„Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen, denn andere Wasser strömen nach.“
Heraklit
Es war mal wieder soweit. Eine Woche an der Ardèche, das heisst: Tiefe Schluchten, wilde Wasser, historische Städte, südfranzösische Märkte und freundliche Menschen, Sonne, Wolken, Wind und viel Landschaft. Seit über dreissig Jahren fahre ich dorthin. In meinem Leben, in der Welt hat sich so viel verändert, aber wenn ich den kleinen, steilen Pfad von Mas de Serret aus in die Schlucht herabsteige und unten ankomme, wo der Fels sich in den Fluss vorschiebt und die enge Stelle einen Schwall hervorbringt, scheint die Zeit stillzustehen.
Denn in geologischen Zeiträumen ist ein Menschenleben nur ein Augenzwinkern. Wenn ich auf dem Felsen hocke und der Fluss unter mir vorbeirauscht, wird mir das jedesmal bewusst. Und doch sind mit diesem Ort in der Schlucht so viele gute Erinnerungen verbunden. Solange ich lebe und ich den Pfad bewältigen kann, zieht es mich dahin zurück.
Ein metaphysischer Einstieg? Kann sein, denn eigentlich geht es „nur“ um die jährliche Fahrt der Kanu-AG des WGV an die Ardèche, darüber habe ich schon oft berichtet (zum Beispiel 2016, mehrere frühere Berichte im alten Blog). Und wenn der Titel auch die Leica IIIf besonders hervorhebt, hatte ich doch auch selbstverständlich die M10 und die Q dabei, von anderen analogen Schätzen abgesehen. Ich hatte Platz im Bulli… der Kühlschrank war mit Filmen gut gefüllt.
Die Bebilderung in diesem Blog-Beitrag ist mit Absicht sehr s/w-lastig, zum einen, um den „Vintage-Effekt“ der analogen Bilder zu unterstreichen, zum anderen, um mich etwas von den früheren Berichten von der Ardèche-Fahrt abzusetzen. Die Boote auf dem Fluss, die wunderschöne Natur, Städte, Menschen – all das und die Provence überhaupt geben unglaublich farbenfrohe Motive, und wem es danach gelüstet, findet auf meinen Seiten auch genügend davon.
Die Kanu-AG an der Ardèche
Die Woche Zeltplatz mit Schülern des WGV und „Ehemaligen“ der Kanu-AG aus allen Altersstufen hat seit langem Kult-Charakter. Neben ein bisschen Sightseeing (der Besuch der Caverne du Pont d’Arc) steht vor allem eins auf dem Programm: Das befahren des Ardèche-Abschnitts durch die Schlucht, die etwa bei Vallon Pont d’Arc beginnt und in St. Martin endet. Neben dem einzigartigen Naturerlebnis ist die Bewältigung der vielen Schwälle immer wieder spannend. Der Fluss an sich hat keine hohe Wildwasser-Einstufung, das kann aber sehr unterschiedlich sein. Dieses Jahr z.B., bei mittlerem Wasserstand, war sehr viel „Zug“ an den engen Stellen, die bei noch mehr Wasser einfach „absaufen“ und fast verschwinden.
Gut dreissig Boote auf dem Wasser sind schon eine ordentliche Flottille. Im Interesse der Sicherheit vor allem der Jüngeren, die vielleicht das erste Mal auf derart bewegtem Wasser sind, erfordert das ein hohes Maß an Organisation. Die „alten Hasen“ werden strategisch zwischen den „Rookies“ positioniert, Reihenfolge und Kleingruppen vorher festgelegt, so werden alle Schäfchen sicher ins Trockene gebracht. Und schliesslich geht es auch darum, die Schnellen nicht irgendwie, sondern technisch beherrscht und kontrolliert zu nehmen. Ganz im Gegensatz zu den vielen Leihbooten besetzt mit Leuten, die ein Ende des Paddels nicht vom anderen unterscheiden können und völlig chaotisch den Fluss herunter treiben. Das ist etwa so, als würde man einen Ski-Anfänger an den Rand einer Piste stellen und mit einem Schubs in den Rücken zu Tal schicken.
Im Schwall. M10 mit 75mm Apo-Summicron
Die Erfahrenen Mitglieder der Gruppe „spielen“ in den Schwällen. Das geht besonders gut an dem grossen Katarakt („Charlemagne“) vor dem Wahrzeichen der Region, dem Pont d’Arc. Um das Spektakel fotografieren zu können, muss ich dann immer auf die andere, von der Strasse nicht zugängliche Flussseite. Das bedeutet, ich paddele entweder selbst durch die Stromzunge dahin oder lasse mich als „Nutzlast“ vom XR-Trekking (einem Wildwasser-Schlauchboot) übersetzen. Kamera und Objektive werden in den Bootssack gestopft. Dort bin ich ausnahmsweise froh über eine lange Brennweite, ohne 90mm komme ich nicht nah genug heran, obwohl ich schon ein paar Schritte weit im Fluss stehe. Aber die Strömung ist auch nur einen Meter weiter so stark, dass sie mich von den Füssen reissen würde. Versicherung hin oder her: Die M10 mal eben im Fluss zu versenken, wäre nicht so witzig.
