You’re not in Kansas anymore, Dorothy
The Wizard of Oz
Ich stelle für mich fest, dass ich mehr und mehr „zurück“ schaue, zur analogen Fotografie und „Vintage“-Kameras, weil ich vom Pseudo-Fortschritt der Kameraindustrie die Nase voll habe. Es interessiert mich einfach nicht mehr, was für „Innovationen“ uns zu vermeintlich besseren Bildern verhelfen sollen. Ich schliesse Leica mit ein, und das ist neu, denn in den Vorjahren habe ich immer noch die Haltung eingenommen, dass sie in Wetzlar bestimmte Grundwerte hochhalten. Ingenieurskunst vor Marketing. Aber da kommen mir zunehmend Zweifel.
Dieses „falling out of love“ mit Leica ist ein Prozess, der sich schon seit längerem hinzieht. Aber ich bin nicht der einzige. Das Urgestein der Leica-Welt und Verfasser diverser Standardwerke, Erwin Puts hat Leica die Freundschaft nach 35 Jahren ebenfalls vor wenigen Tagen gekündigt! Aus genau den Gründen, die auch bei mir zusehends für Unbehagen sorgten. Und Erwin Puts hat wesentlich mehr Einblicke und engere Kontakte zu Leica, als ich jemals gehabt hätte. Kann einem das nicht zu denken geben?
Es ist ja gut, dass Leica wirtschaftlichen Erfolg hat, man muss überleben. Aber jetzt ist es so, dass David plötzlich Goliath werden will. Dazu müssen eine Menge alter Tugenden über den Haufen geworfen werden. Das ist das Problem, das Leute wie Erwin Puts haben, die die Firma noch mit einem anderen Geist beseelt sahen. Ein Stück weit geht es mir auch so. Kooperationen mit Panasonic und Huawei dienen dazu, Marktanteile zu gewinnen. Es wird ein Image Computational Centre in Silicon Valley gegründet, gleichzeitig werden in Wetzlar Arbeitskräfte abgebaut. Ich habe die Firma noch als „kleine“ Manufaktur in Solms kennen gelernt, davon ist kaum etwas übrig. Ich gönne Leica den Aufschwung (es ist auch keinem gedient, ehrenvoll in der Nische unterzugehen), aber bestimmte Werte werden aufgegeben, um „Leica in die Zukunft zu führen“.
Die heute protegierten Produktlinien (SL, Q2, CL) sind zwar hochwertig, aber Mainstream. Welches Alleinstellungsmerkmal haben denn diese Kameras im Gegensatz zu Produkten von Sony, Nikon oder Panasonic? Es ist kein Zufall, dass ich die Q2 wieder verkauft habe.
Leica war immer hochpreisig, aber die Preisentwicklung haben sie sich anscheinend bei Apple iPhones abgeschaut. Die Q2 ist mehr als1000 Euro teurer als die klassische Q. Werden wir für eine M11 10.000 Euro löhnen? Ständig kommen Sondermodelle („Drifter“) heraus, über deren Design ich nur kichern kann. Mit den Dingern würde ich mich nicht einmal tot über dem Zaun hängend erwischen lassen.
Die M10 ist für mich zur Zeit die beste digitale M, die es je gab. Aber mir graut schon davor, was für Prioritäten für die Eigenschaften der M11 gesetzt werden. Vor allem die Gigantomanie im Megapixelbereich finde ich zum kotzen. Wenn ich mir für eine M11 etwas wünschen dürfte, dann vielleicht In-Body-Bildstabilisierung und einen elektronischen Verschluss optional. Vor allem nichts über 36 Megapixel. Vermisse ich diese Dinge jetzt bei der M10? Nö.
So long, and thanks for all the fish
Titel des 4. Buches (!) der Hitchhiker-Trilogie von Douglas Adams
Das M-System ist offenbar nur für rückwärts gerichtete Exzentriker, aber immerhin sind die verschiedenen analogen und digitalen Ausführungen der M die einzigen Messsucherkameras, die heute noch hergestellt werden. Vor ein paar Jahren war die M-Linie noch der Stolz der Firma, mit dem Erfolg der M8, M9 und der M240 kam Leica wirtschaftlich wieder „auf die Beine“. Und solche Kameras waren einzigartig, kein anderer Hersteller hatte etwas ähnliches. Das ist immer noch so.
Wenn ich mein Verhältnis zu Leica mit einer Ehe vergleiche, würde ich sagen, ich überlege gerade, ob ich ausziehe. Erwin Puts dagegen hat die Scheidung eingereicht. Das heisst nicht, dass ich nicht alles, was bisher war (das M-System, analog wie digital, die Schraubleicas, die klassische Q), weiterhin hoch schätze. Es ist auch nicht plötzlich alles Asche, was aus Wetzlar kommt. Leute wie Peter Karbe haben noch Potential, wenn man sie lässt. Aber ich bin skeptisch. Die Leica Camera AG driftet immer mehr von einem Traditionsbetrieb, bei dem Ingenieurskunst an erster Stelle stand, zu einer Softwareschmiede ab. Vielleicht ist das die einzige Möglichkeit, im Darwinismus der Industrie zu überleben, aber von dem, was ich ursprünglich an Leica gut fand, bleibt ausser Lippenbekenntnissen der Marketing-Abteilung nichts übrig.
