Die Schöne und das Biest
Ich begleite nun schon einige Jahre die Jahreskonzerte der Musikschule Porta, immer ein fotografisches Highlight. Aber wenn die Projektgruppe „Musical“ etwas zur Aufführung bringt, setzt das jedesmal noch einen darauf. Das letzte Mal war 2017, als Tanz der Vampire auf die Bühne gebracht wurde. Wer geglaubt hatte, das sei nicht zu toppen, wurde letztes Wochenende eines Besseren belehrt.
„Die Schöne und das Biest“ wurde an zwei Tagen in der Aula des Gymnasiums Porta als Gesamtkunstwerk von Gesang, Tanz, Schauspielkunst und Musik realisiert. Auf so hohem Niveau, dass das Ensemble sofort ins Theater des Westens einziehen könnte. Das Publikum jedenfalls riss es von den Sitzen. Wir dachten, am Samstag sei „volles Haus“, aber am Sonntag platzte der Saal aus allen Nähten, als sich rumgesprochen hatte, was da abging.
Wenn ein Projekt einen derartigen Erfolg hat, steckt immer eine treibende Kraft dahinter. Und der kann man zwei Namen geben: Christiane Pesendorfer als künstlerische Gesamtleiterin sowie Stefanie Schnabel für Tanz und Choreographie. Die beiden haben die Probenarbeit „mit Herzblut“ vorangetrieben. Natürlich ist da das Ensemble, Kinder und Erwachsene im Alter von 7 bis 56 Jahren, das ebenso leidenschaftlich mitgemacht haben. Beim „Tanz der Vampire“ waren es noch 16, inzwischen sind es 29 Aktive.
Aber auch alle Lehrer der Musikschule aus den unterschiedlichen Instrumentengattungen haben mit ihren Schülern an einem Strang gezogen, um eine quasi sinfonische Klangwelt zu erschaffen. Extra erwähnenswert: Barbara Fedyanin (Violine) hat nach dem Klavierauszug eine eigene, musikschulspezifische Orchesterfassung arrangiert! Umgesetzt dann durch das souveräne Dirigat von Cathrin Schulze Dorfkönig.
Rüdiger Konrad, Chef der Musikschule, äusserte sich in seinen einleitenden Worten zu Recht stolz auf das erreichte. Und das ist wirklich ein Aushängeschild für höchste Qualität, da liegt die Messlatte für andere Musikschulen richtig hoch (letzteres ist meine persönliche Meinung). Genug „Credentials“, wer mehr erfahren möchte, kann sich die Webseite der Musikschule ansehen, die in den nächsten Tagen sicher noch einiges von dem Konzert bringen wird.
Die Leica Q2 – Abzüge in der B-Note
Seit die ursprüngliche Leica Q in meinen Händen war, hatte ich mir angewöhnt, Konzerte und ähnliche Events mit zwei Kameras zu fotografieren, die sich ergänzen, nämlich mit der Q, die mir den „weiten“ Blickwinkel lieferte und der M10, gewöhnlich mit 50mm-Objektiv, manchmal auch mit 35 oder 75mm Brennweite. Das hat sich über Jahre bewährt, schnelle Verfügbarkeit, kein lästiger Objektivwechsel.
Nachdem mir die Leica Q2 bei „Der Hermann leuchtet 6.0“ gezeigt hatte, dass das Handling der ursprünglichen Q gegenüber im Grossen und Ganzen optimiert ist und auch an der Bildqualität nichts auszusetzen ist, zeigte sich aber im Einsatz beim Konzert, dass manches schon mal besser war…
Konkret kam zunächst die Beobachtung von Sebastian (siehe Kommentare voriger Beitrag), nämlich, dass der so hoch gelobte OLED-Sucher der Q2 beim Live-Feed nicht so scharf ist wie der der „alten“ Q. Etwas, was mir bis dahin nicht klar war. Bei der Bildrückschau ist das Sucherbild plötzlich viel schärfer, also hätte ich die Hoffnung, dass man da mit Firmware nachbessern kann. Inzwischen hat Micha (siehe ebenfalls Kommentare voriger Beitrag) bei Leica angerufen. Man ist sich dort des Problems bewusst und arbeitet daran.
