Dass eine Leica Q3 (oder in welcher Reinkarnation einer Q auch immer) ein idealer Reisebegleiter ist, fällt nicht gerade unter die Kategorie „Hot News“. Eine kompakte Kamera ist nun mal reisefreundlicher als ein System mit diversen Objektiven. Die Frage ist halt, ob die betreffende „Kompakte“ den Ansprüchen des Fotografen gerecht wird. Das ist z.B. der Grund, warum ich auf die offensichtlich „allerpraktischte“ Reisekamera, nämlich das Smartphone, verzichte. Natürlich, da gibt’s bereits Dinger mit exorbitanter Bildqualität, aber da ist in Punkto „Freiheit bei den Einstellmöglichkeiten“ und Unwägbarkeiten, wie die stark die Software in das Bildergebnis eingreift, insgesamt zu viel von dem, was da im Hintergrund abläuft, ausserhalb meiner Kontrolle. Von der Haptik ganz abgesehen, das allein ist schon ein „no-go“ für mich.

Leica Q3
Die „Isola Nave“ bei Pertusatu in der Nähe von Bonifacio. Eine wunderbare Badestelle (die wir nicht ausgelassen haben!)
Lightroom
Nur, um noch einmal die Crop-Möglichkeiten zu demonstrieren: Der Bildausschnitt hat 9,25 MP, davon kann man bei Bedarf immer noch ein Wandbild herstellen

Schon die Klassik-Q war mir bei Wanderungen, Skifahren oder Radtouren ein ständiger Begleiter. Die Bildqualität war schon immer so hoch, dass ich damit bestens leben konnte. Die Leica Q3 ist in der Hinsicht nun mit z.B. der M11 fast auf einem Level („fast“, weil eine M11 mit 35mm Apo-Summicron beim Pixel-Peeping immer noch gewinnt). Aber im „wahren Leben“? Die Q3 mit ihrem cleveren Bedienkonzept, „top of the line“ EVF mit nützlichen Informationen darin (Belichtungsvorschau, -Korrektur, Histogramm, Wasserwaage etc.), und – durchaus auch ein Vorteil, den ich mittlerweile sehr zu schätzen weiss – dem Klappdisplay. Dazu, durch die hohe Auflösung, Crop-Möglichkeiten bis zu dem Bildwinkel eines 90mm-Objektivs. Ein Objektiv mit optischen Eigenschaften, das Leicas Ansprüchen an sich selbst gerecht wird. Von hoher Lichtstärke, die durch die Bildstabilisierung noch gewinnt und Makro-Modus, wenn gewünscht. Noch was – kein Staubproblem!

Was das croppen betrifft, muss ich sagen, dass ich selten Bedarf verspüre, soviel wegzuschneiden. Meist stelle ich mich unbewusst auf die Brennweite ein (35 oder 28mm waren schon von jeher meine Favoriten) und „sehe“ die Motive in dem Bildwinkel. Trotzdem ist es gut, dass man ohne Bedauern störende Bildanteile beseitigen kann.

Leica Q3
Der Place Gaffori in Corte. Lichtstärke immer ein Plus, die Bildstabilisierung ermöglicht lange Belichtungszeiten. 1/8 Sekunde aus der Hand kein Problem.
Leica Q3
Die huschten zu hunderten über die Steine Korsikas. Der Makro-Modus der Q3 ist mit einem Dreh am Objektiv blitzschnell aufgerufen.

Die Leica Q3 ist sicher die flexibelste Q ever! Und weil das so ist, habe ich sie zum ersten Mal als einzige Kamera für den gesamten Urlaub benutzt. Dabei wusste ich beim Packen noch nicht mal, was das Ziel unserer Reise sein würde… ausserdem war dies der erste „richtige“ Urlaub nach meiner OP im Juni. Ich wollte mir einfach keinen Stress machen mit wohlmöglich mehreren Kameras und Objektiven, unter Umständen analog und digital. Fotografieren sollte nicht der Selbstzweck sein, sondern eher mühelos „nebenher“ passieren, um Erinnerungen festzuhalten.