Autofokus?
Das ist übrigens mal wieder die Stelle, den Schlaumeiern, die meinen, man käme bei so etwas ohne Autofokus nicht klar, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Man kommt sogar ausgezeichnet klar, wenn nicht besser. Erstens ist es für einen Geübten kein Problem, ein mässig bewegtes Objekt nachzuverfolgen (und es geht hier ja nicht um Boote mit Raketenantrieb), zweitens vermeidet man, dass ein Autofokussystem, sei es auch noch so schnell, sich was ganz anderes zum scharf stellen aussucht als das anvisierte Objekt, weil es von vielen Wellen und Wasserspritzern oder einem Felsen im Hintergrund in die Irre geführt wird. Diese Fotos sind dann schon mal für die Tonne.
Im Jahr 2015 hatte ich einige Videoclips mit der M240 gemacht (der Film ist noch irgendwo auf Youtube), selbst beim Filmen verliert man den Fokus mit dem Messsucher nicht. Aber mir persönlich ist videographing nicht so wichtig, ausserdem sind bei uns ein Haufen GoPros im Einsatz, an Footage herrscht kein Mangel
Im Boot
In meinem Boot reist die M10 immer mit. Meist zusammen mit dem 90er Macro-Elmar und einem weiteren, weiten Objektiv wie dem 28er Summicron oder 35er Summilux. Statt 90er habe ich auch oft das 75er Apo-Summicron dabei, mit dem ich schon einen Haufen „Action“-Fotos gemacht habe. Zwei Objektive und die Kamera finden dann abgepolstert in einer Brotdose Platz, die wiederum oben im Bootssack steckt. Sobald wir irgendwo kurz anlanden, zücke ich die Kamera. Die M6TTL hätte ich auch gern mal mitgenommen, aber die Gelegenheit ergab sich nicht. Dieses Jahr kam mir irgendwann auf dem Fluss auch der Gedanke, dass das der ideale Einsatzort für eine Leica X-U wäre. Die Kamera auf dem Wasser einfach um zu haben, wäre schon Klasse,vom Fluss aus ergeben sich tolle Motive. Da mir allerdings sonst nichts einfällt, wofür ich die Kamera gebrauchen könnte, vergessen wir das mal schnell wieder.
Überhaupt bin ich diesmal etwas weniger im Boot gewesen als in den Vorjahren, zugunsten des Rennrades. Ich hatte mir schon zuhause vorgenommen, die Ardèche auch mal weiter flussaufwärts zu erforschen, weil man sonst immer sehr auf den unteren Teil fixiert ist. Bis Aubenas sind es nur 32km, unterwegs liegen so malerische Orte wie Vogüé und Balazuc.
Das liegt alles bequem innerhalb des Aktionsradius mit Rennrad. Schon die Strecken sind landschaftlich sehr schön, wenn man nicht gerade Hauptstrasse fährt. Die kleine Leica IIIf hatte ich dann immer dabei, gepaart mal mit der Leica Q, mal mit der M10. Am Montag war ich über Lagorce (das heisst, durch die Berge) nach Aubenas gefahren und flanierte durch die Altstadt, als mir auffiel, wie sich auf einmal die Wolken auftürmten.
Gewitter
Morgens war ein leichtes Gewitter vorhergesagt worden, aber das hier sah nach mehr aus. Ich beschloss, mich schon mal Richtung Heimat zu orientieren. Und das war eine gute Idee. 11km weiter, bei Vogüé, war hinter den Bergen schon eine bedenklich schwarze Masse, obwohl der Ort noch im schönsten Sonnenlicht lag. Mir Vogüés Altstadt anzusehen, wie ich eigentlich vorgehabt hatte, verwarf ich dann vollends und sah zu, dass ich nach Hause kam. Diesmal die Hauptstrasse über Ruoms nach Vallon. Verdächtig war noch, dass ich deutlich Gegenwind hatte, obwohl das Gewitter hinter mir aufzog. Als Student bin ich viel gesegelt. Mir war klar, dass da ein Tiefdruckgebiet nahte, das alle Luft vor sich einsog. Die etwas mehr als 20km zum Campingplatz auf ebener Strecke waren kein Problem, mit den ersten Regentropfen passierte ich den Schlagbaum.
