“I myself have always stood in awe of the camera. I recognize it for the instrument that it is, part Stradivarius, part scalpel.”
Irving Penn
1.Teil von Claus Sassenberg
(2. Teil von Volker Brockmann folgt, Beitragsbild oben ist auch von ihm)
Jeder, der sich nur ein bisschen mit analoger Fotografie beschäftigt, wird schon mal irgendwann über die TLR’s gestolpert sein, die „Twin Lens Reflex“-Kameras (im Gegensatz zu den SLR’s, den „Single Lens Reflex“-Kameras, die für uns synonym mit Spiegelreflex-Kameras sind, seien sie analog oder digital). Ich fand das Erscheinungsbild der TLR’s mit den zwei Objektiven übereinander stets faszinierend. Um weniger wie Mr. Spock zu klingen: Man wird neugierig. Wieso braucht eine Kamera zwei Optiken? Welchen Vorteil hat das? Darüber wird sich mein Freund Volker, der Ingenieur, noch auslassen.
Die Rolleiflex als Stammvater aller TLR’s kam im Frühjahr 2018 „in meinen Fokus“, als ich die Ausstellung „Centennial“ über Irving Penn im Amerika-Haus in Berlin besuchte. Zum einen gab es mir den Anstoß, mich mehr mit Mittelformat zu befassen, zum anderen richtete sich mein Augenmerk auch auf die entsprechenden Kameras dafür. Nicht lange danach fand ich eine schöne Hasselblad 501c, die ich auch heute gern benutze. Sie ist aber ein ziemlicher „Klotz“ gegen so eine TLR. Andere berühmte Fotografen, die mit Rolleiflex fotografierten, sind z.B. Robert Doisneau (von dem ich auch schon eine Ausstellung im Gropius-Bau besuchte), Vivian Maier oder Robert Capa (der natürlich auch mit Leica fotografierte).
Im letzten Jahr „entdeckte“ ich die Zeiss Super-Ikontas für mich. Auf der Suche nach gut erhaltenen Exemplaren lief mir eine Rolleiflex T über den Weg, die als defekt angeboten wurde, aber ansonsten äusserlich einen makellosen Eindruck machte. Ich erkundigte mich bei Firma Paepke in Düsseldorf, ob sie dieses Modell reparieren könnten. Das war möglich, also nahm ich die Kamera und liess sie instandsetzen. Der Bajonettring um das Objektiv hatte sich gelöst. Dabei wurde gleich der Verschluss mit überholt und im Dezember letzten Jahres hatte ich die Kamera funktionsfähig in Händen. Es ist eine Rolleiflex T Modell 3, irgendwann zwischen 1966 und 1970 gebaut. Sie hat ein Zeiss Tessar f/3.5 75mm-Objektiv und für den Sucher ein Heidosmat f/2.8 75mm. Der Verschluss ist ein Synchro-Compur mit Zeiten von 1s bis 1/500s und Stellung B, es gibt einen Selbstauslöser und einen X-Anschluss für Blitz. Der integrierte Selen-Belichtungsmesser hat allerdings nur nostalgische Bedeutung, die Selenzelle ist (wie bei allen Kameras aus der Zeit) zu altersschwach.
Exkurs: Die Äquivalenzbrennweite anderer Formate im Vergleich zu Kleinbild
Es mag nicht allen so gehen, aber wenn man wie ich „kleinbildgeprägt“ ist, braucht man bei Objektiv-Brennweiten anderer Formate (egal ob größer oder kleiner) immer den Vergleich zu KB, um eine Vorstellung zu haben, wie „normal“, „weit“ oder „lang“ Objektive sind. Zunächst: Die Definition eines „Normalobjektivs“ wird durch die Bilddiagonale des Aufnahmeformats bestimmt, die in Millimetern etwa der Brennweite des „Normalobjektivs“ des jeweiligen Systems entspricht. Bei Kleinbild ist das aber ca. 43,3mm. Die 50mm also, die wir als normal bezeichnen, sind in Wirklichkeit schon recht lang.
Die Brennweiten anderer Systeme muss man mit KB ins Verhältnis setzen. Erst mal die Bilddiagonale ausrechnen (juhu, Pythagoras!): a²+b²=c² (a und b ist die Kantenlänge des Sensors/Negativs, c ist die Bilddiagonale). , bei Kleinbild also die Wurzel aus 24²+36², die erwähnten 43,3mm. Führt man diese Rechnung für ein Bildformat von 56x56mm durch (die „wahre“ Negativgröße beim 6X6-Format) erhält man 79,2mm Bilddiagonale. Man teilt die Brennweite der entsprechenden Kamera durch diesen Wert, multipliziert mit der KB-Bilddiagonale (43,3mm) und hat seine Äquivalenzbrennweite. Folgende Formel:
Dabei ist f die Brennweite des Objektivs (z.B. der Mittelformatkamera), a und b sind die Kantenlängen des Negativs der entsprechenden Kamera und „fKB-Äquivalent“ natürlich das Ergebnis.