Leica Q3
Mit dem Fahrrad unterwegs, mit der Q3 kann man auch während der Fahrt fotografieren

Südlich von Ulm auf der A7 mussten wir uns langsam mal entscheiden, wo’s eigentlich hingehen soll. Richtung Südtirol, Dolomiten oder vielleicht Gardasee? „In den Dolomiten waren wir letztes Jahr“, mauert meine Frau. „Da kann man gar nicht oft genug sein“, kontere ich, „und die Gegend um die Seiser Alm und weiter Richtung Stern kennst du nicht.“ Bei Seiser Alm muss ich immer an den italienischen Namen „Alpe di Susi“ denken. Wer ist wohl dieses Susi? Aber unberührt von der Südtiroler Toponomastik schüttelt meine Frau den Kopf. „Was ist mit Elba? Und ich möchte mal wieder über den Bernardino fahren.“ Wir hatten schon vor einiger Zeit besprochen, Elba als Reiseziel ins Auge zu fassen. Und wie einer meiner Freunde gern zitiert: „Happy wife, happy life.“ Sei’s drum, die Richtung war also vorgegeben und an Bregenz vorbei begaben wir uns auf den Weg durch die schöne Schweiz.

Leica Q3
Der Pass von Santa Lucia auf Cap Corse, dem nördlichen Teil der Insel. Die Q3 in einer kleinen Tasche quer über den Rücken stört nicht im geringsten beim Rennrad fahren. Ist bei Bedarf schnell hervorgeholt.

Speziell nach dem San Bernardino wird die Landschaft episch. Bei Bellinzona denke ich an Curt Götz (ebenfalls Schweizer), den ich als Schauspieler und Autor stets mochte. In irgendeinem Stück konjugiert er Städtenamen und Bellinzona ist dabei. „Ich bell‘ in Zona; du bellst in Zona; er, sie, es bellt in Zona etc. Seither suche ich mir auch immer zu konjugierende Städtenamen, zum Beispiel Reit im Winkl: Ich reit‘ im Winkl, du reitest im Winkl… schon klar, gell?

Leica Q3
Camping-Romantik unter Korkeichen bei Pietracorbara. ISO 25.000 schockt keinen mehr.
Korsika 1991
Unser T3 „Bulli“ auf Korsika während der Hochzeitsreise 1991. Scan vom Negativ, Agfa XRG 100

Aber bei Bellinzona kommen wir ins Grübeln. Elba, ja schön… aber warum nicht Korsika, wenn man sowieso eine Fähre braucht. Dorthin hatten wir vor über dreissig Jahren unsere Hochzeitsreise gemacht, ebenfalls mit Bulli (wie jetzt), einem quittegelben T3 mit Westfalia-Ausbau namens „Bambi“. Wir schauen uns an (nur kurz, Blick auf die Strasse!) aber alles ist klar. Alte Erinnerungen werden wach. Korsika, wir kommen. Meine Frau bucht subito eine Fähre von Livorno, und am Abend rollen wir auf einen Campingplatz nur ein paar Kilometer vom Hafen entfernt. Ein schöner Platz am Meer, und wir können sogar noch einen Tisch im zugehörigen Restaurant bekommen.

Leica Q3
Der erste Blick auf Bastia

Am nächsten Morgen geht die Fähre. Ein Riesending mit mehreren Ebenen, zum Glück muss der Bulli nicht in eines der claustrophobischen Zwischendecks. Die Überfahrt wird so viereinhalb Stunden dauern. Die meiste Zeit verbringen wir an Deck, wie auch viele andere Passagiere. Denn… und jetzt wird’s schwierig, Stereotype zu vermeiden… die Luft ist mild und warm, die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel und die ruhige See ist azurblau (arrgh! Habe ich das Wort wirklich verwendet? Schande). In Bastia angekommen, machen wir uns sofort in Richtung Corte davon. Auf der Fähre hatten wir gegrübelt, wo wir vor 32 Jahren überall waren und Corte (neben zwei, drei anderen Punkten) war ganz sicher in der Erinnerung, die naturgemäss ziemlich schwammig war. Erst zuhause schauten wir uns die alten Bilder an und da kam alles wieder.

Leica Q3
„Selfie“, der Campingplatz bei Corte (St. Pancratio). Sehr schön und naturbelassener Platz, Sanitaires sauber, aber sehr niedriger Standard.