Ich war zu einem langen Wochenende auf Sylt, bei Sonnenschein und Wind in Sturmstärke war „Syltlauf“ mit 1300 Teilnehmern. Dort hat sich die Q2 mit ihrem schnellen Autofokus durchaus für „Action“ bewährt, zumal die Sache mit dem Sucher bei Tageslicht kaum eine Rolle spielt. Das gleiche gilt für Landschaftsfotos. Vielleicht hänge ich ein paar Beispiel-Bilder von Sylt an diesen Beitrag an.
Aber bei den Kunstlicht-Low-Light-Verhältnissen beim Musical hatte ich echte Schwierigkeiten, mit dem Sucher zu unterscheiden, ob der Fokus an der richtigen Stelle „sitzt“. Eigentlich musste ich mich blind auf die Kamera verlassen, zum Glück liegt die bei „Punkt“- oder „Ein-Feld“-Fokus praktisch nie daneben. Trotzdem doof.
Der zweite, viel grössere Einwand: Ich hab es ja geahnt, diese bescheuerte hohe Auflösung ist nur ein Klotz am Bein (und kleistert einem die Festplatte zu). Gegenüber der Leica Q hat die Q2 auf jeden Fall etwas Low-Light-Kapazität verloren, konkret: Sichtbares Rauschen setzt früher ein. Na gut, wenn man die „Riesendateien“ der Q2 auf 24 Megapixel bringt, holt sie die alte Q wieder ein (siehe bei Sean Reid). Das geht aber nur, wenn man das Bild nicht oder nur wenig beschneidet. Da der angebliche Vorteil des neuen Sensors ja die Möglichkeit exzessiven croppens bis 75mm-Bildausschnitt sein soll, muss man dann bei Low-Light jedenfalls mit deutlicher Rauschunterdrückung leben.
Ganz ehrlich: Ich will die neue Q2, aber ich wünschte, sie hätte den Sensor der Q oder noch besser: Huhu, Leica! Wie wär’s mit einer „Professional Edition“ der Q2 mit dem Sensor der M10… und zwei Kartenslots (der Platz dafür scheint da zu sein)?
Ernüchternde Feststellung
Schon am Freitag bei der Generalprobe hatte ich in gewohnter Weise mit der Kombi Q2-M10 fotografiert, aber bei der Auswertung der Bilder noch am selben Abend war ich mit der Leistung der Q2 nicht immer einverstanden. Sicher, beim Vergleich zur Leica M10 mit einem Summilux-Objektiv davor kommen ganz andere, sogenannte „professionelle“ Kameras ins Hintertreffen. Aber der Unterschied erschien mir jetzt bei der Leica Q2 größer als vorher mit der „alten“ Leica Q (natürlich war da immer ein Unterschied gewesen). Und das ist irgendwie eine bittere Pille. Das soll jetzt nicht heissen, dass die Q2 generell schlechter ist als die Q (sie ist in fast allen Dingen verbessert), aber in diesem Punkt, bei diesen Gegebenheiten wünschte ich mir fast die alte Q zurück (die ich verkauft habe, sie war in Nullkommanix weg).
Das Problem war, dass ich sah, was die M10 bei den Lichtverhältnissen vermochte. Weil ich einfach keine Abstriche in der Qualität gerade bei dieser Gelegenheit wollte, fotografierte ich die „Premiere“ am nächsten Tag fast nur mit M10. Ich fiel einfach in alte Gewohnheiten zurück und wechselte gelegentlich zwischen 35- und 50mm- Summilux (Das ich ausserdem mit Leica M6 und Kodak TMax P3200 gearbeitet habe, wird sicher in einem späteren Beitrag thematisiert).