Im Fall der Rolleiflex mit 75mm Tessar ist die Äquivalenzbrennweite zu Kleinbild nach dieser Rechnung 41mm. Da sind wir schon ganz gut im („gefühlten“) Weitwinkelbereich. Die „Normalobjektive“ der meisten Mittelformat-Kameras landen tendenziell alle in der Gegend oder etwas darunter.
Die Webseite lag im Winter aus verschiedenen Gründen im Dornröschenschlaf. Als die Tage Anfang März wieder länger wurden, brachte ich endlich die Motivation auf, einen Film einzulegen und die Kamera zu testen. Die Natur war noch recht karg, aber die Weser hatte Hochwasser und bei einer Wanderung über das Wiehengebirge gab es auch Motive. In den folgenden Wochen probierte ich die Kamera bei unterschiedlichen Lichtbedingungen und Einsatzbereichen aus. Entweder lag ein Kodak Ektar 100 oder ein Portra 400 darin. Die Corona-Krise nahm ihren Anfang und ich war froh, durch die Fototouren ein bisschen abschalten zu können. Normalerweise wären wir auch zu den Osterferien mit dem Bulli eine Woche irgendwohin gefahren, aber das fiel natürlich flach. Darüber gibt’s auch nichts zu jammern (wäre sonst auf hohem Niveau), aber so blieben meine Motive auf die unmittelbare Umgebung Vlothos begrenzt.
Die Rolleiflex im Gebrauch
Die Rolleiflex ist mit eingeklapptem Schachtsucher ein handliches Quader. Nicht so kompakt wie eine Klappkamera, aber deutlich platzsparender und leichter als Mittelformatkameras von der Art der zuvor erwähnten Hasselblad. Das Film einlegen stellt einen nicht vor große Herausforderungen. Seitlich am Gehäuse sind Knöpfe, um die Spulen auszuklinken, die Leerspule kommt bei stehender Kamera nach oben. Der Film wird unter Sicht mit der Kurbel (rechts am Gehäuse) bis zur Pfeilmarkierung gebracht, dann wird das Gehäuse geschlossen und mit der Kurbel bis zur „1“ im Sichtfenster transportiert. Fertig für das erste Foto.
Mit dem Schachtsucher kommt man nach kurzer Gewöhnung klar. Das Motiv wird spiegelverkehrt gezeigt, ich kannte so etwas schon von der Hasselblad. Ausserdem habe ich den berufsbedingten Vorteil, sowieso oft im Spiegel zu arbeiten. Mit aufgeklappter Sucherlinse kann man die Schärfe gut beurteilen. Volker optimierte den Einblick sofort mit einer selbst konstruierten Abdeckung (um seitlichen Lichteinfall zu minimieren). Er stellte gleich zwei her und liess mir das perfekt gearbeitete Werkstück zukommen. Mittlerweile hat er eine noch edlere Lösung gefunden, darüber wird er sicher gern selbst berichten.
Irving Penn hat mit der Kamera wirklich Grosses vollbracht, aber seine Arbeitsweise war fast ausschliesslich Studiofotografie. Selbst wenn er auf Neuguinea oder in den Anden war, hat er sich eine Hütte besorgt und die Einheimischen dort reingeholt und abgelichtet. Die Kamera ist für ein ruhiges, entschleunigtes Arbeiten ideal. Dabei war sie von Anfang an auch eine beliebte Reporterkamera (weil in den dreissiger Jahren viel kleiner als die Graflex-Kameras für 5X4 oder 5X7 Zoll Großformat, die die Branche sonst herumschleppte). Für damalige Verhältnisse war sie auch nicht „lahm“, schliesslich ermöglicht die Kurbel einen rapiden Filmtransport und gleichzeitiges Spannen des Verschlusses. Das schnelle Fokussieren mit dem Schachtsucher fand ich trotzdem ziemlich gewöhnungsbedürftig, als ich einmal am Rand des Reitplatzes stand und die vorbei trabenden Pferde aufs Korn nahm. Ich fluchte leise vor mich hin und wünschte mir einen Messsucher. Verblüffenderweise (für mich) sind die Fotos was geworden, ich selbst hatte den Eindruck, dass die Pferde jedesmal schon wieder aus dem Bildfeld heraus gelaufen waren, wenn ich auslöste.