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Hallo Herr Sassenberg,
bei aller Liebe für die Film-Fotografie muss ich, der ich 54 Jahre alt bin nun auch mal sagen, dass ich Ihre Kritik gerade an der Q nicht nachvollziehen kann! Die Q ist eine fantastische Kamera, die ich viel und gerne einsetze. Ich schalte das Display ab und stelle oft auf Monochrom, und kontrolliere meine Bildergebnisse nicht nach, bis ich daheim bin. Als „Gipfel“ des ganzen mache ich meist sogar (nicht immer, aber immer öfter) Bilder Out of the cam, also ohne große Nachbearbeitung. Das habe ich bei der Digilux 2 schon so gehalten, und nie bereut. Meine größte Kritik an der Digitalfotografie ist, dass die Leute 2 Stunden auf Fototour sind und dann 5-6 Stunden vor dem PC sitzen, um Bilder zu verfotoshoppen oder zu verlightroomen. Grauslig. Ihre Kritik an der Q/Q2, dass hier wohl Werte von Leica „verraten“ wurden, ist nicht nur ungerechtfertigt sondern auch unbegründet. Eine Kamera ist ein Werkzeug. Ich kann heute natürlich noch mit einem Trabant oder einem Fort T „Auto“ durch die Gegend fahren, uns jede Art des Fortschritts verurteilen. Das auf Kameras bezogen hieße, immer noch den Film als die einzig mögliche und sinnvolle Art der Bildspeicherung zu sehen. Das ist aber aus rein technischer Sicht Unsinn, und ewig gestriges Denken! Ich bin stark kurzsichtig und komme mit einem Messsucher nicht klar. Außerdem finde ich es quatsch, wenn ich manuell herumfokussieren mss, wenn es heute Technische Lösungen gibt die den Fokus binnen 0,1 Sekunde dahin legen, wo ich ihn haben will! Ich kann mich auf ganz andere Dinge beim Fotografieren konzentrieren als auf die Frage „hoffentlich ist es richtig im Fokus“…was soll eigentlich dieses bashing? Monsieru Barnack wäre von einer Leica Q absolut begeistert gewesen, davon bin ich überzeugt, ebenso von einer X1, die man auch lieben kann, gerade wegen ihrer kleinen Schwächen. Wenn man nach Ihrer Lesart geht, die von Werten und Vorgaben spricht, dann wäre Leica genau da gelandet, wo viele andere deutsche Traditionsunternehmen inzwischen gelandet sind: in der Insolvenz. Viele große Namen prangen heute nur noch auf Billigprodukten aus Fernost (Grundig, Dual, Rollei, Minox) wobei man in Fernost inzwischen absolut fantastische Geräte baut – Huawei gehört übrigens mit dazu, was Telefonfunktionen betrifft, und was Japan und Südkorea an Konsumenten-Technik auf die Beine stellt, da müssen wir uns in Deutschland und Europa schon mal fragen lassen, ob nicht genau die Denke, die Sie vertreten, dazu geführt hat, dass wir technologisch da sind, wo wir stehen – am absteigenden Ast! Gerade heute noch eine M mit ihrem archaischen Prinzip des Messsuchers zu produzieren, und dass noch als Kernkompetenz, das zeigt doch, dass Leica eben NICHT den Mainstream beliefert. Das mögen manche „Hardcore-Traditionalisten“ wie Sie und andere nicht hören mögen, ist aber Faktum. Eine S2 as Mainstream zu bezeichnen ist wohl der größte Witz, den ich jemals gehört habe! Canon und Nikon bauen Mainstream, Massenware. Eine S2 wurde von einem Team von 20-30 Enthusiasten entwickelt und stellt in vielen Funktionen Innovation pur dar. Hätte man bei Canon so ein Projekt gestemmt, wäre da eine 300 Mann Truppe dabei gewesen und man hätte so eine „Canon S2“ als Kleinserie aufgelegt mit einem Preis von sagen wir mal 1/4 der Leica S2. Dennoch wäre das Mainsream geworden. Ebenso ist es bei der Q. Ein Kameragehäuse mit der beinahe-Wertigkeit einer M, und einer fest verbauten Linse die man quasi „gratis“ dazu bekommt (sprich: dem Summilux 1.4 schon fast ebenbürtig) – für DEN Preis. Das ist fantastisch. Vielleicht gehören Sie aber auch zu jener Fraktion, welche die Leica nur in den Händen extrem gut betuchter Vitrinen-Fetischisten sehen wollen, und nicht bei den Enthusiasten, die eine echte Leica wollen, um damit zu fotografieren und – aj, ich age dass ganz bewusst – im Urlaub auch mal zu „knipsen“…aber nicht für eine M mit 2-3 Optiken 15-20000 Euro zahlen könnten (und wollten). Ich mag das nicht beurteilen. Ich jedenfalls denke, Leica muss mit der Zeit gehen, und der Weg den man geht ist so in Ordnung. Aus meiner Sicht ein guter Mix aus Tradition und Moderne. Und in Wetzlar wurden viele Arbeitsplätze geschaffen – ein Ponyhof ist ein Unternehmen aber nie. Wobei der Leitz-Park schon seinesgleichen in der Welt sucht. Meine Meinung. Als allerletzter deutscher Hersteller (und als sehr kleiner Hersteller!) ist man hier im Markt zwischen den Wölfen aus Japan unterwegs, und technische Kooperation mit Panasonic schadet nicht, bringt beiden Firmen etwas. Leica ist und bleibt immer was besonderes, auch eine Panaleica. Bei allen Diskussionen, dass die Lumix xyz billiger und genauso gut sei blablabla…die Leica wiederverkauft sich immer noch höher als die japanischen Schwestern.Das ist es doch:der Mythos, der immer noch lebt! Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass auch die „Panaleicas“ made in Japan echte Leicas sind, mit dem Spirit und der Idee die man bei der „Leicagrafie“ verfolgt. Nur nun eben auch in der „globalen Welt“ dann arbeitsteilig günstiger gebaut und für jene verfügbar, die den roten Punkt mögen und wollen. Nicht wenige (ich kenne einige!) steigen dann später (wenn das Kleingeld dann reicht) auf „deutsche“ Leicas á la M oder Q2 um, manche sogar auf Film-Leicas… Eben das ist auch eine gute Idee – in vielen Preissegmenten nicht Marktanteile abzugreifen, sondern Kundenbindung aufzubauen. Einmal Canon immer Canon (oder Nikon, oder Olympus). Das ist nun mal so. Bedenken Sie als „Traditionalist“ das alles auch mal. Leica bedient Junge Leute mit der Leica Sofort oder einer C genauso wie Enthusiasten die M und Q mögen, und Leite wie Sie, die Film-Fotoaparate mögen. Welche andere Firma bietet das?
Tradition mögen ist schön aber man schaue mal lieber nicht zu oft wehmütig zurück, denn davon bekommt man allenfalls – Nackenschmerzen…
Sehr geehrter Herr Peters,
Ihre „Breitseite“ in Form des unzumutbar langen Kommentars hätten Sie sich sparen können, wenn Sie auch nur ein bisschen mich und meine Webseite kennen würden.
Stattdessen greifen Sie in die Klischeekiste , machen die Schublade auf und wieder zu.