Corte liegt am Zusammenfluss von Restonica und Tavignano und hat große historische Bedeutung für die Unabhängigkeitsbestrebungen Korsikas im 18. Jahrhundert. Noch heute sind bei vielen Ortsschildern die französischen Namen übersprüht und das spricht Bände. Rundum gibt es mehrere Campingplätze, aber alle mit einem Standard, der sich nicht geändert hat, seit wir letztes mal da waren… Wir fanden einen stadtnahen, naturbelassenen Platz und standen schön, aber dass die Dusche wirklich kalt war und es nur einen Spiegel über einem der Waschbecken gab, habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Ich rasiere mich nass, und „spiegellos“ ist da anders als bei Fotoapparaten unter Umständen eine blutige Angelegenheit. Ursprünglich wollten wir auf einen ganz anderen Platz, aber die Adresse war falsch und wir landeten vor einer Wiese mit Ziegen. Den „echten“ entdeckte ich später zufällig ganz woanders bei einer Rennradtour.

Ganz oben auf der Liste stand bei uns die Restonica-Schlucht. Eine schmale Strasse führt hinein und immer höher, sie ist (leider) für Autos zugelassen. Wir nahmen die E-Bikes und fuhren, bis es nicht mehr weitergeht. Dann wandert man zum Lac de Melo, einem Bergsee auf 1700m Höhe. Das ist eine durchaus alpine Kletterpartie und keine leichte Wanderung. Der höchste Berg auf Korsika ist übrigens der Monte Cinto mit 2700m. Da waren wir 1991 auch, aber diesmal nicht.

Wir besuchten die Altstadt  und die Zitadelle, in der ein Heimatmuseum untergebracht ist. Einen guten Teil des Wanderwegs das Tavignano-Tal hinauf machten wir, aber dann stiegen wir durch die Überreste einer Siedlung zum Fluss hinunter, um uns abzukühlen. Nach drei Tagen in Corte machten wir uns auf zur Ostküste.

Leica Q3
Die Strasse den „Canyon de la Ruda“ hinauf. Die wird noch wesentlich enger…

Ziel: Porto. Die Straße durch Gebirge ist eng, aber atemberaubend. Die Ausschau nach Gegenverkehr ist obligatorisch, wenn einem Lastwagen oder gar Busse entgegenkommen, ist Flucht in eine Ausweichbucht angesagt… wenn vorhanden. Den Canyon de la Ruda hinauf muss ich dauernd anhalten und Fotos machen, meine Mitreisende ist schon leicht genervt. Bis sie mich mit dem Angebot in Versuchung lockt, ich könne ja mit dem Rennrad den Rest der Strecke machen. Am höchsten Pass Korsikas, dem Col de Vergio auf knapp 1500m Höhe, wartet sie. Dann geht es 30km bergab Richtung Porto. Eine rasante Abfahrt, bei der man mit dem Rennrad deutlich schneller als die Autos die kurvenreiche Strecke bewältigt. Gleich an der Strasse kurz vor Porto landen wir auf einem Campingplatz, der recht schön in Terrassen angelegt ist und einen leicht höheren Standard als der vorherige hat, was nicht schwierig ist.

Leica Q3
Der Genueser Turm im Abendlicht
Porto
Die Marina von Porto

Es ist später Nachmittag und wir fahren mit den Rädern zur Marina von Porto. Völlig ungeplant kaufen wir uns einen Platz auf einem der schnellen Boote, die das Naturschutzgebiet von Scandola (dem ältesten von ganz Frankreich) ansteuern. Mit 45km/h zischt das Ding übers Wasser. Am Ziel ragen steile Felsen vulkanischen Ursprungs hoch aus dem Meer, die in der tief stehenden Sonne vor allem rot, aber auch in anderen Farben leuchten. Die bizarren Formationen sind vor 250 Millionen Jahren entstanden. Gilles, der Skipper, verweist auf ein paar wilde Ziegen zwischen den Felsen. Die anderen Touristen auf dem Boot zücken ihre Handys und knipsen sich die Finger wund, als hätten sie noch nie eine Ziege gesehen (die im Gebirge überall, auch auf den Strassen, herumlaufen). Okay, „goat-watching“ scheint eine Disziplin zu sein, die sich uns nicht recht erschliesst. Zum Sonnenuntergang sind wir zurück in der Nähe von Porto, Gilles raucht eine, während die Sonne ins Meer plumpst und die anderen wie verrückt Selfies machen. Dieses Schauspiel ist allerdings mit dem Genueser Turm im Vordergrund wesentlich fotogener, wie ich am nächsten Abend feststelle (siehe Beitragsbild).