Der Auslöser wird zuverlässig durch einen kleinen Hebel gesichert, der sich schnell mit der Spitze des Zeigefingers öffnen lässt. Das Verschlussgeräusch ist sehr diskret und eignet sich für leise Umgebungen. Blende und Belichtungszeit werden über einen Hebel links von den Objektiven verstellt. Man muss den Hebel leicht herausziehen, um Blende gegen Zeit getrennt einzustellen, ansonsten sind beide gekoppelt. Das kann oben auf dem Sucherobjektiv abgelesen werden, an der Seite findet sich eine Skala mit den entsprechenden EV-Werten der Kombinationen. Das arbeiten mit EV-Werten ist schnell und praktisch, wenn die Lichtverhältnisse konstant sind und man unterschiedliche Zeiten oder Blenden ausprobieren möchte.
Der in der Kamera integrierte Belichtungsmesser ist leider „zu schwach auf der Brust“ und eignet sich nur noch als modisches Accessoire. Kein Problem, ich nehme sowieso lieber meinen kleinen Sekonic-Handbelichtungsmesser. Im März/April war immer sonniges Wetter, ich habe alle Fotos aus der Hand gemacht, aber selbst lange Belichtungszeiten dürften kein Problem bei dem erschütterungsarmen Verschluss sein. Das ist auf jeden Fall der Vorteil, wenn kein Spiegel hochklappt. Bei der Hasselblad hat man immer das Gefühl, der nächste Seismograph zeigt ein mittleres Beben auf der Richterskala.
Das Tessar-Objektiv („Tessares“, griechisch „Vier“, weil aus vier Linsen bestehend) der Rolleiflex kannte ich bereits von den Super-Ikontas als exzellente Optik. Für den Kleinbildfotografen ist das Freistellungsvermögen bei Mittelformat selbst bei Blende 5.6 oder 8.0 verblüffend. Um Streulicht zu minimieren, habe ich mir allerdings noch eine Rollei-Gegenlichtblende gegönnt.
Nach all den sonnigen Tagen nahm ich mir eines Morgens im April vor, auch mal Bilder bei Low-Light zu machen. Ich quälte mich um 5.30 Uhr aus dem Bett und begab mich an die Weser, um den Sonnenaufgang zu erwarten. Die Nacht war klar gewesen, über der Weser schwebte leichter Dunst. Ich hatte mir etwas mehr Nebel erhofft, aber man kann nicht alles haben. In der Kamera lag noch ein Kodak Ektar vom Vortag, den ich in der Morgendämmerung zu Ende belichtete. Dann wechselte ich zu Kodak Portra 400, den ich für die zu erwartenden Bedingungen für besser geeignet hielt. Vermutlich wäre Kodak Portra 800 noch besser, aber mit dem Ergebnis des 400 bin ich durchaus zufrieden.
Nach dem Filmwechsel hatte ich einen passenden Standort gefunden und auch schon die Bildkomposition ausprobiert. Ich wartete auf den Sonnenaufgang, um diese Jahreszeit erschien sie passgenau über der alten Eisenbahnbrücke. Nochmal flugs Belichtung gemessen. Als ich die Werte von Blende und Zeit einstellen wollte, passierte es: Die Blende blieb stecken! Liess sich nicht mehr bewegen. Und nicht bei irgendeinem mittleren Wert, nein, bei f/22! Da hat sich die Sonne bestimmt gewundert, als sie über den Horizont kam und ein wütendes Rumpelstilzchen um ein Stativ hüpfen sah! Arrrgh! Da steht man schon mal früh auf und dann sowas! Ich stopfte die Kamera in die Tasche und wollte schon frustriert von dannen ziehen, da besann ich mich. f/22 ist schliesslich auch eine Blende. Ich packte die Kamera wieder aufs Stativ und stellte die passende Zeit ein. Alle folgenden zwölf Bilder sind gelungen.
Ich schickte die Rolleiflex noch am gleichen Morgen zu Paepke, die mir umgehend berichteten, dass das Blendenband gebrochen sei (das wiederum nichts mit dem überholten Verschluss zu tun hat). Original-Ersatzteile gäbe es nicht mehr, aber sie hätten es repliziert und könnten die Kamera folglich reparieren. Ich war erleichtert, denn das gute Stück war mir inzwischen ans Herz gewachsen und 150 Euro für die Reparatur war erträglich. Zur Zeit ist sie noch beim Boxenstopp in Düsseldorf. Update, 14.05.2020: Nach ein paar Tagen coronabedingter Warteschleife bei DHL ist das gute Stück wieder voll funktionsfähig bei mir eingetroffen! Spürbarer Unterschied beim einstellen von Blende und Zeit, beides ist viel leichter gängig als vorher und damit schneller und besser zu handhaben.