Am Sonntag war eine zweite Vorstellung, und da kam ich wieder ein bisschen runter von meiner Verstimmung mit der Q2, die letztendlich ein Beispiel für „Jammern auf höchstem Niveau“ darstellt. Nach dem Motto „Gib sie noch ’ne Chance!“ aus dem alten Blondinenwitz setzte ich sie gelegentlich ein. Und selbstverständlich kommen dabei Bilddateien heraus, die in der oberen Liga spielen, wenn man weiß, wie (und wann) man die Kamera am besten einsetzt.
And the Winner is…
…die Leica M10. Alte Liebe rostet nicht. Mit einem Summilux-Objektiv gepaart hat man eine ultimative Low-Light-Qualität. Zugegeben, man muss sich wirklich gut mit dem manuellen Fokussieren auskennen, und das kann einen bei so viel Bewegung der Akteure ganz schön fordern. Aber wenn man das verinnerlicht hat, sprechen die Ergebnisse für sich. Wegen der hellen Spots hatte ich die Belichtungskorrektur auf -1EV eingestellt und die Belichtungszeit fast permanent (fantasielos) bei 1/125s fest am Zeitenrad, ISO auf „Auto“. Die resultierenden Dateien brauchte ich dann kaum zu bearbeiten, lediglich Helligkeit/Kontrast korrigieren, teilweise minimale Rauschunterdrückung, das war’s. Der Vergleich mit einer M10 und Summilux-Objektiven ist aber in gewisser Weise unfair, schliesslich darf man nicht vergessen, dass die Q oder die Q2 zwar eine exzellente Optik haben, aber im Interesse der Baugrösse und um Gewicht zu sparen „SDC“ (= Software Distortion Correction) eingesetzt wird, was die M gar nicht nötig hat.
Event-Fotografie
Bei einer Inszenierung wie dieser, die teilweise gleichzeitig auf der Bühne, im Vorraum oder sogar in den Gängen stattfindet, ist es wichtig, dass der Fotograf den Ablauf genau kennt. Darum ist ein Besuch der Proben obligatorisch. In diesem Fall war ich bei der Generalprobe anwesend, um das Stück zu „verstehen“, die Schlüsselszenen zu erfassen (wo und wann sie stattfinden) und die Lichtverhältnisse zu studieren. Man versucht schon mal einiges in den Kasten zu bekommen und wertet das aus, um zu entscheiden, ob die angenommenen Kameraeinstellungen für Zeit, ISO, und Belichtungskorrektur den Gegebenheiten gerecht werden. Ausserdem überlegt man sich vorab, wo man sich im Verlauf des Stückes positioniert, um rechtzeitig da zu sein, wo im wahrsten Sinn des Wortes die Musik spielt.
Im Slider einige Bilder von „drumherum“, beim Schminken, Einsingen, Aufwärmen etc. Die meisten Fotos sind mit Leica M10 und 50mm Summilux gemacht, aber es sind auch Q2-Bilder darunter.
Und wenn man schon mal da ist: Auch hinter der Bühne und bei den Musikern passiert so einiges, was man festhalten kann.
Bei „Die Schöne und das Biest“ waren die Lichtverhältnisse so, dass ich eigentlich gar keine andere Wahl hatte, die ganze Zeit die Blende (egal welcher Kamera, welchen Objektivs) weit aufzulassen. Das Licht auf der Bühne war (meist) noch am besten, im Vorraum war es schummrig und es gab Abschnitte, wo es im Saal völlig dunkel war, nur die Notbeleuchtung war an (wo Gaston den „Mob“ aufhetzt, das Biest zu lynchen). Dann kommt es einem zugute, wenn man Leica-Linsen hat, die bei f/1.4 oder f/1.7 liegen, oder die M10, die auch noch mit dem 75mm Apo-Summicron mit f/2.0 kein Problem hat. Im Umkehrschluss heisst das: Es nützt die tollste Kamera nichts, wenn man glaubt, man könne bei solchem Licht mit einem dieser typischen Standard-Zooms irgendwas qualitativ hochwertiges erreichen. Als völlig ahnungslos outen sich die, die dann meinen, sie könnten die Defizite ihres Objektivs mit einem fetten Blitz ausgleichen. Was dabei herauskommt, hat bestenfalls erkennungsdienstlichen Wert.