Mich als „Hardcore-Traditionalisten“ zu bezeichnen (wegen eines kritischen Artikels!) ist ein Pauschalurteil, gegen das ich entschieden Einspruch erhebe!
Was Sie mir sonst so alles unterstellen, entbehrt jeder Grundlage (und kann sofort widerlegt werden, wenn Sie mal lesen würden, was ich sonst so schreibe).
Glauben Sie, ich hätte ernsthaft was gegen Leica? Warum gibt es wohl diese Webseite seit vielen Jahren? Haben Sie sich hier mal wirklich umgeguckt?
Die Q wird in vielen Beiträgen auf dieser Seite geradezu glorifiziert!
Eine enorme Anzahl an Beiträgen beschäftigt sich mit digitaler Fotografie, Sensortechnik und der Tatsache, wie sich Leica von den Mitbewerbern positiv abhebt.
Bevor Sie das nächste Mal etwas derartiges absetzten, sollte sie sich mal informieren!
Hallo Herr Peters,
sie werden diese Antwort wohl kaum lesen, da sie mit dem Inhalt der Seite nicht überein stimmen.
Sie sind so alt wie meine Tochter und wohl in dieser „eiligen“ Zeit aufgewachsen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie keine „Zeit haben“, sich ihren Bildern so zu widmen, dass diese am Schluss so gut wie möglich werden.
„und dann 5-6 Stunden vor dem PC sitzen, um Bilder zu verfotoshoppen oder zu verlightroomen. Grauslig.“
Das klingt für mich nicht nach Leidenschaft für das Fotografieren!
Ich habe früher die halbe Nacht in der Dunkelkammer verbracht und hatte dann als Ergebnis aus einigen Filmen 4-5 Bilder zum Trocknen hängen und habe dann noch endlos Zeit zum Ausflecken gebraucht. Heute hat man dafür keine Zeit mehr, die verbringt man dann eher vor dem Fernseher, da ist genug Zeit da.
Es ist ja auch sehr praktisch, alles der Kamera zu überlassen – „save energy – use AI!“
Falls sie schon einmal etwas von Ansel Adams gesehen haben sollten, er beschreibt in seinen Büchern sehr genau, mit welchem Aufwand er die Vergrößerungen gemacht hat, nachdem er 30 kg Kameras in die Berge geschleppt hatte.
Ich fotografiere seit über 60 Jahren, seit fast 20 Jahren auch digital, aber auch analog von KB über 6×6, 6×17 bis zu 4×5 und darüber hinaus auch mit Pinhole. Sie können sich wohl nicht vorstellen, wie es ist, wenn man nach dem Entwickeln den Film aus der Dose zieht und zum ersten Mal sieht, ob es brauchbar geworden ist!
Lassen sie sich Zeit beim Fotografieren, es lohnt sich und sie leben dann im Jetzt!
Dierk
Guten Tag Herr Sassenberg
Interessant Ihr Beitrag über Leica ,der bei einigen auf Zustimmung stösst. Selbstverständlich kann man mit alten Geräten ganz tolle Aufnahmen machen, das wurde ja bereits Bewiesen. Ob ich mich dem Prozess aber aussetze und Zeit und Geduld dafür aufwende ist eine andere Frage. Ich bezweifle aber das analoge Fotografie entschleunigt oder dergleichen. Ich fotografiere ja nicht anders als zu analogen Zeiten, gut zugegeben etwas mehr an Bildern. Ich will ja ein Bild machen, hier und jetzt, da ist es mir egal ob Sensor oder Film. Ich stelle mich auf die jeweilige Technik ein und der Rest ist Gestaltung. Ich besitze eine Q1 die mir sehr Freude macht und mir sehr gute Qualität liefert was mich vor allem auf Reisen weiter anspornt. Verzichten auf die Möglichkeiten die mir eine moderne Kamera bietet möchte ich nicht mehr und da finde ich das Leica, für mich die Q, dies gut macht.
Ihnen wünsche ich viel Freude am analogen sowie im digitalen, das Leben in den beiden Welten scheint Ihnen zu gelingen.
Grüsse, Markus Matter
Hallo Herr Matter,
das mit dem Entschleunigen ist natürlich Ansichtssache und braucht nicht diskutiert zu werden. Das funktioniert auch schon mit Kameras wie der Q oder der M10. Ansonsten sehe ich das so wie Sie: Ich würde nie auf die Möglichkeiten der digitalen Fotografie verzichten wollen, das wäre mir auf Dauer zu mühsam!
Viele Grüße,
Claus
Liebe community, lieber Herr Sassenberg
Ich denke es macht Sinn die Ziele mal auseinanderzunehmen. Wer gut Fotographieren will braucht subjektiv gefaelliges Equipment das er mag. Ab und zu gibt es mal einen technischen Fortschritt der hilfreich ist, aber seit der M6 oder der M9 wenn man Digital als Vorteil sehen will, hat das auf die Qualitaet des sehens und fotographierems weniger Einfluss. Es sein denn man ist Sportfotograf bei Dunkelheit….Wenn das fuer mich im Vordergrund steht erwarte ich von Leica in der Zukunft den Mechanik Service an den alten und gegenwaertigen Geraeten, jdoch nicht wie bei R System den Schlusstrich, Dass das Boutique-Rechnungen erzeugt, ist klar,…
Wer sich auf der anderen Seite auch fuer die Technik an sich begeistert, der verfolgt Modell zu Modell und wird auch den staerker Software lastigen Loesungen bis hin zur AI etwas abgewinnen. Diese Loesungen koennen nun mal Bilder erzeugen und optimieren, die man so nicht fotographiert hat und die korrigierten Pixelqualitaeten muessen nicht uebers Objektiv aufs Bild kommen, aber das hat auch nicht so viel mit dem kreativem Akt des fotographierens zu tun. Langfristig wird man mit quantenmechnanischen Prinzipien abbilden, wo kein Photon hingekommen ist, bei Mikroskopen geht das im Prinzip schon…..wenn man auf dem Standpunkt steht, dass technologisch getriebene Firmen auf der Hoehe der Technik agieren muessen, dann muss Leica das pruefen, d.h. Mitmachen. Es ist doch erstaunlich wie Leica in den letzten 15 Jahren wieder zu state of the Art Technologie in Optik und Aufnahme gefunden hat. Mich freut das. Der link zur historischen fotographie ist dabei natuerlich aus heutiger Sicht heritage Marketing. das sollte die Firma clever nutzen, kann aber nicht darauf stehen bleiben. Ich kann ja auch bei modernen Autoherstellern in der Classic Abteilung einkaufen oder service machen, dies hat aber mit den aktuellen Autos nichts mehr zu tun. Braucht man alle aktuellen features….vielleicht nicht.