Hier noch ein paar Bilder im Slider. Die farblich „knalligen“ sind mit Kodak Ektar gemacht. Alle Fotos in diesem Beitrag sind Scans von Negativen, die „Mein Film Lab“ angefertigt hat, allerdings auf eine Kantenlänge von 2000 Pixeln verkleinert. Eigentlich wollte ich auch Schwarzweiss-Fotos (z. B. Architektur) mit dazu nehmen, aber da kam mir das gebrochene Blendenband dazwischen. Porträts habe ich einige von meiner Familie gemacht, aber die veröffentliche ich ungern.
Volker wird sich im kommenden 2. Teil mit mehr technischen Details beschäftigen und auch „seine“ Lösung für einen störungsfreien Suchereinblick präsentieren. Man darf gespannt sein!
Ein wirklich schöner Artikel zur Rolleiflex T, mit tollen stimmungsvollen Bildern. Auch ich habe schon mit einer späten T geliebäugelt, gerade auch wegen des leicht weitwinkeligen 75 mm „recomputed“ Tessars, wie es auf der Rollei-List vor ein paar Jahren diskutiert wurde. – Ich fotografiere nun schon seit vielen Jahren mit einer Rolleiflex 3,5E Xenotar von ca. 1959, die ich in den USA fand und die mich noch nie im Stich gelassen hat. Außerdem (leider eher seltener) mit einer Rollei SL66 und Objektiven von 50 bis 500 mm. Hier komme ich dann auch in den Genuß des hervorragenden 80mm Zeiss Planars. Obwohl ich mich nach der ersten SL66, die ich ca. 1995 einem Künstler-Architekten (Paul Seuthe) in meinem Heimatort (Werdohl, Sauerland) abkaufte, wiederholt von der SL66 Ausrüstung trennte, um andere Kameras auszuprobieren (SL66SE, Contax 645…) habe ich sie mir immer wieder gekauft, wegen der vielen Einstellmöglichkeiten im Nah- und Makrobereich, und der Option z. Bsp. alte Novoflex Balgen-Objektivköpfe (150 & 180 mm), aber auch die Mittelformat 240 und 500 mm Noflexare mit dem SL66 Stutzen zu probieren.
Auf Zug- und Flugreisen ist aber meist „nur“ die Rolleiflex 3.5E dabei, wegen ihrer diskreten Handlicheit. Neuerdings experimentiere ich – ähnlich wie Juna – auch mit einer 4×4 „Baby“ Rolleiflex. 127er Schwarzweißfilme gibt es noch einige (Rera Pan 100 & 400, Ilford HP400) aber leider nur recht schlechte Farbnegativfilme und derzeit überhaupt keinen Farbdiafilm. Ich hoffe, dass Adox oder Ferrania hier in der Zukunft Abhilfe fur diesen „Nischenbedarf“ schaffen. 180 Stck. 4×4 Diarahmen von EBAY liegen bereit. Abgelaufener 127 Agfa CT18 komplett mit Blechdosen und Rücksendebeuteln (those where the days!) ist derzeit unterwegs aus England. Die 4×4 Rolleiflex hat das Schneider 3,5/60mm Xenar, also einen Tessartyp, und kam mit einer Rolleinar 3 Nahlinsencombo und der original Rollei Sonnenblende. Erste 4×4 Aufnahmen liegen hier: https://flic.kr/s/aHBqjzEtes
Der kleinere Lichtschachtsucher, die Mattscheibe und die gekoppelte Zeit- und Blendeneinstellung (Lichtwertsystem) sind gewöhnungsbedürftig. Dafür ist die 4×4 extrem handlich und paßt problemlos in meine kleine Domke F6 Wachstuchtasche aus den USA, neben Zeiss Ikon ZM und ihren 3 Objektiven.
Hallo lieber Claus Sassenberg , mit großem Vergnügen habe ich Deinen Artikel “ 2 Augen sehen mehr “ studiert ! Spontan
kamen bei mir Erinnerungen an meine frühe Jugendzeit auf : Anfang der 1950-er Jahre bekam ich als Schüler zum Geburtstag eine 6 x 6 – PUCKY – Boxkamera der Fa. ISING geschenkt . Mit dieser “ BOX “ begann meine Leidenschaft zur
6 x 6 – Mittelformat – Fotografie . Diese einfache Kamera machte technisch erstaunlich gute Fotos ! Trotzdem , ich wollte mehr , eine ROLLEIFLEX mußte her ! Groschen um Groschen , Mark um Mark wurden gespart . Nach geraumer Zeit konnte
ich dann eine ROLLEIFLEX B , 3,5 TESSAR erwerben . Mit dieser Kamera bin ich lange Jahre glücklich gewesen , konnte viele interessante Fotos erstellen . Teilweise in eigenem Fotolabor ausgearbeitet . ( Beide Kameras besitze ich heut noch ) .