Festbrennweiten sind angesagt. Nicht nur der Lichtstärke wegen. Auch, wenn dieser Aspekt nicht im Vordergrund steht, gibt es ganz andere Bildwirkungen, wenn man nah dran (und in ständiger Bewegung) ist und mit 28, 35, 50 und 75mm „komponiert“. Wer meint, er könne von einer Stelle aus mit seinem Mega-Zoom alle Szenen erfassen, produziert nur Paparazzo-mässige Bilder, die langweilig alle gleich aussehen.
Hier im Slider noch einige Szenen, wer mehr davon sehen will, kann das in den nächsten Tagen auf der Webseite der Musikschule Porta finden.
Rückschlüsse
Nein, ich kündige der Q2 nicht die Freundschaft. Sie ist wie die ursprüngliche Q eine universell einsetzbare Kamera, die einem unter Umständen erspart, mit einer Tasche voller Objektive herumzurennen. Die ultimative Reise- und Reportage-Kamera. Das Handling ist verbessert, Wetterfestigkeit ist immer gut und der Akku hat für eine sehr gute Ausdauer. Die Low-Light Kapazität ist nicht zuletzt auch wegen der Bildstabilisierung, die trotz der vielen Megapixel noch funktioniert, natürlich immer noch enorm, das hat sie schliesslich schon bei „Der Hermann leuchtet“ unter Beweis gestellt. Gleichzeitig kann ich aber sagen: Wer die „alte“ Q hat, braucht sich mit dem Upgrade nicht zu beeilen.
Und hier im Slider einige Bilder vom vorletzten Wochenende auf Sylt. Einfach praktisch, mit einer einzigen, vergleichsweise kleinen Kamera dieses Potential dabei zu haben.
Pingback:I´m, back again (zumindest so halb) – Christianes Fujipixelchen
…hallo zusammen,
also in letzter Zeit fotografiere ich Bühnentanz mit der M 10 mit Summilux 50 1,4 und dem Aufstecksucher.
Das geht hervorragend und zwar mit -3EV Iso Auto und 1/250 Belichtung. – manchmal sogar 1/300!
Blende immer auf 1,4. Das 50ger ist an der M 10 ideal, eigentlich wie früher mit meiner analogen M 6. Damals war eh
das 50ger das einzige Objektiv als Standart. Im Vergleich zu Sony A7 mit 50ger hat die Leica damit einen etwas grösseren Bildwinkel – bei Sony Vollformat wirkt es ziemlich zoomig. Das Summilux 50 ergibt für mich an der Leica M 10 sowas wie einen goldenen Schnitt. Einfach edel und stellt alles was ich von anderen Vollformatkameras so sehe weit in den Schatten. Das wird oft als Pop oder 3D ? beschrieben, aber es ist noch mehr und mit Worten nicht zu beschreiben. Ich bearbeite gar nichts mit LR oder Capture One. Ich finde diese ganze Softwarebearbeitung eher als Marketingstrategie. Für mich reicht bei der oben beschriebenen Einstellung ein bisschen Aufhellen und natürlich öfter Änderung des Bildausschnittes.
Ich hatte 3 Jahre auch eine Q, aber die 28 mm waren mir für Bühne zu weitwinkelig. Witziger Weise habe ich irgendwo in einem Test über die Q gelesen, dass sie eher ein 24 mm Objektiv hätte – aber dieser Eindruck kommt wohl davon, dass z. B. bei Sony a7 auch ein 28ger enger wirkt.