Es reichte noch, das Lager zu kontrollieren (alle Zelte zu? Wäsche von der Leine, etc.), dann entlud sich ein Gewittersturm epischen Ausmasses. Es war pechschwarz, Sturmböen peitschten den Regen waagerecht vor sich her. Ein bisschen mehr, und die Tiere hätten sich paarweise gruppiert… ich machte mir etwas Sorgen um die Gruppe auf dem Fluss. Nach einer guten halben Stunde war der Spuk vorbei. Auf dem Campingplatz stand knöcheltief das Wasser. Es spricht für unsere Ausrüstung, dass nichts durchnässt oder kaputt gegangen ist. Die auf dem Fluss (weiter im Südosten) haben übrigens nichts davon mitgekriegt und kamen später völlig verblüfft im Lager an.
Die Kaverne
Nah bei Vallon findet sich die Caverne du Pont d’Arc, der detailgenaue Nachbau der Grotte Chauvet mit 36 000 Jahre alten Höhlenmalereien, die 2014 von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Da jedes Jahr neue Schüler dabei sind und wir letztes Jahr nicht dort waren, hatten wir uns diesmal wieder online als Gruppe angemeldet (Tipp: Wenn man in der Gegend ist und vorhat, die Höhle zu besuchen, lieber rechtzeitig über die Webseite anmelden). Als wir ankamen, bat man uns, bis zum Beginn der Führung noch einen Moment in der Galerie de l’Aurignacien zu verweilen (das ist die der Höhle angeschlossene interaktive Ausstellung). Ich verstand „Galerie d’Urination“ und dachte, dass die hier sehr vornehme Ausdrücke für ihre Toiletten haben.
Am Empfang der „Kaverne“ und in der „Galerie de’lAurignacien“, Alles mit Leica M6 TTL und 35mm Summilux
Auf dem Gelände selbst und in der Galerie darf man nach belieben fotografieren. Ich hatte die Q und die M6TTL dabei. Nur im Nachbau der Höhle selbst ist das fotografieren verboten. Aber nehmen wir mal an, ich hätte die Q sowieso um und vergessen, sie auszuschalten. Da kommt man schon mal versehentlich an den Auslöser. Die Q ist so diskret, dass nicht mal der Besitzer merkt, dass sie Bilder macht. Und zwar exzellente, bei f/1.7, Bildstabilisierung und 1/30s liegt die ISO zwischen 640 und 3200. Wie gesagt, sollte also der Besitzer der Kamera zuhause auf seiner Speicherkarte überraschend gute Bilder vom Innenraum der Höhle finden, könnte er sie natürlich niemanden zeigen, weil hier eindeutig das Urheberrecht greift.
Im Lager
Die Szenen im Zeltlager ähneln sich jedes Jahr, aber die Akteure wechseln oder „reifen“ im Lauf der Jahre. Zum Beispiel ist das kleine Mädchen, das früher stundenlang im Fluss tauchte, bis es blau war (und man es aus dem Wasser zwingen musste), heute Kinderärztin und immer noch dabei. Gut so, gleich beim ersten einfahren in die Schlucht holte sich eine Schülerin eine Platzwunde an der Schläfe und wurde noch am Wasser mit Klammerpflaster versorgt. Sie fuhr am nächsten Tag wieder Boot.
Die tägliche Koch-Show. Bis auf das erste (vordere) Bild alles aus der Leica IIIf
Kochen ist immer eine gemeinschaftliche Aktion. An freiwilligen Helfern fehlt es nie, so dass lediglich der naturgemäss weniger populäre „Abspüldienst“ eingeteilt werden muss. An einem Abend wurden sogar nach dem Essen bis spät in die Nacht Crepes von enthusiastischen Bäckern mit Belag nach Wunsch zubereitet. Die mit Nutella waren auf der Hitliste oben.
Neben den üblichen Vorgängen rund um das Kochzelt (das eine hohe Anziehungskraft hat, vor allem, wenn man mit richtig viel Kohldampf vom Fluss kommt), gibt es immer ein bisschen „Zeltplatzromantik“ am Abend, denn irgendjemand hat immer eine Gitarre dabei. Bei genügend Licht habe ich viel analog fotografiert, aber wenn es für Film mit der Empfindlichkeit nicht mehr reichte, griff ich natürlich zur M10 oder zur Q.