In all den Jahren später erwarb ich dann eine respektable Sammlung verschiedener ROLLEIFLEX – Modelle , welche im
rollierenden Verfahren stets zur Anwendung kommen .
Meine persönliche Erkenntnis : ROLLEIFLEX motiviert , Rolleiflex macht glücklich ! ROLLEIFLEX verbindet !
Solch ein Exemplar ist unverkäuflich , allenfalls vererbbar !
Herzliche Grüße , viel Spass beim Fotografieren !
Berend Willers , ( Oldenburg , ( Nds ) .
Hallo Claus,
ich habe vor einigen Wochen Deinen blog im Internet entdeckt und mir einen link gesetzt. Ich habe viele interessante Beiträge von Dir gefunden u.a. zu Leicas, Balgenkameras und nun zur 2-äugigen Rolleiflex. Ich schaue immer wieder gerne bei Dir vorbei. Der Beitrag zur 2-äugigen Rolleiflex spricht mir aus dem Herzen. Ich bin in den 60er Jahren aufgewachsen und habe durch meinen Vater früh Kameras u.a. Box und Balgenkameras mit Rollfilm in den Händen gehabt. Da ich in Hannover geboren bin und meine Eltern aus Braunschweig stammten waren wir auch oft in Braunschweig. In den Fotogeschäften dort standen damals häufig die Rolleiflexen, aber das war ein unerfüllbarer Traum für ein Schulkind, aber reizvoll. Dass in Braunschweig in der Salzdahlumer Straße die Rolleiflexen gebaut wurden wusste ich damals schon. In den 70ern bekam ich von unserer Bücherei das ausgemusterte grüne Rolleiflex-Buch, was mich sehr freute. 1975 kaufte ich mir vom Ferienjob-Geld eine neue Yashica Mat 124G für 400.- DM. Ich hätte lieber eine Rolleiflex T gehabt, aber die kostete ca. 1100.- DM und selbst die Rolleicord Vb kostete fast 800.- DM. Als Schüler muss man Kompromisse eingehen. Die Yashica machte gute Bilder und sie benötigte über 45 Jahre hinweg keine Wartung. Natürlich reizte eine Rollei und das Tessar mich mehr als die Japanerin. So kaufte ich mir in den 80ern einen Rolleiflex Automat von 1949 in schönem Zustand, den ich heute noch habe. Auch diese Rollei brauchte in den letzten 35 Jahren keine Wartung und funktioniert. Anfang der 90er kitzelte mir die 2,8F mit dem Planar in der Nase. Ich bekam eine gute gebrauchte und ließ sie sofort in Braunschweig warten. Auch sie funktioniert seitdem ohne Probleme. Letzes Jahr erbte ich eine 2äugige Seagull, die habe ich etwas justiert und dann weiterverkauft. Als Ersatz habe ich mir bei e… Kleinanzeigen eine schöne Rolleicord Vb mit dem Xenar geholt. Obwohl in schönen Zustand und nicht billig benötigte diese eine Wartung. Die Rolleicord habe ich zu Gerald Wiener in München geschickt. Er hat wie immer sehr gute Arbeit gemacht und die Rolleicord ist nun top. Demnächst werde ich sie mit Film probieren. Zur Zeit bin ich in die Rolleicord mehr verliebt als in die Rolleiflex 2,8F. Die Rolleicord ist hochwertig, aber leichter, das Objektiv gut, im Grunde fehlt nichts . Hier stimmt das Preis- Leistungsverhältnis.
Ja die zweiäugigen Rolleis faszinieren mich noch heute. Wenn ich 120er Rollfilm-Negative in der Hand habe und ein 6×6 oder 6×9 Negativ mit der Lupe ansehe, geht mir noch heute das Herz auf. Ich würde es so sehen Analog ist für mich Jugend und Leidenschaft, digital ist Vernunft.