Natürlich gehe ich zu einem Fototermin mit Tanz immer mit leichtem Unbehagen bei dem Gedanken da ohne Autofokus nur Ausschuss zu produzieren. aber ich stelle immer wieder fest, dass ich gedanklich viel intensiver an dem Geschehen auf der Bühne dabei bin, als mit einer Kamera mit rasantem Autofokus und die Bilder sind alle richtig. Autofkus ist irgendwie so: wird ja eh alles scharf und schon entgleitet mir die Aufmerksamkeit zum Hinschauen, die Bilder werden beliebig. In den letzten Jahren war bei sogenannten Testern ein wahrer Hype ausgebrochen, dass nur noch Kameras mit ultrarasantem Phasenfokus die Daseinsberechtigung in der Welt der Superfotografen hätten – ein gewaltiger Irrglaube. Da bekommt die M regelmässig Punktabzug – was für ein Nonsense!
Die M 10 hat einen so hervorragenden Sensor – wirklich unglaublich.
Ich bin in allem, was du sagst, ganz bei dir, weil es genau meinen Erfahrungen entspricht.
Viele Kameratester haben null Vermögen, manuell halbwegs schnell zu fokussieren, darum nehmen sie an, es sei unmöglich. Sie können sich nicht vorstellen, dass jemand mit Geschick und Erfahrung selbst mit hauchdünner Tiefenschärfe klarkommt. Das ist zwar immer spannend und fordert einen nahezu körperlich, man hat hier und da Ausschuss, aber die Ergebnisse sind es wert!
Seit die Q2 da ist, weiss ich den Sensor der M10 noch mehr zu schätzen. Dein Belichtungstipp trifft genau ins Schwarze für solche Verhältnisse. Einfach genial, wie man bei sehr prominenten Spitzenlichtern (Bühnenscheinwerfer, hell angestrahlte Hautpartien) die Belichtungskorrektur „gnadenlos“ nach unten stellt und hinterher alles mit einem Zug am Helligkeitsregler in LR da ist!
Das 50er Summilux ist wirklich eine Mega-Optik, und das kann man nicht einfach mit „Schärfe“ beschreiben (daran mangelt es natürlich nicht). Für mich persönlich ist das 35er Summilux eine ideale Ergänzung, wenn ich mehr Bildwinkel brauche. Wie du muss ich passen, wenn ich die Bildwirkung in Worte fassen soll. Und was die Bildbearbeitung betrifft: Ich bin nach einigen Umwegen eigentlich auch an der Stelle gelandet, wo LR in erster Linie zur Archivierung dient. An den DNG’s werden bei mir mittlerweile nur die Tonwerte angepasst, das war’s. Oder mal ein Staubfleck entfernt…
Die Q hat meines Erachtens in der Tat eine weitere Brennweite als 28mm, das hatte ich auch schon mal im Vergleich zum 28er Elmarit an der M10 gemerkt. Ich vermute, das dient dazu, die „SDC“ (=“Software Distortion Correction“) auszugleichen, die Leica wegen der starken tonnenförmigen Verzerrung des 28 Summilux an der Q in die DNG’s einbaut. Sean Reid hat die DNG’S mal davon „gestrippt“, das Bildfeld ist sofort weiter, aber wehe, es waren gerade Linien in dem Bild!
Weiterhin viel Erfolg mit der Bühnenfotografie, viele Grüße,
Claus
Lieber Herr Sassenberg, besten Dank für die spannenden Ausführungen.
In Ihrer Antwort auf obigen Kommentar zur Belichtungskorrektur in der M10 bin ich hellhörig geworden und habe nochmals Ihre Texte zur Invarianz der M10/Leica Q gelesen. Obwohl Technikbegeistert (und die Physik schon zur Schulzeit liebend) musste ich an einzelnen Punkten ‚aussteigen‘.
