Eigentlich brauche ich Jürgen kaum vorzustellen, der hier vor allem bei unseren jährlichen Mountainbike-Touren regelmässig auftaucht. Ausserdem hat er sich mit seinem Artikel „Ein Jahr mit der Fuji X-E2“ einen Namen gemacht, der sich großer Popularität erfreut (wie ich an den gezielten Zugriffen darauf erkennen kann). Eben jene Fuji X-E2, gepaart mit einigen Primes, ist sein „Arbeitspferd“. Was er damit erreicht, soll mal wieder den Gearheads eine Lehre sein, die meinen, man könne nur mit dem neuesten Equipment glücklich werden. Womit ich in keiner Weise implizieren will, das die X-E2 „alt“ ist (sie ist jünger als meine M240), nur will uns die Kamera-Industrie ja gern weismachen, man könne nur mit dem „latest and greatest Gear“ glücklich werden.
Jürgen hat sich mittlerweile zum Chronisten der Events in unserer Stadt entwickelt, nur hält er das auf einer Webseite mit Passwort geheim… als ich seine letzte Serie sah, blutete mir das Herz, dass man die Bilder nicht ohne weiteres veröffentlichen kann (man muss die Abgebildeten fragen, in einer Kleinstadt kennt jeder jeden). Aber ich konnte ihn überreden, zu der folgenden Bilderserie aus Berlin, die bei einer öffentlichen Veranstaltung entstanden sind, einen Artikel zu schreiben.
Jürgen Finkhäuser:
Wenn das Pflichtprogramm absolviert ist
Vergleichbar zur Photokina in Köln für Fotografie-Begeisterte holen wir modebegeisterten Einzelhändler unsere Impressionen auf entsprechenden Fachmessen. Berlin bietet uns seit einiger Zeit zwei Mal im Jahr das Schauspiel einer vielfältigen Messelandschaft – verteilt über die ganze Stadt. Sehr erfrischend, viele Kontakte, unzählige Impressionen.
An solchen Tagen steige ich morgens in Berlin-Spandau aus dem IC und starte mit meinem Pflichtprogramm. Ich brauche aber nur einmal an meine Umhängetasche zu greifen, um sofort an die „Kür“ erinnert zu werden – eine Fuji XE-2 mit dem Fujinon XF 18mm F2 darauf sowie das Fujinon XF 35mm F1,4 daneben. Meine „Reisevariante“. Klein, leicht und für (fast) jeden Zweck.
18mm – geringes Gewicht – kleines Maß – perfekter Streetwinkel
Das 18mm habe ich lange in der Ecke liegen lassen und eher ein 23mm F1.4 oder 14mm F2,8 mitgenommen. Dann las ich öfter leidenschaftliche Kommentare über dieses kleine Ding. Inzwischen hat es sich bei mir gerade bei Schnappschüssen/Street so sehr bewährt, dass ich es nicht missen möchte. Die Randschärfe lässt wegen der Pancake-Architektur etwas von der Fuji-typischen Klarheit bis in den letzten Winkel zu wünschen übrig. Da wären die anderen Objektive besser. Die Vorteile des 18mm-Winkels sowie die Gewichtsersparnis sind aber auf solchen Messe- und Reisetripps nicht zu überbieten.
35mm – superscharf – leicht – Blende bis 1.4
Warum nehme ich das 35mm mit? Weil es auch sehr kompakt und leicht ist. Aber nicht nur. Manchmal liegt es einfach am alternativen Winkel, denn nicht jedem Motiv kommt man mit Hilfe seiner Beine so nah, dass es mit 18mm zu fotografieren wäre. Da würde mir die Option fehlen. Und…. F1.4! Das tolle Freistellungspotential mit der knackigen Schärfe bis in die absoluten Randbereiche bietet dann die Alternative zum 18mm-Pancake. Und wenn es erst dunkel wird, ist es offenblendig gegenüber dem 18mm mit max. Blende 2.8 noch ein richtiger ISO-Balsam.
Wenn der enge berufliche Terminplan dann abgearbeitet ist, kann ich zur Kür übergehen.
Dieses Mal holte ich auf der Bright und der Seek in Treptow im Südosten der Stadt die Kamera heraus. Zum einen bietet die Location zahllose Fotomotive. Draussen an der Spree ankert die Badeinsel und viele Gäste der Messen machen hier eine Pause. Die Halle selbst wurde bereits 1927 als Omnibusbetriebshof eingeweiht und befand sich im Ost-/Westkonflikt lange Zeit auf der Ostseite des Mauerstreifens. Besonders eindrucksvoll finde ich das altehrwürdige Kesselhaus. Teile der alten Betriebsausrüstung schaffen ein ziemlich rauhes und unverfälschtes Ambiente. Hier ist Berlin so, wie ich es mir vorstelle.
Verwackelt – verwischt – unscharf – Fuji(?)
Diese Überschrift macht mir große Freude. Denn viele verbinden die Kameraserie immer mit äußerst korrekten, pixelscharfen und auf keinen Fall verwackelten Bildern. Aber es geht auch anders. Und zwar gewollt! Man darf das! Ausprobieren!
Ein Skate-Contest wurde dann zu einer guten Gelegenheit, Dynamik von Bewegungen in Bildern festzuhalten. Einfach die Kamera auf eine niedrige Verschlusszeit einstellen und sie dann mit den springenden Skatern „mitziehen“. Ausprobieren, experimentieren und sich über die Ergebnisse freuen.
[image_gallery include=“id=4760,id=4763″]Übrigens war ich natürlich nicht der einzige Zaungast beim Skaten. Möglicherweise kommt dem einen oder anderen Besucher dieser Seite das Kameramodell bekannt vor… ob es Absicht war, dass die Gegenlichtblende schräg sitzt, vergass ich in Erfahrung zu bringen. (Anmerkung des Herausgebers: Ich war nicht da!)
Zur Bearbeitung
Eigentlich bin ich ja nicht so ein Freund von zu starker Bildbearbeitung, doch in dieser Umgebung, dieser Szene passt für mich die hier gezeigte Silver-Efex-Variante gerade bei den Sprüngen gut rein.
Bilderausstellungen in Berlin
Übrigens steige ich gern bei der S-Bahn-Fahrt zwischen den Messestandorten noch am Bahnhof Zoo aus. Direkt nebenan findet man die Helmut-Newton-Dauerausstellung und nur ein paar Meter weiter das Amerika-Haus mit wechselnden Ausstellungen (C/O Berlin). Diesen Sommer besuchte ich dort eine Ausstellung von Hans-Peter Feldmann. Viele Exponate sagten mir nicht viel, doch ein Raum bleibt mir in dauerhafter Erinnerung. 100 Fotos, 100 verschiedenen Personen, von 0 bis 100 Jahre alt. Jedes Portrait stand für ein Lebensalter und alle waren nach Alter aufsteigend angeordnet. Das hat mich sehr beeindruckt.
Mit der schrägen Gegenlichtblende hat man automatisch eine leichte Vignette im Bild und bringt oft den Fokus auf das Motiv. 🙂