Wir schreiben 2023. Unser 5. Jahr mit der Leica Q Typ 116 hat begonnen. Ich denke, es ist an der Zeit, darüber zu berichten und zu erzählen, wie das „Baby“ meine/unsere Art zu Fotografieren weiterhin beeinflusst hat.

Sedona, 1/60s, f/1.7, ISO 200

Das Bild oben entstand auf dem Rückweg von einem unglücklichen Versuch, den berühmten Cathedral Rock in Sedona zu fotografieren. Stop, Q raus, abdrücken

Angefangen hat die Reise mit der Kamera in Berlin im Jahr 2018. Mit über 32.000 Bildern im Lightroom-Katalog ist die Q mittlerweile die Nummer 1. Fairerweise muss ich dazu anmerken, dass die vorher führende Kamera (Nikon D810) ab 2021 kaum noch benutzt wurde und inzwischen verkauft ist. Das hatte wie auch immer nichts mit der Q zu tun.

Anfang 2020 hat Dirk sich seine Wunschkamera angeschafft und somit hatte ich mein Baby (So nenne ich die Q.) fast ausschließlich für mich.

Morgens in Pompano Beach. Das Bild hat der Feuerwehrmann gemacht.

Unsere fotografischen Gepflogenheiten könnten unterschiedlicher kaum sein. Er gleicht einem „Herrn von Unruh“, der schwerlich ein Wochenende auslässt, um bei passendem Wetter morgens im Pfälzer Wald auf diversen Felsen rumzukrabbeln. Ich hingegen bevorzuge zu den morgendlichen Tagesrandzeiten definitiv den Aufenthalt in einem kuscheligen Bett.

1/200s, f/16, ISO 100 Der Weg zum Morteratsch-Gletscher

So stellt sich die Frage, wann ich meine Bilder mache.

Während des verbleibenden Lockdown Anfang 2022 sind wir einige Male abends unterwegs gewesen.

1/1000s, f/2.8, ISO 100

Der Hauptteil meiner Fotos entsteht definitiv im Urlaub. Dort habe ich den Kopf frei und die notwendige Muße, mich auf die Umgebung einzulassen. Im Gegensatz zu Dirk, der ähnliche Motive immer wieder auf’s Neue ablichtet, motiviert mich ein Wechsel derselben.

Ich kann mich gut für ein paar Tage auf einen Ort einlassen und den quasi aufnehmen. Meist bekomme ich dann das Gefühl, im Fluss zu sein, sehe ständig Neues und es fällt mir schwer aufzuhören.

Braucht man dafür eine Leica Q (Typ 116), für Urlaubsbilder? Meine Antwort auf diese Frage ist ein klares Nein. Ganz gewiss gibt es unzählige andere Kameras, die man im Urlaub in der Tasche hat und die hochwertige Bilder machen können, z.B. die Q2 (Scherz) oder das Fuji X System.

Was macht die Q, aus meiner Sicht, dafür geeignet?

Sie ist relativ klein und leicht und passt ohne Umstände in eine größere Handtasche oder einen schlichten Rucksack. Bis auf 2 Reserve-Akkus ist nicht mehr mitzuführen. Mit anderen Worten, ich habe sie fast immer dabei.

Bei Bedarf kann ich demnach eine Vollformat-Kamera benutzen, die darüber hinaus mit einem erstklassigen Objektiv versehen ist, das sowohl Autofokus als auch manuellen Fokus kann und eine interne Stabilisierung besitzt. Und ich kann Makro-Fotografie betreiben, ohne auf externe Hilfsmittel zurückgreifen zu müssen.

Ich benutze ein 28mm Summilux f/1.7, welches als f/1.4 für das M-System momentan 6850€ kostet. Die Q ist ein Schnäppchen, so betrachtet.

Dank des elektronischen Verschlusses kann ich weit offen bei vollem Licht fotografieren, weil die Kamera 1/16.000s kann. Am anderen Ende ist 1/15s problemlos möglich, um die ISO-Werte niedrig zu halten.

Mit der Brennweite von 28mm habe ich mich arrangiert. Wer sich darauf nicht einlassen mag, landet in der Leica-Welt bei der M (ähnliche Größe) oder der SL.
Die M10 meines Mannes ist mir zu kompliziert, nebenbei bemerkt.