Die Schüler fanden die Leica IIIf übrigens äusserst faszinierend, in Nullkommanichts war die Kamera so populär, dass ich bereits Anfragen bekam, wo man so etwas bekommen kann. Ich hielt ungewollt Vorträge über analoge Fotografie, stockte mittendrin und fragte, ob das überhaupt einer hören möchte. Selbstverständlich, das sei total interessant, kam die entrüstete Antwort! Ernsthaft, nachdem ich unter anderem wahrheitsgemäss darüber aufgeklärt hatte, dass natürlich jedes analoge Bild irgendwie mit Kosten verbunden ist, bedankte sich ein Schüler bei mir, als ich ihn ablichtete, dass er mir das Wert sei!
Zeltplatzromantik. Leica M10 mit 50mm Summilux und Leica Q
Ein südfranzösischer Markt
Jeden Donnerstag ist Wochenmarkt in Vallon, und das fiel in der Woche mit Himmelfahrt zusammen. Es war trocken, warm und meist sonnig. Infolgedessen hatte sich offenbar der gesamte Landstrich auf diesem Markt versammelt. Alle Kanuten hatten morgens „frei“, um etwas für die Lieben daheim auf dem Markt zu kaufen, und verschwanden alsbald im Getümmel. Ab und zu tauchten sie in Grüppchen wieder auf. Ich bin mit der IIIf inzwischen so vertraut, dass ich den ehrgeizigen Plan gefasst hatte, nur mit dieser Kamera allein das Lokalkolorit einzufangen. Und davon gab’s reichlich.
Ich bin froh, dass ich mir in weiser Voraussicht das 3,5cm Summaron besorgt habe, ich bin einfach kein 50mm-Typ. Das 35er blieb die ganze Zeit vor der Kamera, das lag dort aber auch daran, weil man in dem Gewusel kaum genug Abstand für längere Brennweiten gewinnen konnte. In der Kamera lag ein Kodak Tri-X, vor der Frontlinse des Objektivs war ein Orangefilter. Einen Belichtungsmesser benutzte ich eigentlich nicht, ich ging streng nach „Sunny-sixteen“ vor. Kam ich von der Sonne in den Schatten, machte ich eine Blende auf, in den engen Gassen und unter den Markisen der Stände gab ich noch mal eine Blende dazu. Et voila!
Aber zugegeben: War ich mir nicht ganz sicher, zückte ich zur Kontrolle das iPhone mit Belichtungsmesser-App. Da die Messwerte von den Geschätzten gar nicht bis minimal abwichen, liess ich das bald ganz. Bei der Auswahl der Belichtungszeit habe ich bei der IIIf inzwischen gemerkt, dass sie (wie erwartet) bei den kurzen Zeiten nicht mehr ganz so schnell ist. Ich rechne immer 1/350sec, wenn ich 1/500sec einstelle und 1/750sec bei 1/1000sec. Vielleicht schicke ich sie mal zum Customer Care zum „CLA“, aber eigentlich funktioniert sonst alles prima und ich kann mich im Augenblick nicht von ihr trennen…
Lokalkolorit. Alle Bilder mit Leica IIIf und 3,5cm Summaron
Ich machte es mir zur Regel, die Belichtung immer den Gegebenheiten entsprechend nachzustellen. Auf diese Weise brauchte ich bei einem plötzlichen Motiv nur noch Entfernung messen und abdrücken. Natürlich hält einen das ganze Prozedere mehr auf Trab als eine M6 TTL oder gar eine Q. Aber es macht einfach Spass, den Auslöser der IIIf schnurren zu hören.
Der Form-Faktor
Ausserdem war da noch etwas, mit dem ich vorher nicht so gerechnet hätte, obwohl die Reaktion der Schüler auf die Kamera schon Indikator war. So eine Schraubleica hat einen eingebauten Sympathie-Generator: Wo ich auch hinkam, wen ich auch fotografierte, die Menschen sahen das Ding und freuten sich. Ich blickte nur in lächelnde Gesichter. Normalerweise ist ja schon der Form-Faktor einer Messsucher-Leica de-eskalierend, aber dieses Ding toppt alles. Ein Standbesitzer kam direkt auf mich zu und bewunderte die Kamera. Ich kannte ihn schon, vor ein paar Jahren hatte er mich mit der M3 getroffen. Ich wusste, das er mal eine M5 gehabt hatte. Wir tauschten die üblichen Komplimente aus, dann setzte er sich bereitwillig mit seinem Freund vom Nachbarstand in Pose. Sie hatten sich schon aus dem Café gegenüber ein Gläschen Wein geholt.
Ab und zu stiess ich mal auf unsere Leute. Den üblichen Touristennepp ignorierend, deckten sich die Carnivoren mit südfranzösischer Salami ein. Bei uns zuhause ist man mehr vegetarisch gepolt, deswegen hatte ich auch einen Spezialauftrag: Ich kaufte diverse Sorten eingelegter Oliven und Tapenade, bis der Rucksack prall gefüllt war. Ich wusste, dass man mir das Zeug daheim aus den Händen reissen würde. Als sie ganz klein war, hatte meine ältere Tochter die in Limonen eigelegten Oliven wie Gummibärchen gegessen.