Aber bei Porto ist auch wieder wandern angesagt. Denn nahebei ist die Spelunka-Schlucht. Unterhalb von Ota beginnt der Weg. Am Fluss wandert man bis zur Genueser Brücke. Danach kommen ein paar hundert Höhenmeter zusammen, bis man den Ort Evisa erreicht. Auf der Terrasse eine Restaurants mit schönem Blick in die Berge werden zwei große Pietra (korsisches Bier) fällig. Meine Frau muss sich ein anderes Gericht aussuchen, weil das, was sie ursprünglich haben wollte, mit Maronen ist und die seien leider aus. Sie kichert unbeherrscht, weil um uns herum jede Menge Esskastanien mit reifen Früchten wachsen.

Leica Q3
Am Nachmittag steht die Sonne gerade richtig, um in die Nachbarschlucht der Lunka einzufallen. Dort finden wir eine exklusive Badestelle nur für uns.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Bonifacio. Von Porto weg führt eine enge Strasse durch die Calanche. Eine Menge größerer Wohnmobile quetschen sich auf der super-schmalen Strasse aneinander vorbei und richtig stressig wird’s, wenn ein Bus kommt. Die Busfahrer dort (das war schon im Canyon de la Ruda so) müssen eigentlich entweder völlig abgebrüht sein oder am Stress zugrunde gehen.

Westküste
Küste nördlich von Ajaccio

Auf dem kurvenreichen Weg nach Bonifacio (die Südspitze der Insel, wir alberten rum, dass das wahrscheinlich übersetzt „Hörnum“ heisst, oder verballhornten den Namen weniger stubenrein zu „Bonnie fuck you“) liessen wir Ajaccio links liegen. Wir hatten nicht so recht Lust auf „Stadt“. Vielleicht auch wegen unguter Erinnerungen, denn dort wurde uns damals der Bulli aufgebrochen. Obwohl das bei den Autos noch ohne Beschädigung ging (wer sich mit den Schlössern auskannte. Mir reichte damals ein Stahlstreifen, um die Türmechanik zu betätigen. Nein, ich war kein Autoknacker, als KFZ-Mechaniker musste ich das manchmal professionell machen). Zum Glück wurde nichts wertvolles geklaut, ausser einem Rucksack, in dem leider ausgerechnet die Reiseschecks waren (mit denen der Dieb nichts anfangen konnte). Ärgerlich war nur, dass wir kein Bargeld mehr holen konnten. Mit der Bankkarte gab es damals noch nichts an ausländischen Automaten. Wir hatten gerade noch genug Bares, um den Rest des Urlaubs zu bestreiten und für Benzin bis Würzburg, wo uns unsere Freunde 50DM für den Rest des Weges liehen.

Leica Q3
Die Steilküste bei Bonifacio bei tief stehender Sonne, die sonst blendend weissen Felsen leuchten orange.

Das Ajaccio einen Besuch wert ist, steht ausser Zweifel. Vor allem, wenn auf Bonapartes Spuren wandeln will. Ebenso Propriano weiter südlich mit seinen Bilderbuch-Stränden. Aber unser Ziel war die Südspitze und dort kamen wir Nachmittags an, fanden auch einen guten Campingplatz nicht weit von der Stadt (knapp 4km entfernt, mit den Rädern kein Problem). Wir richteten uns ein und fuhren zu diesem beeindruckend über der Steilküste liegenden Ort. Bei einem Cocktail an einer Bar am Place Manichella bemerkte meine Frau meine steigende Unruhe. Sie ahnte schon, was mit mir los war. Bevor wir in die Stadt gingen, hatte ich noch ein paar Aussichtspunkte an dem Wanderweg Richtung Pertusatu ausgecheckt, und die Sonne würde in einer Viertelstunde untergehen. Sie seufzte ergeben und  liess mich ziehen. Fast im Dauerlauf erreichte ich die Stelle, die ich für den Zweck ausgespäht hatte. Es ist klar, dass dieser Aussichtspunkt total bekannt ist und von dort zig-tausende von Fotos gemacht werden, aber ich wollte halt meines mit meiner Leica Q3 machen.