Bedienung:

Im 5. Jahr der Benutzung muss ich über die Bedienung kaum mehr nachdenken. Ich verstehe es, wenn Dirk sagt, dass man seine Kamera im Dunkeln bedienen können muss. Nur ein Beispiel, das Einstellen von 1/15s Belichtungszeit. Dazu muss von der Stellung A das Rad 5 Rastschritte gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden. Das zähle ich im Dunkeln einfach mit, fertig, zumal ich selbst im Hellen dafür meine Lesebrille aufsetzen müsste.
Ich möchte hier nicht alles aufzählen. Bei einem anderen Bedienkonzept müsste ich vieles von vorn lernen.

Pro

Ich mag es, wenn ich mit der Kamera nicht für voll genommen werde. Okay, manchmal ärgere ich mich. „Ach du fotografierst selber?“ Das ein Spruch, den ich von Bekannten schon gereicht bekam.

747-800, über der französischen Küste

Zurück zu eins: Oft wird man nicht als Fotografin wahrgenommen. So geschehen auf einem Konzert, bis der Sänger mich bemerkte und sowohl er als auch sein Gitarrist mit mir von der Bühne geflirtet haben. Nachteilig war in dem Moment, dass mir andere Zuschauer die Möglichkeit der freien Bewegung vor der Bühne verwehrt haben. Ich bin mir sicher, dass mir das als Mann mit einem DSLR-Raketenwerfer nicht passiert wäre, also das Blockieren meiner Bewegungsfreiheit. Anyway, ich bekam dadurch individuelle Bilder der Beiden.

Zu zwei: Oft bekomme ich den Eindruck, dass nicht fotoaffine Menschen glauben, nur Männer konnten mit einer Kamera umgehen. NEIN, das ist nicht so.
Wann lerne ich, im Sinne meiner mentalen Gesundheit, diese Annahme zu ignorieren?

Con

Habt immer Reserve-Akkus dabei, insbesondere, wenn es kalt ist. Weiter als 300 Bilder komme ich kaum.

1/8s, f/1.7, ISO 2500, Pompano Beach

Urlaubsbilder

Das Q-Baby hat uns im Jahr 2022 zu einigen Destinationen begleitet.

Das Oberengadin war unser Ziel im Januar. Eine Woche Sonne, Schnee und richtiger Winter hat viel Spaß bereitet. Ich habe versucht, gefrierende Seifenblasen zu fotografieren, mit zugegebenermaßen mäßigem Erfolg. Was haben wir gelacht.

Ich bin unheimlich dankbar dafür, im März Bilder von Ft. Myers Beach gemacht zu haben, bevor es von Hurrican Ian zerstört wurde. Nie hätte ich angenommen, dass das mal Zeitzeugnisse werden. Die Pier, zerstört, Beach Bar, weg, Time Square, Ruinen, Tiki on the Beach, weg. Man stelle sich das vor, das Hotel, vor dem Dirk und ich geheiratet haben, vor dem unsere 3 Palmen stehen, existiert nicht mehr. Es gibt nur einige Teile der Bodenplatte aus Beton. Und es wird in dieser Bauform aus Holz nie wieder aufgebaut werden dürfen. Der Charme von Ft. Myers Beach ist schlicht verschwunden. Wann immer ich darüber nachdenke, macht es mich traurig.

Später im Frühjahr waren wir ein paar Tage in Holland, unzweifelhaft mit Q-Begleitung.

Im August/September haben wir einen Road-Trip durch Teile des Südwestens der USA gemacht. Darüber haben wir in unserer Reiseabteilung ausführlich berichtet. Die Q war immer dabei, vom Strand, über Wüste bis zum Colorado-Plateau.

Bild links: Short final nach San Diego über dem Interstate 5 mit Blick auf Downtown

Fazit

Die Tatsache, ohne vielerlei Aufwand eine exzellente Vollformatkamera bei mir zu haben, hat eine stattliche Zahl, mir kostbarer, Bilder entstehen lassen. Aus dieser Sicht erfüllt die Leica Q (Typ 116) nach wie vor meine Ansprüche und lässt mich nicht über einen Wechsel nachdenken. Ja, sie hat ihre Einschränkungen bezüglich der Brennweite und bei sehr, sehr wenig Licht (nicht iso-invarianter Sensor). Meine fotografischen Ambitionen werden davon indes nicht berührt.

Wie geht es weiter

Keine Angst, das Baby wird mich weiter begleiten. Als Frau ist man eher gegen GAS immun.