Der Vormittag war schnell vorbei, auf die Kanuten wartete schon am Stadtrand der Bus. Es sollte noch ein kurzes Stück obere Ardèche gefahren werden. Ich liess mir noch Zeit auf dem Markt, dann ging ich zum Campingplatz zurück und machte noch eine Abschieds-Rennrad-Tour über die Corniche, der „Route Scénique“ an der Schlucht entlang. Am späten Nachmittag waren alle zurück im Lager, am Donnerstag Abend wird immer ein Gala-Diner gekocht, etwas aufwändiger als sonst. Die Erwachsenen bleiben bei einem Glas Wein länger auf als sonst, denn am nächsten Morgen wird das Lager abgebrochen und es geht nach Haus.
Schlusswort
Der Titel war also nicht ganz unberechtigt, denn die meisten Bilder in diesem Blog stammen aus der Leica IIIf. Das heisst nicht, dass es nicht eine grosse Anzahl gelungener digitaler Dateien gibt, aber wie das aussieht, kann man z.B. in den Berichten aus den Vorjahren sehen. Manch einer mag sich fragen, was ich nur an körnigen, für heutige Verhältnisse niedrig aufgelösten Schewarzweissbildern finde, wo ich doch technisch haushoch überlegenes Equipment mein eigen nenne. Oder warum ich mir das antue, z.B. auf dem Markt mit einer vergleichsweise kompliziert zu bedienenden Kamera (sogar gegenüber einer M) herumzuziehen, statt einfach zur Leica Q zu greifen (nichts gegen die Leica Q!) und sorglos abzudrücken. Ohne nachzudenken. Hmmm…. ohne nachzudenken, das ist eben mein Problem. Ich will was zu denken haben! Es gibt aber noch deutlich mehr Gründe. Das alles findet sich auf der Seite „Analog?„, die ich für so wichtig erachtet habe, dass sie nicht „flüchtig“ im Blog erschien, sondern im Hauptmenü dieser Seite platziert wurde.
…noch ein paar Bilder aus der M6 TTL, die hier etwas zu kurz gekommen ist.
…und noch was zur DSGVO
Ein Gesetz sie zu knechten,
sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben
und ewig zu binden.
(In Abwandlung des Ringspruchs aus „Lord of the Rings)
In der „Zeit“ las ich über eine EU-Kommissarin, die an der DSGVO mitgearbeitet hat und die ganze Aufregung nicht versteht. Aber seit wann hätte je ein Bürokrat zugegeben, seine Vorgaben seien nicht einfach umzusetzen, überzogen oder gar sinnlos?
Seit 25 Jahren bin ich nun niedergelassener Zahnarzt. In dieser Zeit hat die behördliche Auflagenlast gefühlt um das tausendfache zugenommen. Was Bürokratie betrifft, haben meine Augen keine Tränen mehr. Gemessen an dem Aufwand, den ich durch das DSGVO für meine Praxis betreiben muss, kann ich über die Belastung von Fotografen nur müde lächeln. Die sind nix gewohnt. Ich muss mal wieder die Ärmel hochkrempeln und (versuchen) dieses Machwerk umzusetzen.
Die neuen Datenschutz-Regeln sind total ungenau. Hier hat also die Legislative Bestimmungen geschaffen, die sie selber nicht eindeutig interpretieren kann – und ihre Nichteinhaltung gar noch mit Bußgeldern belegt.
Dazu fällt mir ein schönes Adenauer-Zitat ein: „In Anbetracht der Tatsache, dass Gott die Intelligenz des Menschen beschränkt hat, erscheint es unfair, dass er das nicht auch mit seiner Dummheit tat.“
Das Netz brummt zur Zeit von allen möglichen Statements, manche sehen es gelassen, manche verkünden den Untergang des Abendlandes. Etwas mehr Geduld wäre angebracht. WordPress-Nutzer können einmal einen Blick auf diesen Artikel werfen, das beruhigt.