Ich lasse mich auch Zukunft vom technischen Fortschritt informieren und begeistern, werde aber nach wie vor u.a. wie viele andere auch z.B. meine 6×6 Bilder selbst entwickeln mit Handbelichtungsmesser, weils um den kreativen Prozess geht….kein wirklicher Widerspruch, nur Blickwinkel. Herzliche Gruesse J. Simon
ein hervorragender Kommentar aus meiner Sicht. Den könnte ich so unterstreichen.
Ich glaube, Leica hat zur Zeit zwei Probleme. Das erstere betrifft die Kommunikation, das zweite eine bestimmte Partnerschaft. Augenblicklich ist ein Geschäftsführer bei Leica engagiert, der an sich mit Fotografie nichts am Hut hat. Der will nur Zahlen sehen. Und ist dafür auch bereit, bestimmte Bereiche aufzugeben. Dazu muss man sagen, dass sich bei Leica die Geschäftsführer die Klinke in die Hand geben. Nun hat Leica etwas in die Welt gesetzt, das Raum gibt für Interpretationen. Wird der analoge Bereich aufgegeben? Das nämlich ist ein wichtiger emotionaler Baustein, dessen Zukunft gerade für Irritationen sorgt. Hier wünsche ich mir ein klares Bekenntnis eines Herrn Kaufmann, das würde enorm für Ruhe sorgen. Denn Herr Kaufmann interessiert sich für Fotografie.
Es müsste ein weiteres Bekenntnis geben und zwar in der Form, dass die Leica M einen optischen Sucher behält, auch wenn ein elektronischer viel billiger wäre.
Auch sollte die Fotoindustrie an sich einmal klar stellen, was Mittelformat und was Kleinbildformat ist. So wird es vielleicht auch Sinn machen, die nächste M, die einen gigantischen Sensor haben wird, der bisherigen Leica M zur Seite zu stellen und vielleicht den Preisunterschied zu vergrößern. Dann hätte man die Wahl zwischen M-KB und M MF.
Auf der Höhe der Zeit könnte Leica auch eine M anbieten, in der der Sensor mit wächst. Will heißen, ich kann das Gehäuse immer wieder nutzen, um die Technik darunter auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
Ebenso auf Höhe der Zeit könnte Leica dann nämlich mit der nachhaltigsten Kamera werben, niedriger Stromverbrauch durch optischen Sucher und Ressourcenschonung.
Ein anderes zukünftiges Problem sehe ich in der Kooperation mit Huawei, die wahrscheinlich Bedingung war, auf dem chinesischen Markt zu expandieren. Denn China duldet keine rein ausländischen Unternehmen ohne chinesische Beteiligung. In meinen Augen müsste sich aber Leica zumindest außerhalb von China von Huawei trennen, um sich nicht den Ruf eines Steigbügelhalter für ein trojanisches Pferd zu sein.
Für mich ist Leica keine Religion sondern eine Firma, die mir genau so einen Fotoapparat bietet wie ich ihn gerne haben möchte. Dass Leica davon alleine nicht leben kann, verstehe ich, aber ich möchte einfach nicht ohne diese Produkte fotografieren und wünsche mir, das Leica darin mich versteht.
Lieber Claus,
ich verstehe die Überlegungen zum Verlust der Seele, aber für die CL will ich dann doch eine Lanze brechen, vor allem in der Kombi mit M-Linsen. Das M-System musste ich als Brillenträger leider verlassen, auf die kleine CL (mit dem etwas unorthodoxen Design) schraube ich nun die M-Linsen, gerne richtig alte und geniesse den wunderbaren Sucher. Klein ist diese Kombi. Gerne auch mit Voigtländer (deren Schwäche am Rand ist ja mit dem kleineren Sensor egal). Aber da ist Dein Punkt. Die SL hat gar keine Seele mehr (ist ein Roboter), die Q2 keine (ist eine Maschine), nun die Q 1 habe ich, aber in der Menschenphotographie ist dieser schwarze Block vor dem Gesicht des „Opfers“ ein Problem. Ich habe sie irgendwann nicht mehr benutzt, auch nicht auf Reisen. dazu nehme ich lieber die CL und ein altes kleines 35er. Selbst die neuesten M-Linsen snd in ihrer Perfektion seelenlos, von den SL-Linsen ganz zu schweigen. Und überteuerte Vintage-Replika sind ja so was von albern. Quo vadis? Vielleicht ein Segment für echte und enthusiastische Fotografen und ein Segment für Marken-Freaks.
Stimme von ganzem Herzen zu!
Sehr geehrter Herr Sassenberg,
ich bin ein stiller Leser Ihrer Seite welche mir sehr gut gefaellt, sehr informativ.
Das Quo Vadis Leica Thema habe ich auch gelesen, teile viele Ihrer Aussagen.
Aus meinem Fenster gesehen, ist das was sich bei Leica tut mir eigentlich egal. Als (analoger) M-Fan bin ich mit dem was ich habe mehr als zufrieden. Als einzige digitale M habe ich die MM1 das reicht mir vollkommen.
Für meinen Teil habe ich eigentlich mit den digitalen M’s abgeschlossen, die haben mich nicht wirklich überzeugen können. Ohne Zweifel mögen das gute Kameras sein aber etwas fehlt an den M’s, ich lkann es nicht beschreiben.
Bin sehr zufrieden mit meinen M7 und habe genügend Filme im Kühlschrank.
Das Leica als Unternehmen überleben und sich dem Mainstream anpassen muss ist verstaendlich. Keine Frage.
Jedoch für meinen Part habe ich damit abgeschlossen. Lieber freue ich mich wenn ich alte aber gute Objektive erwerben kann.
LG aus Istanbul
Murat
Guten Morgen Herr Hürmen,
es stimmt, eigentlich kann man sich als Analog-Shooter entspannt zurücklehnen und und kopfschüttelnd die durchgeknallte Digital-Welt betrachten. Das ist auch ein Grund, warum ich mich zunehmend mit analoger Fotografie beschäftige.