Viele Grüße und bleibt gesund
Holger
Hallo Holger,
es freut mich, dass ein so „eingefleischter“ und erfahrener TLR-Profi wie du bei mir „vorbeischaut“. Ich bin ja nun ganz frisch in der doppeläugigen Welt unterwegs. Und bei der Anziehungskraft der analogen Fotografie geht es mir wie dir, auch ich bin damit groß geworden. „Analog ist Jugend und Leidenschaft, digital ist Vernunft“ ist übrigens sehr philosophisch und wahr. Müßte ich eigentlich noch in den Artikel „Analog?“ einfügen!
Viele Grüße, viel Freude weiterhin mit den TLR’s (und insbesondere der Rolleicord),
Claus
Hallo Claus,
mich freut es, dass die Rolleiflex bei dir ihren Platz bekommt. Neben der M4-P habe ich viele Jahre sehr gerne mit der Rolleiflex fotografiert. Eigentlich wollte ich mir eine Hasselblad kaufen, aber dann begann mein Ausflug ins Reich des Mittelformates mit einer gebrauchten Pentacon-Six – weil bezahlbar. Als Normalobjektiv das Biometar 2,8/80 mm, dazu ein Sonnar 2,8/180 mm, ein Flektogon 4/50 mm als Weitwinkel und schliesslich ein Orestregor 5,6/500 mm. Schöne Spielerei, nur im Rollei-Projektor waren die Ektachrome 100 Dias nicht relevant besser als die Leica Kodachrome-Dias projiziert mit dem Pradovit-Color mit CF Colorplan. Die Ausrüstung war auch ohne das 500 er viel zu unhandlich und schwer, für Streetfotografie völlig ungeeignet. So landet das Ganze bald in der Ecke, keine Chance gegen die M4-P! Ein paar Jahre später kaufte ich mir eine sehr gut erhaltene Rolleiflex 2,8 E mit Zeiss Planar 2,8/80 mm. Die Kamera war leicht, handlich, sehr leise – und die optische Leistung gigantisch gut. Das Planar als klassischer Gauss-Typ spricht für sich, das ist eine andere Liga. Zuhause im Labor konnte ich aus den Ektachrome Dias Ausschnitte auf 30X40 cm auf Ilfochrome abziehen, gestochen scharf. Ich habe mir dann später eine 2,8 GX mit Innenmessung und Blitzbelichtungsmessung geleistet und viele Jahre damit auf Reisen fotografiert, zusätzlich zur Leica. Eine Kamera für ruhige Momente, wo die Bilder im Sucher ausgearbeitet werden. Ausschuss: keiner, jedes Bild ist durchdacht, ausgearbeitet. Wechselobjektive habe ich bei der Rolleiflex nie vermisst, dafür hat der Fotograf ja sein „2 Fuß Zoom“. Für mich ist sie die einzige 6×6 Spiegelreflex, die von Gewicht her reisetauglich ist. Die Hasselblad habe ich alle Jahre wieder auf der Fotokina in der Hand gehabt, eine wunderschöne Kamera, aber für mich zu schwer und zu laut. Für unbemerktes Fotografieren ist die diskrete Rolleiflex ideal. Schade, dass es keine digitale Version von ihr gibt.
Übrigens gibt es noch eine Kamera, die ein „Hidden Champion“ ist: die Rollei 35 S, damals die kleinste 35 mm Kamera und mit dem Zeiss Sonnar (nicht Tessar – sorry) auf Leica Niveau. Ich habe sie viel auf Dienstreisen dabei gehabt und in freien Stunden hervorragende Fotos mit ihr gemacht. Eine Kameratasche mit zu nehmen war seinerzeit undenkbar, weil mein Workoholic-Chef dann sofort eine „Lustreise“ gewittert hätte. Dessen Interesse an der Fotografie endete auch am Passbildautomaten…
Euch weiterhin viel Spaß mit der Rolleiflex, vielleicht schreibst du mal was über die Rollei 35.
Herzliche Grüße
Wieland
Hallo Wieland,
da hast du ja auch schon eine ordentliche „Mittelformat-Karriere“ hinter dir. Aber am Ende kommen offenbar alle zu den gleichen Schlüssen. Weg mit den schweren Teilen… meine Hasselbald verbringt die meiste Zeit im Schrank. Tolle Kamera, großartige Objektive, alles richtig. Ab und zu nehme ich sie gezielt für Landschaftsaufnahmen, und da glänzt sie wirklich (trotz des Lärms, den der Spiegel und der Hilfsverschluss machen). Aber wenn man länger unterwegs ist, vergiss es.
Die Rollei 35 hatte ich schon im Blick, aber irgendwann muss ich mich auch mal bremsen… aber so eine kleine Taschen-Analog-Kamera wär schon schön… da ist dann noch die Contax T… ups, weiche von mir, Satan! Die Versuchung ist echt groß!