Mir ist bewusst, dass eine ettr Belichtung für ‚Standardsituationen‘ optimal ist, und wenn eine Belichtung mit ISO 200 mgl ist, umso besser für Dynamik und niedriges Rauschverhalten.
Was ist aber Ihr ideales Vorgehen bei starken Kontrasten (zB Gegenlicht, oder Personen im Schnee – ich hatte bei letzterem ganz gruseliges Ausbrennen der Details mit meiner M10), oder bei der von Ihnen nun vorgestellten Fotografie von Veranstaltungen unter Löw light Bedingungen? In früheren Beiträgen von Ihnen (Veranstaltungen in Low Light) haben Sie zB auch ‚überbelichtet‘.
Würde mich freuen, wenn Sie Ihre Strategie der Belichtung nochmals kurz ausführen können.
Danke Ihnen wirklich sehr!
Beste Grüsse
Ihr Michael Christ (entwickle mit CaptureOne)
Hallo Herr Christ,
bei Fotografie im Schnee oder am Strand wird die Belichtungskorrektur nach oben geregelt, aber nur, weil der Belichtungsmesser der Kamera „zu dumm“ ist, nämlich viel zu viel reflektiertes Licht mißt und die Fotos mit den entsprechenden Zeiten unterbelichtet sind. Das gilt schon seit der analogen Fotografie.
Das gleiche gibt es auch umgekehrt, z.B. wenn Sie eine schwarze Lokomotive (bildfüllend) ablichten. Wie gesagt, beides hat nur etwas mit dem Belichtungsmesser zu tun, irgendwelche Sensoreigenschaften spielen keine Rolle.
Natürlich gilt das nur, wenn helle oder dunkle Anteile einen erheblichen Bereich der Bildfläche ausmachen.
Wenn Ihnen z.B im Schnee etwas „ausbrennt“, liegen auf jeden Fall besondere Kontrastsituationen vor, die Sie selbst erkennen müssen (Histogramm!).
Bei Low-Light oder bei Gegenlicht wird (bei digitalen Kameras!) die Belichtungsmessung tendentiell nach unten korrigiert. Wie viel, das hängt davon ab, wie wichtig Ihnen die Highlights sind. Vielleicht „pfeifen“ sie ja darauf, dann müssen Sie gar nichts machen. Beim Musical war das Mass aller Dinge, die Gesichter der Akteure im Dynamikbereich der Kamera zu halten (siehe Antwort auf Stefano Strampelli).
Auch das würde ich bei jeder digitalen Kamera so einregeln. Aber bei einem invarianten Sensor hat man einfach mehr „Luft nach unten“.
Ich hoffe, diese kurze Antwort bringt „Licht ins Dunkel“, noch ausführlicher würde den Rahmen der Kommentarleiste sprengen. Vielleicht schreibe ich mal ein Tutorial zu unterschiedlichen Belichtungs-Strategien mit analogen und digitalen Kameras.
Viele Grüße,
Claus
Besten Dank! Habe noch weiter quer gelesen. Insbesondere Ihr und der von Ihnen zitierte Beitrag von Foto-Schumacher zur Invarianz von Sensoren war sehr hilfreich. Was ich aber dort auch verstanden habe, dass die ‚Unterbelichtung’ von Schatten zu einer Begrenzung der Dynamik/ Farbe führt ….. und das kann bei starken Kontrasten im Schatten limitieren …
Ja, ein ‚Tutorial‘ zur Belichtungsstrategie wäre sehr unterstützend. Ich selbst habe jedenfalls mitgenommen, dass man sein Handwerkszeug gut kennen muss und das 10 Zonensystem durchaus auch heute irgendwie ein Gültigkeit hat 🙂
Besten Dank! Macht richtig Spaß! Ihr Michael Christ
Sehr geehrter Herr Sassenberg,
seit Juli letzten Jahres bin ich (glücklicher) Besitzer einer M10 und ziemlich früh bin ich auf Ihre Seite gestoßen, die ich sehr gelungen finde. Einen Beitrag hatte ich jedoch noch nicht geschrieben.