Ansonsten ist es nicht verkehrt, dass Leica weiter existiert und ggf. noch lange auch den Customer Care für die mechanischen Kameras macht.
Vielen Dank auch für die Rückmeldung zur Webseite und viele Grüße nach Istanbul (da gibt es bestimmt spannende Motive en masse),
Claus
Hallo Claus,
ganz ehrlich? Ich hoffe, die M11 kommt bald mit ganz vielen „bells and whistles“ – Megapixel satt und was weiß ich noch alles. Nicht, weil ich so etwas haben möchte, aber weil ich hoffe, dass die „Tekkies“ unter den Leicafans sofort umsteigen und den Gebrauchtmarkt dann mit (relativ) günstigen M10 fluten…
Spaß beiseite – ich denke, der Markt für Marken wie Leica liegt heutzutage gar nicht mehr in Europa. Wie bei Luxusfahrzeugen (Rolls Royce u.ä.) geht es da nach dem Geschmack der Chinesen, wo nicht nur eine riesige Mittelschicht entsteht, sondern auch Millionen von Supperreichen sitzen. Habe neulich in einem Leicastore einen chinesischen Großeinkauf im deutlich 5-stelligen Bereich mitbekommen, während ich über die Anschaffung eines weiteren Gebrauchtobjektivs grübelte… Da geht es dann auch nicht mehr um Traditionspflege im engeren Sinne. Der rote Bömpel auf der Kamera strahlt genug Status und Image aus und dann ist letztlich egal, ob da Panasonic, Huawei oder German Engineering drinsteckt.
Tom
Hallo Tom,
deine Einschätzung mit dem „neuen“ Märkten trifft sicher zu und ist auch ein Teil meiner persönlichen Entzauberung der Marke Leica in der Gegenwart.
Wie mir in vielen Kommentaren hier klar gemacht wurde, muss eine Firma überleben und kann nicht in vergangener Romantik schwelgen. Aber ich habe Leica kennengelernt, als sie noch in Solms mit überschaubaren technischen Ressourcen (auch softwaremässig) liebevoll die M9 zusammenfrickelten, eine Manufaktur eben und das hatte einen gewissen Charme. Diese kleine Firma hatte eine gewaltige Geschichte im Rücken. Was das Know-How von mechanischen Kameras betrifft, standen sie aber auf den Schultern von Riesen.
Vor lauter Charme und Romantik wären sie kurz nach der Jahrtausendwende fast untergegangen, das ist also keine Überlebensstrategie. Logisch, dass man mit der Zeit gehen muss, besser spät als nie.
Aber das „Weltunternehmen“ Leica mit seinen Allianzen mit Megafirmen wie Huawei oder Panasonic erzeugt bei mir nicht mehr das gleiche Gefühl der Loyalität wie vor 10 Jahren. Was immer mir an Vernunftgründen für die Notwendigen Veränderungen vor Augen gehalten wird, diese „irrationale“ Wahrnehmung bleibt.
Viele Grüße,
Claus
Hallo Claus,
kann Deine Einwände zur Markenstrategie und -entwicklung verstehen. Kam Dienstag in der Kö-Galerie Düsseldorf am neuen Leica-Markenstore vorbei. Soll im November eröffnet werden. Obwohl die Lage im Shoppingcenter eher etwas kommerzieller ist, scheinen sie die Nähe zu den Guccis, Chanels, Pradas und Luis Vuittons der Königsalle zu suchen.
Nur knapp um die Ecke hat Foto-Leistenschneider bereits eine ziemlich große Leica-Auswahl und fachkundige Betreuung. Wohl noch zu weit weg von Dior und Cartier…
Geniess einfach Deine M10 und die tollen Optiken. Die sind auch ohne den Markennamen drauf klasse!
Jürgen
Hallo Claus
Deinen Ansatz kann ich nicht so ganz nachvollziehen.Die Tatsache, daß Leica neue Wege Wege in der Fotoindustrie sucht, schmälert doch die Qualität der bisherigen Produkte kein bischen. Und wenn die M10 die für Dich perfekte Kamera ist, ist es doch keine Abkehr von Idealen nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.
Wenn Du mit den 47 MP der Q2 nichts anzufangen weißt, gibt es immer noch die Q1.
Leica hat doch auch nicht angekündigt die M-Reihe aufzugeben. Also worin liegt das Problem, wenn sich Leica auch bei Handykameras beteiligt? Leica baut doch auch Ferngläser und andere optische Geräte. Und von all diesen Entwicklungen profitiert doch auch die Fotoabteilung.
Ich verstehe wirklich nicht, was Du mit dem Blog-Post sagen willst.
Grüße, Stefan
Hallo Stefan,
das ist alles völlig richtig, was du sagst und auch nicht mein Problem bei der Sache.
Die bisherigen Produkte sind völlig o.k.
Ich hatte lediglich einen Anflug von Pessimismus, wohin die Reise geht, ausgelöst durch die Desertation von Erwin Puts.
Ich hoffe einfach, dass ich zu schwarz sehe (wie mir bisher alle versichern).
Viele Grüße,
Claus
Lieber Herr Sassenberg
Danke Ihnen sehr für die Gedanken, die Sie im Blog mit uns teilen. Und dass Sie damit ins ‚Volle treffen‘ zeigt die kontroverse Diskussion.
Ich bin seit etwa drei Jahren stolzer Besitzer einer M10 und einer M6. Und nach einigen Anfangsschwierigkeiten mit der messsucherjustierung (siehe Kommentare von S Groenveld) möchte ich meine m‘s nicht mehr missen. In bestimmten Situationen nehme ich mir meine digitale DSLR, aber kehre immer wieder zu meinen M‘s zurück. Tatsächlich ist aus meiner Sicht das ‚Erleben des Fotografierens‘ etwas anderes und richtig genussvoll zudem. Und last but not least …. meine Frau hat erst vor kurzem wieder das Besondere des ‚Leica Looks‘ betont.