Sicher ist, dass das DSGVO nicht geschaffen wurde, um Fotografen die berufliche Grundlage zu entziehen, auch nicht, solche Blogs wie meinen unmöglich zu machen. Das KUG wird auch nicht einfach ausgehebelt. Wer schwarz sehen möchte, darf das gerne tun. Ich warte erst mal ab. Nach kurzer Durchsicht der Blog-Artikel aus den letzten Jahren kann ich z.B. sagen, dass es kein Problem ist, gleiche oder ähnliche Bilder auch DSGVO-Konform einzustellen. Dazu gibt es eine Vielzahl analoger Fotos. Damit ist man natürlich nicht ganz aus dem Schneider. Ein Negativ stellt schliesslich auch eine Datenerhebung dar, aber Metadaten gibt’s da schon mal nicht. Jedenfalls habe ich meine Seite bereits mit Datenschutzerklärung und Cookie-Banner (letzteres rechtlich nicht notwendig) ausgestattet, ausserdem ist sie jetzt SSL-verschlüsselt (was ich sowieso schon länger vorhatte).
Ich nehme also erst mal an, dass die Welt auch nach dem 25. Mai weiterbestehen wird.
Lieber Herr Sassenberg,
Ich möchte mich nur kurz für die tolle Webseite bedanken.
Vor zwei Jahren habe ich wieder begonnen, analog zu fotografieren und so eine alte Familientradition fortzusetzen. Zunächst mit der M6, und jetzt mit der Leica III, Bj. 1938. Ihre Bilder haben mich dabei begleitet und motiviert. Herzlichen Dank dafür, und viele Grüße!
Lieber Harry,
vielen Dank, das motiviert! Werde mich weiter bemühen!
Viele Grüße, Claus
Lieber Herr Dr. Sassenberg!
Wunderschoene Fotos aus Suedfrankreich.
Aber warum benutzen Sie bei disem tollen Licht den
Kodak Tri X? Gehen Sie doch mal auf die website von
Fotoimpex.de. Dort finden Sie den Adox Silvermax, einen
Film mit Iso 100. Der hat einen Tonwertumfang von 16 Blenden.
Sie muessten beim Selbstvergroessern mit einem Leica Focomaten
V35 nicht mehr viel experementieren.
Mein Vorschlag: Adox Silvermax bei Fotoimpex shoppen, kostest
knapp sechs Euro. Entwicklungsdose von Jobo fuer Zwei Filme inclusive
Spulen, plus Chemie, plus. Leica Focomat Variokontrast auf Ebay kaufen..
Sie werden Ihre helle Freude an Ihren selbst gemachten Fotos haben.
Ich mache seit. 40 Jahren Nichts anderes. Schoene Gruesse Oliver
Hallo Herr Werner,
vielen Dank für den Tipp. Es ist mir schon klar, dass der Tri-X für Landschaft nicht erste Wahl ist. Aber er lag nun mal drin, weil ich in erster Linie das Lagerleben fotografierte. Und für Menschen mag ich einfach diesen Kontrast.
Ich habe alle Utensilien zum selbst entwickeln parat (und habe das schon oft gemacht), aber was ich nicht habe, ist Zeit. Mein Beruf (und die Selbstständigkeit) ist normalerweise schon derartig fordernd, dass die meisten Kollegen gar nicht verstehen, wie ich meine Freizeit auf die Reihe kriege. Zwei Instrumente (Bläsergruppe, Flötenquartett), Kantorei, Vorsitz im Förderverein, Sport (um nicht ganz durchzuknallen) und diverse Erfordernisse des Alltags (vom Pflegen dieser Webseite ganz abgesehen)… also, da kann mich die Dunkelkammer mal.
Das mit dem Adox Silvermax werde ich gerne ausprobieren. Es geht nichts über die Erfahrung eines „alten Hasen“. Ich habe bisher stattdessen Kodak TMax verwendet, der den gleichen Umfang hat, zudem sehr gut scanbar ist.
Man darf halt nicht vergessen: Moderne Zeiten, ohne hybriden Workflow keine Bilder auf der Webseite. Das Scannen ist heutzutage der Knackpunkt, und ich lege Wert darauf, die Bilder in (halbwegs) guter Qualität auch in digitaler Form zu präsentieren. Denn ganz ehrlich: Viele analoge Fotografien, die im Netz gezeigt werden, verlieren stark an Wirkung, weil die Scans unterirdisch schlecht sind.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Weiterhin gut Licht!!
Hallo Claus,
wieder mal tolle Bilder. Ich finde es faszinierend, was Du mit „alter“ Technik zaubern kannst. Ich fotografiere ebenfalls wieder analog, aber eher im Portraitbereich (wo es nicht immer ganz scharf sein muss) und nur ergänzend zur digitalen Fotografie. Auch die Bilder der Ardeche wecken bei mir viele gute Erinnerungen eines Aufenthalts in dieser schönen Landschaft. Danke!
Bearbeitest Du die eingescannten Analogbilder eigentlich noch am Computer nach?
Beste Grüße von Thomas
Hallo Thomas,
also, „nachbearbeiten“ würde ich nicht sagen. Aber ich stelle in LR Tonwerte ein, was allerdings nur mit meiner Scan-Methodik zusammenhängt.