Leica Q3
Sonnenuntergang bei Bonifacio. Erst später fiel mir ein, dass man die Sonne von diesem Punkt aus nur im Frühjahr oder Herbst dort sehen kann, im Sommer verschwindet sie hinter der Stadt.
iPhone SE
Nachmittags bei Bonifacio. So war ich unterwegs… die Q3 um und eine kleine Tasche, um sie ggf. zu verstauen. iPhone-Foto

Natürlich war ich nicht der Einzige, der da auf den Sonnenuntergang lauerte. Ein paar hatten es sich mit einer Flasche Wein bequem gemacht und knipsten ab und zu mit dem Handy. Ich war ausser Puste, aber war früh genug da, meine Herzfrequenz wieder zu normalisieren und die Kamera in Ruhe einzustellen. Bei Belichtungsmessung „helle Bereiche betont“ brauchte ich für den Sonnenuntergang null Belichtungskorrektur. Blende ist f/5.6.

Am nächsten Tag machten wir die Wanderung nach Pertusatu und da sah ich einige mit, soll ich sagen, „höherwertigen“ Fotoapparaten. Denn in der Regel genügt den meisten ihr Smartphone (und das ist ok!). Ein junger Mann hatte zwar eine Vollformat DSLR (ich glaube, es war eine Canon mit Standard-Zoom), aber er hatte auch eine Fuji X100 um, auf die ich ihn ansprach. Auch eine perfekte Reisekamera, da waren wir uns einig. Der Wanderweg an der Steilküste entlang bietet immer wieder tolle Ausblicke und am Ende, bei den Leuchttürmen, gibt es verschiedene Badestellen, die wir auch nutzten. Eine Abkühlung war mehr als willkommen.

Agfa
Megalith-Kultur von Filitosa. Eines der Fotos von 1991, Scan von Agfa XRG 100

Wir blieben ja überall ein paar Tage, denn wir wollten unsere Reiseziele entspannt erforschen. Als ich später die Bilder unseres ersten Korsika-Besuchs ansah, stellte ich ferst, dass wir offenbar fast jeden Tag woanders waren… wir waren jung. Ajaccio, Porto Vecchio, Propriano hatten wir z.B. damals nicht ausgelassen. Ich habe kurz überlegt, ob ich einige Scans der Fotos von damals einstellen sollte, aber das wäre am Thema vorbei und sprengt ausserdem den Rahmen. Nur wegen einer Sache bedaure ich, nicht vorher die alten Fotos angesehen zu haben: Wir waren damals auch in Filitosa, einer Stätte der Megalith-Kultur. Die hatte ich völlig vom Schirm verloren und dahin hätten wir auf dem Weg von Porto nach Bonifacio leicht einen Abstecher machen können. Aber man muss ja noch Ziele haben, wenn man mal wiederkommt.

An jeder Station fand ich auch Zeit für mindestens eine Runde mit dem Rennrad. Bei Bonifacio machte ich eine Tour durchs hügelige Hinterland. Weniger spektakulär als bei Corte oder Porto, aber auch interessant. Dort gab es viele Korkeichen-Plantagen, aber alle abgeerntet, soweit ich sah. Die Stämme werden unterhalb der ersten großen Gabelung abgeschält und leuchten rötlich-braun in der Sonne. Es dauert ca. 8 Jahre, bis das nachwächst. Wenn man durch die Dörfer fährt, muss man immer auf die Hunde aufpassen, die frei herumlaufen. Einer war besonders territorial und schnappte nach meiner Wade (es ging steil bergauf, Flucht nach vorne keine Option). Eine Frau rief aus dem Fenster was auf Korsisch, vermutlich das ewige Mantra der Hundebesitzer: „Der tut nichts!“ Fand ich trotzdem nicht lustig. Klein war der nicht.