Wenn man nun aber die aktuellen Trends verfolgt, geht die Reise tatsächlich in die Richtung, die Leica nun beschreiten will. Die Herausforderung ist aber, sich mit den Großen der Fotografie zu messen und diese sind aktuell weder Sony, Nikon, Canon etc, sondern Apple & Co. Sie schreiben von Innovation und Zukunftsideen …. ich kann sie bei den großen Namen der Szene nicht in dem Maß erkennen, wie Leica das Business in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgemischt hat. Und nun machen andere erneut extrem innovatives. Eben die Apples, Skylum etc
Auch wenn es die traditionelle Seite in uns zutiefst trifft, halte ich deshalb den Schritt der Leica AG richtig. Zu hoffen ist, dass Leica ihre große Stärke aus der Tradition weiter pflegt. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang ist, dass Leitz/Leica extrem von der Kraft einer weitreichenden Entscheidung in den 40er Jahren profitierte: der eigenen Entwicklung von Glassorten.
Deshalb bleibt zu hoffen, dass Leica die Türen der Zukunft öffnet, aber die Basis des Erfolges weiterhin pflegt. Vermutlich ist es die richtige Entscheidung, auch wenn es aktuell richtig weh tut.
Danke und gerne weiter so!
Ihr Michael Christ
Hallo Claus
Mir geht es irgendwie gleich wie dir. Bin mit meiner M240, der Q und der M6 zufrieden. Analog habe ich noch die alte Topcon Uni von meinem Vater revidieren lassen. Bei der Wahl des Bildsujets bin ich auch wählerischer geworden gegenüber früher. Des weiteren kommt dazu, dass ich nach 27 Jahre wieder angefangen habe, Musik zu machen. Gitarre. Am liebsten R&B und Blues. Dies erfüllt mich im Moment mit sehr viel Freude und Zufriedenheit.
Ich beobachte den Kameramarkt insbesondere den von Leica mit gemischten Gefühlen. Die einzige Kamera, die noch in Frage kommen könnte, ist die SL und dies auch nur wegen der Konzertfotografie. Aber da reichen die Q und die M240 ebenfalls. Die gemachten Bilder kommen immer gut an.
Alles Gute aus der Schweiz 🙂
Hallo Matthias,
schön, von dir zu hören. Ich denke, mit deiner Kombi von Digital und Analog bist du gut ausgestattet für alle Gelegenheiten. Die SL ist eine Top-Kamera, aber immer, wenn ich eine in die Hand nehme, denke ich: „Was für ein Klotz!“. Bin einfach zu verwöhnt von den M’s. Wenn einen die Dimensionen nicht stören, ist die natürlich im Prinzip schneller als die M (vorausgesetzt, man benutzt die fetten Autofokus-Objektive), aber wie gesagt… nichts für mich.
Und die Musik ist immer eine weitere Quelle der Zufriedenheit, welches Genre auch immer. Mit meiner Querflöte und einer Bach-Sonate kann ich den Alltag weit hinter mir lassen. Meine Kantorei führt dieses Wochenende Das Fauré-Requiem und eine (ziemlich knifflige, aber superschöne) Bachkantate auf, die Probenarbeit dafür in den letzten Wochen war intensiv, aber auch erfüllend. Es ist ätherische Musik.
Dass du mit der Wahl deiner Motive kritischer geworden bist, ist glaube ich eine natürliche Entwicklung, wenn man sich intensiv mit Fotografie beschäftigt. Und das muss auch so sein, du weisst: „Alles fliesst“.
Viele Grüße aus Vlotho,
Claus
Lieber Autor,
Du sprichst mir aus dem Herzen, aber der Verstand sagt, dass Ming wohl richtig liegt (https://blog.mingthein.com/2019/10/20/at-the-risk-of-losing-your-customers/). Auch Leica muss sich ändern.
Und danke für die großartige Webseite. Sie ist eine echte Bereicherung.
Gruss aus Hamburg
Arne
Lieber Arne,
du hast recht, kein Zweifel, man muss sich anpassen. Auch als Traditionsfirma. Stures Beharren und Blindheit gegenüber der technischen Entwicklung hätte Leica schon mal fast das Genick gebrochen.
Ich hatte nur Bedenken, dass Leica vielleicht diesmal über das Ziel hinausschiesst. Noch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass auch weiterhin gutes Design für eine Zielgruppe geliefert wird, die Wert auf „handwerkliche“ Fotografie legt.
Viele Grüße aus Ostwestfalen,
Claus
Sehr geehrter Herr Dr. Sassenberg,
Wer wollte es leugnen, gequälter Leica-Freund:
Enttäuschte Liebe tut besonders weh.
Und ich denke, viele aus der weltweiten Jüngerschar der Wetzlarer
Edeloptik werden mit Ihnen fühlen, ich eingeschlossen.
Aber dämpfen wir unseren gerechten Zorn für einen Moment, trocknen unsere Tränen und tun das, was wir nach dem Urteil des weiblichen Geschlechts am besten können, verbergen wir unsere so schmerzlich verletzten Gefühle – für einen nüchternen – verehrter Doktor, Sie werden wohl lieber sagen – ernüchternden Blick auf die schöne neue Leica-Welt.
Fast schäme ich mich, Sie diesem Allgemeinplatz auszusetzen, aber er trifft eben doch in aller gebotenen Kürze – genau das Problem, dem sich nicht nur Leica ausgesetzt sieht: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Das wäre den Wetzlarern ja beinahe schon passiert, als man in der digitalen Fotografie nur ein „Intermezzo“ sah. Die digitale Revolution fand also zunächst ohne Leica statt, und der deutsche Optikhersteller mit seiner glorreichen Geschichte sah bereits in den existentiellen Abgrund. Hatte nicht Gorbatschow schon einige Jahre zuvor gewarnt? „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Er meinte natürlich nicht Leica, sondern die DDR-Machthaber.
Aber der Satz traf eben auch auf Leica zu. Natürlich wissen wir alle, daß Fortschritt nicht a priori zur Beglückung des Menschengeschlechts führt und Wachstum meist nicht die Lösung, sondern oft die Ursache des Problems ist. Aber wir sind Kinder unserer Zeit und nur wenige dürften die Kraft zu einer alternativen Existenz jenseits von ihr aufbringen. Dennoch gehört all denen meine große Sympathie, die – vielleicht sogar mit großen Plattenkameras – die feine alte Fotokunst praktizieren. Freilich: Ein Zukunftsprogramm für sichere Arbeitsplätze in einer heiß umkämpften Branche ist das nicht.