Ich scanne alle Negative recht „hell“ bei niedrigem Kontrast (Tonwertkurve in Silverfast auf -14). Dadurch sind die Scans (TIFF-Dateien) sehr „flach“. Der Vorteil ist aber, dass ich so vor allem die „dichteren“ dunklen Bereiche der Negative besser erhalte. Die Highlights sind kein Problem und können ebenso in LR kontrolliert werden.
Man könnte alles schon beim scannen in Silverfast einstellen, aber ich habe für mich das Gefühl, dabei dynamisches Potential zu verschenken. Nicht zu vergessen, dass diese Beobachtungen auch mit der verwendeten Hardware zusammenhängen. Was für meinen Nikon V ED richtig ist, muss nicht auf einen Plustek zutreffen. Bei meinem Epson V700 (den ich für Mittelformat benutze) gilt allerdings das gleiche.
Bereits bei der Belichtung bin ich eher grosszügig als zu knauserig mit Belichtungszeit (auch getreu dem analogen Grundsatz: Auf die Schatten belichten!). So belichtete Negative sind problemlos zu scannen. Unterbelichtete Bilder sind scan-technisch kaum zu retten. Sehen immer irgendwie komisch aus.
Schönes Wochenende,
Claus
Hallo Claus,
dass Du recht „flach“, also kontrastvermindert einscannst um die dunkleren Bereich später sauber kontrastverstärkend zur Geltung bringen kannst, ist tatsächlich von Vorteil.
Um genau diesen Effekt zu erzielen und Tiefen und Schatten bei Schwarzweißumwandlungen sauberer ausarbeiten zu können, arbeite ich die RAW-Dateien vor deren Weitervearbeitung in PS/SilverEfex ebenfalls absolut kontrastarm (Schwarz und Tiefen weit aufgezogen). So lassen sich später die Details in Tiefen und Schatten deutlich akzentuierter ausarbeiten und gewinnen an Geltung.
Herzliche Grüße,
Martin
LG
Lieber Claus
Ein wunderbarer Berich, Fotos und Stimmung. Danke für diesen Blick in diese Region. Muss wohl auch mal Zeit in dieser Region verbringen. Man vergisst bei all den schönen Bilder ganz die Technik. Das Bild an sich erzählt alles.
Liebe Grüsse
Rene
Lieber Rene,
die Gorges de l’Ardèche und die Schluchten des Tarn und Jonte weiter westlich in den Cevennen sind sehr sehenswerte Landschaften. Vor allem tiefer in den Cevennen erschliessen sich wunderbare Wandergebiete.
Wirklich eine Reise wert!
Liebe Grüsse,
Claus
Hallo Herr Sassenberg
Es braucht wahrscheinlich schon eine Portion Nostalgie um den digitalen Workflow zu verlassen. Ich selber habe 20 Jahre Dunkelkammer Erfahrung, den Darkroom aber vor 3 Jahren abgestossen weil die Qualität der digitalen Geräte inkl. Weiterverarbeitung das Niveau der analogen Technik erreicht hat. Warum sich mit Chemie und grossem Zeitaufwand in den Keller einsperren wenn es auch flotter und günstiger geht? Meine Feststellung ist, wenn schon analog, muss man sich dem ganzen Prozess der Filmentwicklung und des Printen stellen um den eigenen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden.
Einen SW-Film zu belichten und diesen dann Fremdentwickeln zu lassen, zu scannen und danach digital weiter zu verarbeiten, brachte mir einen Qualitätsverlust gegenüber früher und dem direkten digitalen Weg.
Aber vielleicht haben Sie mir einen Tipp? Wie verarbeiten Sie Ihre analogen Filme? In welcher Qualität scannen Sie diese oder lassen Sie diese scannen? Wie verarbeiten Sie weiter?
Abschliessend stimme ich Ihnen zu, das Fotografieren mit analoger Technik ist irgendwie würdevoller, überlegter. Aber die Qualität eines SW-Prints, aufgenommen mit der Hasselblad auf T-Max 400, entwickelt in D-76, gesprintet auf Ilford Barytpapier, erreiche ich heute praktisch voll Digital mit meiner Q und Canon Tintenstrahldrucker auf qualitativ hochwertigem Papier.
Grüsse, Markus Matter
Guten Morgen Herr Matter,
nein, mit Qualität kann man heute analoges Fotografieren nicht begründen, und ich glaube auch nicht, dass Sie dieses Argument irgendwo bei mir finden. Prints von den digitalen M’s (einschliesslich der M9) mit den hochwertigen Optiken stellen alles in den Schatten, was analog möglich ist.