Ich amüsiere mich über Blogbeiträge, bei denen euphorisch von der Q berichtet wird, um dann 6 Monate später zu lesen, dass daraus eine Q2 wurde, die daraufhin gegen eine Q-P getauscht wurde usw., vielleicht noch mit einem kurzen Ausflug in die Fuji-X-Welt. Männer …

Hmm, GAS … Bezüglich eines Nachfolgers der Q2 gibt es in Abständen neue Gerüchte, mal mit einer anderen Brennweite als 28mm, mal mit dem Sensor der M11, mal mit wechselbaren Brennweiten a’la Tri-Elmar. Sollte es eine Q mit einer anderen Brennweite geben, kann man mich schon mal auf die Liste der Besteller setzen, wenn es bei einem Summilux oder Summicron bleibt. Dann bekommt das Baby ein Geschwisterchen.

Wie schon in meinem ersten Beitrag zur Q schließe ich mit Loriot:

Ein Leben ohne Q ist möglich, aber sinnlos.

4 Kommentare

  1. Willem Diederichs

    Hallo Claudia,
    vielen Dank für die schönen Bilder.
    Das Bild aus der B747 ist cool – man sieht die Westküste der Normandie. Auf der anderen Seite des Flugzeugs konnte man den Mont Saint-Michel sehen. Sollten wir unsere Qs am gleichen Tag nach Amerika gebracht haben? 😉
    Grüße von Willem

  2. Volker Brockmann

    Hallo Claudia,
    Deine Bilder gefallen mir ausgesprochen gut! Da steckt viel Atmosphäre und Leben drin und die Motive hast Du toll in Szene gesetzt. So viel zu „Ach, Du fotografierst selber?“. Frag mal einen stolzen Mann am Herd: „Ach, Du kochst selbst?“. Schöne Grüße aus dem 19. Jahrhundert … Wie Du sagst, ist es wohl so, dass man (bzw. frau) sich mit einer Q voll auf das Motiv konzentrieren kann. Ich stelle da auch Unterschiede fest, wenn weniger Konzentration auf die Kamera notwendig ist: Du erwischtst den richtigen Moment einfach besser. Und weniger als Fotografin wahrgenommen zu werden ist genau dabei bestimmt nicht nachteilig. Es ist schön auch einmal etwas andere Beiträge als üblich zulesen. Jeder hat hat eben seine persönlichen Vorlieben und das ist gut so.

    Grüße von Volker

    • Hi Claudia, sehr netter Bericht zu Baby und Mann 😉 GAS habe ich die letzten Jahre durchgemacht. In meinem Kopf weiß ich: ich brauche eigentlich nur meine q2 (habe sie 2019 gekauft, 2022 zerstört und nochmal gekauft). Mein unheimlich teures Sony Equipment könnte ich verkaufen. Könnte, denn etwas GAS ist da noch. Habe mich von vielem gelöst.
      Die q habe ich fast immer bei mir. Es macht Spaß, das Leben, die Kinder, die Erlebnisse damit abzulichten. Mir reicht sogar die gute Jpg engine der q aus. Ich entwickle nie raws, habe sogar komplett auf Jpg umgestellt (hier würden Leica Jünger jetzt aufschreien, wie man das kann). Das Teil reicht mir. Einfach einschalten und knipsen. Der Rest ist mein Auge und das tolle Summilux.
      Ich liebe es, mit dieser Kamera nicht aufzufallen. Ich halte mich auch immer bedeckt, was das tatsächlich für ein Baby ist, wenn mal Leute über ihr Equipment sprechen. Ich bin kein Fan von diesem Gerede. Ein Nachbar hat mir mal stolz sein Equipment gezeigt, DSLR APSC Kamera Komplettsatz von Canon. Er hat meine q2 nicht wahrgenommen. Er hat immer einen Rucksack mit Equipment bei Touren mit den Kids dabei. Ich lässig eine q um die Schulter hängen. Ich werde nicht wahrgenommen, er wird angesprochen, welche Marke er denn nutzt und welches Objektiv. Ich liebe understatement. Hinzu kommt, dass ich die q meistens in einen unauffälligen 50 Euro Rucksack oben rein schmeiße. Würde doch keiner erahnen, so ein wertvolles Teil darin zu finden 😉
      Viele Grüße und bis zum nächsten tollen Artikel.
      Christoph

      Ps: link meiner Website soll keine Werbung sein. Denn darauf kommt es mir überhaupt nicht an. Ich mache das als Hobby. Auf der Seite sind einige Fotos mit der q gemacht, der Rest mit Sony. Alle Fotos sind Jpg aus der Kamera, minimalste Anpassungen. Ich sehe nicht den großen Nutzen von Entwicklung im Nachhinein, wenn das Foto für meinen Geschmack live an Ort und Stelle entsteht und es mir im Sucher gefällt.

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