Leica Q3
Camping A Casaiola bei Sisco

Von Bonifacio fuhren wir die gesamte Ostküste hoch über Bastia hinaus zum „Cap Corse“, der Nordspitze der Insel (wir witzelten, dass das vermutlich List heisst). Das Cap Corse ist nochmal eine Gegend für sich und bezeichnet sich selbst als „Insel auf der Insel“. An der Ostküste ist es leichter, voran zu kommen, viel weniger gekurve. Wir spielten unterwegs kurz mit dem Gedanken, an einem der Campingplätze am Meer für eine Nacht Zwischenstation zu machen, stellten aber fest, dass die, die wir uns ausgesucht hatten, Ende September Saisonende hatten. Wir waren jetzt in der ersten Oktoberwoche. Wir fuhren also doch komplett von Süd nach Nord (190km) bis Plage de Sisco. Der Campingplatz dort war durchaus schön, trotzdem wechselten wir noch mal ein paar Kilometer nördlich nach Camping „La Pietra“ bei Pietracorbara.

Dieser Ort liegt (wie auch Sisco) ein paar Kilometer im Landesinneren am Berg. Auf Komoot fand ich eine Rundwanderung um Pietracorbara, das wir danach erkundeten. Neue oder gut gepflegte Häuser wechseln sich mit alten Bruchbuden ab… interessant ist die Grabstätten-Kultur. So etwas wie Mausoleen stehen nicht nur auf den Friedhöfen, sondern überall im Wohngebiet verteilt oder auch mitten im Gebirge an den Strassen. Wir fuhren mit den Rädern (E-Bikes) über Pietracorbara hinaus Richtung Carbonacce. Die D32 wird für 6km komplett zum Schotterweg. Ich bin froh, dass ich mir die nicht mit Rennrad vorgenommen habe, das ist nur was für Gravel-Bikes (die neue Mode…). Unseren Trekking-Bikes machte das auch nichts aus. Trotzdem landeten wir etwas ausgepowert (nach Wanderung und Radtour) wieder an der Küste bei Porticciolo, wo „um die Ecke“ ein kleines „Boutique-Restaurant“ einer Winzerei mit einer schön angelegten Terrasse mit Blick aufs Meer lockte.

Eine Rennrad-Tour musste auch noch sein. Ich wollte wissen, wie es auf der anderen Seite von Cap-Corse aussieht und fuhr über den Pass von Santa Lucia nach Pino, einem malerisch gelegenen Ort. Ein Stück die Küste entlang bis Baragogna, dann wieder über die Berge nach Meria an die Ostküste und die Küstenstrasse zurück zum Campingplatz. Das war eine schöne Tour mit vielen Aussichtspunkten. Überhaupt war das Rennrad-Fahren auf Korsika echt lohnenswert, sowohl von den Strecken (anspruchsvoll) als auch von den Eindrücken.

Pietracorbara
Sonnenaufgang bei Camping La Pietra

Auch an Cap Corse schafften wir es nicht, alles Sehenswerte zu erforschen. Wir hatten die Gegend deswegen zum Schluss besucht, weil es von da nicht weit bis Bastia ist. Wir konnten am letzten Morgen entspannt frühstücken, einpacken und dorthin fahren, da die Fähre nach Livorno mittags ging. Auf dem Rückweg schliefen wir ein paar Stunden am Bernadino und fuhren dann bis Iphofen zu unseren Freunden (die früher in Würzburg wohnten). Diesmal mussten sie uns kein Geld leihen, damit wir nach Hause kommen.

Bastia
Letzter Blick auf Bastia

15 Kommentare

  1. Danke für den schönen Korsika Bericht, steht noch auf der Wunschliste.
    Jens Ps.: in meinen link ein schönes Ziel im Frankreich

  2. Ist das teure Stück mit dem roten Punkt auch gut versichert? Ich habe mal am Bahnhof in Marseille eine Weile auf meine Sohn warten müssen und habe da so einige Typen beobachten können, die sich die ankommenden Touris sehr genau fixiert haben! Da kann so ein teures Stück sehr schnell den Besitzer wechseln!

    • Claus Sassenberg

      Das „teure Stück“ ist in der Tat versichert. Gegen alles. Wenn ich mit der M11 etc. unterwegs bin, sind da noch ganz andere Werte im Spiel. In dem Segment ist eine Versicherung obligatorisch. Und so bin ich beim fotografieren, was das betrifft, völlig entspannt. Wenn ich überhaupt einen Gedanken daran verschwende.