Wenn Qualität (und eigentlich sprechen wir hier über Qualität nur im Sinne von Auflösung) am wichtigsten sein sollte, müssen wir alles Analoge einfach sein lassen.
Aber Verluste durch den Workflow? Nicht notwendig. Ich gebe die Filme in kompetente Hände zum Entwickeln ab und habe einen guten Scanner (und das ist der größte Flaschenhals). Darüber habe ich episch im Blog geschrieben, wenn Sie das nachlesen wollen.
Da ich digital und analog fotografiere (und in beidem eine Berechtigung sehe), habe ich nicht die geringste Lust, mich auf das eine oder andere argumentativ zu versteifen. Diese „digital vs analog“ – Sache ist für mich ein „No-Go“. Ich lebe gut in beiden Welten.
Wer sich aus persönlichen Gründen für das eine oder andere entscheidet, hat meine volle Unterstützung.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Grüezi Herr Sassenberg
Besten Dank für den Hinweis auf Ihren Scan Blog den ich mittlerweile gelesen habe. Es scheint so dass das Scannen der Knackpunkt ist. Leider besitze ich persönlich kein geeignetes Gerät welches eine akzeptable Qualität liefert. Als langjähriger Selbstverarbeiter ist man sich halt eine entsprechende Qualität gewohnt die hybrid wohl nur unter finanziellem grossen Aufwand zu erreichen ist.
Aber gute Bilder definieren sich ja nicht bloss durch technisch einwandfreie…In diesem Sinne glückliches Gestalten mit den analogen Schätzen.
Freundlichst, Markus Matter
Hallo,
ich will mich für die tollen Artikel hier bedanken. Ich bin 15 Jahre alt und fotografiere seit fast zwei Jahren. Angefangen mit der alten Dslr von meinem Opa. Seit gut einem Jahr verfolge ich diesen Blog. Der Schreibstil ist großartig und ich freue mich jedes mal, wenn ein neuer Post erscheint. Für eine Leica reicht mein Schülerbudget leider nicht, aber mit meiner Nikon bin ich ganz zufrieden. Objektive kaufe ich mir gelegentlich gebraucht beim Fotohändler. Meine letzter Kauf war ein Nikkor 80-200 2.8. Ist vielleicht nicht das Beste, allerdings besser als irgendeine Scherbe vom Mediamarkt. Dieses ja steht für mich eine große Sprachreise in China an. Zwei Wochen von Peking bis Shanghai und ich kann das Fotografieren gar nicht mehr erwarten.
Liebe Grüße,
Konstantin
Hallo Konstantin,
fast überflüssig zu sagen, dass ich mich über dein Lob freue. Ausserdem natürlich, dass du dich so intensiv mit Fotografie auseinandersetzt. Und wirklich: Es braucht keine Leica zu sein, und du hast richtig erkannt, dass der Unterschied sehr stark schon darin liegt, dass die meisten einfach nicht checken, mit was für Flaschenböden als Objektiv sie für dumm verkauft werden.
Häufig sind Objektive aus den vordigitalen Zeiten besser als heutige, weil man damals optische Aberrationen eben nicht mit der Firmware korrigieren konnte.
Für deine Sprachreise wünsche ich dir „gutes Licht“ und viele Motive (vermutlich wird kein Mangel sein)!
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Danke. Dieses Jahr will ich auf alle Fälle mich in der Analogfotografie probieren. Im Schrank liegt noch eine Rollei 35, die im Sekretär war, den ich von meinem Großonkel geerbt habe.
Moin, Claus,
schön, wenn man solche Orte hat. Und einen Bulli, um sie zu erreichen. Manchmal tut es gut, ganz alleine dort zu sein. Und gerade in solchen Momenten wünsche ich mir eine Leica aus meinem Geburtsjahr. Ein wenig ist es doch wirklich, die Zeit anzuhalten und einfach mal zu bleiben, ohne von irgendwas getrieben zu werden.
Gerade in unserer heutigen farbe-schreienden Zeit ist schwarz weiss so wohltuend, so beruhigend und Deine Seite lebt gerade von diesen monochromen Bildern. Vor allem nimmt man sich den Stress, zu überlegen, ob in Farbe oder monochrom, ist der gute Film erst einmal eingelegt.
Ich freu mich einfach immer wieder, diese kleine analoge Leica in die Hand zu nehmen und mein Motiv zu finden. Dabei versuche ich derzeit, deutlich seltener auf den Auslöser zu drücken. Aber der liebe Gott hat so unendlich tolle Motive geschaffen, dass es echt schwer fällt.
Lieber Gruß und ein schönes Zuhausewiederankommen.
Kai