kommt man schneller zum Ziel. Aber Zeit ist gar kein Faktor dabei. Die nehme ich mir 🙂
Der Mac hatte nie ein Problem, meine Kamera zu erkennen (??). Ich verbinde die Kamera, schalte sie an und gehe in LR auf Importieren. Dann ist sie da, anklicken und die Vorschaubilder laden. Aussuchen, welche man will und importieren. Ja, ja, nicht besonders schnell, aber der Vorgang an sich funktioniert (bei mir) tadellos.
Zum P.S.: Du machst mit Sicherheit nichts falsch. Aber vielleicht hatte ich einfach immer Glück mit sowas. Nicht nur mit verstelltem Messsucher, einfach überhaupt mit Defekten, wie sie zuhauf von anderen Besitzern einer M beklagt werden. Da gibt’s ja haarsträubende Berichte.
Also wirklich, wie das mit dem falsch eingestellten Fokus durch die Endkontrolle geht (wenn das öfter vorkommt), ist mir ein Rätsel.
Viele Grüße,
Claus
Hallo Herr Dr. Sassenberg,
ich denke, mit diesem Beitrag leisten Sie dem Meßsucher keinen guten Dienst. Sie polarisieren ohne Not.
Bezüglich pro und contra Meßsucher wurden weltweit in den letzten Jahrzehnten kilometerweite Schneisen in Wälder geschrieben. Dieser Drops ist gelutscht.
Nicht ohne Grund fristet der Meßsucher ein Schattendasein in der Nische.
Der Markt hat sich gegen den optischen Meßsucher entschieden. Die Gründe dafür kann man für falsch halten, aber Fakt ist nunmal dass die Industrie keine Meßsucherkameras im großen Maßstab herstellen möchte und die Kunden sie nicht kaufen wollen.
Zum Artikel:
Wenn ich heute die Wahl zwischen einer Q und einer M11 mit einem Normalobjektiv hätte, dann wäre die M11 klarer zweiter Sieger. Mein Interesse an der Fotografie sind gute Bilder. Mit der Q ist die Wahrscheinlichkeit dafür eindeutig höher.
Sportfotos (Reitsport und Sylt):
Irgendwie geht mir «Ewiggestriger» durch den Kopf. Natürlich kann man mit der M Sportfotos aufnehmen. Ihre Bilder sind der Beweis.
Die genannten Sechshunderter haben aber einen Grund. Warum schleppt jemand diese sperrigen, teuren und schweren Dinger mit wenn es auch mit der federleichten M geht ? Wissen all die Leute nicht wie man es macht? Warum hängen an den Rohren neuerdings meist moderne Systemkameras von Sony, Nikon oder Canon? Kameras mit Autofokus. Nix handgekurbelter Meßsucher.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte Ihnen nicht die Freude am Meßsucher nehmen, aber ein wenig mehr Nüchternheit ist in meinen Augen der bessere Weg. Wenn Ihnen die Fotografie nach dem deutschen Beamtenmotto « warum einfach, wenn es auch umständlich geht » gefällt, dann gönne ich sie Ihnen aus vollem Herzen. Aber bei mir kommt der Beitrag eher wie ein Missionierungsversuch an.
Viele Grüße
M. Spiegi
Lieber Herr Spiegi,
da fühle ich mich doch ziemlich missverstanden. Der Artikel dreht sich lediglich darum, die Möglichkeiten der Messsucherfotografie aufzuzeigen, ohne irgendeine Wertung, ob das gut oder schlecht (oder umständlich) ist. Schliesslich ist das reine Geschmacksache.
Und das mit den 600ern habe ich ja gerade in dem Artikel gesagt: Natürlich waren die da besser aufgestellt!
Das Sie das Wort „Ewiggestriger“ in den Raum stellen, trifft mich doch sehr. Diese Webseite beschäftigt sich nun mal mit traditionellen Techniken (und analoger Fotografie). Da geht es nicht um professionelle Belange.
Ich hatte einfach nach viel Augenmerk auf der Q3 mal wieder das Bedürfnis, etwas über die M’s zu schreiben. Entschuldigen Sie, wenn das falsch herüberkam.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Hallo Herr Dr. Sassenberg,
für mich steckt die Wertung zwischen den Zeilen. Ich glaube Ihnen gerne dass Sie das nicht beabsichtigten. Bei mir kam er aber so an; leider.
Übrigens: ich bin ja selbst gelegentlich so ein „Ewiggestriger“. Mit Vorliebe schreibe ich mit einem Füllfederhalter oder fotografiere hin und wieder sogar auf Film (mit einer Leica). Auf meinem Schreibtisch liegt passend zum Füller ein Filofax (kann nicht abstürzen und funktioniert bei leerem Akku). Auch fahre ich ein Auto ohne jedwede elektronische Überwachung oder eingebautes GPS. Ganz schlimm wird es wenn es um Literatur geht. Ich liebe Bücher welche man ins Regal stellen, reinschreiben und zur Not sogar umknicken kann. Nix E-book. Im Job lade ich – wenn möglich – Gesprächspartner persönlich ein anstatt via teams o.ä. zu konferieren.
Ich möchte niemandem die Freude an einer M bzw. deren Meßsucher madig machen. Aber weniger erscheint mir auch auf einer Seite über Meßsucherfotografie mehr. Wie sagt der Volksmund: reden ist Silber – schweigen ist Gold.
Ach ja, auch als Amateur (i.S. von Liebhaber) darf und kann man m.E. die Prioritäten anders gewichten. Für mich zählt das Ergebnis, nicht der Weg zum Bild. Deshalb breche ich weder eine Lanze für die M noch den Stab über dem Meßsucher. Wem es gefällt mit „antiquierter“ Technik zu fotografieren sei es gegönnt. Hauptsache die Bilder sind gut.
Viele Grüße
M. Spiegi
Sehr geehrter Herr Dr. Sassenberg, herzlichen Dank für den Beitrag. Im April habe ich Q 2 und Leica M 10-Monochrom gegen die M 11-P getauscht, weil ich nur noch mit einer Kamera unterwegs sein wollte. Das habe ich nicht bereut. Allerdings nutze ich immer noch eine SD-Karte. Ich Speicher zunächst alle DNG auf der Festplatte, bevor ich sie dann in Lightroom importiere. Wenn ich richtig informiert bin, würde das mit dem internen Speicher nicht funktionieren. Wie machen Sie es?
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Moros
Hallo Herr Moros,
die Info ist nicht korrekt. Ich importiere direkt von der Kamera (via USB-C-Kabel) in LR (Klassik). Man muss in der M11-P im Menü „Kamera Einstellungen“ auf PTP-Modus stellen (nicht Apple MFi). Kamera anstöpseln und einschalten. In LR auf „importieren gehen. Ich habe das Gefühl, dass der Import von der Speicherkarte etwas flotter ist, aber das ist mir ziemlich egal.
Viele Grüße,
Claus
Herzlichen Dank für die Information. Ich werde es probieren.
Da ich noch nie messsucherich unterwegs war, muss ich Ihren von großem Sachverstand geprägten Artikel noch einmal lesen, um alles genau zu verstehen!
Aber jetzt schon bin ich von den tollen Fotos begeistert. Besonders gefallen haben mir die Pferdebilder!
Liebe Grüße Volker Krause
ach ja, „Messphisto“ genial!
Hallo Herr Krause,
Danke für die Blumen! Weiterhin viel Freude mit der neuen Kamera,
viele Grüße,
Claus Sassenberg