So erhebend und einsichtsvoll existentielle Wolkenschiebereien manchmal sein mögen, im Wirtschaftsleben ist dafür wenig Platz. Wir befinden uns mitten in der zweiten digitalen Revolution. Die „Künstliche Existenz“ hat – ob dies unseren Beifall findet oder nicht – ihren Siegeszug angetreten und Leica – die „Intermezzo“-Fehleinschätzung schmerzlichst verinnerlicht – will seine Existenz kein zweites Mal aufs Spiel setzen. Die Wetzlarer Company hat zwar viel Tradition und weiß sie zu schätzen, aber Leica ist kein Geschichtsverein. Die Firma muss, will sie überleben, ihre zu recht weltweit geschätzte mechanisch-optische Referenz durch eine frische optisch-digitale Innovationskraft ergänzen. Für Leicas Zukunft wird es entscheidend sein, inwieweit ihr es gelingt, beides miteinander zu vereinen. Ich bin da, verzeihen Sie, lieber Dr. Sassenberg, etwas optimistischer. Natürlich. Wir alle lieben die „M“ und sehen jedem neuen Modell mit schlimmsten Befürchtungen entgegen. Aber hat Leica mit der „Q“ nicht vieles richtig gemacht?
Porsche wäre längst ein Museum, wenn es nur den wunderschönen Klassiker „356“ gepflegt hätte. War der „911er“ nun Verrat oder doch eher behutsame Fortentwicklung einer großen automobilen Idee auf der Höhe der jeweiligen technologischen Entwicklung? Um eine andere Branche zu nennen. Was wäre aus Chanel ohne die Kreativität von Karl Lagerfeld geworden, der die edle Eleganz der Anfangsjahre von Kollektion zu Kollektion neu befruchtet hat? Es gibt viele solcher Beispiele.
Verzeihen Sie, ich bin ins Plaudern geraten.
Doch eines noch, lieber Doktor: Wer sich so wie Sie über Jahre hinweg so intensiv, kenntnisreich und engagiert in der Leica-Welt getummelt hat, sollte sich den finalen Scheidungs-Schritt doch noch einmal überlegen. Denken Sie auch an Ihre Leser. Ihr kritischer Blick auf Leica würde uns fehlen.
Sehr freundlich
P.J. Scherer
Ach Claus,
Fortschritt ist oft ein Schritt fort, oder?
Da tu ich mich auch oft schwer mit. Auch mit unserem Wachstumswahn. Unsere Wirtschaft basiert auf Wachstum, welch ein Wahnsinn. Leica ist, seitdem Investoren (wurden mal als Heuschrecken bezeichnet) ihr Geld mit der Marke verdienen.
Was mich aber hoffen lässt, ist, dass Herr Kaufmann die Marke Leica liebt. Irgendwie will ich mich da nicht täuschen.
Und so hoffe ich auch, dass Leica die analoge M im Programm behält und endlich mal wieder bewirbt. Ich verstehe nicht, warum man die wachsende Begeisterung fürs analoge nicht nutzt. Wie blind kann man sein? Stattdessen ist die M7 leise aus dem Programm verschwunden.
Ich denke schon lange, dass die sinnhaftige digitale Technik zur Fotografie ausgereizt ist. Bei der Q2 hast Du genau das bemerkt. Faszinierend bei Leica ist, dass die Gebrauchtpreise selbst für die M8 und M9 (Technik von vorgestern) steigen.
Ich habe mir lange Gedanken über die digitale Ergänzung außerhalb von Leica gemacht und will damit nicht warm werden. Die Leica M ist schlicht meine Kamera. Und so wird wahrscheinlich noch eine M9 oder Monochrom dazukommen, auf jeden Fall aber eine rein mechanische wie die M-A.
M10 ist unbezahlbarer Luxus für mich und ich hoffe, dass nicht irgendwann ein elektronischer Sucher Einzug ins M-System hält.
Diese komischen Sondermodelle mit exorbitanten Preisen, sie sollen bezahlt werden und Geld bringen. Die letzte Monochrom in kotbraun hat allerdings schon was verräterisches. So dunkel kann es nicht sein, dass ich mit ihr rausgehen würde. Vielleicht ist sie ja für den Save gedacht, dessen Inhalt keiner sieht.
Was mir aber Sorge macht, ist die Kooperation mit Huwei, das geht nicht gut. Das habe ich bereits seit Bekanntgabe gedacht. Sehr traurig gemacht hat mich, dass Leica keinen Arsch in der Hose hatte, als es um das Werbevideo mit der Sequenz auf dem Platz des himmlischen Friedens ging und China prompt intervenierte. Ich würde mir von einem Unternehmen wünschen, dann lieber aufs Geschäft als auf die Wahrheit zu verzichten. Aber unsere Unternehmen (auch in Hongkong) nehmen auf die Menschen, die für Freiheit ihr Leben riskieren, keine Rücksicht.
Dabei war es die Familie Leitz, die Juden im dritten Reich unter hohem Risiko geschützt hat. Ein wenig von diesem Geist hätte ich mir auch heute von Leica gewünscht. Wir füttern täglich mit China einen Drachen, der uns verschlingen will.
Warum sind wir nur so kleinmütig?
Ja, die Schnelllebigkeit, die hat mich zur Erkenntnis gebracht, dass ich langsam fotografiere und die Bilder auch langsam bearbeite. Ich muss nicht in Lichtgeschwindigkeit den PC füttern, ich nehme mir auch für die Norwegentour bis zur Fertigstellung ein halbes Jahr Zeit.
Und so traurig ich die Entwicklung von Leica finde, so freue ich mich an meinem kleinen Fotoapparat mit all seinen Macken, aber mit all seinen guten Ergebnissen. Diese kleine (man nennt sie Leica) fühlt sich gut an in der Hand und wenn ich damit Bilder mache, mit denen ich vielleicht berührte, anstoße auf etwas hinweise, dann geb eich dieser Leica, diesem Fotoapparat, dem Arbeiten mit ihr, einen Sinn.
Manchmal denke ich, sie hätte die Auszeichnung als nachhaltigste Kamera verdient.
Ein Schritt zurück ist manchmal ein echter Fortschritt, oder?
Du hast die M10, was willst Du mehr.
Lieber Gruß von Kai
Hallo Kai,
ich sehe auch die M10 als ultimatives (digitales) Werkzeug und brauche nichts anderes (naja, die Q optional…).