  3. Claus Wöhnke

    Moin Claus,
    ein schöner Bericht Eurer Reise nach Korsika mit der Q3. Mit 28mm sicher „DIE“ Kamera für Landschaftsaufnahmen & Reisefotografie. Ich liebäugele auch mit der Q3 um mich auf Reisen der Schlepperei mit meiner M-10 und mindestens vier M-Objektivenv zu entledigen (28 – 35 – 50 – 90). Die Q bietet ja alle diese vorgenannten Brennweiten. Was wäre Dein fotografisches Fazit aus der Reise mit der Q3 im Vergleich zur M plus entsprechender Objektivausstattung … ?

    Viele Grüße, Claus

    • Claus Sassenberg

      Hallo Claus,

      (endlich mal’n Claus mit „C“) wie ich schon im Text erwähnte, kommt es ein wenig auf die Ansprüche des Fotografen an. Das, was die Q3 in den Bildwinkeln der Objektive von 90 bis 28mm abliefert, ist schon hohes Niveau und für meine Zwecke im Urlaub total ausreichend. Aber es ist natürlich immer noch was anderes, wenn man vor einer M ein lichtstarkes Objektiv mit längerer Brennweite als 28mm hat. Das Freistellungs-Potential z.B. eines 50er Summilux kann man nicht erwarten.
      Das gesagt, ist es für mich eigentlich keine Frage mehr, mit der Q3 als einziger Kamera zu reisen (wenn ich nicht bestimmte Besonderheiten erwarte oder mich der Ehrgeiz zerfrisst), weil die Minimierung der Ausrüstung sehr „befreiend“ ist.

      Viele Grüße,

      Claus

    • Joerg-Peter Rau

      Hallo Claus,
      die M3 ist sicher eine fantastische Kamera. Ich persönlich finde das digitale Croppen in der Kamera allerdings keine so überzeugende Lösung, weil der Look eines hoch geöffneten leichten Teles einfach nie erreicht werden kann. Das Thema Schlepperei habe ich für mich so gelöst: 28er auf die Kamera und 75er in die Tasche (oder andersrum!) und basta. 28er und 35er parallel dabei zu haben, finde ich schlicht redundant. Das 75er geht als lange Normalbrennweite gerade noch so durch, ist aber als kurzes Tele auch super geeignet. Und da kann man locker auf den Bildwinkel eines 90ers croppen. Genau diese Kombo beschäftigt uns in einem sehr attraktiven Paket demnächst in den M-Files…
      Grüße, Jörg-Peter

  4. Guten Tag Claus,
    vielen Dank für diesen tollen Bericht. Wir durften vor vielen Jahren einen etwas längeren Urlaub auf dieser Insel machen. Lange ist das her. So circa 28 Jahre 🙁 – aber die Erinnerungen sind immer noch präsent. Das liegt zu einen daran, dass wir damals mit unserem in zwischen leider verstorbenen Freund unterwegs waren und an den tollen Menschen auf der Insel. Von der fantastischen Landschaft ganz zu schweigen. Damals besaß ich eine Nikon f501 und habe Kodak Diafilme benutzt. Leider sind diese während der Umzüge abhanden gekommen.
    Vielleicht schaffen wir es ja noch einmal auf diese Insel und dann wie Ihr mit der Q3 und darauf freue ich mich.
    Wie meine Vorredner freue ich mich das es Dir wieder gut geht und Du wieder Deinen Hobbys nachgehen kannst. Grüße aus Berlin

    • Claus Sassenberg

      Guten Morgen Frank,

      da sind wir ja so ziemlich gleich lang nicht da gewesen (bei mir war’s 1991). Dass deine Bilder verloren gingen, ist natürlich sehr schade. Ich habe das tatsächlich zum Anlass genommen, meine alten Negative mal zu scannen und der Nikon Coolscan holt da wirklich noch viel raus. Selbst wenn die alten Filme nicht immer optimal zu scannen sind (und oft genug „suboptimal“ belichtet…) liegt der Hauptwert natürlich in den Erinnerungen, die daran hängen. Hier mal ein Bild vom Hafen in Bonifacio im Jahr 1991. Negativ ist ein Fujifilm.

      Vielen Dank für die guten Wünsche und viele Grüße aus Ostwestfalen,

      Claus

      Hafen von Bonifacio, Sommer 1991 (Scan vom Negativ)

      • Ach ja wie schön. Danke für das Bild. Wo ich das alles so sehe – doch wieder auf die Karte nehmen und hinfliegen.