In diesem Beitrag haben mich Ihre Einstellungen für die M10 am meisten interessiert. Sie schreiben, dass sie die Belichtungskorrektur wegen der vielen hellen Spots auf -1EV stellen. Ich fand die Aussage interessant, weil ich genau das Gegenteil mache. Wegen der stark mittbetonten Integralmessung (die für mich fast wie eine Spotmessung wirkt) habe ich festgestellt, dass die automatische Belichtungskorrektur der M10 oft zu stark unterbelichteten Bildern führt, wenn sich im Hintergrund helle Spots befinden.
Viele Grüße und weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Blog
Stefano Strampelli
PS: Über Schreib- und Grammatikfehler bitte hinwegsehen. Deutsch ist nicht meine Muttersprache.
Lieber Herr Strampelli,
zunächst: Exzellentes Schriftdeutsch! Da kenne ich eine Menge „Muttersprachler“, die da gar nicht hinkommen!
Was die Belichtungskorrektur betrifft, haben Sie mich missverstanden, oder eher, ich habe mich ungenau ausgedrückt: Es geht nicht eigentlich um die Darstellung der Spots. Ihre Beobachtung, dass die mittenbetonte Messung der M10 sich von der Werkseinstellung eher „auf der sicheren Seite“ bewegt und tendentiell immer unterbelichtet, ist völlig korrekt. Wenn es nur darum ginge, würde ich auch nach oben stellen.
Das Problem sind die Gesichter der Darsteller im hellen Scheinwerferlicht. Wenn sie keine Belichtungskorrektur durchführen, brennen sie wegen der Spots aus (sie reflektieren viel mehr Licht, als die Kamera misst), meist soweit, dass sie in LR unwiederbringlich sind! Daher vor allem ist das wichtig, bei Bühnenfotografie im Sinn zu behalten!
Ausserdem nicht vergessen: Die M10 hat einen invarianten Sensor. Bei Low-Light ist es strategisch günstig, die ISO niedrig zu halten, der Gewinn an Dynamik ist evident. Ich hätte bei der Aufführung ohne weiteres auch -2 oder -3 EV einstellen können. Das gilt natürlich nicht bei normalen Lichtverhältnissen, da ist immer noch ETTR angesagt.
Ich hoffe, das dient zur Klärung dieser meiner ungenauen Aussage, aber in der Tat würde man einen Haufen unbrauchbarer Bilder produzieren, wenn man das bei einer solchen Show nicht beachtet.
Viele Grüße, weiterhin „gutes Licht“ für Ihre M10,
Claus Sassenberg
Hallo Herr Sassenberg,
vielen Dank für Ihr Lob bezüglich meines Deutsches!
Danke für die Ausführungen. Ich hatte an helle Stellen im Hintergrund gedacht, die bei der M10 unweigerlich zu unterbelichteten Fotos führen. Jetzt verstehe ich, dass Sie die Gesichter der Hauptdarsteller meinen und ich schließe mich Ihrer Meinung an. „Recovery from the Highlights“ ist tatsächlich nicht unbedingt die Hauptstärke, die ich der M10 zuschreiben würde und daher sollte man lieber vorsichtig belichten.
Viele Grüße und für Sie auch weiterhin „gutes Licht“ für Ihre Leicas
Stefano Strampelli
Moin, lieber Claus.
Du hast es selbst gesagt: „Jammern auf hohem Nivau…“ . Du hast Die Q2 gekauft, obwohl Du von der Q so begeistert warst. Ich habe mich scho bei den Hermann Bildern gefragt, was an den Bildern nun besser sei als an denen mit der Q.