Viele Grüße,
Claus
Lieber Claus,
Andreas Feininger war auch so ein Kandidat, der sowohl mit einer Rolleiflex wie auch mit der Leica fotografierte. Ich hatte vor wenigen Jahren eine großartige Ausstellung von ihm in Kiel gesehen, die TLR gehörte wie die Leica dazu.
Es scheint mir immer wieder, auch aus eigener Erfahrung, diese beiden Kameras gehören irgendwie zusammen.
Vor einigen Jahren habe ich unsere Nordkap-Tour mit der Rolleiflex fotografiert, die Dias haben eine unwiderstehliche Strahlkraft. Durch den Lichtschacht schaut man die Umgebung ganz anders. Und in meinen Augen gibt es keine bessere Kamera, um kleine Kinder zu portraitieren. Mit solchen Portraits hatte ich sogar mal eine eigene Ausstellung.
Ich hatte eigentlich nie Probleme ohne Sonnenblende, da war ich ganz überrascht.
Eigentlich brauchst Du, zumindest fürs Wohnzimmer, jetzt noch ein echtes Berlebach -Stativ, denn diese Kamera ist ein echtes Schmuckstück.
Und ganz unbedingt solltest Du Euren nächsten Urlaub auf Åland planen. Dort gibt es die größte fototechnische Sammlung Nord-Europas. Und mit Deinen schwedischen Sprachkenntnissen würde Dir von Ole und seiner Frau genug Kaffee nachgeschenkt, weil Ihr aus dem gegenseitigen Schwärmen nicht mehr heraus kommt.
Ja, irgendwann werde ich auch wieder so eine Box haben, die einem so bewusst macht, wie man einfach unbeschreibliche Bilder alleine mit Zeit und Blende machen kann….
Lieber Gruß
Kai
Das Andreas Feininger auch im TLR-Club ist, war mir nicht gewärtig! Ich habe immer sofort dieses Wolkenbild von der Route 66 vor Augen (keine Ahnung, warum). Jedenfalls habe ich noch mal rasch gegoogelt und dabei ein wunderbares Zitat von ihm entdeckt, dass ich unbedingt einem meiner Beiträge voraus stellen muss:
„Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird auf jene schockierend wirken, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht.“
– Andreas Feininger
Fast alle Bilder mit der Rolleiflex im Beitrag sind ohne Sonnenblende gemacht, die habe ich erst später bekommen. Vermutlich ist sie nur bei bestimmtem Lichteinfall von Bedeutung.
Und … (seufz!) mal sehen, wann wir wieder reisen können. Åland wäre sicher toll.
Viele Grüße,
Claus
Lieber Claus,
wieder einmal ein interessanter Artikel mit schönen Bildern. Auch wenn ich viel zu selten damit fotografiere, mag ich Lichtschachtkameras. In der inszenierten Personenfotografie liegt der Bildschwerpunkt tiefer. Und das praktischerweise ohne dass man sich bücken muss. Darüber hinaus strahlt die Arbeitsweise mit diesen Kameras auch eine gewisse Ruhe auf den Gegenüber aus, wenn man bei der Bildgestaltung nach unten blickt. Zumindest kommt es mir so vor.
Ich nutze eine Hasselblad 500C. Dass diese so viel klobiger sein soll, als eine TLR, hätte ich nicht gedacht. Der Auslösevorgang der Hasselblad ist relativ prägnant und stört mich etwas. Darüber hinaus ist das der Lichtschachtsucher für meinen Geschmack etwas dunkel. Welche Erfahrungen hast Du diesbezüglich mit der Rollei im Vergleich zur Hasselblad gemacht?
Weiterhin viel Freude mit der Rollei und beste Grüße,
Thomas Berlin
Lieber Thomas,
mit der Wirkung der Arbeitsweise des Fotografen und der dabei benutzten „Hardware“ auf das „Model“ (ausser bei professionellen, die das wahrscheinlich nicht kratzt) hast du sicher recht. Eine „Retro“-Kamera wirkt bekanntermaßen auch weniger bedrohlich. Und der Blick nach unten in den Sucher vermittelt dem oder der Modell Sitzenden das Gefühl, nicht unmittelbar fixiert zu werden.
Eine Hassi ist wirklich schwerer und klotziger. Vom Auslösegeräusch ganz zu schweigen, wenn der Spiegel hochklappt und der Hilfsauslöser aufgeht, klingt es, als wenn Möbel umstürzen. Trotzdem ist die Hasselblad eine Super Kamera! Ich würde meine nicht hergeben. Und Wechselmagazine sind ein Riesenvorteil bei dem System. Von der Qualität der Objektive ganz zu schweigen.