Es ist so, dass sich derzeit meine Vorliebe für analoge Apparate vertieft und ich einfach spannend finde, was es da zu entdecken gibt (in der Vergangenheit).
Für meine Skepsis Leicas Geschäftsstrategie gegenüber (du erwähntest Huawei, ich habe ähnliche Vorbehalte) und dem Augenmerk auf „analoge“ Inhalte habe ich es mir möglicherweise mit manchen verscherzt (siehe voriger Kommentar), wobei ich nicht ganz verstehe, wie ich „übersatt und gelangweilt“ herüberkomme. Ich habe jedenfalls viel Freude und Kurzweil 🙂 mit meinen Uralt-Kameras.
Aber wie gesagt, die M10 wird mich mit Sicherheit noch lange begleiten. Trotzdem werde ich nicht müde hervorzuheben, dass sich auch eine M9 heute absolut nicht verstecken muss.
Liebe Grüße,
Claus
„Das M-System ist offenbar nur für rückwärts gerichtete Exzentriker…“
Wenn ich diesen als auch Ihre vorherigen Beiträge lese, habe ich eher den Eindruck, dass Sie zunehmend zu einem rückwärts gerichteten Exzentriker werden.
Es tut mir leid, aber die Entwicklung ihrer Beiträge zeigt einfach keine interessante Entwicklung mehr und ist mittlerweile so spannend wie die unerträglichen Fotoforen, in denen regelmäßig neue und alte Mitglieder sich ihre Weltsicht und Erkenntnisse um die Ohren hauen und wo jammern zur Tagesordnung gehört.
Sie wirken übersatt und gelangweilt. Schade, dass war mal anders.
Ich bin gerne ein rückwärts gerichteter Exzentriker!
Wie ich auf Sie wirke, kann ich nicht ändern. Von Langeweile kann nicht die Rede sein. Ich habe halt Spass an der analogen Fotografie.
Und wenn Sie die nicht interessiert, gibt’s eine einfache Lösung. Woanders rumsurfen. Zum Beispiel in unerträglichen Fotoforen. Die wenig netten Umgangsformen haben Sie ja schon verinnerlicht.
Hallo Herr Dr. Sassenberg,
Ehrlich gesagt sehe ich es nicht so kritisch. Die SL löst auch bei mir kein „Habenwollen“ aus. Ich finde sie hässlich und die Objektive erinnern mich an Raketenwerfer. Sie stellt aber die Produktdifferenzierung sicher: die SL mit der modernsten Technologie ausgestattet und die M-Serie für Traditionalisten. Es ist auch kein Zufall, dass die M-Serie nach der Einführung der SL wieder „spartanischer“ wurde (wie beim Wegfall der Video-Funktion).
Eine Monsterauflösung bei der M11 erwarte ich auch nicht. Es würde an die Grenzen des Messsucher stoßen (und vielleicht darüber hinausgehen).
Viele Grüße
Stefano Strampelli
Hallo Herr Strampelli,
es geht eigentlich weniger um die Produktlinien (ich habe auch nichts gegen die SL, ausser, dass es mir wie Ihnen geht, alles zu klotzig), als um firmeninterne Umstrukturierungen (Entlassung von Mitarbeitern etc.), die nur bruchstückhaft nach aussen dringen.
Ansonsten hoffe ich, dass Sie mit der Prognose für die M11 recht haben.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Hallo Herr Dr. Sassenberg,
vor kurzer Zeit hat auch ein Hamburger Fotograf Bedenken geäußert, die mich etwas erschüttert haben:
https://www.stefangroenveld.de/2019/was-du-wissen-solltest-bevor-du-dir-eine-leica-m-kaufst/
Ich glaube man sollte zufrieden sein mit dem was es jetzt gibt. Und: „Its stupid, its the glass“.
Da ist diese Firma unschlagbar und wird es wohl bleiben.
Freundliche Grüße
Günther Rötter
Guten Morgen Herr Rötter,
Stefan Groenveld schätzt das alles richtig ein. Das, was in dem Artikel steht, entspricht dem, was ich denen antworte, die mich fragen (meist per Mail), „soll ich mir eine digitale Leica M kaufen?“
Man muss sich einfach vorher klar machen, worauf man sich einlässt und welche Schwierigkeiten einen erwarten. Aber das ist eigentlich keine Kritik an Leica, sondern nur ein gutgemeinter Rat. Es geht um die Arbeitsweise mit einem Messsucher, die doch erheblich „handwerklicher“ ist als mit, sagen wir einer Sony A7. Dafür liegt eine gewisse Befreiung in der Limitation (schon tausendfach von mir als Argument bemüht).
Das Leica-Glas Weltklasse ist, wird sich wohl so schnell nicht ändern, wohin rein unternehmensphilosophisch die Firma auch driftet.
Viele Grüße,
Claus Sassenberg
Lieber Claus,
da sprichst du mir aus dem Herzen.
Manchmal denke ich das ganze Leica „Geraffel“ zu verkaufen und nur noch ganz spartanisch mit wenig Ausrüstung und vielleicht nur noch mit einer alten M6 und einem Objektiv unterwegs zu sein. Das würde einfach entlasten.
Noch irgendeine ältere Kamera und für das schnelle Foto dann doch dem Trend folgend das Smartphone.
Ganz viele Grüße
Thomas
Lieber Thomas,
in den letzten Jahren habe ich es schon so ähnlich gehalten, wie du vorschlägst. Die M4 oder M6 TTL mit 35er Objektiv, dazu die M10 (oder wahlweise die Q). Passt zusammen prima in eine kleine Tasche.
Die M10 und die Q sind tolle Geräte. Im Prinzip fehlt mir da für meine Bedürfnisse nichts. Und wie ich oft betone: Selbst mit der M9 ist man heute noch in der Lage, exzellente Bilder zu machen, die jeden anderen mit modernstem Equipment vor Neid erblassen lassen können.
Es ist auch nicht so, dass ich jede Hoffnung aufgegeben hätte, dass bei der potentiellen M11 nicht auch etwas Gutes herauskommen kann. Aber die Skepsis bleibt.
Es gibt auch noch Lichtblicke in der Kameraindustrie, zum Beispiel finde ich die neue X-Pro 3 von Fujifilm extrem gelungen.
Liebe Grüße,
Claus