Abgesehen davon glaube ich, dass die Q2 absolut spitze ist, ich selbst mit der Q aber mehr als glücklich wäre.
Aber eine Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist, wie gut elektronisch korrigierte Optiken tatsächlich sind. Will heißen: was würde das Objektiv der Q in der analogen Welt bringen? Ist nur eine Hypothese, lässt sich als Frage aber auch alle aktuellen Objektivreihen für spezielle Kamerasysteme stellen.
Und genau da sehe ich den ganz großen Vorteil der M, deren Objektive sich gleichsam als optische Objektive bewähren müssen, beweisbar bewähren müssen. Und so verwundert es nicht, mit der M die eigentlich besseren Bilder zu bekommen.
Was den Sucher betrifft, halte ich ja nach wie vor einen hervorragenden optischen Sucher auch für die Gesundheit der Augen durch nichts zu ersetzen. Bedauerlicherweise wird das ja nie thematisiert. Aber die nicht wahrnehmbaren Frequenzen nur wenige Millimeter vor den Augen, was werden sie bewirken? Gerade in dunklen Situationen?
Manueller Fokus ist in diesem Zusammenhang bestimmt nicht jedermanns Sache, aber wer darin geübt ist, wird auch unter widrigen Lichtverhältnissen kaum unscharfe Bilder hinbekommen, weil er die Schärfeebene vorher festlegt.
Für alle Fälle, sollte ich mir mal ein Q leisten, habe ich einen alten 28mm Aufstecksucher:-) Ich glaube, man kann auf den Autofokus fast blind vertrauen. Und doch glaube ich, dass ich eher eine gebrauchte digitale M (M9?) nehmen würde als die Q oder Q2.
Ach ja, mit dem Thema Bühne hast Du Dir mal wieder eines der schwierigsten Themen herausgesucht, meine Bewunderung.
Lieber Gruß und ab jetzt wie gewohnt wieder gelebte Ungeduld auf Deinen nächsten Beitrag 🙂
Kai
Moin Kai,
du hast ja völlig recht: Prinzipiell macht die Q2 keine „besseren“ Bilder als die Q – das war schon klar, als ich sie kaufte. Aber ich wollte nach fast 4 Jahren mit der Q das neue Modell. Die Handhabung, Wetterfestigkeit, Akku-Kapazität und eben die ganzen verbesserten Kleinigkeiten hatten schon ihren Reiz für mich. Nur die Kröte mit der hohen Auflösung muss ich schlucken.
Das mit SDC ist auch für jemanden, der Leica-Vollformat-Optiken gewöhnt ist, nicht populär. Aber man muss sich klar machen, dass das Objektiv ohne SDC unverhältnismässig gross und schwer geworden wäre. Da das auch schon bei der ursprünglichen Q Anwendung fand und ich trotzdem immer über die megascharfen Bilder begeistert war, ist das weiterhin kein Problem für mich. Sean Reid hat das Summilux der Q2 genau untersucht und kommt zu dem gleichen Schluss. Freilich hat die Linse ohne SDC (man kann das vom DNG trennen) eine deutliche tonnenförmige Verzerrung, die es bei den 28mm-Objektiven für die M niemals gibt.
Nebenbei: SDC ist nur bei Leica ein Sonderfall, alle anderen benutzen das sowieso, um Kosten bei der Herstellung zu sparen.
Des weiteren stimme ich dir zu, dass nichts über einen optischen Sucher geht. Der in der ursprünglichen Q war allerdings so gut, das man prima damit leben konnte. Der jetzige irritiert mich bei Low-Light (es kann Einbildung sein), aber ich habe die Hoffnung, dass das verbessert werden kann.
Und bei aller Flexibilität der Q: Man sieht ja, was man mit einer M10 und 35er Summilux machen kann. Und das ist auch nur eine Kamera und eine Linse. Ultimativ würde ich mich immer für eine M entscheiden. Wie du.
Liebe Grüße,
Claus