Ich vermute, dass du in deiner Hasselblad noch eine „alte“ Standard Mattscheibe hast, die Ende der 80er Jahre durch „Acute Matte“ Mattscheiben ersetzt wurden (so eine habe ich). Die sind viel heller. Die in meiner Rolleiflex ist ebenso hell. Infos zu den Hasselblad Mattscheiben (und mehr) findest du hier.
Schönen Sonntag, viele Grüße,
Claus
Lieber Claus,
die aktuellen gegenwärtigen Umstände werfen uns auf uns selbst zurück, bringen Ruhe in den Alltag und wollen erlebt werden. So wirst Du sicherlich wunderbare Spaziergänge in näher Umgebung erlebt haben, wie es sonst so wohl nicht oft möglich ist. Ein Einlassen auf die neue Kamera dürfte so einen deutlichen Mehrwert an Aufmerksamkeit in erlebten gegenwärtigen Situation sein.
Die Aufnahmen empfinde ich als sehr „warm“, „ausgeglichen“ und „ruhig“. Sie sprechen mich sehr an. Eine wunderschöne Gegend an der Weser.
Auch wir geniessen die Veränderten Zeiten entsprechend an Donau und vorderem Bayerischen Wald in ausgedehnten Spaziergängen. Ein vollkommen neues Erlebnis von Ruhe und Einlassen. Das Fotografieren hat für mich aktuell einen deutlichen Mehrgewinn. Viel Bekanntes wirkt anders und wird verändert wahrgenommen.
Rolleiflex: An solch eine Rollei hat ich auch schon immer gedacht. Gerne würde ich damit mal Erfahrungen machen wollen. Jedoch liebe auch die Reduziertheit im Besitz meiner M-P mit wenigen Objektiven als einzige Kamera. Ich kann mich vollends darauf einlassen. Mittlerweile im fünftem Jahr.
So wünsche ich Dir weiterhin viel Freude mit Deiner Rolleiflex.
Herzliche Grüße,
Martin
Lieber Martin,
es ist in diesen Zeiten ein Privileg, wenn man wie du und ich in schönen Gegenden wohnt. Mit einer Kamera und wenig Ballast ist man nicht limitiert, sondern eher befreit, vor allem, wenn man mit seinem Werkzeug seit Jahren vertraut ist. Und bei jeder Leica, sei sie analog oder digital, geht mir das genauso. Das Gefühl der Kamera in der Hand ist sofort vertraut, man weiß exakt, was man damit anstellen kann (und was nicht).
Dabei treibt mich auf jeden Fall noch die Neugier, darum immer wieder diese „Ausflüge“ mit z.T. völlig anderen technischen Lösungen. Aber ich finde es ungeheuer spannend, wie man mit Vintage-Kameras arbeitet und welche „Entdeckungen“ man damit macht.
Viele Grüße und schönen Sonntag (unsere Familienwanderung heute steht schon fest),
Claus
… und wir sind gerade von einem zwei Stunden dauernden Ausflug zurück. Meine Frau holt gerade die Brötchen und dann wird gefrühstückt.
Viele Grüße und eine schöne Familienwanderung wünscht,
Martin
Als ich damals eine Rolleiflex geschenkt bekam, war die technische Präzision eine Erleuchtung für mich. Ich habe eine Rolleiflex Automat, also ein deutlich älteres Modell. Inzwischen gibt es auch eine Hassi, die sehr geliebt wird. Doch beide Kameras haben ihre Zeiten und Orte. Die Rolleiflex ist z.B. meine Museumskamera, da sie wirklich ausgesprochen diskret arbeitet – auch, wenn man mit einem Zweilinser noch seltsamer angesehen wird. Inzwischen wohnt hier auch eine Babyrolleiflex, die ob ihrer sehr sehr handlichen Größe die Idealkamera wäre, wären da nicht die Filme…Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf Teil II und die angekündigte Lösung.
Die Rolleiflex ist sicher ein „Hingucker“ und manchmal entwickeln sich daraus interessante Gespräche!
Als „Museumskamera“ ideal, leuchtet ebenfalls sofort ein. Für mich wäre sie auch eine schöne „klassisches-Konzert-Kamera“ (wenn’s mal wieder welche gibt…).
Der 127 Rollfilm für die Baby-Rolleiflex ist wirklich schwer zu bekommen, obwohl es bei Fotoimpex welche gibt. Sind natürlich im Vergleich zum 120er sehr teuer.
Viel Freude mit den Mittelformat-Kameras!