  5. Vielen Dank, Claus, für diesen in jeder Hinsicht ermutigenden Artikel. Liest sich toll, die Bilder sind klasse, und ein bisschen Fernweh weckt er auch. Grüße, Jörg-Peter

  6. Wieland Hoppen

    Hallo Claus,
    Vielen Dank für Deinen schönen Reisebericht! Korsika habe ich vom Segeln in bester Erinnerung, meist von Sardinien kommend eine raue Überfahrt über die Straße von Bonifacio und dann die Einfahrt in den Fjord – beeindruckend. Und dann das Essen und korsischen Wein im Hafen…
    Derzeit bin ich auf Rhodos und lief heute mit meiner M 11 mit 28 er (One camera one lens) durch Lindos und beneidete Dich um die Q 3. Minimalismus – weniger ist oft mehr. Wofür
    die Ziegelsteine im Rucksack? Oft habe ich meine M 4 P Ausrüstung und die Rolleiflex 2,8 GX zuhause gelassen und mit der Rollei 35 S ausgezeichnete Kodachrome Dias nach Hause gebracht !
    Es freut mich sehr festzustellen, dass Du wieder fit und aktiv bist, und ich bin gespannt auf Deinen nächsten Bericht.
    Herzliche Grüße
    Wieland

  7. Peter Steinmetzger

    Hallo Claus,

    vielen Dank für den tollen Reisebericht und die fantastischen Bilder! Ich hab sie alle angeschaut. Jetzt hab ich Lust, mit nem 28er und dem WoMo spontan in den Urlaub aufzubrechen… Zwischen den Zeilen lese ich, dass Du Dich gut erholt hast. Das freut mich ganz besonders.

    Vielen Dank für den Platz auf der Mitfahrerbank und viele Grüße!
    Peter

  8. Stefano Strampelli

    Hallo Claus,
    Das Rätsel des italienischen Ortsnamens für die Seiser Alm kann ich lösen. Es heißt Alpe di Siusi (mit i) und die Bedeutung wird schnell klar wenn man bedenkt, dass die Ortsprache nicht Deutsch ist, sondern Ladinisch (eine mit dem Rätoromanischen eng verwandte romanische Sprache). Der Ladinische Ortsname ist Mont Sëuc und damit ist das Rätsel gelöst. Alpe ist ein anderes italienisches Wort für Berg (in den Alpen) und Siusi ist mehr oder weniger die der italienischen Fonetik angepasste Variante vom ursprünglichen Ortsnamen „Sëuc“. So gesehen ist der deutsche Ortsname der „Exote“. Das gleiche Phänomen hat man übrigens an allen Orten mit ladinischer Mehrheit. Wolkenstein heißt auf Ladinisch Sëlva und auf Italienisch Selva. St. Ulrich im Grödental heißt auf Ladinisch Urtijëi und auf Italienisch Ortisei.

    Ich war übrigens Anfang September tatsächlich dort. Mein „Hauptquartier“ war zwar in Wolkenstein aber eine Wanderung in der Seiser Alm habe ich mir nicht entgehen lassen. Fotografische Motive findet man an jeder Ecke.

    Viele Grüße
    Stefano

    PS: dieser Kommentar hat übrigens gar nichts mit Fotografie zu tun und daher ist es natürlich vollkommen in Ordnung, wenn er gelöscht wird.
    PS II: sehr schöne Bilder!

    • Claus Sassenberg

      Lieber Stefano,

      Danke für die Aufklärung! An das Ladinische habe ich nicht gedacht, und dann ergeben viele Namen natürlich Sinn.

      Viele Grüße,

      Claus

  9. Wow Claus,
    schön mal wieder von Dir zu lesen. Dieser Reisebericht ist in der Tat besonders gut gelungen, von den Bildern reden wir mal nicht. Kann es sein, daß die Q3 ähnliche Farben wie die Q1 erzeugt? Mir kommt es zumindest so vor.
    Ich freue mich, daß Ihr Beiden eine tolle Zeit hattet und Du immer mal von der „Leine“ gelassen wurdest.
    Dieser Bericht macht schon wieder Lust auf die Q3. Zwischenzeitlich hatten wir den Gedanken beiseite geschoben.

    Viele Grüße
    Dirk

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert